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No. 45. Feuerwehr.
hinsichtlich der „Betriebssicherheit“ und „Betriebsbereitschaft“, ent
spricht der
Explosionsmotor
am wenigsten. Die Pariser Feuerwehr hat mehrere Jahre lang ein
gehende Versuche mit verschiedenen Explosionsmotoren ausgeführt und
dabei sehr ungünstige Resultate gewonnen. Dasselbe Ergebnis zeitigten
Versuche, die die Wiener Feuerwehr mit Explosionsmotoren anstellte.
Beide Feuerwehren entschlossen sich daraufhin zur Einführung von
Elektroautomobilen.
Als Ursachen der häufig vorkommenden Störungen bei Explosions
motoren sind anzuführen: plötzlicher Temperaturwechsel, große Schwan
kungen in Fahrgeschwindigkeit und Kraftbedarf, Erschütterungen der
schweren Fahrzeuge, Beschädigungen der Zuleitungen, Festsitzen der
Ventile durch Rost oder festgebrannten Schmutz, namentlich wenn die
Fahrzeuge nur von Zeit zu Zeit in Gebrauch kommen, Vorhandensein
von alten Benzinresten im Vergaser, Versagen der Zündung u. s'. w.
Aber selbst wenn es gelingen sollte, die vorstehend angeführten
Mängel gänzlich zu beseitigen, so würde die große Feuergefährlichkeit
des Benzins der Wahl des „Explosionsmotors“ als Betriebskraft für
Feuerwehrfahrzeuge doch dauernd im Wege stehen.
Fälle, in denen die Feuerwehren zum Ablöschen brennender
Benzinautomobile gerufen werden, ereignen sich häufiger. Auf den
Straßen Berlins z. B. wurden im Laufe des letzten Jahres 12 Benzin
automobile durch Feuer total zerstört. Für Feuerwehrbenzinwagen
wird nun die Brandgefahr noch ganz erheblich erhöht durch das Mit
führen brennender Fackeln, sowie durch den Umstand, daß die Wagen
auf Brandstelle nicht selten der Einwirkung strahlender Hitze und
starkem Funkenfluge ausgesetzt sind. Am Standorte der Automobile
kann die geringste Unvorsichtigkeit beim Umfüllen oder dergl. von
Benzin ein einzelnes Fahrzeug, eventuell auch den ganzen Löschzug, in
kürzester Frist außer Betrieb setzen und großen materiellen Schaden
anrichten. Fälle, in denen zahlreiche, wertvolle Automobile aus der
geschilderten Veranlassung in Wagenremisen verbrannt sind, gehören
nicht zu den Seltenheiten. Allein in Berlin haben sich in dem letzten
Jahre 7 solcher Fälle ereignet.
Aus all' diesen Gründen ei scheint die Verwendung von Ex
plosionsmotoren für den Feuerwehrbetrieb nicht empfehlenswert.
Die Aufwendung größerer Mittel für den Bau eines Benzinfeuerwehr
wagens zu Versuchszwecken kann daher seitens der Abteilung zunächst
nicht befürwortet werden. Der Frage der Verwendung von Explosions
motoren wäre erst dann näher zu treten, wenn die. Versuche mit
Elektro- und Dampfmotoren zu einem negativen Resultate führen sollten,
was jedoch nicht anzunehmen ist, denn beide Betriebsarten haben sich
bei anderen Feuerwehren recht gut bewährt.
Elektroautomobile
haben den großen Vorteil, bei Alarmierungen sofort abfahren
zu können, auch ist die Betriebssicherheit nach den bisherigen Erfah
rungen bei ihnen größer als bei Explosionsmotoren. Bedienung und
Betrieb sind außerordentlich einfach; die Erhaltung der Betriebsbereit
schaft auf den Wachen kostet nahezu nichts.
Der Aktionsradius der Elektroautomobilen ist zwar beschränkt,
weil sie mit einer Ladung nur eine bestimmte Strecke zu fahren ver
mögen, doch können, je nach der Wahl der Batterie, mit einmaliger
Ladung Strecken zurückgelegt werden, die den in Berlin für Feuerwehr-
zwecke zu stellenden Bedingungen durchaus genügen.
Auch der sonst gegen das Elektroautomobil erhobene Einwand
des zu großen Gewichts der Akkumulatoren ist nicht mehr stichhaltig,
da heute Batterien gebaut werden, die bei verhältnismäßig geringem
Gewicht, große Kapazität besitzen, üebrigens können Verbesserungen
im Bau der Akkumulatoren jederzeit ohne die geringste Veränderung
der Fahrzeuge nutzbar gemacht werden.
Die sehr wichtige Frage, ob es bei eventueller Einführung des
elektrischen Betriebes zweckmäßig und ökonomisch wäre, die vorhandenen
20 Dampfspritzen mit elektrischem Antriebe zu versehen, und sie so
dem Betriebe zu erhalten, kann jetzt noch nicht sicher beantwortet
werden: es muß vielmehr das Ergebnis der Versuche abgewartet werden.
Konstruktiv läßt sich der elektrische Antrieb sehr leicht ausführen:
einige Feuerwehren haben dieses Experiment an ihren Dampfspritzen
auch bereits ausgeführt.
Von wesentlicher Bedeutung für die Einführung des elektrischen
Betriebes ist schließlich die absolute Sicherheit ununterbrochener Strom-
lieferung. Erhalten die Feuerwachen den erforderlichen Strom zum
Laden der Batterien aus elektrischen Zentralen, so besteht die Gefahr,
daß infolge einer plötzlich eintretenden größeren Betriebsstörung die
Stromlieferung für längere Zeit aussetzt. Dieser Gefahr könnte aber
leicht begegnet werden durch Aufstellen von Dynamos, etwa auf den
5 Kompagniewachen. Die Reservebatterien der Zugwachen müßten
dann ausnahmsweise auf den Kompagniewachen aufgeladen werden. Eine
plötzlich in den Zentralen auftretende längere Betriebsstörung könnte
somit die Schlagfertigkeit der Feuerwehr nicht gefährden, nur würden
sich die einmaligen Ausgaben für die Umwandlung des Pferdebetriebes
in Automobilbetrieb entsprechend erhöhen.
Elektrische Automobilfahrzeuge sind zwar bei den Feuerwehren
schon vielfach im Betriebe, so z. B. in Paris, Wien, Antwerpen, Hannover.
Köln, Duisburg, Schwerin, Offenbach u. s. w., doch liegen bezüglich der
Haltbarkeit, namentlich der neueren Typen von Akkumulatoren noch
nicht Erfahrungen in so ausreichendem Maße vor, um daraufhin eine
genaue Rentabilitätsberechnung anstellen zu können Bei kleineren
Feuerwehren, mit nur einigen Löschzügen, ist dieser Umstand für die
Wahl der Betriebskraft von geringerer Bedeutung, nicht aber bei der
Berliner Feuerwehr, die über 20 Löschzüge mit 70 Fahrzeugen verfügt,
ungerechnet die zahlreichen Reservefahrzeuge, Sehlauchtransport- und
Arbeitswagen, Stabswagen u. s. w. Für Berlin ist es daher geboten,
in der Wahl der Betriebskraft ganz besonders vorsichtig zu sein und
eine Entscheidung erst zu treffen auf Grund der Ergebnisse einwand
freier, in Berlin selbst ausgeführter Versuche.
Außer dem Explosions- und Elektromotor käme dann als dritte
Betriebskraft noch der
Dampfmotor
in Frage,
Die „Betriebssicherheit “ des Dampfmotors ist zweifellos größer
a ls die des Explosions- und Elektromotors. Kessel und Maschinen sind
sehr unempfindlich im Vergleich zu Akkumulatoren und Benzinmotoren:
dabei leisten sie bedeutend mehr als jene. Die Bedienung ist außer
ordentlich einfach; die Leute verstehen den Mechanismus dos Dampf
motors viel leichter. Dampfautomobile könnten von den bei der Ab
teilung bereits vorhandenen Maschinisten und Heizern, im ganzen
121 Mann, ohne besondere Vorkenntnisse sofort sachgemäß bedient und
gut instandgehalten werden, während bei Einführung von elektrischen
oder Benzinautomobilen erst eine gründliche Ausbildung des Bedienungs
personals erfolgen müßte. Dampfautomobile sind im Vergleich zu
elektrischen Automobilen hinsichtlich der Dauer der Fahrt gänzlich
unabhängig; Wasser und Heizmaterial sind eventuell unterwegs leicht
zu beschaffen.
Das Dampfautomobil hat nun aber gegenüber dem Elektroautomobil j
den Nachteil, daß der Kessel zur Erzielung der bei dem Feuerwehr- |
betriebe notwendigen sofortigen „Betriebsbereitschaft“ ständig unter
Dampf gehalten werden muß, wodurch nicht unerhebliche Kosten ent
stehen. Das Elektroautomobil ist dagegen stets alarmbereit, ohne in j
der Ruhe Kosten zu verursachen. Die Dampfkessel bedürfen auf der ;
Wache einer ständigen Beaufsichtigung, die Akkumulatoren nicht.
Diese Nachteile werden indessen durch die große Betriebs
sicherheit des Dampfmotors, die bei dem Feuerwehrbetriebe obenan 1
steht, ausgeglichen, auch wäre noch abzuwarten, wie hoch sich die durch I
das ständige Dampfhalten entstehenden Kosten bei einem Versuchs- I
fahrzeuge stellen werden.
Die eingangs aufgeworfene Frage, welche Betriebskraft för |
Berliner Feuerwehrautomobile zu wählen ist, kann in Anbetracht der j
vorstehenden Ausführungen mit Sicherheit leider nicht beantwortet 1
werden. Es erscheint vielmehr unerläßlich, eingehende Versuche anzu
stellen, und zwar mit zwei Fahrzeugen, einem
Elektroautomobil und einem
Dampfautomobil.
Den Vorzügen des einen Systems stehen Vorzüge des anderen I
gegenüber. Welches von den beiden Systemen sich am besten für |
hiesige Verhältnisse eignet, kann nur der Versuch lehren. Explosions-
motore scheiden zunächst aus.
Für die beiden zu erbauenden Probefahrzeuge sind von einer zu
diesem Zwecke gebildeten Kommission, bestehend aus mehreren Feuer-