Nr. 19. Städtische Jrrenpflege.
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II. Bericht über die Irrenanstalt Herzberge in Lichtenberg
Die Ausnahme der Kranken erfuhr eine weiiere Steigerung.
1904 betrug der Zugang 2 342; 1905: 2 547; 1906 : 2 647 und. im
Berichtsjahre 2 802, worunter 2 315 Männer.
Die Zahl der Kranken mit gesetzwidrigem Vorleben ist nach wie
vor beträchtlich. Die Gesamtmenge der aus Untersuchungshaft der
Drtspolizeibehörde Berlin Ueberwiesenen und ein Teil der aus der
Strafhaft in den bei Berlin gelegenen Strafanstalten Austretendcn
gelangt zunächst in hiesige Anstalt. Die Rückführung in die Unter-
iuchungshaft (falls 8 203 Sir. P.-O. angewandt war) oder in die
Strafhaft, (§ 493 Str. P.-O.) wird nun in einer Anzahl von
Fällen, und zwar ans die Dauer, erreicht. Dieser Abgang genügt
jedoch gegenüber dem Zugänge keineswegs. Auch die Abgabe an
andere Anstalten, insbesondere an das inzwischen fertiggestellte
Verwahrungshaus in Buch-Ost, konnte der weiteren Anhäufung
besonders zu verwahrender Kranker nicht vorbeugen.
Weil für besonders zu beaufsichtigende Männer die Zahl der
Plätze in dem Gesamtgebiete der Anstalten der Stadt Berlin noch
nicht genügt, hat das abgeschlossene Haus der Frauenabteilung der
Anstalt auch weiterhin noch für Männer verwandt werden müssen.
Die Behandlung auf der Frauenseite erfährt dadurch schon seit längerer
Zeit eine erhebliche Beeinträchtigung.
Bei einem Bruchteile der sich zur Aufnahme meldenden Personen
mußte Abweisung erfolgen, weil das Bedürfnis der sofortigen Anstalts-
behandlung nicht festzustellen war. Unbefriedigend gestaltete sich die
Behandlung eines Teiles der rückfälligen Kranken.
Der Bestand des Pflegepersonals (ohne Oberpfleger) betrug
am 31. März 1907:
159 Pfleger, 89 Pflegerinnen,
Zugang 164 - 53 -
zusammen 323 Pfleger, 142 Pflegerinnen,
Abgang 166 - 5H -
Bestand am 31. März 1908: 157 Pfleger, 87 Pflegerinnen.
Der in den Vorjahren sehr beträchtliche und bedauerliche Abgang
älterer, ausgebildeter Pfleger ist im Berichtsjahre etwas geringer
geworden; das Ausscheiden jüngerer Pfleger war, wie im Vorjahre,
sehr beträchtlich.
Die allgemeinen Gesundheitsverhältnisse in der Anstalt waren
günstig.
Selbstmorde sind nicht vorgekommen, mehrere Selbstmordversuche
bei Männern und Frauen konnten rechtzeitig verbinden werden.
Weniger bei Männern als bei Frauen'kamen Verletzungen leichterer
nnd schwererer Art vor. Eine geistig geschwächte Kranke fiel aus
einem nicht verschloffenen Fenster auf dem Hof und starb infolge des
Sturzes.
Aus der Anstalt haben sich eigenmächtig 103 Männer entfernt,
die zum bei weitem größten Teil in den offenen und den Land
häusern sich befanden, 6 Männer kehrten von selbst zurück, 20 Männer
wurden seitens der Polizei der Anstalt wieder zugeführt, während
die übrigen 78 Männer als entlassen betrachtet werden konnten. Von
den Frauen hatten sich 6 eigenmächtig entfernt, von denen 5 als
entlassen angesehen wurden, während eine von der Polizei wieder
eingewiesen wurde.
Dauernd bettlägerig und zwar wegen Störungen auf körperlichem
Gebiete waren durchschnittlich täglich 135 Männer und 87 Frauen
gegen 108 Männer und 83 Frauen im Jahre 1906. Mit Bettruhe
wurden außerdem wegen ihres psychischen Zustandes täglich durchschnitt
lich 92 Männer und 121 Frauen behandelt, gegen 47 Männer und
128 Frauen im Vorjahre.
Beschäftigt in verschiedenem Umfange konnten täglich durchschnittlich
700 Männer und 185 Frauen werden.
Am Gottesdienste nahmen im Durchschnitt teil: 60 Männer und
68 Frauen, an den Gesangsübungen 19 Männer und 14 Frauen.
Allgemeiner Bericht.
In der Zeit vom 1. April 1907 bis 31. März 1908 war die
Gesamtbewegung:
1907
Männer
Frauen
Personen
A. Anstalt.
Bestand am 31. März 1907 . . .
744
482
1 226
Zugang bis 31. März 1908 . . .
2 315
487
2 802
zusammen
3059
969
4028
Abgang bis 31. März 1908 . . .
2 342
488
2 830
Bestand am 31. März 1908 . . .
717
481
1 198
B. Familienpflege.
Bestand am 31. März 1907 . . .
164
145
309
Zugang bis 31. März 1908 . . .
52
14
66
zusammen
216
159
375
Abgang bis 31. März 1908 . . .
62
17
79
Bestand am 31. März 1908 . . .
154
142
296
6. Privatanstalten.
Bestand am 31. März 1907 . . .
113
69
182
Zugang bis 31. März 1908 . . .
90
23
113
zusammen
203
92
295
Abgang bis 31. März 1908 . . .
97
24
121
Bestand am 31. März 1908 . . .
106
68
174
Gesamtbestand am 31. März 1908.
A. in der Anstalt
717
481
1 198
B. - » Familienpflege ....
106
68
174
C, - Privatanstalten
154
142
296
zusammen
977
691
1668
Nach der Krankheitsform gliedert sich die Bewegung in der Anstalt in folgender Weise:
1907
Einfache
Seelenstörung
Paralytyschc
Seelenstörung
Seelenstörung
mit Epilepsie
Idiotie und
Imbezillität
Delirium
potatorum
Zur
Beobachtung des
Geisteszustandes
Zusammen
M. j
Fr. | Sa.
M.
Fr.
Sa.
M. :
Fr. Sa.
M.
Fr. Sa.
M. | Fr. Sa.
M. Fr.
Sa.
M.
Fr i Sa.
Bestand am31. März 1907
579
398 977
17
43
60
46
4 50
101
37 138
i ! —i i
_
744
482: 1 226
Zugang bis81.März 1908
1 882:
385 2 267
93'
43 j
136
182
33 215
133
26 159
—i —1 —
25 — j
25
2 315
487| 2 802
Zusammen
2 461 i
783 3 244
iio!
86
196
228
87 { 265
234
63 297
i —i i
25 —
25
3 059
969 4 028
Abgang bis31. März 1908
1 868>
378 2 246
87
4l|
128
202:
33; 235
160
36; 196
11 -i i
24 —
24
2 342;
4881 2 830
Bestand am 31.März 1908
593
405 998| 23
45
68
26 !
4j 30
74
27} 101
— —) —
1 —
1
717-
481 1 198