Nr. 30. Gewerbedeputation.
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die Vereine der freigewählten Kassenärzte und der Berliner Kassen
ärzte, ferner durch die Aerzte des Gewerkskrankenvereins und durch
eigene angestellte Aerzte. Am Schluffe des Kalenderjahres hatten
5 (5) Ortskrankenkaffen mit 73115 (67 910) Mitgliedern eigene
Kassenärzte, dem Verein der freigewählten Kassenärzte gehörten 6 (6)
Ortskrankenkassen mit 41 397 (39 384) Mitgliedern an, dem Verein
Berliner Kassenärzte 14 (14) Ortskrankenkaffen mit 279 725 (254 605)
Mitgliedern und endlich dem Gewerkskrankenverein 30 (30) Orts-
krankenkassen mit 131 431 (126112) Mitgliedern. Nach Verhältnis
der Zahl aller Kassenmitglieder berechnet entfallen in diesem Berichts
jahre auf die Orts krankenkassen mit eigenen Kassenärzten 13,9i(13,92)v.H.,
auf die dem Verein der freigewählten Kassenärzte angehörenden Orts-
krankenkassen 7,88 (8,m) v. H., auf die dem Verein Berliner Kassen-
ärzte angehörenden Ortskrankenkaffen 53,21 (52,ir) v. H. und auf den
Gewerkskrankenverein 25,00 (25,84) v. H. aller Kassenmitglieder.
In einer Streitsache der hiesigen Allgemeinen Ortskrankenkasse
gegen einen Musikdirektor hat das Kammergericht durch Urteil vom
8. März 1907 die Krankenversicherungspflicht derjenigen Musiker be
jaht, die einem Unternehmen angehören, das künstlerischen Interessen
nicht dient. Das genannte Gericht hat damit seinen bisherigen ent
gegengesetzten Standpunkt verlassen. Da das Oberverwaltungsgericht
diese Musiker von jeher für versicherungspflichtig erachtet hatte, so ist
nunmehr die bisher vorhanden gewesene Verschiedenheit der Recht
sprechung zwischen den höchsten Spruchbehörden der Verwaltungs
und der ordentlichen Gerichte in dieser Frage beseitigt.
Im Berichtsjahre kamen insgesamt 3 003 Streitsachen aufGrund des
§ 58 Absatz I des Krankenversicherungsgesetzes zur Bearbeitung gegen
2 838 im Vorjahr. Durch Vergleich oder Anerkenntnis wurden davon
2 086 (im Vorjahre 1 996) erledigt. In 917 Fällen (im Vorjahre 842)
erging formelle Entscheidung der Aufsichtsbehörde. Von diesen Ent
scheidungen sind, soweit bekannt, 98 im Klagewege bei dem ordent
lichen Gerichte angefochten worden. Davon wurden 20 Fälle durch
Vergleich oder Rücknahme der Klage erledigt. In 3 Fällen war die
Berufungsfrist verstrichen. In 39 Fällen ist die Entscheidung der
Aufsichtsbehörde bestätigt, dagegen in 14 Fallen eine Aufhebung oder
Abänderung erfolgt. Der Entscheidung des Gerichts harrten noch
22 Fälle. Zwangsweise Beitreibung rückständiger Kassenbeiträge
und Eintrittsgelder wurde von den Kassen in 31188 Fällen (im Vor-
jähre 28800) beantragt. Die von der Kommission für Zwangsvoll-
streckungssachen beigetriebenen, von der Kaffe der Gewerbedeputation
gesammelten und an die empfangsberechtigten Kassen in monatlichen
Zwischenräumen abgeführten Beträge beliefen sich
für die Ortskaflen auf 666 870,40^,
- Betriebskaffen auf 98,85 -
- Jnnungskassen auf 39 660,35 -
mithin insgesamt auf 706 629,eo^
gegen 587 444,96 M im Vorjahre. Es sind demnach auch diesmal
wieder die Zahlen der Beitreibungsanträge und der beigetriebenen
Summen erheblich gestiegen und zwar erstere um 2 388 Anträge
(8,29 v. H.), die letzteren um 119 184,64 M (20,21 v. H.).
Die Registratur für die Krankenversicherung zählte im Berichts
jahre 8 290 im Dezernat bearbeitete Sachen (im Vorjahre 7 955).
D. Unfallversicherung.
Die untere Verwaltungsbehörde nimmt die Anmeldungen der
unfallversicherungspflichtigen Betriebe entgegen und stellt die von den
Berufsgenossenschaften ausgefertigten Mitgliedsscheine und die Mit
gliedschaft ablehnenden Bescheide den Betriebsunternehmern zu. Es
wurden 3122 Milgliedsscheine und 122 ablehnende Bescheide zugestellt.
1 234 Betriebe wurden in den Katastern der Berufsgenoffenschaften
gelöscht.
Gegen die Aufnahme in das Kataster oder gegen die Ablehnung
derselben wurde in 31 Fällen von den Betriebsunternehmern Be
schwerde beim Reichsversichcrungsamt erhoben. Die Beschwerden sind
bei der unteren Verwaltungsbehörde, die von dem Reichsversicherungs-
amte auch zur Feststellung der tatsächlichen Betriebsverhältnisse in
Anspruch genommen wird, einzureichen.
Gemäß § 6 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unsall-
versicherungsgcsetze, vom 30. Juni 1900 wurden 10 Beisitzer in das
Schiedsgericht für Arbeiterversicherung des Regierungsbezirks Potsdam
aus der Zahl der wählbaren Personen berufen.
Aeußerungen Entschädigungsderechtigter über die Grundlagen der
von den Berufsgenoffenschaften in Aussicht genommenen Entschädi
gungen wurden 105 entgegengenommen.
40 Verletzte oder deren Hinterbliebene, für welche die Entschädi
gungsansprüche nicht von Amtswegen festgestellt worden waren,
meldeten ihre Ansprüche auf Schadenersatz an.
Ueber die wirtschaftliche Lage von Rentenempfängern, welche die
Ablösung ihrer Rente durch Kapitalzahlung bei den Berufsgenoffen-
schäften beantragt hatten, wurden 226 Gutachten nach Anhörung der
Armendirektion abgegeben. In & Fällen wurde die Uebertragung der
Rentenansprüche an einen Dritten genehmigt.
Auf Grund des § 104 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes
wurden 4 Anordnungen dahin erlassen, daß an Stelle der zahlungs-
unfähigen Bauunternehmer die Bauherren für die Beiträge zur Be
rufsgenossenschaft haften. Nach geführtem Nachweis der Beseitigung
der Zahlungsunfähigkeit wurde 1 Anordnung aufgehoben.
Die technischen Aufsichts- und Rechnungsbeamten der Berufs-
genossenschaften sowie die Sachverständigen sind von der unteren Ver
waltungsbehörde ihres Wohnortes zu beeidigen. Demgemäß wurden
3 Personen beeidigt.
Beschwerden von Eigcnbauunternehmern wegen Prämienforderungen
der Nordöstlichen Baugewerksberufsgenoffenschast auf Grund des Bau-
unfallversicherungsgesetzes wurden nicht erhoben.
13. Eingeschriebene Hilfskassen
Die Aufsicht über die eingeschriebenen Hilfskassen wird gemäß
Reichsgesctz vom 7. April 1876 und der Novelle vom 1. Juni 1884
vom Polizeipräsidenten ausgeübt. Der Gemeindebehörde liegt nur
die Verpflichtung ob, gemäß § 4 a. a. O. bei Errichtung von einge
schriebenen Hilfskassen oder Aenderung von Statuten die Statuten-
entwürfe und Abänderungsbeschlüsse entgegenzunehmen und dem
Polizeipräsidenten zu übersenden; ferner gemäß § 17 desselben Ge
setzes die Anmeldung der Vorstandsmitglieder entgegenzunehmen und
Legitimalionsauswcise für den Vorstand auszufertigen.
Entwürfe von Statuten und Statutenänderungen sind 14 einge
reicht worden, während Anmeldungen von Vorstandsmitgliedern in
15 Fällen erfolgt sind.
F. Gewerkskrankenverein.
(Verwaltungsjahr 1. Januar bis 31. Dezember 1906.)
Neu aufgenommen in den Verein wurde, wie im vorjährigen
Bericht bereits erwähnt, zum 1. Januar 1906 die Betriebskranken-
kaffe für die Hutfabrik Gebr. Gatte! Hierselbst. Ausgeschieden dagegen
ist mit dem 1. Oktober 1906 die Jnnungskrankenkafle der Glaser
infolge ihrer Auflösung. Am Schluffe des Berichtsjahres belief sich
daher die Zahl der dem Verein angehörigen Krankenkassen auf 46
— wie im Vorjahre.
Die Krankenfürsorge erfuhr eine weitere Ausdehnung durch die
Schaffung von 2 neuen Bezirksarztstellen, nämlich einer im Nordosten
Berlins und einer für den Vorort Rirdorf, wodurch sich die Zahl der
Gewerksärzte in letzterer Stadt auf 4 erhöht hat. Ferner wurden
für zahlreiche andere Vororte neue Medizinalbezirke geschaffen bezw.
besondere Gewerkschaftsärzte bestellt und zwar je einer für
1. Tegel.
2. Schmargendorf, Halensee und Kolonie Grunewald,
3. Teltow und Umgegend,
4. Friedenau,
5. Wittenau,
6. Zehlendorf,
7. Rosenthal und Wilhelmsruh,
8. Erkner, Woltersdorfer Schleuse und Grünhaide,
9. Hermsdorf und Waidmannslust,
10. Südende,
11. Hohenschönhausen und Neu-Hohenschönhausen.
Außerdem wurden in die Medizinalbezirkseinteilung noch einbezogen
die Ortschaften Schönow, Buch, Röntgental, Bernicke, Ladeburg,
Rüdnitz und Zepernick, welche dem für die Stadt Bernau bereits be
standenen Medizinalbezirk zugeteilt wurden.
Die Gesamtzahl der Gewerksärzte betrug am Schluffe des Be
richtsjahres 201. darunter 39 Spezialärzte.
Das Arzthonorar wurde vom 1. Januar 1906 ab von 3,is M
auf 3,20 M pro Jahr und Kopf der Kaffenmitglieder erhöht. Daraus
konnten den 172 Gewerksärzten mit vollem Gehalt gezahlt werden
(nach Maßgabe des Dienstalters einem Drittel 2 849,83 M, dem
zweiten Drittel 2 749,83 M und dem letzten Drittel 2 649,83 M.
Die Einführung einer einheitlichen (zentralisierten) Kranken
kontrolle, deren Zustandekommen bereits im verflossenen Berichtsjahre
vergeblich angestrebt worden war, wurde aufs neue einer General
versammlung des Verwaltungskomitees zur Genehmigung unterbreitet,
scheiterte aber wiederum an der Ablehnung der dazu notwendigen
Statutenänderung, für welche die vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit
nicht zu erreichen war.
Die im vorjährigen Bericht schon erwähnte Absicht, ein eigenes
diagnostisches Institut zur Vornahme bakteriologischer und anderer
schwieriger Untersuchungen ins Leben zu rufen und zwar gemeinsam
mit den beiden größten Ortkrankcnkassen Berlins, der Allgemeinen
und der Kaufleute'kaffe, haben zu einem abschließenden Ergebnis bis
her nicht geführt. Die Verhandlungen darüber befinden sich noch in
der Schwebe.
Zur Unterstützung der Bestrebungen gegen die Ausbreitung der
Geschlechtskrankheiten erwarb der Verein die Kollektivmitgliedschaft bei
der Teutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten
mit einem Jahresbeiträge von IM M.
Um dem Ueberhandnehmen der Kosten für fremdärztliche Hilfe
entgegenzutreten, wurde die Einrichtung getroffen, alle fremdärztlichen
Liquidationen über den Betrag von 4 JC aufwärts einer besonderen
Kommission zur einheitlichen Prüfung und Bearbeitung sowie etwaigen