No. 46. Feuerwehr.
8
1
schneller auf Brandstellen in den Nachbarbezirkeu, in die sie häutig' ver
tretungsweise ausrücken müssen, eintreffen, sondern sie können auch eilige
Recherchen sofort ausführen und die Revisionen der Sicherheitswachen,
feuerpolizeiliche Revisionen etc. in viel kürzerer Zeit erledigen. Sie sind
somit dem Wachdienste weniger lange entzogen.
Hiermit ist übrigens die Verwendungsfähigkeit der kleinen Wagen
noch keineswegs erschöpft. Unter anderem sind sie mit großem Vorteil
zu verwenden bei der Entsendung einzelner Mannschaften zu Samariter
zwecken und zum Transport der Sauerstoffatmungsapparate mit Flaschen
nach Unfallstellen. Auf jedem Wagen ist ein Samariterkasten unter
gebracht; die Sauerstoffatmungsapparate mit Flaschen werden erst bei
Bedarf mitgenommen. Ferner sind die Wagen so eingerichtet, daß mit
ihnen auf Brand- oder Unfallstellen verletzte Personen transportiert werden
können, sofern Ambulanzwagen nicht rechtzeitig zur Stelle sein sollten.
Die von den Löschfahrzeugen zu entnehmenden Krankentragen werden
mittels einer einfachen Vorrichtung an dem verstärkten Gestänge des
Wagen Verdeckes aufgehängt. Mit den kleinen Wagen können schließlich
auch schnell Ärzte herbeigeholt werden, es lassen sich mit ihnen schnell
Depeschen nach der nächsten Meldestelle befördern und dergleichen mehr.
Benzinmotor-Stabswagen für den Branddirektor.
Die Notwendigkeit der Beschaffung eines automobilen Stabswagens
für den Branddirektor bedarf wohl eigentlich keiner näheren Begründung.
Das Fehlen eines solchen Wagens hatte sich im vorigen Jahre, gelegentlich
der Dachstuhlbrandperiode, ganz besonders unangenehm fühlbar gemacht
Die Stadt bewilligte daher die Mittel zur Beschaffung eines Stabswagens
für den Branddirektor. Gewählt wurde ein 26/45 PS. 4 Zylinder-Mercedes
wagen (Landanlet-Limousine) mit Kettenantrieb. Der Wagen bietet Platz
für 5 Personen, ausschließlich Fahrer. Im Innern des Wagens betinden
sich Vorrichtungen zum Unterbringen von Hydrantenbüchern. Karten und
Plänen. Zum Ausbreiten der Pläne ist ein Klapptisch vorgesehen. Drei
Osramlampen sorgen für ausreichende Beleuchtung. Ferner ist in dem Wagen
eine Telephoneinrichtung angebracht, die unter Verwendung eines kurzen
Kabels an jeden öffentlichen Feuermelder angeschlossen werden kann. Der
Branddirektor ist somit in der Lage, von seinem Wagen aus jederzeit mit
der zunächst belegenen Feuerwache telephonisch in Verbindung treten zu
können. Sowohl der Stabswagen als auch die vorstehend beschriebenen
Offizierwagen sind mit Handfeuerlöschem ausgerüstet.
Nach Indienststellung des automobilen Stabswagens konnte ein Ge
spann ausrangiert werden. Das zweite, dem Branddirektor zur Verfügung
stehende Gespann muß einstweilen noch als Reserve vorgehalten werden,
falls das Automobil außer Betrieb sein sollte. Es würd beabsichtigt, als
Ersatz für das zweite, zur Reserve dienende Gespann für das nächste
Jahr die Beschaffung eines kleinen Benzinwagens, entsprechend den vor
beschriebenen Offlzierswagen, als 2. Stabswagen zu beantragen.
Verbesserungen an den elektrisch betriebenen Löschzügen.
Die elektrisch betriebenen Fahrzeuge haben den großen Vorzug, daß
Neuerungen und Verbesserungen an den Motoren, der Batterie, der
elektrischen Ausrüstung etc. leicht und ohne erheblichen Kostenaufwand
jederzeit verwertet werden können. So wurden u. a.
1. Die Motorräder abziehbar eingerichtet. Nach Lösen der Achsmutter
und der Stromzuführungskabel können die Räder sofort abgezogen werden;
eine zeitraubende Demontage des Motors ist nicht mehr erforderlich.
2. Nach Angabe der Abteilung wurde eine Verriegelung angebracht,
um ein unbeabsichtigtes Anfahren der Fahrzeuge bei Einführung des Fahr
kontaktes infolge falscher Kontrollerstellung zu verhindern. Der Fahrkontakt
kann jetzt nur eingeführt werden, wenn der Kontroller auf Halt oder
Bremse steht.
3. Um bei Störungen innerhalb der Motore sofort feststellen zu
können, in welchem der beiden zu einem Fahrzeuge gehörenden Motore der
Fehler liegt, und um dann mit einem Motor nach der Brandstelle oder der
Wache weiterfahren zu können, wurde, ebenfalls nach Angabe der Abteilung,
ein Schalter angebracht, durch dessen Betätigung^entweder der eine oder
der andere Motor allein weiter arbeitet.
4. Die Ladekontakte wurden senkrecht angebracht; in der früheren
s chrägstellung war die Einführung der Ladependel umständlich.
5. Die mechanischen AutomobiUeitern wurden zum Manövrieren
während der Nacht mit elektrischen Scheinwerfern versehen.
Zu erwähnen wäre hier noch die Ladeeinrichtung für die Akkumu
latoren der Fahrzeuge in der neuen Feuerwache 23 am Schülerpark. Dort
steht nicht, wie auf den anderen Wachen, Gleichstrom, sondern Drehstrom
zur Verfügung. Die Umformung des Drehstroms in Gleichstrom erfolgt
nun nicht auf dem bisher üblichen Wege durch einen Motor-Dynamo,
sondern durch Quecksilberdampf-Gleichrichter. Diese Art der Umformung
erübrigt die Beaufsichtigung des Motor-Dynamos und hat vor allem einen
erheblich höheren Nutzeffekt. Infolge dieses letzteren Umstandes werden
die höheren Anschaffungskosten in kurzer Zeit getilgt. Der Quecksilber
dampf-Gleichrichter, den die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft liefert,
wird schon seit mehreren Jahren in Amerika allgemein angewendet.
Neuerdings sind solche Anlagen auch in Deutschland zur Ausführung
gelangt.
Mit der Akkumulatorenfabrik, Aktiengesellschaft zu Berlin, wurde
auf die Dauer von zunächst 5 Jahren ein Vertrag über die Unterhaltung
der Automobil-Akkumulatoren-Batterien abgeschlossen.
Brände von Automobilen.
Die nachstehenden Tabellen geben einen Überblick über die Automobil
brände, zu denen die Feuerwehr vom 1. April 1905 bis 31. März 1910
alarmiert worden ist. Die verhältnismäßig nicht unbeträchtliche Zahl der
Brandfälle, die zur Kenntnis der Feuerwehr gelangten, und deren schein
bare Zunahme lenken im Interesse der Vorbeugung die Aufmerksamkeit
auf die Ursache der Entstehung solcher Brände. Man ist dabei meistens
auf die bezüglichen Angaben der Chauffeure angewiesen, da die Feuerwehr
im allgemeinen erst herbeigerufen wird bezw. eintreffen kann, wenn der
Brand schon soweit vorgeschritten ist, daß die Ursache nicht mehr mit
Bestimmtheit feststellbar ist. Die Ursachen werden teils in der Eigenheit
und in Konstruktionseinzelheiten des Automobils liegen, zum größeren Teil
aber wohl auf Fahrlässigkeit und Unvorsichtigkeit zurückzuführen sein.
Die Tabellen 1 und 3 zeigen, daß die meisten Brandfälle in den
Monaten und zu den Tageszeiten entstanden sind, in denen mehr mit
künstlicher Beleuchtung des Wagens oder der Garage zu rechnen ist.
Aus der Tabelle 2 ist zu ersehen, daß die weitaus größte Zahl der
Brände -— 184 von 192 — mit Benzin betriebene Automobile betroffen
hat. Die Verwendung von Benzin macht auch die verhältnismäßig häufig
entstehenden Brände erklärlich. Die in Elektromobilen entstandenen Brände
sind dagegen der Zahl nach bedeutend weniger — 8 in 5 Jahren —,
sowie auch an und für sich verhältnismäßig unbedeutend gewesen. Die
Brände konnten sämtlich entweder vor Eintreffen der Feuerwehr oder mit
kleinem Löschgerät gelöscht werden.
Wie aus Tabelle 4 I hervorgeht, ist die zugegebene Entstehungs
ursache in vielen Fällen (35) unvorsichtige Handhabung von Brennstoff,
Feuer oder Licht. In fast ebensoviel Fällen (Tabelle 4IV) liegt die
Ursache im Vergaser. Von den Chauffeuren wird dann meistens als
Ursache angegeben: „Zurückschlagen der Flamme aus dem Motorzylinder
nach dem Vergaser.“ Das würd auch zutreffend sein; derartige Brände
sind aber meist leicht zu löschen, wenn zwischen Brennstoffbehälter und
Vergaser ein Abschlußorgan vorhanden ist.
Die weitaus größte Zahl der Brände trat auf der Straße ein
(Tabelle 6); demgegenüber treten die auf Höfen, in Garagen und Werk
stätten entstandenen Brände erheblich zurück.
Wenn auch die Zahl der Brandfälle sich im Laufe der Jahre
gesteigert hat, wie aus den Tabellen hervorgeht, so muß dabei doch die
Zahl der im Stadtkreis Berlin im Betrieb gewesenen Kraftfahrzeuge
berücksichtigt werden. Die Zahl ist zum ersten Mal amtlich für den
1. Januar 1907 mit l 408 festgestellt worden. Am 1. Januar 1908 wurden
2 414, am 1. Januar 1909 2 863 und am 1. Januar 1910 3 422 Kraft
fahrzeuge gezählt.
Nimmt man nun an, daß die Zunahme au Fahrzeugen während des
Jahres sich ziemlich gleichmäßig verteilt, dann ergibt sich, daß 1907 —
1 911, 1908 — 2 638 und 1909 — 3 142 Kraftwagen in Betrieb waren.
Demgegenüber stehen 1907 — 39. 1908 — 42 und 1909 —
47 Brandfälle, so daß, wie Tabelle 7 ergibt, das prozentuale Verhältnis
der Brandfälle zur Anzahl der vorhandenen Kraftwagen in den Jahren
1907—1909 ständig abgenommen hat.