Nr. 35. Städtische Polizeiverwaltung.
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Gebiet, das an die Berliner Kanalisation angeschlossen ist. Für 27
Grundstücke in Berlin konnte der Kanalisationsanschluß mangels einer
Straßenleitung nicht vorgeschrieben werden. Es konnte jedoch säst
immer die Entwässerung auf dem Grundstücke selbst durch Sickergruben
bezw. Sammelgruben, die nach Bedarf abgefahren werden, gestattet
werden. Ein Fabrikbau mußte wegen zu enger Bebauung versagt
werden; es fehlte sickerungsfähiger Boden.
Infolge der im Bauschein aufgcnoinmenen Vorschrift bezw. aus
Anlaß der Aufrufe gingen im Berichtsjahre 292 (i. V. 344) Anschluß-
projekte ein. Die beantragten Genehmigungen konnten zum größten
Teil ohne Anstand erteilt werden, oft aber auch erst nach Vervoll
ständigung oder Richtigstellung der eingereichten Zeichnungen. Fehlte
in der Straßenleitung ein passender Anschlußstutzen, so mußte zuvor
der Nachweis erbracht tverden, daß die Kanalisationsvcrwaltung einen
neuen Stutzen einbauen wird.
Nach vorschriftsmäßiger Ausführung der genehmigten Anlagen er-
solgt deren polizeiliche Abnahme. Im Berichtsjahre fanden 276
(i. V. 293) Abnahmen der Entwässerungsanlagen von Neubauten statt.
Vielfach wurden die Leitungen und Objekte anders angelegt, als die
Genehmigung lautete, oder sie waren vorschriftswidrig, namentlich
ohne ordnungsmäßige Spülung oder Rohrdichtung, angebracht worden.
Die Anstände wurden stets schnell beseitigt bezw. eine neue Zeichnung
zur nachträglichen Genehmigung eingereicht, so daß alsdann die Ab
nahme bewirkt werden konnte. Aenderungen an den alten Entwässe
rungsanlagen oder Einrichtung neuer Anlagen in alten Baulich
keiten, erfordern ebenfalls eine polizeiliche Erlaubnis. Für derartige
Anlagen wurden im Berichtsjahr 1 762 (i. V. 1 433) Genehmigungen
erteilt. Die große Zahl dieser Genehmigungen erklärt sich aus den
gegenwärtig viel stattfindenden Ausbauten. Bon den genehmigten Er-
weiterungsanlagcn wurden 1 235 (i. V. 1 053) als betriebsfähig ab
genommen.
Nach der Abnahme der Entwässerungsanlagen, findet von Zeit
zu Zeit eine Nachprüfung statt, um festzustellen, ob sie noch
betriebsfähig sind. Im Berichtsjahre wurden 5 514 (i. V. 6 284) Nach
prüfungen durch Entwässerungsrevisoren der Verwaltung vorgenommen.
Diese Revisionen erstreckten sich auf die gesamten Entwässerungsanlagen
des betreffenden Grundstücks, vor allem aber auf die Prüfung, ob die
Anlagen den Vorschriften der Verordnung vom 30. Januar 1906 betr.
die Verhütung des Rücktritts unreiner Flüssigkeiten in die Reinwasser-
leituug entsprechen. Dies war oft nicht der Fall. Die erforderlichen
Apparate (Rohrunterbrecher usw.) waren mangelhaft eingebaut oder
solche, die überhaupt noch nicht 'genehmigt waren. Sie waren auch
manchmal verstopft. Eine scharfe Kontrolle mußte hinsichtlich der
Schamponierapparate in den Friseurläden und in Betreff der Gläser-
spülwannen in den Restaurants geübt werden. Diese Einrichtungen,
die durch Schläuche mit der Reinwasserleiung in Verbindung stehen,
müssen mit Rohrunterbrecher versehen werden, um das Rücksaugen des
schmutzigen Wassers aus den Apparaten und Wannen zu verhüten.
Alle sonstigen Anlagen, bei welchen die Gefahr des Rücksaugens besteht,
Klosette, Badewannen, Waschtoiletten, Spültische, Fischbehäiter, Abwasch
tische, Absperrhähne, Spreughähnc, Feuerlöschbydrantcn, Wasserstrahl
pumpen, Warmwasserbereitungsanlagen, Destillierapparate, Wasser
reservoire, Heizkessel, Bidets, Entwässerungsröhrchen zum Entleeren
der Wasserleitung bei deren Absperrung, Staubaufsaugungsvorrichtungen,
Waschmaschinen, Dampfinjektoren u. a., wurden eingehend und wieder
holt geprüft, bis ihre Abänderung endgültig erfolgt war. Im übrigen
wurden die Entwässerungsanlagen daraufhin kontrolliert, ob sie den
allgemeinen Vorschriften über Grundstücksentwässerung entsprachen.
Allerlei Mängel wurden vorgefunden. Die Spülung der Klosette
und Pissoire war vielfach mangelhaft oder fehlte gänzlich. Lüftungs
rohre waren falsch angebracht oder überhaupt nicht vorhanden, ebenso
fehlten Geruchverschlüsse. Rohranlagen waren undicht oder verstopft,
Siebe und Gullyroste zerstoßen, Regenrohre und Balkons nicht an die
Kanalisation angeschlossen. Ueber' Ausgüssen fehlten Zapfhähne, in
Restaurationen und Schlächtereien die vorgeschriebenen Fettöpfc, an den
Regenrohren, die direkt an die Straßenleitung angeschlossen waren,
die erforderlichen Schuttfängc und Geruchvcrschlüsse. Hofentwässerungen
waren infolge Unebenheit des Pflasters mangelhaft.
Die Abstellung aller dieser Mängel wurde sofort veranlaßt, viel
fach unter Anwendung der polizeilichen Zwangsmittel.
Nicht nur veriodische Nachprüfungen wurden vorgenommen, sondern
auch sofortige Revisionen, wenn von beteiligten Behörden, Grund
stücksnachbarn, Pächtern, Mieter», Anwohnern und Passanten Anträge
oder Beschwerden über Mängel an Entwässerungsanlagen bei der Ver
waltung eingingen. Die Kanalisationsverwaltung verlangte die Nach
prüfung eigenmächtig vom Eigentümer bei Ladenausbauten verlegter
Frontregenrohranschlüsse. Die Wasserwerke meldeten vorschriftswidrige
Verbindungen von Privatpumpwerken mit der städtischen Wasserleitung,
die Polizeireviere mangelhafte Balkoncntwässerungen. Mieter be
schwerten sich über Klosettvcrstopfungen und Ueberschwemmungen in
folge Undichtheit der Entwässerungsobjekte oder mangels von Rück
stauvorrichtungen. Nachbarn klagten über feuchte Kellerwände infolge
fehlender oder ungenügender Entwässerung des Gartens oder Hofes
auf dem Nachbargrundstücke. Insoweit die erhobenen Beschwerden
begründet waren, wurden polizeiliche Maßnahme» getroffen, um die
bestehenden Uebelstände zu beseitigen.
Gelegentlich der Nachrevisionen wurden sehr oft Entwässerungs
anlagen vorgefunden, die nicht polizeilich genehmigt ivarcn. Sic waren
jedoch meisthin den Vorschriften entsprechend eingebaut, so daß gegen
ihre Belassung Bedenken nicht obwalteten. Soweit sie vorschrifts
widrig angelegt waren, wurde deren Aenderung veranlaßt.
Einer strengen Ueberwachung unterlagen die Anlagen zur Abführung
der Abwässer aus Fabriken und Großbetrieben mit Rücksicht auf
die Gefahr, die derartige Anlagen infolge der großen Mengen von Kühl
wasser oder der säure- oder benzinhaltigen Abwässer mit sich bringen.
Kühlwassermengcn werden durch Sonderleitungeu in die öffent
lichen Wasserläuse (Spree, Pauke, Landwehrkanal u. a.) abgeführt.
Derartige Sonderleitungeu werden an vorhandene Notauslässe der
Kanalisation angeschlossen. Nur ausnahmsweise wird die Ableitung
geringerer Mengen Kühlwasser in die Kanalisation gestattet und dann
auch nur widerruflich und in der Voraussetzung, daß die Straßen
kanäle nicht übermäßig dadurch belastet werden. Die Genehmigung
hierzu sowie zu dem Bau der Sonderleitung erteilt die Verwaltung
mit Zustimmung der Abteilung I der städtischen Polizeiverwaltung und
der Kanalisationsverwaltung. Zur Einleitung des Kühlwassers in die
Spree ist alsdann auch noch die Erlaubnis der Strombehörden erforderlich.
Gemäß einem Abkommen der Verwaltung mit der Ableitung l der
städtischen Polizeiverwaltung und der Kanalisationsdeputation wurden
Kühlwasserableitungen in die Kanalisation von höchstens 5obm täglich ohne
weiteres widerruflich gestattet, ebenso die Ableitung der Reinwässer
der Springbrunnen und hydraulischen Fahrstühle und Hebe
bühnen.
Im Berichtsjahre wurden 26 Betriebe ermittelt, in denen Rein
wässer in die Kanalisationsleitung abgeführt wurden (i. V. 16) Es
wurde 9 Betrieben (einschl. 1 Betriebes aus dem Vorjahre) die Ein
leitung ihrer Kühlwäffer in die Kanalisation widerruflich gestattet.
Dagegen mußten 18 Betriebe (einschl. 5 Betriebe aus dem Vorjahre)
Sonderleitungeu bauen bezw. vorhandene Sonderleitungen nach deren
Erweiterung benutzen. 6 Betriebe (einschl. 1 aus dem Vorjahre) leiten
das Kühlwasser einstweilen ohne Genehmigung in die Kanalisation
ab. da die Entscheidung darüber, ob dies gestattet werden kann, am
Schlüsse des Berichtsjahres noch ausstand. In 2 Betrieben wurde von
der erteilten Genehmigung zum Bau einer Sonderleitung kein Ge
brauch gemacht und statt derselben zwecks Wiederverwendung des
Wassers Kühltürme errichtet.
Grundwasserableitungen überwacht die Abteilung 1 der
Städtischen Polizeiverwaltung. Einer gleich scharfen Kontrolle, wie
die Reinwasserableitung, unterliegen auch die Abwässer (Gaswasch-
wasser) der Sauggasanlagen, die meist nicht gemeldet, vielmehr erst
durch die Verwaltung ermittelt werden müssen. Sic werden besonders
daraufhin geprüft, ob das Gaswaschwisier geruchfrei und neutral
abfließt. Die Zahl der ermittelten Anlagen betrug am Schlüsse des
Berichtsjahres 61 li. B. 60).
Besonders kontrolliert werden auch die Betriebe, aus denen
säure- bezw. benzinhaltige und heiße Abwässer in die Kanali
sation gelangen. Im Berichtsjahre waren 162 derartige Betriebe
überwacht worden. Abwässer mit mehr als Vio v. H. Säure bezw.
von einer höheren Temperatur als 35" C. werden nicht geduldet. Die
Abwässer der Automobil- und Wäschereibetriebe enthalten meist Benzin.
Um zu verhüten, daß dieses in die Kanalisationsröhren gelangt und
dort Explosionen verursacht, werden besondere Einrichtungen vor
geschrieben.
Wie in den Vorjahren mußten auch im Berichtsjahre einige Ent
wässerungen über fremde Grundstücke der besonderen Verhält
nisse halber ausnahmsweise und widerruflich gestattet werden, nachdem
die Eigentümer der dritten Grundstücke der Verwaltung gegenüber
ihre Zustimmung erteilt hatten.
Die bei den Revisionen gefundenen Mängel wurden in den
ineisten Fällen auf die mündliche Erinnerung des Revisors hin be
seitigt. Andernfalls mußten schriftliche Aufforderungen ergehen.
Da die Grundstückseigentümer für den polizeimäßigen Zustand ihrer
Grundstücke verantwortlich sind, so erhielten sie in erster Linie solche
Aufforderungen, nebenher aber auch ihre Mieter und Pächter, wenn
die Entwässcrungsobjektc von ihnen angelegt worden waren. Die
Aufforderungen ergingen meistens ohne Androhung von Zwangsmitteln.
Etwa 4 v. H. der Aufgeforderten kamen jedoch den polizeilichen Ver
fügungen nicht nach und mußten durch Androhung von Zwangsjtrafen
bezw. Zwangsausführungen gemäß § 132 des Landcsverwaltungs-
gesctzcs vom 30. Juli 1883 dazu veranlaßt werden. I» 11 Fällen
mußten die angedrohten Strafen festgesetzt und eingezogen werden.
Zwangsausführungen fanden in 4 Fällen statt.
Außer den Aufforderungen zur Beseitigung von Mängeln erginge»
iin Berichtsjahre 10 170 Aufforderungen auf Grund der Verordnung
vom 30. Januar 1906 betreffend die" Verhütung des Rücktritts un
reiner Flüssigkeiten in die Reinwasserleitung.
Beschwerden wurden gegen die erlassenen Aufforderungen im
Berichtsjahre nur in 2 Fällen erhoben. Sie waren gegen S.raffesl-
setzungen gerichtet. Da es sich herausstellte, daß noch vor der Zustellung
der Festsetzungsverfügung der erlassenen Aufforderung genügt bezw. ein