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Nr. 27. Alterversorgungsanstalten und Hospitäler städtischen Patronats.
fassen je 1 zweifenstriges Zimmer und 13 Insassen je 1 oder 2 ein-
fenstrige Zimmer bewohnen.
Die Wohnungen sind mit Gaskocheinrichtungen versehen; das zu
ihrer Benutzung sowie zu je einer Leuchtflamme erforderliche Gas wird
von der Verwaltung geliefert; im Hause sind 2 Badestuben. 1 Wasch
küche. Roll- und Plätträume, große Trocken- ic. Böden und für jede
Wohnung ein heller Kellcrvcrschlag vorhanden; die Korridore sowie
die Aufgänge sind breit und bequem, in den Klosetträumen sind
Abspültische mit unmittelbarem Anschluß an die Wasserleitung aus
gestellt. Den Insassen mit Wohnungen ohne Nebengelaß (Flurkabusen)
sind Besen- und Eimerschränke geliefert. Hinter dem Hause befindet
sich ein Garten, so daß den Insassen durch das vorläufige Provisorium
ein den Absichten des Stifters wohl entsprechendes behagliches Heim
geschaffen worden ist.
Die in der Verfassung bezw. nach dem Testament beabsichtigte
direkte Gewährung von Heizung, Beköstigung, Kleidung, Wäsche,
Reinigung und Aufwartung haben wir aus Zweckmäßigkeitsgründen
zunächst abgelöst und zahlen dafür einschließlich des etwa sonst zu
gewährenden Taschengeldes einen Betrag von monatlich 60 Jt an
gänzlich mittellose Stipendiaten; Personen, die Pension, Rente, Ruhe
geld oder sonstige feststehende Einnahmen jc. beziehen, werden diese
bei Bemessung des Monatszuschusses angerechnet.
Zur Zeit beziehen 21 Insassen den vollen Zuschuß je 60 Jt,
3 je 50 Jt, 1 47 Jt, 1 38 Jt, 1 30 Jt. 1 27 Jt, 1 20 Jt. 1 18,60 Jt,
1 17 Jt, 2 je 10 Jt, 1 keinen Zuschuß.
Männliche Personen haben sich um Aufnahme bisher nicht be
worben, so daß nur weibliche Insassen im Hause wohnen. Von diesen
waren 14 Privatlehrerinnen, 9 Musiklehrerinnen, 1 Sprachlehrerin,
4 städtische Lehrerinnen, während 6 Lehrerwitwen sind.
Der Gesundheitszustand der Insassen war insofern ein zufrieden
stellender, als nur ein einziger Todesfall seit der Eröffnung der Anstalt
zu verzeichnen ist. Dieser Todesfall betraf eine hochbejahrte mit
chronischem Asthma behaftete emeritierte Lehrerin, welche an akuter
Lungenentzündung erkrankte uud im Krankenhause in der Gitschincr-
straßc starb.
Im allgemeinen handelte es sich bei den übrigen Erkrankungen
um solche chronischer Natur, wie es der Qualität der Insassen entspricht.
Ihrer Häufigkeit nach gab es: nervöse Beschwerden, Folgezustände der
Blutarmut, rheumatische Beschwerden, chronische Erweiterung der Lungen,
besonders Hyperacidität. Seltener waren: akute Störungen der Ver
dauung und der Respiration. Einmal war ein Jnfluenzaanfall mit
leichter Anschoppung der Lungen vorgekommen.
Um Berücksichtigung bei Belegung etwa frei werdender Stellen
sind 8 Personen vorstellig geworden, welche den Stiftungsbedingungen
entsprechen und notiert sind.
Das Vermögen der Stiftung stellte sich am Schluffe des Etats-
jahrcs 1904 unter Zugrundelegung des Kurses vom 81. März er.
wie folgt:
a) Wert des Grundbesitzes 1 374 785 Jt,
b) Hypotheken und Wertpapiere 645 398 -
o) bare Kassenbestände . 6 428 -
Summe 2 026 611 Jt.
Berlin, den 7. September 1905.
Städtische Stiftungsdeputation.
Marggraff.
Verfassung der Dr. philos. Friedrich Wilhelm Kubestiftuiig.
Der am 6. Juli 1893 zu Berlin verstorbene Rentier
Wilhelm Valentin Arthur Kube
hat in seinem unter dem 5. Februar 1890 errichteten Testament die
Stadtgemeinde Berlin zum Zwecke der Errichtung einer Alterversorgungs-
anstalt für Lehrer, Lehrerinnen und Lehrerwilwen, zur Erbin ein-
Die Stiftung führt den Namen vr. pbilos. Friedrich Wilhelm
Kubestiftung und hat ihren Sitz zu Berlin.
8 2.
Zweck der Stiftung ist die Errichtung einer Alterversorgungs-
anstalt für Lehrer, Lehrerinnen und Lehrerwitwen.
8 3.
Das Vermögen der Stiftung bilden
a) die Grundstücke:
Müllcrftraße 15/16 und Gerichtstraße 48—52 bezw. der
Erlös derselben,
b) 220000 Jt Hypotheken,
314 200 . 3*/ 2 proz. Berliner Stadtanleihescheine,
9 000 - 3'/z - Charlottenburger Sladtanleihescheine,
12 000 - 3'/r > Preutz. kons. Staatsanleihescheine,
10500 - Deutsche Reichsanleihescheine,
21 000 - Aktien der Aktiengesellschaft für hygienische Zwecke
Summe 586 700 Jt.
c) Die bis zum Jnslebcntreten der Stiftung aufkommenden
Zinsen aus den Kapitalien und die Mieten von den vor
gedachten Grundstücken.
§
An laufenden lebenslänglichen Renten sind zur Zeit noch zu zahlen:
1. an Frau Witwe Marggraff, geb. Bürckner . . 3000 Jt,
2. an Frau Witwe Viereck, geb. Löhmann . . . 1000 -
Summe 4 000 Jt.
Weiter ist der Stiftung die Verpflichtung auferlegt, die Begräbnis
stellen des Erblassers, seines Vaters und der Familie Bürckner auf
dem Dreisaltigkcilskirchhofe Hierselbst in gutem und würdigem Zustande
zu erhalten.
8 5.
Die aufzunehmenden Lehrer, Lehrerwitwen und Lehrerinnen müssen
wenigstens die letzten zwei Jahre vor der Aufnahme in Berlin ansässig
und christlichen Glaubens sein.
Bei gleicher Würdigkeit und Bedürftigkeit haben evangelische
Christen den Vorzug.
Für die Aufnahme ist wenigstens lOjähriger Unterricht in Berlin,
für Witwen ein solcher des verstorbenen Ehegatten, an einer öffentlichen
Anstalt oder privatim erforderlich. Akademische Bildung oder keine
solche macht keinen Unterschied.
8 6.
Anwartschaft für die Aufnahme gibt zunächst Bedürftigkeit, doch
darf die Aufnahme auch solchen Lehrern und Lehrerinnen sowie
Witwen, welche ein Ruhegehalt beziehen oder einiges Vermögen be-
sitzen, gewährt werden, wenn die Einnahmen derselben zur Beschaffung
einer Verpflegung wie die Anstalt sie bietet, nicht hinreicht. In einem
solchen Falle ist der Vorstand berechtigt, die Aufnahme, oder wenn
die Aufgenommenen später in den Besitz von Vermögen oder Einnahmen
gelangen, den Verbleib in der Anstalt von einem einmaligen Eintritts
geld oder auch von der Zahlung einer laufenden Pension abhängig
zu machen.
8 7.
Es ist ein besonderes Haus zu erbauen oder es ist ein geeignetes
Haus .oder Teile eines solchen zu mieten und für die Zwecke der
Anstalt einzurichten.
§ 8.
Die Anstalt gewährt ihren Pfleglingen Licht, Heizung, Beköstigung,
die notwendige Kleidung, Wäsche und Reinigung, in Krankheitsfällen
ärztliche Hilfe und Medizin, Krankenhauspflege und bei Behinderung
auch Aufwartung, sorgt auch für angemessene Beerdigung, soweit die
Mittel des Pfleglings nicht ausreichen. Ganz mittellosen Personen
darf auch ein kleines Taschengeld zugebilligt werden.
Die näheren Bestimmungen über diese Leistungen triff! der
Vorstand.
8 9.
Für die Stiftungszwecke, außer für die Schaffung eines eigenen
Stistshauses und für die Einrichtungskosten, für die das Kapital an
gegriffen werden darf, dürfen nur die Zinsen zur Verwendung ge
langen.
8 10.
a) Ein Jeder und eine Jede der Ansgenommenen ist berechtigt
die Stiftung wieder zu verlassen und auf die zugesicherten Wohltaten
derselben zu verzichten.
Das etwa eingezahlte Eintrittsgeld und die etwa gezahlte Pension
wird nicht zurückgezahlt, sondern verbleibt der Stiftung; in Einzel-
fällen ist der Vorstand jedoch befugt hiervon abzusehen.
b) Begibt sich eine der aufgenommenen Personen auf Reisen oder
verläßt sie die Stiftung auf längere Zeit, so können ihr nur während
der ersten sechs Monate der Abwesenheit die Wohltaten der Stiftung
gewährt werden, ohne daß dazu eine Verpflichtung besteht.
Dauert die Abwesenheit ohne Genehmigung des Vorstandes oder
ohne unabwendbare Notwendigkeit länger als sechs Monate, so wird
der Stelleninhaber als freiwillig ausgeschieden betrachtet und die Be
stimmungen zu a finden Anwendung.
c) Wiederholte Vernachlässigung der Hausordnung, Störung der
Ruhe und des Friedens im Siiflshause, Trunksucht, Zanksucht, ein
liederlicher unmoralischer Lebenswandel, Verheimlichung eines ge
machten Vermögcnscrwerbes, unrichtige Angaben über die Vermögens-
Verhältnisse vor der Aufnahme berechtigen den Vorstand, die Stellen
inhaber aus der Stiftung zu entfernen, jedoch ist der Vorstand auch
befugt zu versuchen, durch Ermahnungen und Verweise eine Besserung
zu erzielen.
Macht sich ein Stelleninhaber innerhalb der Stiftung einer
Handlung schuldig, welche im Strafgesetzbuch mit Strafe bedroht ist,
so hat der Vorstand je nach der Schwere des Falles zu entscheiden,
ob die sofortige Entfernung des Schuldigen aus der Stiftung oder
nur ein Veriveis erfolgen soll.
Im übrigen hat keiner der Insassen einen Anspruch auf die Vcr-
pflegung im Stiftshause, vielmehr hat der Vorstand jederzeit nach,
feinem Ermessen ein Kündigungsrecht von 3 Monaten.