Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ltatsjahr 1906.
M Ü.
Wericht 6er städtischen SListungsöeputation.
1. Allgemeines.
Ir, feer Verwaltung der uns unterstellten Stiftungen und den
für feie Bewilligung von Unterstützungen aufgestelllen Grundsätzen find
auch im angegebenen Berichtsjahre keine wesentlichen Veränderungen
eingetreten.
Der Wert des städtischen Stiftungsvermögens hat gegen das
Vorjahr infolge neuer Zuwendungen wiederum -eine nicht unwesentliche
Erhöhung -erfahren. Die unserer Verwaltung unterstellten, zusammen
mit den im städtischen Stistungsbureau bearbeiteten selbständigen oder
unter besonderer Verwaltung stehenden Stiftungen verfügten am
Schluffe des Berichtsjahres — unter Zugrundelegung des Kurses
vom ZI. März 1907 — über ein Vermögen von rund 35870000 Jt,
also gegen das Vorjahr mehr S a U Millionen. Dieses Mehr ist vor-
nehmlich auf das Hinzutreten größerer Zuwendungen zurückzuführen.
Der Wert des Grundbesitzes betrug bei den
a) selbständigen Stiftungen: 3 816 957 Jt,
b) nicht selbständigen Stiftungen: 2 018 433 Jt,
also in Summe 5 885 390 J>.
Von dem Kurswert der Wertpapiere entfallen ca. 11 Ve Millionen
Mark auf die selbständigen, der Rest auf die uns unterstellten Stiftungen.
Mit bezug auf die vorstchendcu Zahle» wiederholen wir, daß es
sich hierbei nicht um das gesamte Stijlungsvermögen der Stadt Berlin
handelt: über dieses enthält das Nähere der jedesmalige Jahres
abschluß der Hauptstiftungskasse des Magistrats. Für den vorliegenden
Bericht kommen die zahlreichen wohltätigen Stiftungen der Armen
direktion, der Waisenverwaltung, der Schuldeputation, diejenigen für
Blinden- und Krankenhauszwecke, überhaupt die allen bestimmten Ver
waltungen überwiesenen Stiftungen nicht in Betracht.
2. Abänderung von Stiftungsbestimmungen.
Am 20. April 1907 haben wir beschlossen, die Zinsen der Böthe-
stiftung nicht mehr für die Siechenzweckc der Thiemestistnng mit
zuverwenden, sondern die Einkünfte laufenden Unterstützungen zu widmen.
Am 3. November 1906 haben wir beschlossen, beide Unter-
stüyungsraten der Henriette Liman-Caspar-Stistung laufend zu
gewähren.
3. Neue Zuwendungen.
Wir befinden uns wiederum in der Lage, von einer größeren
Anzahl neuer und namhafter Zuwendungen Kenntnis geben zu können.
Von den in den vorjährigen Berichten bereits als eingegangen er
wähnten größeren Stiftungen ist die Zuwendung unter
2 ^ 6 des letzten Berichts (Stiftung der Krug'schen Eheleute).
2 A 6a des letzten Berichts (Stiftung des Rentiers Kutzner),
2 A 7 des letzten Berichts (Stiftung der Frau Richter),
2 A 13 des letzten Berichts (Stiftung des Apothekers Karl
Worffj
noch nicht landesherrlich genehmigt. Auch ist bezüglich der Zu
wendung der Markwald'schen Eheleute (2 A 15 vorjährigen Berichts)
"vH kein endgültiges Ergebnis zu verzeichnen.
A. Zuwendungen über 5 000 Jt.
1- Das am 11. Juni 1906 zu Halensee verstorbene Fräulein
Emilie Menke hat in ihrem Testamente die Stadtgemeinde Berlin
zur Erbin eingesetzt mit der Auflage zur Zahlung von 40000 Jt
besonderer Vermächtnisse.
Sie hat ferner bestimmt:
8 3.
Die vorstehenden Legate sollen von meiner Erbin den
Legataren verabfolgt werden. Ferner lege ich meiner Erbin
die Verpflichtung auf, 26 000 Jt, in Buchstaben: Sechsundzwanzig,
tausend Mark, zu Zwecken des Tierschutzes zu verwenden
und zwar bestimme ich in erster Linie, daß diese 26000 Jt der
„Tierschutzstiftung der deutschen Lehrer" ausgeamwortet werden sollen.
Ich bemerke, daß letztgedachte Stiftung auf Grund einer letztwilligen
Verfügung der Telegrapheninspektor Hans Beringer'schcn Eheleute
errichte! werden und nach deren Tode und nach dem Vorhandensein
von 100000 Jt in Kraft treten soll. Sollte diese Stiftung nicht zur
Existenz kommen, so überlaste ich es der Sladtgemeinoe Berlin die in
Rede stehenden 26 000 Jt in anderer Weise zum gedachten Zweck
zu verwenden.
Wir haben die Erbschaft angetreten und nach eingeholter Zu
stimmung der Stadlverordnetenversammlung die landesherrliche
Genehmigung herbeigeführt und zwar auch bezüglich der 26 000 Jt
für die obige Stiftung. Die Masse des Nachlasses betrug ca. 250000./«.
Das Sliftungsvermägeu wird nach Auszahlung der Vcrmäcktnistc
ca. 150000 Jt betragen. Die Zinsen sollen zu lausenden Unter
stützungen Verwendung finden.
2. Der am 14. März 1905 Hierselbst verstorbene Rentier
Theodor Zeibig hat in einem Nachtrage vom 22. November 1899
zu seinem ani 26. Juli 1869 errichteten Testanieutc, in welchem er
seine 3 Kinder als Erben eingesetzt und sich Abänderungen durch
Kodizille in gehöriger Form vorbehalten hatte, dem Magistrat der
Stadtgemeinde Berlin ein Vermächtnis von 5000,/« zu irgend einem
wohltätigen Zwecke ausgesetzt, das von den Erben im Verhältnis ihrer
Erbanteile getragen werden sollte.
Die vermachte Summe ist hiernach ir.il zusammen 3 000 Jt am
5. April und mit 2 000 Jt am 5. Mai 1906 bei der Hauptstiftungs-
kaste eingezahlt.
Der Magistrat hat die Annahme des Vermächtnisses und die
Verwendung der Zinsen vornehmlich zur Unterstützung arnier Blinden
beschlossen.
3. Der am 25. September 1900 Hierselbst verstorbene, zuletzt
Köthener Straße20 wohnhaft gewesene Ingenieur Hermann Heine
hat in seinem am 6. Oktober 1900 eröffneten Testament vom 5. April
1899 der Stadt Berlin ein Vermächtnis von 125 000 Jt Z'/zProzent.
preuß. kons. im Staatsschuldbuch eingetragenen Staatsanleihcscheinen
zugewendet mit der Bestimmung, dasselbe nach dem Familiennanien
seiner Eltern unter dem Namen „Heine-Dürfeldstiftung" ohne Be
gründung einer selbständigen Stiftung zu verwalten.
Die Zinserträge sind dazu bestimmt, Männern und Frauen,
welche innerhalb des Deutschen Reiches geboren, seit mehr als 20 Jahren
in Berlin wohnhaft und während dieser Zeit auf industriellem oder
gewerblichem Gebiete tätig gewesen oder tätig sind, wenn sie durch
Krankheit oder unverschuldete Umstände geschädigt werden, eine Bei
hilfe zu leisten. Einbegriffen sind hierin auch solche Frauen, welche
durch den Verlust ihrer auf jenen Gebieten tätig gewesenen Männer
Witwen geworden sind.
An die Zuwendung ist die Auflage geknüpft, dem eine lebens
längliche Rente von jährlich 4 000 Jt, halbjährlich im voraus, und
zwar ab 1. Oktober 1900, zu zahlen.
Die Annahme des Vermächtnisses unter den festgesetzten Be
dingungen hat der Magistrat mit Zustimmung der Stadtverordneten
versammlung beschlossen.
Die Stiftung ist landesherrlich genehmigt.
4. Der am 25. März 1906 verstorbene Königliche Münz
medailleur a. D. Carl Emil Hugo Weigand und seine vor ihm
am 2. Januar 1896 verstorbene erste Ehefrau Anna Auguste Hen
riette, geb. Donner, haben in ihrem wechselseitigen Testamente vom
2. Februar 1892 sich gegenseitig zu Erben mit der Maßgabe ein
gesetzt, daß das gemeinschaftliche Vermögen nach dem Tode des im
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