Nr. 49. Berliner Reilungswesen. 3
das freie Benutzungsrecht durch die Stadt während der Vertrags-
daucr zu erwirken.
9. Der Abschluß der Mietverträge über Wachlokale soll wie bisher
den drei Institutionen überlassen bleiben. Doch sollen dort. wo 2
der 8 Institutionen des Rettungswesens ein gemeinsames Lokal
benutzen, alle künftigen Mietverträge von beiden gemeinsam abge-
schloffen werden.
10. Endlich verpflichten sich die Institutionen, ohne Genehmigung
der Stadtgemeinde innerhalb des Stadtgebietes weder neue Hilfs-
stellen zu errichten, noch von den durch die abzuschließenden Verträge
festgelegten Hilfsstellen während der Vertragsdauer irgend eine zu
schließen oder zu verlegen. Vor Errichtung neuer Wachen außerhalb
des Stadtgebiets ist in Rücksicht auf die Lage der zu errichtenden
Wache das Einverständnis des Magistrats einzuholen.
11. Für Massenunfälle, öffentliche Aufzüge usw. sollen demnächst
durch die Stadt einheitliche Bestimmungen aufgestellt werden, welche
keine Rücksicht darauf nehmen, welcher der 3 Institutionen die zu be
teiligenden Einrichtungen angehören.
e) Verwaltung und Beaufsichtigung durch die Stadt.
Um die Beaufsichtigung des nach verschiedenen Richtungen um
gestalteten öffentlichen Rettungswesens durch die Stadt namentlich im
Anfange möglichst nachdrücklich und einheillich führen zu können, er
schien es nicht ratsam, diese Aufgabe alsbald der Deputation für die
Krankenanstalten zu überweisen, sondern sie mindestens einstweilen
dem Magistrat selbst vorzubehalten, der dies Recht durch ein be
auftragtes Mitglied wahrnehmen soll. Behufs Ausübung der örtlichen
Kontrolle bedarf es jedoch einer besonderen Einrichtung zur Wahrung
der städtischen Interessen. Dazu gehört insbesondere die dauernde
Revision der Hilfsstellen. Da eine solche Revision zu allen Tages
und Nachtzeiten sowie auch an Sonn- und Feiertagen vorgenommen
werden muß, und somit zum großen Teil in die Zeit außerhalb der
Bureaustunden fallen muß, wurde es für erforderlich erachtet, sie dem
damit betrauten Beamten des Krankenhausbureaus, welcher das
Rettungswescn bearbeitet, für die Zukunft nebenamtlich gegen eine
besondere Entschädigung zu übertragen. Eine Mindestzahl der außer
halb der Dienststunden auszuführenden Revisionen soll dabei festgesetzt
und gleichzeitig bestimmt werden, daß der Beamte verpflichtet sein soll,
auch während der Dienstzeit, besonders in den Vormittagsstunden, die
Hilfsstellen häufiger zu besuchen.
f) Verteilung der Hilfsstellen über das Stadtgebiet.
Außer den in den städtischen, Königlichen und privaten Kranken-
Häusern befindlichen 13 Hauptwachen waren vorhanden 7 Rettungs
wachen (2 Vollwachen, 6 Tageswachen). 14 Unfallstationen und 13
Sanitätswachen. Von letzteren war jedoch nur eine selbständig, indem
sie den Nachtdienst in einem Lokale ausübte, in welchem Tagesdienst
überhaupt nicht stattfand, während die übrigen 12 zum Teil mit
Rettungswachen (4). zum Teil mit Unfallstationen (8) vereinigt waren
und daselbst den Nachtdienst ausübten. Eine Rettungswache tBiehhof)
hatte nur Tagesdienst. Es waren somit 22 räumlich getrennte Hilfs-
ftationen vorhanden. 20 mit Tagesdienst und Nachtdienst, 1 mit
Tagesdienst, 1 mit Nachtdienst.
Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß diese Zahl zu groß
war. Bei der somit gebotenen Verminderung der Hilfsstellen war
vorweg zu prüfen, ob das Weiterbestehen derjenigen Wachen, welche
nur halben Dienst hatten (Viehhofswache, welche nur Tagesdienst hatte,
und Sanitätswache Annenstraße 23, welche nur Nachtdienst halte),
gerechtfertigt erschien. Beides ist verneint worden.
Auf dem Vieh- und Schtachthofe sind an verschiedenen Stellen
von der Flcischereiberufsgenoffenschaft aufgestellte Verbandskästen vor
handen, welche zu beseitigen die Stadt weder Recht noch Veranlaffung
hat; denn die Erfahrung hat gelehrt, daß die Schlächter diese Kästen
sehr viel benutzen, einmal, weil es billiger ist, da jede Konsultation
auf der Rettungswache ihrer Krankenkasse 2,75 M Kosten verursacht,
sodann auch, weil es bequemer ist, als die von vielen Stellen des
großen Terrains weit entfernt gelegene Wache aufzusuchen. Die
Frequenz der Wache ist denn auch sehr gering gewesen (im Durch
schnitt täglich kaum 1 Fall). In diefen wenigen Fällen kann ebenso
gut die Unfallstation Warschauer Straße 2 aufgesucht werden.
Die Sanitätswache Annenstraße 23 aber erschien an der jetzigen
Stelle durchaus enibehrlich und hatte sich selbst zu einer Vereinigung
mit der gegenwärtig mit einer Unfallstation verbundenen Samtäts-
wache Alexandrinenstraße 31 an einer günstiger gelegenen Stelle
erboien. Die weitere Frage, ob von den übrigen Hilfsstellen einige
entbehrlich erschienen, ist hinsichtlich der 6 übrig bleibenden Rettungs-
wachen mit Rücksicht auf ihre im ganzen sehr geeignete Lage verneint
worden. Auch von den Sanitätswachen erschien nur die am Tempel
hofer Ufer 1 a. welche seit längerer Zeit nur dem Namen nach noch
besteht — denn der Nachtdienst wurde tatsächlich von den Unfall-
stationen ausgeübt — überflüssig. Diese Sanitätswache ist daher auf
gegeben worden.
Hingegen sind von den 14 Unfallstationen mit Rücksicht auf ihre
Lage 3 für entbehrlich erachtet worden, und zwar Huttenstraße 11
besonders wegen ihrer Lage unmittelbar an der Charlottenburger
Weichbildgrenze), Mariannenufer 2 und Schönhauser Allee 31. Das
Kuratorium der Unfallstationen hatte sich mit der Einziehung dieser
3 Hilfsstellen einverstanden erklärt.
Hiernach sind 17 Hilfsstellen übrig geblieben, und zwar 6 Rettungs
wachen (2 Voll- und 4 Tageswachen), 11 Unfallstationen (4 Voll
wachen und 7 Tageswachen) und 11 Sanitätswachen, welche bei den
zusammen 11 Halbwachen der Rettungswachen und Unfallstationen
den Nachtdienst versehen.
Die Lage der Hilfsstellen im einzelnen ist folgende:
Rettungswachen (Vollwachen):
1. Koppenstraße 36/37, Ecke Große Frankfurter Straße (bisher
Frankfurter Allee 95),
2. Köthener Straße 47.
Rettungswachen mit Sanitätswachen:
3. Steglitzer Straße 60,
4. Görlitzer Bahnhof,
5. Adalbertstraße 10.
6. Gaudystraße 41. Ecke Schönhauser Allee (bisher Kastanien
allee 58).
Unfallstationen:
7. Kurfürstendamm 9 (Zoologischer Garten),
8. Tempelhofer Ufer 1a,
9. Warschauer Straße 2.
10. Badstraße 67.
Unfallstationen mit Sanitätswachen:
11. Spittelmarkl 2 (früher Brüderstraße),
12. Kommandantenstraße 40, nahe Alexandrinenstraße (bisher
Alexandrinen- und Annenstraße).
13. Grüner Weg 17,
14. Kronenstraße 56,
15. Keibelstraße 23,
16. Lindower Straße 10/11,
17. Eichendorffstraße 14.
Sobald die Mietsverträge es zulassen, ist eine Verlegung in
Aussicht genommen hinsichtlich der Wachen Steglitzer Straße 6u,
Tempelhofer Ufer la und Grüner Weg 17.
2. Sonstige Einrichtungen für erste Hilfe.
a) Die städtische Zentralmeldestelle bleibt unverändert auf
rechterhalten.
d) Es wurde ebenfalls keine Veranlassung für vorliegend erachtet, an
1. den städtischen Sanitätsstuben in den Markthallen, im
Rathause und in den Feuerwachen Schöneberger Straße 20
und Fischerstraße 37/38,
2. den Verbandkästen in den Polizeirevieren,
3. den Rettungsgeräten an den öffentlichen Wasser-
läufen
etwas zu ändern. Doch erschien es für notwendig, daß die in
den Sanitälsstuben und Feuerwachen untergebrachten Verbands
kästen von Zeit zu Zeit durch Sachverständige revidiert werden
müßten, da ihr Inhalt sich zum Teil in einem für Zwecke der
ersten Hilfe nicht mehr gebrauchsfähigen Zustande befänden.
v) Was den Krankentransport anbelangt, so waren die Ge
meindebehörden der Ansicht, daß bei der zeitigen Neuregelung
des Rettungswesens das Krankentransportfuhrwesen, besonders
auch eine etwaige weitere Unterstützung des Verbandes für erste
Hilfe, zunächst außer Betracht bleiben muß, da diese Angelegen
heit einstweilen durch Privatbetriebe wunschgemäß geregelt ist.
Wohl aber wurde als Neueinrichtung die Anschaffung von
16 fahrbaren Tragbahren für empfehlenswert gehalten, die in
den 16 Feuerwachen untergebracht werden sollen, um von dort
im Notfälle herbeigeholt zu werden. Das Fehlen einer ge
eigneten Tragbahre hatte sich schon häufig bei Unfällen auf der
Siraße als empfindlicher Mangel herausgestellt. Die Herbei-
rufung eines Krankentransportwagens kostet Geld und, was
oft schlimmer ist, Zeit. Es lag daher nahe, diesem Uebelstande
in der angedeuteten Weise wenigstens teilweise abzuhelfen.
Es war zu hoffen, daß durch entsprechende Instruktion der
Schutzleute in Verbindung mit der mehr und mehr im Publikum
zunehmenden Kenntnis von der Lage der Feuerwachen eine
solche Einrichtung auf leichteste Weise zugunsten von Verun
glückten wird nutzbar gemacht werden können.
3. Kostensrage.
Die Frage, welche Kosten durch ein derartig neuzugestaltendes
Rettungswesen entstehen würden, war im voraus sehr schwer zu
entscheiden. Für die Rettungswachen, wo im wesentlichen alles un
verändert blieb, konnten die Kosten des letzten Jahres als Norm
zugrunde gelegt werden. Anders bei den Unfallstationen und den