Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ctatsjahr 1910.
M 11.
WerichL über öcrs Märkische Museum.
Wie nn Vorjahre bildete auch im Berichtsjahre die Weiter
führung der Ausgrabung eines vorgeschichtlichen
Dorfes aus der Bronzeperiode bei Buch das wichtigste Ereignis
in der Tätigkeit des Museums. Da sich mit der fortschreitenden
Ausgrabung immer deutlicher herausstellte, welche hohe wissenschaft
liche Bedeutung die Ergebnisse dieser Untersuchung in Anspruch
nehmen dürften, und daß die vorhandenen Mittel zur ordnungs
mäßigen Erledigung der Aufgabe bei weitem nicht ausreichten, wurden
durch Beschluß der Gemeindebehörden im Herbst 1910 weitere 2800 M
für die Fortführung der Arbeiten bewilligt. Eine Uebersicht über
die bisherigen Ergebnisse ist von dem Leiter der Ausgrabungen vr.
Kiekebusch, in der „Prähistorischen Zeitschrift" Band II 1910
Seite 371 ff. veröffentlicht worden. Eine ausführliche Bearbeitung
des gesamten Fundes kann erst in Frage kommen, wenn die Aus
grabungen beendet sein werden.
Das Interesse für diese Forschungen war auch im Berichts
jahre ein ungemein reges. Zahlreiche Vereine, Schulen, gelehrte
Gesellschaften und viele Privatpersonen besuchten das Ausgrabungs
feld, und namentlich in- und ausländische Forscher besichtigten die
alte Wohnstätte sowohl wie auch die bisher ans Tageslicht ge
förderten Funde.
Ohne die Funde von Buch mitzurechnen, wurde im übrigen
der Bestand der vorgeschichtlichen Abteilung während des Berichts
jahres um 450 Nummern vermehrt, insbesondere durch den An
kauf der vorgeschichtlichen Altertümer des verstorbenen Sanitätsrat
vr. Siehe in Züllichau. Die 200 Nummern zählende Sammlung
enthält vor allem Altertümer aus dem Ealauer Kreise.
Die Hauptarbeit in der prähistorischen Sammlung erstreckte sich
weiter aus die Ordnung und Sichtung der umfangreichen Studien
sammlung.
Für die naturgeschichtliche Schausammlung wurden durch den
Botaniker Becker einige mehrere Meter breite Bilder aus ge
trockneten Pflanzen hergestellt, bestimmt die Lebensgemeinschaften
der heimischen Pflanzenwelt zu zeigen — ein Kornfeld, eine Wiese
und eine Sumpflandschaft.
Die Pflanzenpräparate in den Formalinkästen, welche nach wie
vor durch die vorzügliche lebensgleiche Erhaltung der Pflanzen die
Aufmerksamkeit der Besucher auf sich ziehen, wurden vervollständigt.
Desgleichen wurde von dem Zoologen K o t h e die Tiersammlung
ausgebaut und ergänzt.
Auch in allen anderen Abteilungen weisen die Zugangsver-
zeichnissc ganz bedeutende Neuerwerbungen auf< So gelang es, ein
Porträt des Philosophen Moses Mendelssohn von A n t o n
Grafs aus dem Jahre 1770 käuflich zu erwerben. Eine weitere
wertvolle Vereiterung der Sammlung bedeutet „Die Kundgebung
vor dem Königlichen Schlosse am 6. Februar 1907" ein Gemälde
in Gouache von Franz Skarbina, in gleicher Weise bemer
kenswert wegen der Lebendigkeit des nialerischen Ausdrucks, wie
wegen der Erfassung eines bedeutenden Moments aus der neueren
Zeitgeschichte. Malerische Stätten Berlins zeigen einige Aquarelle
von Dorothea Hauer und ein Oelgemälde von Johanna
Mehls von starkem Stimmungsgehalt, das inehr und mehr vom
Erdboden verschwindende Neu-Kölln a. W. an einem dunstigen grauen
Wintertage darstellend.
Besonders konnte die graphische Abteilung erweitert werden.
Hier ist unter einer großen Anzahl Porträts Brandenburgischer
Kurfürsten dasjenige Joachims II. von Franz Friderich
1570 gestochen, hervorzuheben, das als ältester märkischer Kupfer
stich fmgestellt werden konnte. Daneben sei eine Ansicht des Schloß
platzes vom Jahre 1592 erwähnt.»
Von großem Interesse ist'ferner ein Ex libris des Berliner
Apothekers Michael Aschenbrenner und seiner Gattin, ein
Holzschnitt aus dem Jahre 1598. Recht amüsante Karikaturen ans
Napoleon zeigen einige Blätter von Gottfried S ch a d o >v.
Weitere Ankäufe haben die Autographensammlung bereichert:
ein Schreiben des Ministers Ehwalkowski aus der Zeit des
Großen Kurfürsten, Briefe des Theologen Philipp Jakob Spe-
ner, der HenrietteHerz, Wrangels, Ewald v. Kleists,
das Manuskript des Liedes „Schlaf in süßer Ruh" von dessen
Komponisten Wilhelm T a n b e r t. Vor allem wertvoll ist
Heinrich von Kleists eigenhändige Niederschrift seines Ge
dichtes „Germania an ihre Kinder".
Erwähnt seien ferner zwei große Berliner Porzellauvasen aus
den Jahren 1795 und 1825, sowie eine Predigeruhr aus der Kirche
in Blumberg.
Bedeutende Geschenke aus dem Kreise unserer Mitbürger zeigen
in erfreulicher Weise das wachsende Interesse für unsere Anstalt.
Eine der wertvollsten Zuwendungen ist ein Porträt des Geh.» Hosrats
Louis Wahlländer, des ehemaligen Zahnarztes Friedrich Wil
helms IV., eine ausgezeichnete Arbeit von Franz Krüger, welches
der Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Präsident Hermann
Becher der Stadt geschenkt hat.. Gaben des Märkischen Muscums-
vereins waren ferner folgende Bilder aus dem Nachlaß von Franz
Skarbina: Ein großes stimmungsvolles Oelbild, „Die Böhmische
Kirche" in der Mauerstraße an einem frühen Winterabend, „der
Nollendorfplatz im Jahre 1885", der „Blick aus dem historischen
Eckfenster im Palais Kaiser Wilhelms l." und Albert Niemann,
eine Studie zu einem großen Gemälde. Einem Kreise von .Kunst
freunden ist das Museum sodann für die Zuwendung mehrerer Werke
von Walter Leistikow zu Dank verpflichtet, darunter die Oel-
bilder „Herthasee im Grunewald", „An der Löcknitz bei Erkner", ein
Aquarell „Märkischer See" und eine norwegische Landschaft. Frau
von Massow, Nieder-Lößnitz spendete eine Tasse der Berliner
Porzellanmanufaktur aus dem Besitze des Predigers Schmidt von
Werneuchen. Die Aufschrift sagt, daß er sie zu seinem fünfzig
jährigen Amtsjubiläum erhielt. Ein Vorlegeschloß aus durchbrochener
Eisenarbeit vom Jahre 1617 verdankt das Museum Herrn Guts
besitzer Richter, Falkenberg. Den Spendern, welche durch ihre
Zuwendungen die Sammlungen in so schätzenswerter Weise gefördert
haben, sei auch an dieser Stelle aus das wärmste gedankt.
Wie immer, erwies sich das Museuni auch im Berichtsjahre
als eine wichtige Kulturanstalt und seine Sammlungen als reiche
Fundgrube des Materials für die verschiedensten Gebiete der wissen
schaftlichen Arbeit. Der Besuch des Museums hat im Berichtsjahr
wiederum eine Steigerung erfahren. Es wurden durchschnittlich täg
lich 160 Besucher gezählt und 9120 Führer im Jahre verkauft., Ebenso
wurden die Sammlungen wieder von zahlreichen Schulen und Ver
einen aufgesucht, die nach Möglichkeit von den Beamten des Mu
seums geführt wurden. Auch Malern und Malerinnen boten die
Jnnenräume und Ausstellungsgegenstände wieder vielfach reizvolle
Motive. Mehrfach hielten Dozenten ihre Vorträge in den ver
schiedenen Räumen.
Großes Interesse brachten die Besucher den Sonderausstellungen
des Museums entgegen, welche diesmal der Jubiläumsfeier der Uni
versität und daraus den Berliner Tisch- und Festkarten von 1820
bis in die siebziger Jahre, galten. Auch andere Ausstellungen konn
ten unterstützt werden. So wurden Sammlungsgegenstände der Flei
scher-, Städtebau-, Theater- und Fritz Reuterausstellung leihweise
überlassen. Außerhalb Berlins beteiligte sich das Museum mit alten