Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ltatsjahr 1909.
M 10.
HZericht über die städtische Minöenpflege.
I. Tie Blindenschule.
1. Das Lehrpersonal.
An der Blindenschule unterrichteten:
der Direktor wöchentlich 12 Stunden,
ein ordentlicher Lehrer .... - 24
- - - - 24 -
eine ordentliche Lehrerin ... - 22
* * » ... - 22 *
eine technische Lehrerin .... ° IO
ein Musiklehrer - 20
Der Gesundheitszustand der Lehrenden war in diesem Jahre
nicht der gute der früheren Jahre. Der älteste ordentliche Lehrer
mußte wegen schwerer Erkrankung vom 1. November ab beurlaubt
werden, ebenso die älteste ordentliche Lehrerin vom 1. September ab.
Zur Vertretung der beiden Lehrkräfte wurde ein Lehrer und Hospitant
der Königlichen Blindenanstalt in Steglitz, sowie eine Lehrerin und
Hospitantin der hiesigen Anstalt angenommen.
2. Frequenz.
Die Zahl der bisherigen fünf aufsteigenden Klassen war dieselbe.
Im Laufe des Jahres wurden 14 blinde Kinder (5 Knaben und
9 Mädchen) in die Schule aufgenommen. Entlassen wurden am
Schlüsse des Jahres 4 Knaben und IO Mädchen, von denen vier
Kinder aus der Anstalt schieden, die übrigen in die Fortbildungsschule
beziehungsweise Beschäftigungsanstalt übertraten.
Die Frequenz der einzelnen Klassen war folgende:
Klasse
Sommerhalbjahr
Knaben : Mädchen
Winterhalbjahr
Knaben Mädchen
I.
3
7
3
7
II.
3
7
3
7
III.
9
3
10
4
IV.
7
6
7
8
V.
8
6
10
11
30
29
33
37
59 70
8. Das Schullokal.
Die der Blindenschule in dem Schulgebäude Naunynstraße 63
überwiesenen sieben Klasienrästme nebst einer Turnhalle erwiesen sich
auch in diesem Jahre für die Zwecke des Schulunterrichts sowohl als
auch für den gesamten Fortbildungsunierricht als ausreichend.
4. Unterricht. Lehrmittel. Schulzucht.
Die bisherige Zeit des Unterrichts blieb bestehen. Der Unterricht
wurde abgehalten im Sommerhalbjahr täglich von 8—12 und im
Winterhalbjahr von 9—1 Uhr. bis auf den Musikunterricht, welcher
an den Nachmittagen stattfand.
Die Verteilung der wöchentlich 24 Unterrichtsstunden auf die
einzelnen Unterrichtsgegenstände nach Maßgabe des dem Unterricht
zugrunde gelegten Lehrplans war folgende:
Nr.
Unterrichtsgegenstände
Wöchentli
it
I. II.
t) L-tundenzahl
Klaffe
III. IV. V.
1.
Religion inkl. Konfirmandenunter-
richt
2
2
3 4 4
2.
Lesen und Deutsch
4
4
4 6 6
3.
Schreiben der Heboldschrift . . .
1
2
—
4.
Anschauungsunterricht
—
—
2 2 2
5.
Rechnen
3
3
4 4 4
6.
Raumlehre und Zeichnen ....
2
2
1 I — —
7.
Naturkunde
2
1
8.
Heimatkunde
—
—
2 2 —
9.
Erdkunde
2
2
10.
Geschichte
2
2
I —
11.
Turnen...
2
2
2 2 2
12.
Modellieren, Flechten, Stricken . .
2
2
4 2 4
13.
Gesang
2
2
2 1 2 2
Zusammen
24
24
24 24 j 24
Kombinationen:
zu Nr. 11 Turnen: die Knaben der Klassen I—111,
zu Nr. 12 Modellieren und Flechten: die Knaben von Klaffe 1—III,
Stricken: die Mädchen - - 1—III,
zu Nr. 13 Gesang: die Klassen I—III.
Der Musikunterricht (wöchentlich 20 Stunden), welcher sich auf
Klavierunterricht erstreckte, und an welchem im ganzen IO Schüler
und Schülerinnen teilnahmen, wurde außerhalb des Schulunterrichts zu
meist in den Nachmittagstunden erteilt, und sorgten die Angehörigen der
betreffenden Kinder für deren Zuführung zum Unterricht. Der Kon-
firmandenunterricht wurde, nachdem der bisherige Leiter derselben,
Herr Oberkonsistorialrat vr. Keßler von demselben zurückgetreten
war, dem ersten Pfarrer der Jakobikirche, Herrn Pfandheller über
tragen. Es nahmen an dem Unterricht im ganzen 13 Schüler und
Schülerinnen teil. Ihre Einsegnung fand zu Ostern statt in Gemein
schaft mit den Schülerinnen des Waisenhauses, den täglichen Führe
rinnen der blinden Kinder. Als eine Mitgabe auf ihren fernern
Lebensweg erhielten die letzteren, wie alljährlich, ein vom Königlichen
Provinzialschulkollegium ihnen geschcnkweise überwiesene Kirchenlieder
buch in Blindenschrift.
Die unterrichtlichen Erfolge im allgemeinen halten sich auf der
bisherigen Höhe und entsprechen den gestellten Anforderungen.
Versetzungen fanden einmal im Jahre und zwar zu Ostern statt.
Der Lehrmittelapparat wurde nach Maßgabe der im Etat hier
für ausgeworfenen Mittel weiter ergänzt und in einem guten Zu
stande erhalten. Im Sommerhalbjahr wurden der Schule zweimal
wöchentlich aus dem städtischen Schulgarten blühende Pflanzen ge
liefert, welche im Botanikunterricht der oberen Klassen und im An
schauungsunterricht der unteren Klassen gute Verwendung fanden.
Die Schülerbibliothek wurde im Laufe des Jahres um zirka
120 Bände bereichert. Der größte Teil derselben wurde durch Damen
und Herren in und außerhalb Berlins handschriftlich übertragen und
der Schule bis auf das seitens der Anstalt gelieferte Papier kostenlos
übergeben.