Nr. 16. Waisenpflege.
8
Von den am 1. Januar 1907 vorhandenen 6 185 Kindern waren
478 in unseren eigenen drei Anstalten, 471 in privaten Anstalten,
5 236 in Familienpflege. (Für 1. April 1907 fehlen die entsprechenden
Zahlen.)
3. Ueber das Verhältnis, in dem einerseits die Zahl der ver
pflegten Waisenkinder zu der wachsenden Einwohnerzahl von Berlin,
andererseits die Kosten der Waisenpflege zu den Gesamtkosten des
städtischen Haushalts standen, belehrt die folgende Tabelle.
Jahr
Mittlere
Bcvölke-
rungs-
ziffer
’s J
fg
3 u
sä u
O O --
«2 J-
S «j a
grs
KZ
AuSqabe-
elat
für die
Waisen
pflege
JO
Jst
ausgabe
für die
Waisenpflege
M
Also über
steigt die
Jstausgabe
die Etat
summe um
JO
Gesamtausgabe
des städtischen
Haushalts nach
Abzug der Jst
ausgabe für die
Waisenpflege
JO
Die Jstaus
gabe d. Wais.'
pflege beträgt
v. d. übrigen
Haushalts
ausgabe v. H.
JO
«STS: §
Z »Z L
■S « -’S
g S to
ZZZE
A
Ist-
einnahme
JO
Jstausgabe
nach Abzug
der
Einnahme
JO
Ja SfS g"
»2-ss £
=i £ b5
gSfJSS
SSa»
4
1. April 1902,03
1 886 682
5 990
3,12
1 238 515
1 500 396,63
261 881,63
114 203 169,30
1,31
79,6
211 478,78
1 288 917,76
68,3
- 1903/04
l 931 710
5 968
3,09
1 343 800
1 568 274,74
224 4,4,74
115 416 135,bi
1,36
81,2
220 630,oo
1 347 644.74
69,8
- 1904/05
1 949 438
5 676
2,91
1 534 446
1 554 970,60
,20 524,60
129 041 759,88
1,21
79,8
260 136,75
1 294 833,86
66,4
- 1905/06
2 002 962
5 851
2,92
1 576 470
1 613 047,41
36 577,41
135 075 977,96
1,19
80,5
256 287,46
1 356 759,96
67,7
- 1906/07
2 053 029
6 085
2,96
1 612 505
1 714 707,39
102 202,39
154 067 780,02
1,11
83,b
261 973,12
1 462 734,27
70,8
4. Von den Kosten (Jstausgabe) haben wir wieder eingezogen
147 251 JO oder 8,6 v. H. gegen 121 881 JO oder 7,e v. H. im
Vorjahre. Hierin sind enthalten die Beträge, die uns die Angehörigen
der Kinder gezahlt haben und die Summen, die fremde Armen-
verbände uns erstattet haben. Erst in künftigen Jahren werden wir
in der Lage sein, diese beiden Beträge getrennt anzugeben. Wir
ziehen alle leistungsfähigen Verwandten, die zum Unterhalt der Kinder
verpflichtet sind, nach mäßigen Sätzen zu den Kosten heran. Diese
Sätze bewegen sich zwischen 15 und 21 jo monatlich und hängen
vom Alter der Kinder ab. Zahlen die Unterhaltspflichtigen nicht gut
willig, so werden die ehelichen Ellern im Beschlußverfahren durch
Anwendung des § 65 des Ausführungsgesetzes vom 8. März 1871
zum Gesetz über den Unterstützungswohnsitz dazu angehalten, während
gegen den natürlichen Vater, auf den das Beschlußverfahren nicht an
wendbar ist, im gewöhnlichen Gerichtsverfahren (Zahlungsbefehl, event.
Klage) vorgegangen wird. Dieser Zivilprozetz wird aber nur an
gestrengt, wenn der Vormund die Unterhaltsklage garnicht durch
geführt hat oder die Vollstreckung nicht betreibt. Ferner können wir
gegen die Eltern, die sich der Unterhaltspflicht entziehen. Antrag auf
gerichtliche Bestrafung aus § 361,10 Rcichsstrafgesetzbuches stellen.
Das haben wir im Berichtsjahre in 62 Fällen getan. Sie hatten
folgenden Ausgang: In 37 Fällen wurden die Pflichtigen mit Geld-
strafen von 1 JO bis 15 M und mit Haftstrafen von 1 Tage bis
3 Wochen belegt, in 4 Fällen wurde der Strafantrag zurückgezogen,
in 6 Fällen die Angeklagten freigesprochen, in 12 Fällen das Ver
fahren eingestellt, in 1 Falle die Erhebung der Anklage abgelehnt;
2 Fälle blieben unerledigt.
Berlin, den 3. Oktober 1907.
Städtische Waisendeputation,
von Friedberg.
III. Bericht über: A. das Waisenhaus Berlin und die Kostpslegc, 8. das Fränkische Waisenhaus, C. die
Wohltätigkeitsfonds.
Vorbemerkung: Soweit die folgenden Zahlen vom Statistischen
Amt geliefert worden sind, beziehen sie sich auf die Zeit vom 1. Januar
1906 bis 31. März 1907, die in Klammern beigefügten geben
die Teitzahlen für das Kalenderjahr 1906 und das
1. Quartal 1907 an; die übrigen Zahlen beziehen sich auf das
Rechnungsjahr 1. April 1W6/1907.*)
A. Das Waiscr»ha«s Krrtin die Ksftpflege.
1. Frequenz; Zugang und Abgang.
Vom 1. Januar 1906 bis 1. April 1907 sind insgesamt 2489
(1 969, 520) Knaben und 2 172 (1 760, 412) Mädchen, zusamnien 4 661
(3 729, 932) Kinder in die Waisenpflege aufgenommen worden. Da
von entfallen auf das Etatsjahr 1906 348 Kinder, die außerhalb
Berlins ihren Unterstützungswohnsitz hatten. Der Abgang beträgt
3 244 (2 734, 510) Entlassene und 495 (386, 109) Verstorbene, zu
sammen 3 739 (8 120, 619) Kinder, so daß sich die Zahl der Kinder
um 922 (609, 313) vermehrt hat. Da am 1. Januar 1906 ins
gesamt 5590 Kinder in der Waisenpflege waren, ergäbe sich für
1- April 1907 ein Bestand von 6512 Kindern. Die genaue Zählung,
die am 1. Januar 1907 vorgenommen worden ist, und bie daran
uch schlicßeude Fortschreibung haben aber ergeben, daß diese Zahl
nicht ganz stimmt, daß vielmehr 6498 Kinder am 1. April 1907 in
unsrer Pflege waren.
Durchschnittlich wurden im Etatsjahr täglich 220 Kinder im
Waisenhause Berlin und im Kinderasyl verpflegt und zwar enifielen
hiervon 108 auf unser Waisenhaus selbst bei insgesamt 39 420 Ver
pflegungstagen, während 112 Säuglinge in 41015 Verpfleguugs-
lageu auf Rechnung der Waiscnvcrwaltuug in der Stiftung Kinder-
ashl verpflegt worden sind. Für die Kostkinder können wir absolut
genaue Durchschnittszahlen nicht mehr geben, seitdem das Statistische
Amt unsere Statistik bearbeitet. Die Zählung am 1. Januar 1907
hat .,707 Kostkinder ergeben: nämlich 1 454 in Berliner, 3 ,82 in aus
wärtiger Familienpflege', 471 in der Pflege privater Anstalten. Man
kann aber zu einer annähernd richtigen Durchschnittszahl kommen.
) Brs zum 1, Januar 1906 hat das Statistische Amt die Zählkarten nach
öen Kalenderjahren bearbeitet, von 1. April 1907 soll es sie nach den Elalsjahren
bearbeiten; daher umfaßt diesmal die Statistik die fünf Bierteljahre vom
1. Januar 1906 bis ]. April 1907.
wenn man das arithmetische Mittel aus den Bestandszahlen am
Ende der einzelnen Monate bildet und von der so gewonnenen
Durchschnittszahl aller Waisenkinder den Durchschnitt der in unsern
beiden Waisenhäusern verpflegten Kinder abzieht. Nach den Zählungen
des Statistischen Amtes waren in unsrer Pflege:
am 31. März
1906 insgesamt .
. 5 788 Kinder,
- 30. April
1906
-
. 5818 -
- 31. Mai
1906
-
. 5 791 .
- 30. Juni
1906
-
. 5 849 -
- 31. Juli
1906
.
. 5956 -
. 31. August
1906
-
. 6 014 -
. 30. September 1906
-
/ 6 145 -
- 31. Oktober
1906
-
.6178 -
- 30. November
1906
•
. 6 209 .
- 31. Dezember
1906
•
. 6173 -
- 31. Januar
1907
•
. 6 280 -
- 28. Februar
1907
.
. 6 415 -
- 31. März
1907
■
. 6 484 -
zusammen 79 100 Kinder,
durch 13 geteilt, gibt als Gesamtdurchschnitt . 6085 - .
In unsern eigenen Anstalten Alte Jakobstraßc
und Rummelsburg wurden täglich durch
schnittlich 108 -s- 299 — 407
verpflegt; bleiben 5 678
Kostkinder (einschließlich der im Kinderasyl verpflegten) als täglicher
Durchschnitt.
2. Grund der Aufnahme in die Waisenpfiege.
Von den vom 1. Januar 1906 bis 1. April 1907 aufgenommenen
4 661 Kindern — Zugang — wurden aufgenommen:
1.
weil sie völlig verwaist waren. .
284 Kinder,
( 223,
61)
2.
wegen Armut der Eltern . . .
1 781
(1431,
350)
3.
weil der Aufenthalt der Eltern
unbekannt war
879
(749,
130)
4.
wegen Krankheit der Eltern . .
688
(500,
138)
5.
weil sie die Familie verlassen haben
205 -
(171,
34)
6.
weil die Mutter im Dienst war.
265
(206.
59)
(.
wegen Obdachlosigkeit der Eltern
40 -
( 32,
l*
8)