Nr. 1. Allgemeine Verwaltung des Magistrats.
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Später wurde noch für zwei andere Linien die Genehmigung der
staatlichen Behörden beantragt:
1. eine Linie, die, an der Ecke der Potsdamer- und Winterseldt-
straße beginnend, diese durchläuft, dann die Frobenstraße und
deren noch herzustellende Verlängerung zwischen der Kurfürsten-
und Steglitzerstraße, ferner die Magdeburgerstraße und am
Schöneberger Ufer in die Uferlinie einmündet: bis zur Schöne
bergerstraße benutzt sie diese Linie mit, kreuzt dann den Hafen
platz und wird durch die Dessauer-, Prinz Albrecht-, Zimmer-,
Friedrich- und Krausenstraße bis zum Dönhoffplatz gefühn, wo
sie in die folgende Linie 2 einläuft.
2. Diese Linie zweigt sich an der Ecke der Neustädtischen Kirch-
straße von der oben unter 3 bezeichneten Linie ab und über
schreitet im Zuge jener Straße die Straße „Unter den Linden".
Ihre Wetterführung hat einen auch sonst im öffentlichen Interesse
wünscheuswerthen Durchbruch des Häuserblocks bis zur Kqnonicr-
straße zur Voraussetzung. Sie läuft dann durch die Behren-
straße und unter Mitbenutzung der Geleise der Berliner
elektrischen Straßeubahnaktieugesellschaft in der Mauerstraße
durch die Kronen-, Markgrafen- und Krausenstraße bis zum
Dönhofiplay, von wo sie bis zu der in der Alerandrinenstraßc
geplanten städtischen Linie weitergeführt werden könnte.
Ueber den nicht erwarteten inzwischen bekannt gewordenen Verlaus
dieser Anträge werden wir im nächsten Jahre zu berichten haben.
Alle die Gründe, die zu dem Gememdebeschlussc, in Zukunft
grundsätzlich neue Straßenbahnlinien selbst zu bauen und zu betreiben,
geführt haben, veranlaßten auch die Gemeindebehörden, gegen 6 Mill.
Aktien der Berliner elektrischen Straßenbahnenaktiengesellschast, die
Eigenthümerin der beiden Straßenbahnlinien Treptow—Behrenstraße
und Pankow—Mittelstraße ivar, käuflich zu erwerben und dadurch in
der Lage zu sein, jene Linien später einmal als städtisches Unternehmen
weiter zu führen. Die Verkehrsdepuiation hatte dabei auch die Absicht,
die Stadtgemeinde als Hauptaktionärin im Aufsichlsrath der Berliner
elektrischen Straßenbahnenaktiengesellschast vertreten zu seben. Der
neue Aufsichtsralh von 9 Mitgliedern wurde denn auch in der er-
wünschten Zusammensetzung gewählt.
Zu langwierigen Verhandlungen mit den betheiligten Straßenbahn-
gesellschaftert und den staatlichen Aufsichtsbehörden führte die auf
Anordnung Sr. Majestät des Kaisers erlassene landespolizeiliche Ver
fügung, daß die Akkumulatoren aus dem Straßenbahnbelrieve zu
entfernen und durch direkte Stromzuführnng zu ersetzen seien. Sie
erfolgte, ohne daß den Gemeindebehörden auch nur Gelegenheit gegeben
worden wäre, sich darüber zu äußern, und auch ohne Rücksicht auf
die entgegenstehenden Bestiinmungen des Vertrags mit der Gesellschaft.
Das allein zulässige Rechtsmittel der Beschwerde über die polizeiliche
Verfügung beim Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten erschien
erfolglos, um so mehr, als zuzugeben war, daß das Akknmulatoren-
system nach dem heutigen Stande der Technik billigen Anforderungen
nicht genüge. Im Hinblick auf die erheblichen Vortheile, die der
Gesellschaft aus der Betriebsänderung erwachsen mußten, und in
Anbetracht der durch die direkte stromzusührung eintretenden größeren
Belastung der Straßen und Plätze wurde mit der Gesellschaft darüber
verhandelt, welche Gegenleistung sie gewähren wolle. Der Abschluß
der Verhandlungen fällt in das Jahr'1901.
Aber auch in einer anderen Frage von außerordentlicher Tragweite,
die nicht nur die Gemeindebehörden, sondern die ganze Stadt anging,
wurde entgegen den in den klaren Bestimmungen des Vertrages zum
Ausdruck gelangten Absichten der Stadtgemeinde eine Entscheidung
getroffen, die allgemeinen Unwillen erregte: ohne die Gemeindebehörden
auch nur zu hören, entsprach der Herr Minister der öffentlichen
Arbeiten dein Antrage der hiesigen Straßenbahngeiellschasten und
I ertheilte ihnen die staatsbehördliche Genehmigung über die mit der
: Stadtgemeinde durch Vertrag vereinbarte Zustimmungsdauer, also
! über 1919 hinaus, bis zum 31. Dezember 1949. Nach den den Ge
meinden überaus ungünstigen Bestimmungen des Kleinbahngcsetzes
hatten wir kein anderes Rechtsmittel als das der Beschwerde bei dem
selben Minister, der die Anordnung erlassen hatte. Bon einer solchen
aussichtslosen Beschwerde nahmen wir Abstand.
Der Streik der Straßenbahnbediensteten im Mai 1900,
der die weitesten Kreise unserer Bürgerschaft in Mitleidenschaft zog,
wurde unter Vermittelung des Oberbürgermeisters nach kurzen Ver-
Handlungen beigelegt.
Der Bau der elektrischen Hochbahn wurde von der Gesellschaft
für elekirische Hoch- und Untergrundbahnen so eifrig gefördert, daß
schon am 28. November 1900 eine Probefahrt auf der Strecke vom
«schlesischen Thor bis zur Prinzenstraße unternommen werden konnte.
Auch der Bau der Unterpflasterbahnstrecke am Potsdamer
Bahnhof nahm lebhaften Fortgang. Sehr eingehende Berathungen
wurden ferner über den Bau einer städtischen, den Süden mit dem
Norden der Stadt verbindenden Unterpflasterbahn gepflogen. Die
Verhandlungen mit der Firma Siemens & Halste und der Gesell-
lchaft für elektrische Hoch- und Untergrundbahnen über den Bau einer
Unterpflasterbahn durch die Voß- und Mohrenstraße zum Spittel-
markt und Alexanderplatz im direkten Anschluß an die Hochbahn
hatten nicht den Erfolg, daß die Gesellschaft ihre Absichi, die Uiuer-
pflasterbahn auf eigene^Rechuung zu bauen, ausgab.
An dem von der Staatsregierung geplanten großen Unternehmen
des Mittellandkanals beschlossen die Gemeindebehörden sich durch
Uebernahme der von der Staatsregierung geforderten Garantie-
verpflichmng von 9,4 v. H. der zu deckenden 'Betriebs- und Unter
haltungskosten, Zinsen und Tilgungsbeiräge zu betheiligen. Die an
den Kanalbau mitinteressirten Stadtgemeinden Charlottenburg, Pots
dam, Spandau und Brandenburg verpflichteten sich wiederum der
Stadt Berlin gegenüber, die etwa geleistelcn Zuschüsie zu einem Theil
zu erstatten.
Auch in Bezug auf den Berlin-Stettiner Kanal gab die
Stadt Berlin die Erklärung ab, daß sie die Garantie für die durch
die Kanaleinnahmen etwa nicht gedeckten Kosten der Unterhaltung und
des Betriebes des Kanals, sowie der 3prozentigen Verzinsung und
Vs Prozentigeu Tilgung eines Antheils von 7 Millionen Mark an
den Kanalbaukosten übernehme. Von den von Berlin etwa gezahlien
Zuschüssen ist Charloltenburg bereit, einen Antheil von 10 v. H. zu
zahlen. In derselben Weise wie Berlin belheiligt sich Stettin an
dem Kanal.
Die Tiesbauverwaltung hat folgende Brückenbanten geleitet:
der Bau der Roßstraßenbrücke, mir dem schon 1899 begonnen wurde,
war bis Ende März 1901 soweit vorgerückt, daß das Gewölbe
freigelegt, und die Fahrbahn provisorisch gepflastert werden konnte.
Im Seplember 1900 begannen die Arbeiten an der Cornclinsbrückc,
deren Verbreiterung wegen des nanientlich an Sonntagen sehr starken
Verkehrs dringend nothwendig geworden war. Am Ende unseres
Berichtsjahres Ware» sie bis auf die Umpflasterung des Dammes
und die Verlegung der Straßenbahngeleise vollendet. Die Brücke im
Zuge der Grünauerstraße über den Schiffahrtskanal wurde fertig
gestellt und dem Verkehr übergeben. An der Oberbaumbrücke sind
die Fundirung und der Ausbau des nördlicben Hochbabnanschluffes
an die Brücke ausgeführt worden. Mil dem Bau der Achenbachbrücke
wurde begonnen und die Arbeiten so schnell geiördert, daß der stromab
gelegene Bürgersteig schon im März 1901 dem Verkehr übergeben
werden konnte.
Für die städtische Hochbauverwaltnng war das Jahr 1900
an Aufgaben und Arbeiten ungewöhnlich reich. Vollendet und ihrer
Bestimmung übergeben wurden die Gemeindeschulhäuser in der
Rostocker-, Duucker-, Oderberger-, Wiclef-, Grenzstraße, das Lehrer-
wohnhaus, die Turnhalle und das Straßenreinigungsdepot in der
Christianiastraße, ein Theil der 2. Handwerkerschule, die Volksbade?
anstalt in der Bärwaldstraßc, das Kinderashl in der Kürassierstraße,
die Feuerwache in der Fischerstraße, ein neues Kühl- und Maschinen
haus auf dem Zentralschlachthof u. a. m. Es sind Bauten, deren
Ausführung beinahe 7 Millionen Mark gekostet haben. Im Bau
begriffen waren: 7 Gemeindedoppelschulen und eine einfache Gemeinde
schule nebst Lehrcrwohngebäuden, Turnhallen 3C. und eine Gemeinde
doppelschule ohne Lehrerwohngebäude, die 13. Realschule, der ziveite
Theil der 2. Handwerkerschule, die Schule für gewerbliche Zwecke in
der Straßmannstraßc, das märkische Museum, das 4. städtische
Krankenhaus, die Erweiterungsbauten der drei anderen städtischen
Krankenhäuser, die Irrenanstalt und die Heimstätte für brustkranke
Männer in Buch, die Erweiterungsbauten der Anstalt Wuhlganen
und der Dalldoricr Irrenanstalt, 2 Volksbadeanstalten, das Standes
amt an der Fischerbrücke u. a. Die Ausführung dieser Gebäude
erfordert rund 39 Millionen Mark. Bearbeitet wurden ferner noch
die Skizzen und Entwürfe zunr neuen städtischen Verwaltungs
gebäude, zu einer neuen Siecheuanstalt mit etwa 1500 Betten, zum
Pflegehause für Ehepaare in der Siecheuanstalt an der Fröbelstraße,
zum Neubau des Männerasyls in der Köpenickerstraße, zum Waisen
hause in der alten Jakobstraße, zu einer Sparkaffenzweigstelle in der
Linkstraße, ' zu Um und Erweiterungsbauten verschiedener neuer
städtischer Anstalten rc. mit einer Gesanimtbausumme von 20 Millionen
Mark.
Die Gesammtkostensumme aller in der Hochbauverwalrung im
Jahre 1900 bearbeiteten Bauanlagen beträgt rund 08 Millionen Mark.
Die von dem Vorstande des Verbandes der Baugeschäste in
Berlin und den Vororien beamragte Aufnahme der Streikklausel
in die über städtische Bauten abzuschließenden Verträge lehnten wir ab.
wir wiesen aber die in Frage komnieuden Verwaltungsstellen an,
unter Unisländen von der Festsetzung von Konventionalstrafen für die
Nichteinhaltung der vereinbarten Lieferungsfristen Abstand zu nehmen.
Vergl. auch die Verhandlungen der Stadtverordnetenversammlung vom
3. Mai 1900.
Für ungefähr 300 Beamte der städtischen Bauverwaliung wurden
in den Räumen der 1. Handwerkcrschule Vortragskurse über
Elektrotechnik und deren Fortschritte veranstaltet.
Die Denkmäler märkischer Landesherren in der Siegcs-
allee sind im Berichtsjahre um vier vermehrt worden, die in
Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers enthüllt wurden: am 3. Mai
1900 das «Standbild König Friedrichs 1. von Gustav Eberlcin und
am 28. August die Denkmäler Kurfürst Friedrichs I. von Ludivig
Mauzcl, des Kurfürsten Albrecht Achilles von Otto Lessing und des
Kurfürsten Joachim I. Nestor von Johannes Götz.