Verwaltungs-Bericht
des
IIIagistrats zu Berlin
für
das Ltatsjahr 1899.
M 26.
WerichLe über die Atterverforgungsankatten unö Kofpilüler
städtischen 'Uatroncrls.
Seite
1. Alterversorgungsanstalt der Kaiser Wilhelm- und Augustastiitung . . 1
2. St. Gertraudthospital 3
3. Hospitäler zum Heiligen Geist und St. Georg 3
4. Hollmann'sche Wilhelminen-Amalienstiftung 4
5. Jakobshospital 4
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6. Jerusalemsstift 4
7. Lange- Schuckestiftung 5
8. Nikolaus-Bürgerhospital 5
9. Reuterstiftung .6
10. I. H. Weydinger'sche Stiftungen 7
1. Alterversorgungsanstalt der Kaiser Wilhelm- und Augustastistnng.
Die Grundsätze, die sich für unsere Verwaltung in zwei Jahr
zehnten herausgebildet und bewährt haben, sind auch in diesem Jahre
geübt worden.
Die Zahl der vorgemerkten Anwärter wächst beständig, die Stifis-
steilen werden selten frei, und können immer nur mit den ältesten
Bewerbern besetzt werden. Das durchschnittliche Lebensalter der In
sassen ist 76 3 / 4 Jahre, während das Statut als zulässiges Aufnahme
alter schon 60 Jahre zuläßt. Dieser für die der Aufnahme Harrenden
ungünstige Umstand legt andrerseits Zeugniß ab von dem Segen
unserer Anstalt; vor den Stürmen des Lebens geborgen, erreichen die
allen Leute ein höheres Alter, als sie vor Jahren erhoffen konnten,
wo sie schon dem Kanipf mit dem Dasein zu erliegen drohten: so
ivarcn am 1. Oktober 1899 von unsern 210 Insassen 16, also fast
8 v. H., schon sechzehn Jahr und länger Insassen unseres Hauses
gewesen.
Das hohe Durchschnittsalter zwingt uns immer mehr, selbst
Bittsteller von 70 Jahren und darüber auf spätere Zeit zu vertrösten,
und häufig erreicht eine große Anzahl von ihnen erst im hohen
Grcisenalter die langersehnte Aufnahme. So beriefen wir auch im
Berichtsjahr Bewerber, von denen 1 im 84., 2 ini 83., 3 im 81. und
80. Jahre standen.
Für viele dieser alten Personen hat zum Theil die reichsgesetz
liche Altersfürsorge durch Alters- und Invalidenrenten schon vorge
sorgt und ihnen die Wartezeit gemildert.
Unser Kuratorium bedauerte das Ausscheiden seines Mitgliedes,
des Stadtverordneten Wiese, der nach Ablauf seiner Amtszeit als
solcher auch unseren Kreis verließ. An seine Stelle wählten die
Stadlverordneten am 1. Februar 1900 den Stadtverordneten Schröter,
unter gleichzeitiger Wiederwahl unserer Mitglieder Fritsch, Herbig,
Mühlberger.
Ans dem Nachlasse des Ingenieurs Ludwig Alexander Veit-
Meyer hat die Stadt Berlin für unsere Anstalt 30000 Ji erhalten.
Die Zuwendung, die auf Grund der letztwilligcn Verfügung des Erb
lassers voin i^AugustZftiU erfolgt ist, soll durch Ueberweisnng eines
Hypothckenantheils demnächst zur Belegung gelangen.
Das Anstaltsleben mies dieselben Erscheinungen ans wie im
Vorjahre. Verpflegt sind durchschnittlich täglich 199 gegen 203 In
sassen im Vorjahr.
Die Moltkestiftnng (von der Stadtgemeinde begründet und mit
50 000 M ausgestattet) hatte fünf Insassen mit voller Verpflegung.
Ter von der Stadtgemeinde Berlin gezahlte baare Zuschuß be
trägt einschließlich einer Beihilfe von 3 168 Ji ans dem sog. Dolations-
fonds 35 418 M.
Aus Anlaß der Geburtstage Seiner Majestät des Kaisers und
Ihrer Majestät der Kaiserin ist den Hospitaliten vom Magistrat wie
alljährlich ein Geldgeschenk von je l,6o Ji gewährt worden.
Ende März 1899 befanden sich in der Anstalt 206 Personen.
Neu aufgenommen sind 27, gestorben 27 Personen; 6 Personen
mußten ihres siechen Körperzustandes wegen dem städtischen Siecheu-
hanse, bezw. wegen Geisteskrankheit der städtischen Irrenanstalt in
Dalldorf überwiesen werden, so daß Ende März 1900 ein Bestand
von 196 Personen vorhanden war. Unter ihnen befanden sich
34 Ehepaare. 101 alleinstehende Personen weiblichen Geschlechts, meist
Wittwen, und 30 alleinstehende Männer. Von den in der Anstalt
befindlichen männlichen Personen waren ihrer früheren Beschäftigung
nach 10 Handeltreibende, Lehrer und Beamte, 6 Arbeiter bezw. früher
in Lohndienst beschäftigte Personen, sowie 48 Handwerker.
Von den alleinstehenden Männern genossen 21 freie Verpflegung,
auch hatten von den Frauen 86, von den 34 Ehepaaren 24 mit
48 Personen (von 10 Ehepaaren nur einer der Ehegatten) gänzlich freie
Verpflegung. Ohne Verpflegung oder in Betreff derselben auf andere
Quellen angewiesen war somit kein Ehepaar vollständig, von 10 Ehe
paaren der eine Theil, sowie 9 alleinstehende Männer und 3 allein
stehende Frauen.
Bei den außerordentlichen Revisionen in Bezug auf die Preis
würdigkeit und ordnungsmäßige Zubereitung der verabreichten Speisen
durch die Mitglieder des Kuratoriums fand sich kein Anlaß zu Aus
stellungen, ini Gegentheil ist stets die Güte und Reichhaltigkeit der
Speisen ausdrücklich anerkannr worden.
Von den Insassen des Kaiser Wilhelm- und Angustastists wurden
in der Zeit vom 1. April 1899 bis zum 1. April 1900 ans
verschiedenen Krankheitsursachen den Krankenhäusern 15 Personen
überwiesen.
Von Ende Januar bis Ausgang März d. Js. herrschte wie
überall unter den Insassen die Influenza, die zuerst unter den Jnsaffen
des Hauptgebäudes begann und später auf die des Seitenflügels
überging. Sftchthumsfälle kamen im Ganzen 8 zur Beobachtung,
von denen 3 direkt aus der Anstalt, 5 durch die Krankenhäuser der
Sicchenanstalt überwiesen wurden Von Geisleskrankbeit trat ein
Fall ein und zwar hallucinatorisches Verwirrtsein. Die Patientin
wurde alsbald der Heilanstalt überwiesen.
Von den vorherrschenden Krankheiten, die ambulatorisch be
handelt wurden, sind zu nennen hauptsächlich 1. Bronchialkatarrh,
2. Obstipation mit Hämorrhoidalbeschwerdcn. 3. Fälle von Arterio
sklerose.
Im Ganzen war der Gesundheitszustand stets günstig zu nennen.
Der zur Bestreitung der Kosten an die Hospitaliten in halb
monatlichen Raten gezahlte Gcsammtbetrag belief sich auf 43 059,10 Ji.
Die Zahl derjenigen Personen oder Ehepaare, denen bei der Auf-
nabme keine freie Verpflegung zugesichert worden ist, für die aber
auch von anderer Seite nicht auskömmlich gesorgt war. betrug Ende
März 34. Sie haben Zuschüsse je nach ihrer Bedürftigkeit von
monatlich 6 bis 15 Ji erhalten; die Gesammtsumme dieser Zuschüsse
betrug 2 523,io M und das alle» Hospitaliten ausnahmslos monat
lich niit je 3 Ji gewährte Taschengeld 7 278 Ji.