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Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ctatsjahr 1904.
M 35.
Wericht über das städtische Straßenrernigungswefen.
I. Altgememe» Teil.
1. Zuständigkeit und Organisation.
Die Zuständigkeit und Organisation der städtischen Deputation
für das Straßenreinigungswescn hat während des Berichtsjahres
Aenderungen gegen das Vorjahr nicht erfahren.
Die Deputation besteht aus 12 Mitgliedern, und zwar ans
4 Stadträten und 8 Stadtverordneten. Autzerdeni gehört zu dem
Kollegium ein Magistratsrat als stimniberechtigtes Mitglied in den
von ihm bearbeiteten Sachen. Am 19. Juli 1904 verstarb der Stadt
verordnete Schein, welcher unserem Kollegium seit dem Jahre 1894
angehörte. An seine Stelle ist durch Beschluß der Stadtverordneten
versammlung vom 29. September 1904 Stadtverordneter 0r. Kuhl-
mann zum Mitgliede der Deputation gewählt.
Am 14. Juli 1904 konnte Direktor Schlosky auf eine 25jährige
verdienstvolle Tätigkeit im Betriebe der Straßenreinigung zurückblicken.
Während des Jahres fanden 6 Sitzungen der Deputation statt.
Die Beschlüsse der Deputation sind von der Direktion auszu-
führen, die auch alle anderen laufenden Geschäftssachen bearbeitet oder
für die Deputation zur Entscheidung vorbereitet.
Die Direktion veranlaßt austerdem die Einstellung, Beaufsichtigung
und Entlassung des Arbeits-, die Kontrolle des Beamienpersonals und
die Beschaffung und Verwaltung des Arbeitsmaterials. Alle Maß
nahmen, die eine vorübergehende oder außerordentliche Vermehrung
der Arbeitskräfte und Arbeitsmittel erfordern, wie z. B. im Winter
bei starken Schneefällen, bedürfen der Genehmigung der Deputation
oder des Vorsitzenden.
Die Verteilung der Arbeiten auf das Arbeitspersonal, die Be
aufsichtigung des letzteren, die Anordnungen wegen Besprengung der
Straßen, Abfuhr des Straßenkehrichts und dergleichen mehr können
selbstverständlich bei dem umfangreichen Reinigungsgebiet der Stadt
Berlin nicht in jedem Spezialfallc von einer Stelle des Stadtkreises
aus erfolgen. Zu diesem Zweck war vielmehr im Berichtsjahre der
Gemeindebezirk Berlin in 33 Reinigungsbezirke eingeteilt, in dem je
ein Aufseher die ordnungsmäßige Ausführung der von der Direktion
angeordneten Reinigungs- und Besprengungsarbeuen zu überwachen
hat. Je 4 bezw. 5 derartiger Ausseherbezirke sind zu einem Obcr-
aufseherbezirk vereinigt. Die Aufsicht in diesem Bezirk ist einem
Oberaufseher übertragen, der unter andern, mit den ihm unter
stellten Aufsehern alle Einzelheiten des Betriebes zu besprechen, An
ordnungen über die Ausführung der Arbeiten zu erlassen und gering
fügige Verfehlungen des Arbeitspersonals zu bestrafen hat. Die
dienstlichen Obliegenheiten der Aufseher und Oberaufseher sind in
einer Dienstinstruktion besonders aufgeführt.
2. Verwaltnngsergebniffc im allgemeinen.
Die Witterungsverhältnisse sind von wesentlichem Einflüsse sowohl
auf die Leistungen der Straßenreinigungsverwaltung wie auf deren
Kosten; im besonderen abergeben immer die winterlichen Arbeiten
insofern den Ausschlag, als sie zuweilen einen Hauptbestandteil
sämtlicher Ausgaben darstellen, den sonst gut zu übersehenden Etat
stark beeinflussen und zu den größten Schwankungen Anlaß geben.
So sind zum Beispiel in den letztvergangenen 25 Geschäftsjahren
wiederholt Ausgaben für Schneeabfuhr im Betrage von 500 000 M
und darüber — einmal sogar nahezu 900 000 M — geleistet, während
die zur Beseitigung der Schneemassen eingestellten Hilfsarbeiter nicht
selten Beträge von 100 000 M und darüber — im Jahre 1894 sogar
224 134 M — erforderten.
Die wenigen und unbedeutenden Schneefälle im Berichtsjahre
verursachten einen Kostenanfwand von 72 709,20 JC für Schneeabfuhr
und von 10147,7b JC zur Löhnung der Hilfsarbeiter und trugen
vorzugsweise auch dazu bei, daß der Jahresabschluß sich so günstig
gestaltete und gegen den Etatsansatz 364 814 M weniger Zuschuß
erforderte.
Eine Nachwcisung der Einnahmen und Ausgaben, die den
Jahresabschluß der Kasse erkennen läßt, ist am Schluffe des Berichts
beigefügt.
II. Scjonderer Teil.
1. Arbeitsplan.
Eine Zusammenstellung der sämtlichen bei der Stratzenreinigungs-
verwaltung vorkommenden Arbeiten gibt der Arbeitsplan; er enthält
eine genaue Klassifizierung der sämtlichen Straßen bezüglich ihrer
Reinigung und bildet die feste Grundlage für den gesamten Geschäfts
betrieb.
Im Anschluß an den Arbeitsplan wird noch ein besonderes
Straßeninventar geführt, worin die Flächen sämllicher Straßen je
nach der verschiedenen Pflasterart nachgewiesen werden.
Arbeitsplan und Straßeninventar sind im Berichtsjahre in Form
und Einteilung nicht verändert. Durch Zugang neuer Straßen und
erhöhte Reinigung besonders verkehrsreicher Straßen hat sich das
tägliche Arbeitspensum indessen wiederum vermehrt. So umfaßte
z. B. am 1. April 1904, dem Beginn unseres Geschäftsjahres, das
der regelmäßigen Reinigung unterworfene Straßengebiet 10078 585 gm,
und zwar an Fahrdämmen 6151010 gm und an Bürgersteigen
3 927 575 gm. Am 31. März 1905, also am Schluffe des Geschäfts
jahres, waren 10160517 gm vorhanden, davon an Fahrdämmen
6 222 873 gm und an Bürge, steigen 3 938144 gm. Hieraus ergibt
sich, daß das Arbeitsgebiet sich im Laufe des Jahres um 81 922 gm
vergrößert hat.
Die täglich zu reinigende Straßenfläche beirug am Schluffe des
Berichtsjahres 6 490121 gm; sie hat sich im Geschäftsjahre 1904
durch den Zugang der vermehrten Reinigung verschiedener Straßen
um 257 402 gm vergrößert. Die Länge sämtlicher der Reinigung
unterworfenen Straßen beläuft sich auf 495,27 llm.
In welchem Umfange übrigens das tägliche Arbeitspensum im
Laufe der Jahre gewachsen ist, ergibt sich daraus, daß im Jahre
1882, also vor 22 Jahren, 2 708 300 gm Pflaster täglich zu reinigen
waren, während zur Zeit, wie bereits angegeben, 6 490121 gm zu
säubern sind, was ungefähr einen Zuwachs von 139 % v. H.
bedeutet.
2. Pflasterungsverhältniffe und deren Bedeutung für die Straßen
reinigung.
Die Beschaffenheit des Straßenpflasters ist von großer Bedeutung
für die Straßenreinigung.
Schlechles Pflaster ist schwer zu reinigen und ergibt unter gleichen
Verkehrsverhältniffen viel mehr Schmutz als gutes Pflaster. Aus
diesem Grunde ist die steiig und in erheblichem Grade zunehmende
Vermehrung des guten Straßenpflasters für die Ausübung der
Straßenreinigung ein außerordentlich wichtiger Umstand, auf den zum
großen Teil zurückzuführen ist, daß die durchschnittlichen Ausgaben
der Verwaltung nicht in demselben Maße gestiegen sind, wie sich
räumlich das Straßengebiet vergrößert hat.
Im Laufe unseres Berichtsjahres sind durch Neu- "und Um-
pflasterungen wiederum 11075 gm Steinpflaster 1. bis 3. Klasse neu
hinzugetreten, so daß nunmehr die Gesamtfläche dieses Pflasters
3 161 936 gm ausmacht. Das Asphaltpflaster hat sich um 119 610 gm
vermehrt, so daß seine Gesamtfläche am Schluffe des Berichtsjahres
2 425 371 gm umfaßte. Das Holzpflaster, das hin und wieder zu
Anrampungen und Brückenbelägen Verwendung findet, hat sich
während des Berichtsjahres um 10078 gm vermehrt. Zur Zeit sind