Nr. 85. Städtische Polizeiverwaltung.
5
anlagen in den Bauten bezw. auf den Höfen und in den Gärten ge
nehmigt. Vor Erteilung dieser Entwässerungsgenehmigung erfolgt die
polizeiliche Rohbauabnahme nicht. Technische Beamte der Verwaltung
überwachen die Ausführung der genehmigten Anlagen und verhindern
den unvorschriftsmäßigen Einbau von Entwässerungsobjekten. Wesent
liche Abweichungen vom Projekt müssen auf Grund eines neuen Ent
wurfs nachträglich genehmigt werden. Sind die Entwässerungsanlagen
im ganzen Umfange fertiggestellt, so werden sie auf ihre Betriebs
fähigkeit geprüft. Zutreffendenfalls wird die Betriebsfähigkeit be
scheinigt. Erst nach Vorlage dieser Bescheinigung (Inbetriebnahme-
attest) erteilt die Baupolizeibehörde die Erlaubnis zum Beziehen der
fertiggestellten Bauten.
In besonders dringlichen Fällen werden die Anlagen in einzelnen,
bereits fertiggestellten Räumen (Restaurants, Geschäftsräume und der
gleichen) besonders geprüft und ein Teilaileft ausgefertigt.
Im Berichtsjahr sind der Verwaltung 2121 Bauprojekte (im
Vorjahre 2 364) zur Zustimmung zugegangen. Außerdem wurden 32
(im Vorjahre 68) Hochbauprojckte für Lichtenberger Grundstücke, welche
an die Berliner Kanalisation anzuschließen sind, geprüft.
Infolge Aufrufs oder der in den Bauschein aufgenommenen An
schlußvorschrift wurden im Berichtsjahre 622 (im Vorjahre 757) Ent-
wäsferungsprojekte zur Genehmigung eingereicht. Die meisten Projekte
konnten sogleich genehmigt werden. Immerhin mußte noch eine große
Anzahl Projekte zur Berichtigung bezw. Ergänzung derselben oder
zum Nachweise der Anschlußmöglichkeil mangels vorhandener Anschluß-
stutzen zurückgegeben werden.
Von den im Berichtsjahr und zum Teil noch im Vorjahr ge
nehmigten Entwässerungsprojekten gelangten noch im Berichtsjahr 670
(im Vorjahre 780) zur Ausführung. Die ausgeführten Anlagen
konnten insgesamt, oftmals jedoch erst nach verlangter Abänderung,
für betriebsfähig erklärt werden.
Bei späteren Aus- und Umbauten werden fast immer die vor
handenen Entwässerungsanlagen geändert oder neue Objekte eingebaut.
In diesen Fällen müssen Erweiterungsprojekte zur Genehmigung
vorgelegt werden. Derartige Projekte gingen im Berichtsjahre 1 202
(im Vorjahre 1164) ein. Von diesen Projekten, die sämtlich genehmigt
wurden, gelangten noch im Berichtsjahre 1075 (im Vorjahre 973)
zur Ausführung und Abnahme.
Von Zeit zu Zeit werden die abgenommenen Entwässerungs
anlagen auf ihre dauernde Betriebsfähigkeit hin polizeilich nachgeprüft.
Es wurden im Berichtsjahre 676 (im Vorjahre2987) Nachrevisions
termine abgehalten. In erster Linie betraf die Nachprüfung die
vorschriftsmäßige Herstellung der Entwässerungsanlagen gemäß der
Polizeiverordnung vom 30. Januar 1906. Die Neuheit der Polizei
vorschrift erschwerte die Prüfung in vieler Hinsicht; die Termine mußten
oftmals wiederholt werden. Dies ist auch der Grund, daß die Zahl
der diesjährigen Nachrevisionen gegen das Vorjahr eine geringere war.
Ebenso fällt hierbei der Umstand ins Gewicht, daß im I. Semester
des Berichtsjahres mangels der erst Ende Juli erschienenen Bekannt
machung der Verwaltung zur Erläuterung der neuen Polizeiverordnung
nur wenige Nachrevisionstermiue angesetzt werden konnten.
Revisionen mußten auch auf angebrachte Beschwerden zuständiger
Behörden, von Nachbarn, Mietern, Passanten, ebenso im Auftrage der
Aufsichtsinstanz an Ort und Stelle sofort vorgenommen werden.
Vorgefundene Mißstände wurden durch polizeiliche Anordnungen be
seitigt. Anlaß zu Beschwerden hatten in den meisten Fällen Ueber-
schwemmungen gegeben, die durch undichte oder zu enge Rohranlagen
oder Gullys bei anbaltendem Regenwetter entstanden waren. Ver
schlammungen und Verstopfungen der Entwässerungsanlagen hatten
ebenso Ueberschwemmungen verursacht, durch welche vielfach Nachbar-
grundstücke zu leiden hatten. Mangelnde Rückstauvorrichtungen an
Kellerklosetten hatten gleichfalls Ueberschwemmungen zur Folge.
Vielfach wurde Beschwerde geführt über üblen Geruch aus den
Entwässerungsanlagen. Die Ursache des Geruches war fast stets der
Mangel an vorschriftsmäßigen Geruchverschlüssen und Lüftungsrohren,
vor allem auch die ungenügende oder gänzlich fehlende Spülung der
Klosette oder Pissoire.
Meldungen der Polizeireviere veranlaßte die Verwaltung, die
Hauseigentümer zum Anschluß frei auf den Bürgersteig ausmündender
Regengosscn an den Straßenkanal anzuhalten. Defekte oder zu flache
Dachrinnen verursachten bei Regenwetter Belästigungen der Straßen
paffanten, so daß für eine ordnungsmäßige Herstellung der Rinnen
sofort Sorge getragen werden mußte.
Die von Amtswegen vorgenommenen regelmäßigen Nachprüfungen
der Entwässerungsanlagen auf den einzelnen Grundstücken ergaben
meist den ordnungsmäßigen Betrieb der Anlagen. Allerdings mußte
oft genug die unzureichende Spülung der Klosette und Pissoire be-
mängelt werden. Mitunter fehlte die Spülung gänzlich. Auch der
Mangel eines für die Mieter bestimmten Ausgusses mußte gerügt
werden; die Mieter benutzten in diesen Fällen das Klosett als Ausguß-
decken. Ferner mußten vorschriftswidrige Rohranschlüsse, auf gepflasterte
Höfe mündende Regengüssen und verstopfte Abflußröhren beanstandet
werden. Fehlende oder zerstoßene Siebe in den Ausgußbecken, ebenso
fehlende Geruchverschlüsse in Balkonregenrohren sowie der Mangel an
Felttöpfen in den Abflußleitungen der Schlächtereien und Restaurationen
gaben wiederholt Anlaß zum polizeilichen Einschreiten, desgleichen das
Fehlen vorgeschriebener Lüftungsrohre oder der ungenügende Abfluß
des Niederschlagswassers auf uneben gewordenen Höfen.
In zwei Fällen war die Verjauchung von Brunnen- und Trink-
waffer Gegenstand polizeilicher Anordnungen.
Bei den Nachrevisionen wurden wiederholt ohne polizeiliche Er
laubnis eingebaute oder abgeänderte Entwässerungsanlagen vor-
gefunden, welche aber vielfach den polizeilichen Vorschriften entsprachen;
sie konnten daher, gegebenenfalls nach vorheriger Abänderung, nach
träglich genehmigt werden.
Oeffentliche Bedürfnisanstalten wurden gleichfalls einer Revision
unterzogen; sie waren im vorschriftsmäßigen Zustande.
Die Abwässerung der Fabriken hatte die Verwaltung im
Berichtsjahre besonders in Anspruch genommen. Mit Rücksicht auf
die größeren Mengen oder die besondere Eigenschaft der Abwässer ist
gemäß tz 7 der Polizeiverordnung vom 14. Juli 1874 eine besondere
Genehmigung zur Ableitung der Fabrikabwässer in die öffentliche
Kanalisation oder durch besondere Leitungen in die öffentlichen Wasser
läuse erforderlich. Abgesehen von denjenigen Fabriken, aus denen
nicht mehr als 10 obm täglich reine Abwässer in die Kanalisation
abgeführt werden, was grundsätzlich gestattet wird, kamen im Berichts
jahre 29 Fabrikbetriebe (im Vorjahre 14) in Frage, über deren Ab-
Wässerung in Gemeinschaft mit der städtischen Polizeiverwaltung,
Abteilung I, welche jetzt die Straßenkanäle zu überwachen hat, und
der Kanalisationsdeputation Entscheidung getroffen werden mußte.
In 1l Fällen (im Vorjahre auch 11) konnte die Ableitung der Fabrik
abwässer in die Kanalisation nicht gestattet werden. Die Abführung
der Abwässer mußte durch Sonderleitungen, manchmal unter Benutzung
von Notauslässen in die Spree, die Pauke und in den Landwehrkanal
und zwar mit Zustimmung der Skrombehörden erfolgen. Die ab
geleiteten Abwässer waren lediglich reines Kühl- und Kondensations-
waffer in Mengen von 12—1992 obm täglich.
Ueber 2 Ableitungen steht der Beschluß noch aus.
Sauggasanlagen, deren Gaswaschwaffer in die Kanalisation
geleitet werden kaun, wenn es vollkommen geruchfrei und neutral
abfließt, wurden im Berichtsjahre 14 (im Vorjahre 11) ermittelt bezw.
genehmigt. Im ganzen sind bisher 41 derartige Anlagen bekannt
geworden und ihre Abwässerung unter polizeiliche Kontrolle gestellt
worden.
Eine besondere Ueberwachung der Entwässerungsanlagen in Be
trieben, in welchen Benzin verwendet wird, mußte die Verwaltung
anordnen, um zu verhüten, daß explosible oder feuergefährliche
Stoffe in die Kanalisationsleitungen gelangen. Auch die Ableitung
von zu heißen Abwässern in die Kanalisation wurde verboten, da
nur die Ableitung von Abwässern von nicht mehr als 35 0 Celsius
gestattet ist.
Die Ableitung von säurehaltigen Abwässern mit mehr als
0,i v. H. Säuregehalt wird nicht geduldet. Es mußte dieserhalb mehr
mals polizeilich eingeschritten werden, einmal unter Strafverhängung.
Der Anschluß von Stallungen an die Kanalisation mußte ört
licher Schwierigkeiten wegen in einzelnen Fällen unterbleiben. Unter
Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes wurde von der Forderung des
Anschlusses Abstand genommen, wenn die flüssigen Abgänge durch die
Streu aufgenommen wurden. Entwässerungsanlagen in Gärten
wurden gleichfalls ohne Kanalisationsanschluß widerruflich gestattet,
wenn eine vollkommene Versickerung der Abwässer möglich war.
Die Abwässerung von Baulichkeiten über Nachbar-
grundstücke hinweg mußte mit Rücksicht auf die Lage der Grundstücke
mehrmals gestattet werden, jedoch nur widerruflich und nach Bei
bringung der Zustimmung des Besitzers des Nachbargrundstücks.
Die bei den Revisionen vorgefundenen Mängel an den Ent
wässerungsanlagen wurden mitunter ohne schriftliche Aufforderung
sofort beseitigt. Sonst mußte das gesetzlich vorgeschriebene Zwangs
verfahren eingeleitet werden. Polizeiliche Aufforderungen zur
Beseitigung vorgefundener Uebelstände oder zur Unterlassung unzulässiger
Ableitungen sind im Berichtsjahre 964 (im Vorjahre 862) erlaffen
worden. Sie waren zum größten Teil an die Grundstückseigentümer,
welche für den ordnungsmäßigen Zustand ihrer Grundstücke ver
antwortlich sind, gerichtet, aber auch an Dritte (Pächter usw.), welche
den polizeiwidrigen Zustand der Anlagen unmittelbar verschuldet
hatten. Den Aufforderungen wurde meist, bisweilen erst nach einer
Fristbewilligung, entsprochen. In 16 Fällen (noch nicht 2 v. H.) mußten
die angedrohten Zwangsmittel festgesetzt werden und in 9 Fällen
(etwa 1 v. H.) die Zwangsmittel tatsächlich zur Anwendung gebracht
werden. In den übrigen 7 Fällen waren die Eigentümer den Auf
forderungen zuvor nachgekommen- Es fanden 3 polizeiliche Aus-
führungen durch Dritte auf Kosten der Eigentümer und die Ein
ziehung von 6 Exekutivstrafen statt.
Gegen die erlassenen Aufforderungen wurden im Berichtsjahre
9 Beschwerden beim Herrn Oberpräfidenten eingereicht; Klagen
im Verwaltuugsstreitverfahren wurden nicht erhoben. 5 Beschwerden
betrafen die Abänderung der Entwässerungsanlagen gemäß der neuen
Polizeiverordnung vom 30. Januar 1906. Diese Beschwerden wurden
sämtlich zurückgewiesen. Wegen der abschläglichen Bescheidung hat
ein Beschwerdeführer Klage beim Oberverwaltungsgericht eingereicht,