Nr. 85. Städtische Polizeiverwaltung.
Klosettanlagen entstanden waren. Nachbarn beschwerten sich über
feuchte Kellerwände infolge undichter Piffoiranlagen oder nicht ent
wässerten Hofes oder Gartens auf dem benachbarten Grundstücke.
Mieter beklagten sich über unreines oder warmes Trinkwaffer, besten
Zufluß durch falsche Leitungsverbindungen entstanden war, ferner
über das Spritzen nicht sachgemäß eingebauter Rohrunterbrecher sowie
vielfach über mangelhafte Klosettspülung und fehlende Ausgüffe. Die
Polizeireviere meldeten mangelhafte Balkonentwäfferungen, infolge
deren Passanten auf den Bürgersteigen beschmutzt wurden. Seitens
der Kanalisationsverwaltung wurde das eigenmächtige Verlegen und
Verbauen von Frontregenrohren und Hausanschlüffen angezeigt und
seitens der Wasterwerke die unvorschriftsmäßigen Verbindungen von
Leitungen der Wasterwerke mit Privatwasserleitungen, deren nicht
immer einwandfreies Wasser mangels vorgeschriebener Rückstau
vorrichtungen und Rohrunterbrecher in die städtische Wasserleitung
durch Rückfließen gelangen konnte. Durch entsprechendes polizeiliches
Vorgehen wurden die gerügten Uebelstände bald beseitigt. Bei Ge
legenheit der Prüfung mangelhafter Anlagen wurden auch zahlreiche
Anlagen vorgefunden, welche nicht genehmigt worden waren. Es
waren dies meist Anlagen geringeren Umfanges, wie Klosette, Pissoire
Spülwannen und dergl., deren sachgemäßer Einbau und Anschluß
keinen Anlaß zur polizeilichen Beseitigung bot. Eine nachträgliche
Genehmigung solcher Anlagen wurde nicht verlangt. Kleinere Mängel
wurden nach Aufforderung beseitigt.
Entwässerungen besonderer Art, wie Anlagen zur Ab
leitung von Kühlwasser, säure- oder benzinhaltigen Abwässern und
andern aus Fabriken und Großbetrieben abzuleitenden Abwässern,
unterlagen der Ueberwachung seitens der Verwaltung mit Rücksicht
auf die mit solchen Anlagen in der Regel verbundenen Gefahren in
erhöhtem Maße. Namentlich find es die Kühlwasserableitungen, deren
Kontrolle die Verwaltung sehr in Anspruch nahm. Die großen
Mengen Kühlwasser, die mancher Fabrikbetrieb beansprucht, können
nicht immer ohne Gefahr in die Straßenleitung abgeführt werden,
zumal bei großen Regenfällen die Straßenleitung häufig schon über
lastet wird. Die Ableitung muß daher in anderer Weise erfolgen.
Es geschieht dies gewöhnlich durch eine Sonderleitung im Anschluß
an einen Notauslaßkanal nach der Spree oder andern Berliner Master-
läufen hin, mit Zustimmung der Kanalisationsverwaltung, der
städtischen Polizeiverwaltung, Abteilung I (Straßenbau), und der
Slrombehörden; die Genehmigung für die hierzu auf dem Grundstück
selbst erforderlichen Anlagen erteilt die unterzeichnete Verwaltung. Um
die Einleitung des Kühlwassers in die öffentliche Kanalisation zu ver-
meiden, sind von einigen Fabrikbesitzern Kühltürme und Gradierwerke
angelegt worden. Die Einleitung von reinem Wasser in die Kanalisation
ist grundsätzlich verboten. Nur ausnahmsweise bei geringerem Um
fange der abzuleitenden Reinwässer wird deren Abführung in die
Kanalisationsleitung und zwar widerruflich gestattet. Dazu ist jedoch
die Erlaubnis der Kanalisationsverwaltung und die Zustimmung der
Straßenbaupolizeiverwaltung erforderlich. Die Ableitung bis zu
10 crdm täglich Reinwasier in die Kanalisation, wozu auch Kondens-,
Springbrunnen- sowie Fahrstuhl- und Grundwaster (bei Fundament
bauten) zu rechnen sind, gestattete die Verwaltung gemäß einem mit
den vorgenannten Behörden getroffenen Abkommen ohne weiteres.
Im Berichtsjahre wurden 16 (im Vorjahre 39) Betriebe ermittelt, in
welchen Reinwasser von mehr als 10 odm täglich in die Kanalisation
abgeleitet wurde. Hinsichtlich 4 Betriebe leinschl. 1 Betriebes aus
dem Vorjahr) konnte die Ableitung des Reinwaffers in die Kanali
sation widerruflich gestattet werden. Dagegen mußten 11 Betriebe
(einschl. 4 Betriebe aus dem Vorjahre) ihr Reinwasier durch Sonder-
leitungen in die Spree bezw. Panke abführen. 2 Betriebe (aus dem
Vorjahre) lehnten den Bau der Sonderleitung ab und bauten zur
Vermeidung der Wegschaffung des Kühlwassers einen Kühlturm, der
die Wiederverwendung des Kühlwassers im Betriebe gestattet, so daß
von ersterem nichts in die Kanalisation gelangt. Ueber 6 Reinwasser-
ableitungen (darunter 1 aus dem Vorjahre) stand am Schluffe des
Berichtsjahres die Entscheidung noch aus.
Sauggasanlagen unterliegen nicht minder einer schärferen
Kontrolle. Für sie bestehen besondere ministerielle Vorschriften, wo-
nach das entstehende Gaswaschwasser vollkommen geruchfrei und
neutral abfließen muß. Da die vorgeschriebene Genehmigung meist
nicht nachgesucht wird, ist es eine besondere Sorge der Verwaltung,
sie durch Recherchen zu ermitteln. Im Berichtsjahre wurden zu den
bereits vorgefundenen Anlagen noch 5 ermittelt, so daß ihre Zahl
jetzt 60 beträgt. Ihre vorschriftsmäßige Herstellung wurde sofort ver
anlaßt. Betriebe, aus denen säurehaltige oder heiße Abwässer
in die Kanalisation gelangen, wurden daraufhin kontrolliert, daß die
Abwässer nicht mehr als Vl«v. H. Säure enthielten bezw. ihre Tem
peratur nicht mehr als 36-0. betrug.
Besondere Schwierigkeiten bot auch die Ueberwachung der in
jüngster Zeit mehr und mehr entstehenden Automobil- und
Wäschereibetriebe, in denen das leicht explosible Benzin in größeren
Mengen zur Verwendung gelangt. Ueber die zu erteilenden Vor
schriften für die Ableitung von Abwässern aus Automobilgaragen
fanden mehrfach Verhandlungen mit dem Polizeipräsidium statt.
Durch Wagenwaschwaffer gelangen Benzinmengen in die an die
Kanalisation angeschloffenen Hofgullys und von dort in die Straßen-
leitung, deren Reinigung den Arbeitern infolge der Anwesenheit von
Benzindämpfen höchst gefahrbringend ist. Es werden jetzt Vor
kehrungen angeordnet, diese Gefahr zu verhüten.
In einigen Fällen beschäftigte die Verwaltung auch die Ge
nehmigung von Anlagen, die über fremde Grundstücke hinweg
ihren Kanalisationsanschluß suchten. Grundsätzlich muß jedes Grund
stück seinen eigenen Anschluß haben. Die Lage der anzuschließenden
Grundstücke war aber eine derartige, daß ein eigener Anschluß eine
Unmöglichkeit war. Die Genehmigung wurde daher widerruflich er
teilt, sobald der Eigentümer des benachbarten Grundstücks seine Zu
stimmung der Behörde gegenüber erteilt hatte.
Die Abstellung der bei der Revision der Anlagen vorgefundenen
Mängel wurde auf mündliche Erinnerung der revidierenden Beamten
der Verwaltung vielfach vorgenommen. Dennoch mußten in den
meisten Fällen schriftliche Aufforderungen an die Eigentümer der
Grundstücke erlassen werden. An Stelle der Eigentümer erhielten
auch Mieter solche Aufforderungen, wenn die bemängelten Anlagen
ihr Eigentum waren oder sie diese mißbräuchlich benutzten. Polizeiliche
Aufforderungen wurden im Berichtsjahre 1 382 <im Vorjahre 1134)
erlaffen. Außerdem ergingen 6 891 Aufforderungen auf Grund der
Verordnung vom 30. Januar 1906, betreffend die Verhütung des
Rücktritts unreiner Flüssigkeiten in die Reinwafferleitung (im Vor
jahre 4 623). Den Aufforderungen wurde in der Mehrzahl ohne
Androhung von Zwangsmitteln entsprochen, mitunter erst nach ge-
forderter Aufklärung oder Zurückweisung unberechtigter Einwände.
5 588 Aufforderungen, zum Teil nach Androhung von Zwangsmiteln,
wurden befolgt. Im Zwangswege mußten 32 Aufforderungen zur
Erledigung gebracht werden und zwar 7 durch Zwangsausführung
durch einen Dritten auf Kosten des Aufgeforderten und 25 durch
Festsetzung von Zwangsstrafen, die bei mehreren der Aufgeforderten
wiederholt verhängt werden mußteu.
Gegen die im Berichtsjahre ergangenen Aufforderungen ist in
11 Fällen Beschwerde erhoben worden. Davon sind 8 Beschwerden
als nicht gerechtfertigt zurückgewiesen, 1 ist später zurückgenommen
und 1 durch Zurückziehung der Aufforderung seitens der Verwaltung
gegenstandslos geworden, wogegen eine Beschwerdesache beim Ober-
verwaltungsgericht anhängig ist. Die eingereichten Beschwerden be-
trafen in 4 Fällen das Verbot der Ableitung von Kühlwasser in die
Kanalisation, in 3 Fällen die gefordete Abänderung der Ent- und
Bewässerungsanlagen gemäß der Verordnung vom 30. Januar 1906,
fenrer in 1 Falle die Beseitigung wegen ungenehmigten Anschlusses
von Entwäfferunysobjekten an die Kanalisation und in 1 anderem
Falle die Aufforderung zum Anschlüsse eines Frontregenrohres un
mittelbar an die Straßenleitung.
Von den 8 im Vorjahre unerledigt gebliebenen Klagen ist 1
(Verbot der Kühlwaffcrableitung) durch Klagerücknahme zur Erledigung
gekommen, die beiden übrigen Klagen (Mängelbeseitigung) schweben noch.
An Uebertretungsstrafen wurden im Berichtsjahre nur 1
verhängt und zwar gegen einen Grundstückseigentümer, der ohne Er
laubnis das beim Neubau seines Hauses sich ansammelnde Grund-
waffer in großen Mengen in die Straßenleitung geleitet hatte.
Wie sich die
Gesamttätigkeit der Verwaltung bezüglich der regelmäßig zu
bearbeitenden Angelegenheiten
in den einzelnen Stadtteilen (Radialsystcmen) im Berichtsjahr ge
staltet hat. ergibt nachstehende Aufstellung^