Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ctatsjahr 1909.
Jj£ 18.
WerichL 6cr Deputation für öie städtischen Kranken crn statten
und öie öffentliche HesundHeitspftege.
A. Allgemeiner Teil,
s. Organisation.
Aenderungen in der Organisation der Deputation sind im Be
richtsjahre nicht eingetreten. Es fanden 18 Deputationssitzungen und
17 Koinmissionssitzungen statt.
IR. Allgemeines.
Aus Anlaß eines Einzelfalles beschlossen wir, für alle wegen
mangelnder Wohnräume in den Anstalten außerhalb derselben woh
nenden Assistenzärzte eine Erhöhung der bisher mit jährlich 360 M
gewährten Wohnungsentschädigung auf jährlich 600 M zu beantragen.
Von den Gemeindebehörden wurde durch den Etat für 1910 unserem
Antrage entsprochen.
Behufs Feststellung, ob die im Verdingungswege bezogenen
Waren den Proben und Lieserungsvorschriften entsprechen, wurden
die Anstaltsverwaltungen ermächtigt, Untersuchungen der Waren durch
das städtische Untersuchungsamt direkt zu veranlassen, sobald nach
ihrem Dafürhalten Veranlassung dazu vorliegt. Zur Bestreitung der
durch die Untersuchungen entstehenden Kosten wurden die Ansätze
in den Anstaltsetats bei Tit. VIII Pos. 5 (sonstige Ausgaben) für
1910 erhöht.
Auf die Berichte der Anstaltsverwaltungen über die Ergeb
nisse der im Winter 1908/09 abgehaltenen Fortbildungskurse für
Wärter und Wärterinnen beschlossen wir, die Kurse in der bis
herigen Weise fortsetzen zu lassen.
Wie wir im vorigen Berichte mitteilten, hatte aus eine Anregung
des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalange
legenheiten der Magistrat genehmigt, daß im Rudolf Birchowkranken-
hause für Hebammen, die in Berlin wohnen und daselbst ihren Beruf
ausüben, Wicderholungskurse abgehalten werden dürfen. Es fanden
im Mai 1909, Februar und März 1910 aus der gynäkolischen und
Geburtshilfeabteilung der Anstalt unter Leitung des dirigierenden
Arztes Professor Koblank 9 sechstägige Wiederholungskurse statt,
an denen ungefähr 300 Hebammen teilnahmen.
Auf Antrag des Direktors des Königlichen Instituts für Infek
tionskrankheiten, Geh. Obermedizinalrat Professor Gaffky und auf
unsere Empfehlung beschloß der Magistrat, dem Wirklichen Geheimen
Rat Professor Robert Koch behufs Behandlung von an Lungcn-
und Knochentuberkulose leidenden Kranken mit neueren Tuberkulin
präparaten einen Pavillon des Rudolf Virchowkrankenhauses außer
halb der Infektionsabteilung für die Dauer eines Jahres zur Ver-
füguna zu stellen und geeignete Kranke zur Behandlung überweisen
zu lassen. Die ärztliche Leitung dieses Pavillons wurde dem diri
gierenden Arzte der Infektionsabteilung, Professor vr. I o ch m a n n,
übertragen, die Ueberweisung des Pavillons an Exzellenz Koch er
folgte am 21. Juli 1909.
In Rücksicht darauf, daß nach den Gutachten der ärztlichen
Direktoren infolge der neueren Feststellungen die Verabfolgung von
hohen Dosen Diphthcriehcilserum zur Erhaltung des Lebens von
Schwerkranken sich bewährt hat, wurden die über die Etatsmittel
hinaus erforderlichen Kosten auf unseren Antrag voni Magistrat
nachbcwilligt, auch in den Etat für 1910 höhere Ansätze vorgesehen.
Dem Krüppelheil- und Fürsorgeverein für Berlin und Branden
burg wurden auf Antrag die im ehemaligen Erzichungshause am
Urban benutzten Räume bis auf weiteres mietefrei mit der Maß
gabe überlassen, daß die Stadtgemeinde berechtigt ist, dieses Verhältnis
nach einer jederzeit zulässigen Kündigung von sechs Monaten auf
zuheben.
Mit Bezug auf unsere ausführlichen Mitteilungen im vorjährigen
Berichte über die zur Verminderung der Aufnahmen der außerhalb
Berlins wohnhaften Kranken getroffenen Maßnahmen ist darauf hin
zuweisen, daß nach den in Tabelle 6 unter Abschnitt I des vor
liegenden Berichts gemachten Angaben der Prozentsatz der Aufnahmen
auswärts wohnender Kranker von 8 im Jahre 1907 auf 3 im Jahre
1909 und die Zahl der Verpflegungstage im gleichen Zeitraum von
109 564 auf 38 084 zurückgegangen ist. Bei den Anstalten Rudolf
Virchowkrankenhaus, Gitschiner Straße und Kinderkrankenhaus be
trägt der Prozentsatz nur noch 1 bezw. 1,e bezw. 2, dagegen bei
Friedrichshain, Moabit und Urban noch 4 bezw. 3,? bezw. 5. Die
größere Zahl der auswärts wohnenden Kranken bei diesen Anstalten
entfällt auf die Aufnahmen aus den Stadtgebieten von Charlotten
burg, Rixdorf, Schöneberg, Deutsch-Wilmersdorf und Lichtenberg,
während die Aufnahmen aus der weiteren Umgebung nicht mehr ins
Gewicht fallen.
Die Kurkostensätze sind, wie wir im Anschluß an unseren vor
jährigen Bericht mitteilen, mit Zustimmung der Stadtverordnetenver
sammlung vom 1. Juli 1909 für hier wohnende Kranke (Erwachsene
und Kinder) von 2,5« M auf 3 M und für auswärts wohnende
Kranke (Erwachsene und Kinder) von 3 M auf 3,so M erhöht worden.
Eine Vermehrung der Einnahmen ist dadurch nicht eingetreten, viel
mehr zunächst ein Rückgang derselben, hauptsächlich deshalb, weil eine
Reihe von Krankenkassen die Zahlung des vollen Kostensatzes ablehnte
und nur die gesetzlichen Mindestleistungen übernahm. Infolge der
von der Armendirektion und den: Magistrat hiergegen getroffenen
Maßnahmen haben die meisten dieser Kassen inzwischen ihren Wider
stand aufgegeben. Aus der Vergleichung der Tabellen 5 des Ab
schnitts I in den Jahren 1908 und 1909 ergibt sich, daß der Prozent
satz der Krankenkassenmitglieder aus Berlin bei Moabit um 3 v. H.,
bei Urban um 1 v. H., und beim Rudolf Virchowkrankenhause
um 4. v. H. und ferner der Prozentsatz der zahlenden Kranken aus
Berlin für
Fricdrichs-
hain
Moabit
Urban
Virchow
Gitschiner
Straße
1908 von . . .
1909 auf . . .
52 v.H.
50 -
59 v.H.
58 -
62 v.H.
61
47 v.H.
41 -
62 v.H.
58 -
mithin um . . .
2 v.H.
Iv.H.
1 v.H.
3 v.H.
4 v.H.
zurückgegangen ist.
Von der Zahl der in den städtischen Krankenhäusern verpflegten
Kranken
entfielen
von insgesamt
aus Armen-
auf Kranken-
rechnung
kassenrechnung
im Jahre 1907 . .
51 840
23 548
20 632
- 1908 . .
54 212
27 374
21 200
- - 1909 . .
55 651
31 390
19 444
1