Nr. 18. Städtische Krankenanstalten.
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da sich die Rettungsgeselljchast durch notarielle Zession verpflichtet hat,
von einem ihr zustehenden Vermächtniffe des Kommerzienrats Albert
Pfvfs im Betrage von 100030 Jt, das nach dem Tode der zum
lebenslänglichen Nießbrauchs berusenen, bereits betagten Schwester
des Erblassers ausgezahlt werden soll, der Stadtgemeinde 75 000 Jt.
50000 Jt als Rückerstattung der vorgedachlcn 40000 Jt und
25 000 Jt zur freien Verfügung für Zwecke des Rcttungswesens zu
überweisen. Die Weiterführung des Betriebes in den 6 Rettungs
wachen wurde dem Aerzteverein der Berliner Rettungsgesellschaft,
welcher mit Genehmigung des Magistrats den Namen „Aerzteverein
des Berliner Rettungswesens" annahm, vorläufig bis zum 31. März
1908 gegen eine Pauschalentschädigung von 50000 Jt übertragen;
der Aerzteverein hat hierfür die Organisation des ärztlichen Dienstes
sowie die gesamte Verwaltung einschließlich sämtlicher Betriebskosten
in den genannten 6 Rettungswachen übernommen. In der Viehhofs
wache findet nur Tagesdienst statt, in der Wache Frankfurter Allee
ununterbrochener Dienst Tag und Nacht, in den übrigen 4 Wachen
versieht der Aerzteverein den Dienst von 8 Uhr morgens bis 10 Uhr
abends, während in der Nachtzeit in denselben Räumen Sanitäls-
wachen tätig sind. Zu der Betriebsleitung gehört besonders auch
die Sorge für das Wärterpersonal, die Beschaffung und Instandhaltung
des Inventars und das Onkasso; die eingezogenen Beträge verbleiben
dem Aerzteverein. Der ärztliche Dienst ist durch den Aerzteverein
mit 1 Jt für eine Dienststunde zu honorieren. Ein Arzt und ein
Heilgehilfe müssen ständig anwesend sein, der Wechsel des diensttuenden
Arztes erfolgt frühestens zweistündlich. In den Wachen darf nur
erste Hilfe geleistet werden, Nachbehandlung findet nicht statt. Der
Stadt steht die Aufsicht über die Geschäftsführung des Aerztevereins
zu; ein städtischer Bcamrer ist beauftragt, die Wachen jederzeit zu
kontrollieren.
Ferner sind den Sanitätswachen für das Jahr 1907 die bis-
herigen Zuschüsse nur unter der Bedingung gezahlt worden, daß sie
sich ebenfalls verpflichten, für einen ständigen ordnungsmäßigen,
ärztlichen Dienst zu sorgen, nur erste Hilfe zu leisten und jede Nach
behandlung auszuschließen, sowie der Stadt die Aufsicht und Kontrolle
über die Geschäftsführung und die Tätigkeit der Wachen einzuräumen. —
Ebenso ist den Berliner Unfallstationen vom Roten Kreuz die bisher
gewährte Beihilfe nur unter der Bedingung weiter gezahlt worden,
daß auch sie sich verpflichten, soweit der öffentliche Rettungsdienst in
Frage kommt, nur die erste Hilfe zu leisten und der Stadtgemeinde
in dieser Beziehung dieKontrolle über ihre Geschäftsführung einzuräumen.
Gleichzeitig mit dem Beschluffe, durch welchen die Uebernahme
der Einrichtungen der Berliner Rettungsgesellschaft genehmigt wurde,
faßte die Stadtverordnetenversammlung eine Resolution, welche als
weiteren Schritt zur Vereinheitlichung des Berliner Rettungswesens
die Uebernahme der Sanitätswachen auf die Stadt in Aussicht nahm.
Die aus dieser Veranlassung mit den Sanitätswachen angeknüpften
Verhandlungen haben bis zum Ende des Berichtsjahres zu einem
Ergebnisse nichl geführt.
Seit dem 1. Januar 1908 führt der Aerzteverein des Berliner
Rettungswesens den Tagesdienst in der Rettungswache Steglitzer
Straße 60, für welchen bisher der Verband für erste Hilfe gesorgt
hatte, auf Kosten der Stadtgemeinde gegen einen Jahresbetrag von
5 200^ weiter; die Wache nimmt seitdem dieselbe Stellung ein, wie
die 6 übrigen städtischen Rettungswachen.
Die Gebühren, welche der Aerzteverein in den städtischen Rettungs
wachen zu erheben hat, sind vom Magistrat dahin festgesetzt worden,
daß für die Leistung erster ärztlicher Hilfe auf der Wache unter allen
Umständen die Mindestsätze der Gebührenordnung für approbierte
Aerzte und Zahnärzte und in geeigneten Fällen, d. h. bei nicht ganz
Unbemittelten, ein Honorarsatz, der die Mindestsätze der Gebühren-
ordnung übersteigt, zu erheben sind, mit der Maßgabe, daß die Be
messung des Honorarsatzes lediglich den die ärztliche Hilfe leistenden
Aerzten überlassen bleibt, und daß nachträgliche Aenderungen der an
gegebenen Honorarsätze durch den Aerzteverein nicht stattfinden dürfen.
Für Leistungen erster Hilfe an Mfiglieder von solchen Krankenkaffen,
mit denen ein entsprechendes Abkommen geschloffen ist, sind für jede
ärztliche Hilfeleistung 2,75 Jt, für jeden Nachtbesuch außerhalb der
Rettungswache 4 jt, und für geburtshilfliche Leistungen 10 Jt in
Rechnung zu stellen. Für Leistungen erster Hilfe an solche Dienst
boten, für welche der Abonnementsoerein von Dienstherrschaften für
kranke Dienstbolen zu Berlin a. G. die Kosten zu tragen verpflichtet
ist, sind ebenfalls 2,75 Jt bezw. 4 Jt in Rechnung zu stellen. — In
derselben Weste erfolgt die Berechnung der für erste Hilfeleistung
in den in den städtischen Krankenhäusern befindlichen Hauplwachen zu
erhebenden Gebühren. Soweit es möglich ist, sind die Kosten sogleich
nach der Behandlung einzuziehen. In denjenigen Fällen, für welche
eine sofortige Erhebung der Kosten erfolglos ist. übernimmt der Aerzte-
verein des Berliner Rettungswesens die Einziehung. Als Vergütung
erhält er 25 v. H. der Jsteinnahme und ist außerdem berechtigt, noch
die Barauslagen in Abzug zu bringen, welche durch besondere Er-
Mittelungen erwachsen. Von den auf der Wache selbst bezahlten und
von den durch den Aerzteverein an die Krankenhäuser abgeführten
Beträgen fällt als Erstattung für die sächlichen Kosten eine Mindest
gebühr von 50 4, bei Aufwendung höherer Kosten der durch Schätzung
ermittelte Betrag der Stadtgemeinde zu. während der Rest den be
handelnden Aerzten übcrlaffen wird.
Die Gesamtkosten, welche der Betrieb der städtischen Rettungs
wachen im Berichtsjahre verursachte, betrugen 52 912,15 ^. Den
privaten Sanitätswachen wurden 37 770 Jt, dem Kuratorium der
Berliner Unfallstationen vom Roten Kreuz 10000 Jt als Beihilfe
überwiesen. Dem Verband für erste Hilfe, Abteilung für Kranken-
transport, wurde mit Rücksicht auf den guten Zweck seiner Bestrebungen
und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß bei einem Teile der
von ihm übernommenen kostenfreien Transporte sonst die öffentliche
Armenfürsorge hätte eingreifen müffen, eine Beihilfe von 3 000 Jt
gewährt. Die Kosten der Zentralmeldestelle beliefen sich auf 12 475,35 Jt.
die der Sanitätsstuben auf 115.8» Jt. die der Rettungseinrichtungen
an den städtischen Wasserläufen auf 2 883,2» Jt. Die Gesamtausgabe
betrug 119156,7? Jt gegen 76 722,2» Jt im Vorjahre.
In den Sanitätsstuben der städtischen Markthallen find im
Kalenderjahre 1907 in 426 Fällen lim Vorjahre 389) Hilfeleistungen
durch die im Samariterdienst ausgebildeten Marklhallenbeamten erfolgt.
In den außerdem von der Stadt unterhaltenen Sanitätsstuben fanden
erste Hilfe:
a) im Rathause 8 Personen (im Vorjahre 8).
b) in der Feuerwache Schöneberger Straße 20 24 (im
Vorjahre 29),
o) in der Feuerwache Fischerstraße 37/38 33 (im Vorjahre 33).
Auf den nicht mit Sanitätsstuben ausgerüsteten Feuerwachen ist
die Hilfe der im Samariterdienste ausgebildeten Mannschaften in
140 Fällen (im Vorjahre 139) in Anspruch genommen worden.<
Die an den öffentlichen Wasserläusen befindlichen Rettungsstationen
und Rettungsgeräle wurden im Berichtsjahre nicht vermehrt. Es
waren vorhanden 124 Rettungsstationen, welche mit 35 Rettungskähnen
mit Zubehör. 34 Rcttungsbällen und 55 Rettungsringen versehen sind.
— Im Kalenderjahre 1907 sind die Rettungsgeräte in 34 Fällen (im
Vorjahre 42) mit Erfolg, in 4 (im Vorjahre 7) Fällen ohne Erfolg
zur Rettung Ertrinkender und in 12 Fällen (im Vorjahre 19) zur
Bergung von Leichen in Benutzung genommen worden. — Auch im
Jahre 1907 sind die Rettungsgeräte wieder vielfach Angriffen von
Diebes- und Frevlerhänden ausgesetzt gewesen. In 15 Fällen (im
Vorjahre 24) sind Rettungsbälle und -Ringe mutwillig ins Waffer
geworfen oder die Leinen zerschnitten und gestohlen worden. Das
Zubehör der Rettungskähne, besonders die Ruder, Bootshaken sind in
22 (im Vorjahre 17) Fällen gestohlen worden. — In 15 (im Vor
jahre 17) Fällen sind Rettungskähne zum Herausholen von Hüten,
Mützen, Hunden und anderen Gegenständen widerrechtlich benutzt
worden. In keinem der zuerst erwähnten 16 + 22 = 37 Fälle konnte
der Uebeltäter ermittelt werden; von den letzterwähnten 15 Fällen
wurden die festgestellten Leute in 8 Fällen zur Bestrafung gezogen,
während in 7 Fällen von einer Bestrafung Abstand genommen wurde.
III. Stiftungen.
Vorbemerkung.
Da es in den letzten Jahren nicht immer möglich gewesen ist,
die aus den Stiftungen zur Verfügung stehenden Zinsen in vollem
Umfange zu verwenden, weil entsprechende Anträge nicht in hin
reichender Anzahl an uns herantraten, ist die Armendirektion ersucht
worden, ihrerseits geeignete Fälle uns in Vorschlag zu bringen. Auf
diese Weise ist es möglich gewesen, im Berichtsjahre die aus früheren
Jahren aufgelaufenen Zinsen teilweise mitzuverwenden; hieraus erklärt
es sich auch, daß in der nachstehenden Uebersicht die aufgewendeten
Beträge größer sind als die Jahreszinsen.
1. Stiftungen der Krankenhäuser im Friedrichshain,
Moabit, am Urban, Gitschinerstraße und des Rudolf
Virchow-Krankenhauses.
a) Freibettstiftungen.
Im Berichtsjahre waren folgende Stiftungen vorhanden:
Kapital am
1. April 1907
Jt
Jahreszinsen
Jt
1. Mendelssohn-Bartholdyfiiftung . .
2. Stiftung der Brüder Heinrich und
20 500
750,50
Julius Maas
26 400
924,oo
3. Hermann Friedländerstiftung . . .
11 400
399,00
4. Hindenbergstiftung
30 700
1 074,60
5. Simonstiflung
32 900
1 151,60
6. Delrinqstiftung
52 500
1 837,50
7. Ebertystiftung
48 600
1 701,oo
8. Plautstiftung
10 600
371,oo
Summe
233 600
8 209,oo
Die zu 1—3 genannten Stiftungen sind für kein bestimmtes
Krankenhaus errichtet, die zu 4—5 genannten nur für das Kranken
haus im Friedrichshain, die zu 6—7 genannten nur für das Kranken-
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