MF –– 1
Zukunftsstrategie
für das Stadtmuseum Berlin
Inhalt
1 Einleitung
1.1
Das Museum und die Stadt
2 Stiftung Stadtmuseum Berlin
2.1
Ausgangssituation und Umfeldanalyse
4 - 9
10 - 17
3 Märkisches Museum
3.1
Ausgangssituation
3.2
Vision
3.3
Sonderausstellungen
3.4
Kurzfassung der Berlin-Geschichte
3.5
Themen / Sammlung
3.6
Vermittlung
18 - 33
4 Marinehaus
4.1
4.2
4.3
34 - 39
Ausgangssituation
Vision und Produkte
Ausstattung
5 Ephraim-Palais
5.1
Ausgangssituation
5.2
Vision und Produkte
40 - 45
6 Nikolaikirche
6.1
Ausgangssituation
6.2
Vision und Produkte
46 - 51
7 Knoblauchhaus
7.1
Ausgangssituation
7.2
Vision und Produkte
52 - 57
8 Museumsdorf Düppel
8.1
Ausgangssituation
8.2
Vision
58 - 63
9 Humboldt Forum
64 - 67
10 Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
10.1
Forum: Vermittlung und Partizipation
10.2
Sammlung
10.2.1 Die Fotosammlung – Beispiel einer
zukunftsweisenden Sammlungsstrategie
10.3
Kommunikation
10.4
Digitales Stadtmuseum / E-Culture
11 Organisationsentwicklung und -veränderung
68 - 85
86 - 89
12 Schlussbemerkung
90 - 93
13 Impressum
94 - 95
4 –– 5
1
Einleitung
Seit dem 1. Februar 2016 leitet Paul Spies die Stiftung Stadtmuseum Berlin.
Mit dem offiziellen Amtsantritt als Direktor ging sein Versprechen einher,
innerhalb von fünf Monaten eine Zukunftsvision für die Stiftung Stadtmuseum Berlin vorzustellen. Diese soll die Gesamtkonzeption der künftigen Neuausrichtung der Stiftung Stadtmuseum Berlin umreißen. Das sehr kurzfristige
in Aussicht stellen eines zukunftsweisenden Konzepts für das Stadtmuseum
Berlin begründet sich unter anderem mit Paul Spies‘ Doppelfunktion: Er ist
auch Chef-Kurator des Landes Berlin im Humboldt Forum und verantwortet
als dieser die Realisierung eines zweiten Konzepts, nämlich das des Auftritts
des Landes Berlin im zukünftig wieder aufgebauten Berliner Schloss. Da die
Berlin-Ausstellung perspektivisch in die Trägerschaft der Stiftung Stadtmuseum Berlin überführt werden soll, möchte Paul Spies diesen Termin dazu
nutzen, auch die konzeptionellen Leitlinien für die Neuausrichtung der
Stiftung Stadtmuseum Berlin bekanntzumachen. Denn die Konzepte beziehen sich wechselseitig inhaltlich aufeinander, stehen für einen gemeinsamen
Entwicklungsprozess und sind daher als Gesamtstrategie bzw. Vision des
Stadtmuseums Berlin zu verstehen.
Die Umsetzung dieser Ideen und ersten konzeptionellen Planungen können
nur prozesshaft und mehrstufig sein. Die Zukunftsstrategie ist somit als ein
Zwischenstand zu verstehen, dessen Inhalte, konzeptionelle Überlegungen
und konkrete Vorhaben kontinuierlich diskutiert, weiterentwickelt und der
jeweiligen Planungsphase angepasst werden. Für diese Entwicklung werden
kurz-, mittel- und langfristige Absichten formuliert.
Kurzfristig realisierbar sind die ersten Schritte vor allem durch eine Fördersumme in Höhe von 65 Millionen Euro, die der Bund und das Land Berlin
der Stiftung Stadtmuseum Berlin zur Grundsanierung, Renovierung und
Neuausstattung des Märkischen Museums und des benachbarten maroden
Marinehauses im September 2015 zugesichert haben. Hier soll ein lebendiges
Museums- und Kreativquartier entstehen – mit dem Märkischen Museum als
zentralem Museum der Berlin-Geschichte und dem Marinehaus als kooperativem und partizipativem Begegnungs- und Vermittlungsort. Die Bau- und
Bedarfsplanungen haben bereits begonnen; konzeptionelle inhaltliche
Überlegungen werden parallel dazu entwickelt. Die vier weiteren Standorte
Ephraim-Palais, Nikolaikirche, Knoblauchhaus und Museumsdorf Düppel
werden mittelfristig einer Prüfung und Analyse unterzogen und konkrete
bauliche, inhaltliche wie auch personelle Bedarfe eruiert. Erste Visionen und
konzeptionelle Leitlinien zu ihrer zukünftigen inhaltlichen Ausrichtung
stellt dieses Dokument vor.
6 –– 7
1. Einleitung
1.1 Das Museum und die Stadt
Stadtmuseen befinden sich weltweit in einer Umbruchphase. In der Tradition der sogenannten Antiquitätenkabinette sammelten und bewahrten
diese Institutionen ursprünglich historische Artefakte mit lokalem Bezug.
Eine Auswahl der Objekte wurde einem relativ überschaubaren Publikum mit
zumeist hohem Bildungsstand präsentiert, das im Wesentlichen aus Liebhaber*innen der lokalen Geschichte und gebildeten Kulturreisenden bestand.
Gegenwärtig dienen viele Stadtmuseen den Schulen als Ort der außerschulischen Bildungsarbeit, vor allem, wenn der offizielle Lehrplan ein Grundwissen
an lokaler Geschichte verlangt. Die meisten Stadtmuseen werden bislang
nicht so nachgefragt und gut besucht wie viele Kunst-, Naturkunde- oder
Wissenschaftsmuseen.
Andererseits nimmt die Bedeutung von Städten auf der ganzen Welt m
ehr
und mehr zu. Schon jetzt lebt über die Hälfte der Weltbevölkerung in
immer stärker wachsenden Städten. Sie sind die wahren Zentren von
Wirtschaft und Kultur und laufen in vielerlei Hinsicht den Nationen den
Rang ab. Die Stadtmuseen haben das Potenzial, die Analysten und Katalysatoren der S
tadtidentität zu sein. Sie dienen einem vielfältigen Publikum
und sollen die g
rößtmögliche Zahl an Bewohner*innen und Besucher*innen
ansprechen, um sie für eine aktive Partizipation am Leben der Stadt und
ihrer Kultur zu gewinnen.
Dies ist möglicherweise eine Herausforderung für Museumsmitarbeiter*innen, die häufig für das Bewahren und Ausstellen in einer traditionellen
städtischen Sammlung ausgebildet und als solche wahrgenommen werden.
Gewiss bleiben die Pflege der Sammlung und ihre Präsentation zwei Hauptaufgaben eines Stadtmuseums. Das neue Museumszeitalter verlangt jedoch
eine aufgeschlossene Geisteshaltung, bei der die Mitarbeiter*innen nicht nur
studieren und informieren, sondern als echte Interviewer*innen und Moderator*innen auch fragen und zuhören. Von ihnen wird erwartet, dass sie die
zahlreichen Beiträge von Expert*innen und Laien in einen größeren historischen Zusammenhang stellen können.
Letztlich ist ein Stadtmuseum dann erfolgreich, wenn es als ein Generator
von Superdiversität dient: Es soll mit der Diversität der Stadt arbeiten, diese fördern, Brücken zwischen den vielfältigen Gruppen bauen sowie Communities
und Stadtakteuren eine Plattform bieten. Dieser Ansatz ist für Museen recht
neu und daher ein kontinuierlicher Lernprozess.
Europäische Stadtmuseen und ihr Publikum
Europäische Großstädte wie London, Paris und Berlin können als Beispiele für
Städte mit Superdiversität dienen. Sie sind die Schnellkochtöpfe einer neuen
globalen Gemeinschaft.
Was ist nötig, damit Stadtmuseen ihre Aufgabe verwirklichen können?
Es muss von vornherein klargestellt werden, dass sich keine musealen Angebote erstellen lassen, die mit demselben Ansatz allen Besucher*innen gerecht
werden. Das Stadtmuseum der Zukunft soll dementsprechend vielfältige
und maßgeschneiderte Produkte für unterschiedliche Zielgruppen schaffen.
Ausländische Tourist*innen werden anders angesprochen als die Einwohner*innen. Und Schülergruppen partizipieren anders als leidenschaftlich an
der Stadtgeschichte Interessierte.
Es ist daher wichtig, Stadtmuseen nicht auf eine einzige Identität festzulegen. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Ansätze würde von dem
Alles-in-Einem-Stadtmuseum nur ein unscharfes Bild entstehen. Aus der
Sicht des Marketings: Wer versucht, mit ein und demselben Ansatz alle zu
erreichen, wird im Endeffekt kaum jemanden erreichen.
Es empfiehlt sich daher, dass Stadtmuseen verschiedenen Zielgruppen
unterschiedliche Identitätsmöglichkeiten anbieten. Für diese nicht einheitlichen Produkte sollten gegebenenfalls auch unterschiedliche Standorte und
Namen i n Betracht gezogen werden.
Bildungsarbeit und Partizipation
Insbesondere bei Stadtmuseen wächst zunehmend das Bewusstsein dafür,
ihr Publikum nicht allein als reine Empfänger*innen von Informationen zu
betrachten. Vielmehr soll ein modernes Museum seine Besucher*innen dazu
anregen, eine aktive Rolle zu übernehmen. Das bedeutet, dass auch neue
Wege der Kommunikation mit dem Publikum entwickelt werden müssen.
Diese wechseln sich mit den bislang angewandten Bildungsangeboten und
-formaten stimmig ab. Viele Besucher*innen, von den allerjüngsten bis zu den
Senior*innen, erwarten von einem Stadtmuseum, dass es über historische
Ereignisse informiert und ihre Bedeutung für die Stadt erläutert. Die Besucher*innen möchten zunächst schauen, hören und verstehen, bevor sie sich
dazu ermuntert fühlen, eigene Kenntnisse, Ideen oder Emotionen einzubringen.
ufgrund der dualistischen Haltung, gleichermaßen als Sender und EmpA
fänger von Informationen und Geschichten zu fungieren, sollten Fragen und
1. Einleitung
Zuhören ebenbürtige Teile der pädagogischen Arbeit ausmachen. Diese
Art der Partizipation hat Nina Simon in The Participatory Museum (2010)
beschrieben. Für eine echte Partizipation müssen die Besucher*innen
eingebunden und nach ihren eigenen Erfahrungen, Geschichten und Ideen
gefragt werden. Zu guter Letzt müssen die Museumsmitarbeiter*innen
das Publikum dabei unterstützen, die partizipativen Inhalte in den Gesamtkontext einzuordnen.
Zahlreiche neu entwickelte Materialien helfen, um beide Seiten der Bildungsarbeit von Anfang an zu kombinieren. Neue Medien, Webauftritte und soziale
Medien kommen inzwischen bei nahezu allen Bereichen des Museumsprogramms zum Einsatz.
Neue konzeptionelle Leitlinien und Kooperationen
Es ist ein hoher Anspruch, diese neuen Ziele im Alleingang und in absehbarer
Zeit zu erreichen. Stadtmuseen, so auch das Stadtmuseum Berlin, sollten
daher vielseitig kooperieren – vor allem mit denjenigen, die bereits versiert
im Umgang mit neuen Ideen, Organisationsformen und Techniken sind.
Neben der Entwicklung von Kompetenzen innerhalb des Museums wird dies
strategische Allianzen und Koproduktionen mit international ausgerichteten
Kollegen*innen (in der Stadt und darüber hinaus) zur Folge haben. Durch die
Übernahme fachlicher Kompetenzen von strategischen Partnern und die
gemeinsame Koproduktion von spezifischen Projekten wird das Stadtmuseum
seine Leistung und seine Reichweite stetig vergrößern.
8 –– 9
10 –– 11
2
Stiftung
Stadtmuseum Berlin
2.1 Ausgangssituation und Umfeldanalyse
Die Stiftung Stadtmuseum Berlin – Landesmuseum für Kultur und Geschichte
Berlins – wurde im Juni 1995 als eine Stiftung öffentlichen Rechts gegründet.
Laut Museumsstiftungsgesetz hat die Stiftung Stadtmuseum Berlin die
Aufgabe »Kunstwerke und sonstige Kulturgüter zur Kultur und Geschichte Berlins zu sammeln, zu bewahren, zu pflegen, zu erforschen, in ständigen Schausammlungen sowie in Wechselausstellungen in museumsüblichem Umfang der
Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Auswertung der Bestände für die
Wissenschaft und die Volksbildung zu ermöglichen«.
Zum Gründungszeitpunkt gehörten 16 Standorte über die gesamte Stadt
erteilt zur Stiftung, darunter das 1874 als Märkisches Provinzialmuseum
v
gegründete Märkische Museum mit dem 1908 errichteten Bau am Köllnischen Park sowie das 1962 entstandene Berlin Museum im ehemaligen
Kammergerichtsgebäude in Berlin-Kreuzberg. Diesen bedeutenden Standort
musste die Stiftung 1999 an das neu gegründete Jüdische Museum übergeben.
Im Laufe der Jahre gab die Stiftung im Zuge eines Konzentrationsprozesses
auf die Standorte in der Mitte Berlins weitere zehn Häuser auf oder überführte sie in andere Trägerschaften. Heute gehören fünf Standorte zur Stiftung
Stadtmuseum Berlin: das Märkische Museum, das Ephraim-Palais, das Knoblauchhaus, die Nikolaikirche und das Museumsdorf Düppel. Nach Eröffnung
des Humboldt Forums im Jahr 2019 kommt die Berlin-Ausstellung, die sich
dort über 4.000 m2 erstrecken wird, als sechster Standort hinzu. Mit Ausnahme
des Museumsdorfs Düppel liegen alle Standorte in Berlin-Mitte. Das zentrale
Sammlungsdepot befindet sich in der Poelzig-Halle in Berlin-Spandau; hier ist
auch gut die Hälfte der Mitarbeiter*innen tätig.
Bisherige inhaltliche Aufstellung der Häuser
Die Ausstellungen im Märkischen Museum gehen zeitlich bis in die Vor- und
Frühgeschichte Berlins und Brandenburgs zurück. Sie zeigen insbesondere im
Rundgang Hier ist Berlin! einen an Stadtvierteln orientierten Überblick über
die Stadtgeschichte Berlins. Darüber hinaus werden Teile der rund
4,5 Millionen Objekte umfassenden Sammlung präsentiert sowie kleinere,
thematische Ausstellungen gezeigt. Deren Spektrum reicht von Ausstellungen
anlässlich historischer Ereignisse und Jubiläen über Sonderthemen bis hin zu
Künstlerausstellungen, wie zuletzt die sehr erfolgreiche Schau Ich. Menzel.
Im Ephraim-Palais werden große Sonderausstellungen zu Themen der
Geschichte, der Kultur und des Berliner Alltagslebens gezeigt. Großen Erfolg
erzielten zuletzt die Ausstellungen West:Berlin. Eine Insel auf der Suche nach
Festland und Tanz auf dem Vulkan – Das Berlin der Zwanziger Jahre im Spiegel
12 –– 13
2. Stiftung Stadtmuseum Berlin
der Künste. Auch die aktuelle Ausstellung Berlin – Stadt der Frauen. 20 Biografien erzählen Geschichte erfreut sich beachtlicher Popularität und hoher
Besucherzahlen.
Eine Geschichte des Ortes wird in der Nikolaikirche erzählt. Die in Teilen noch
erhaltenen Räume dieses Baudenkmals gelten als die ältesten Berlins. Das
einstige Gotteshaus und heutige Museum verbindet kirchen-, bau- und stadtgeschichtliche Narrative.
Das Knoblauchhaus, ein Bürgerhaus aus dem 18. Jahrhundert, fokussiert auf
das Berliner Leben im Biedermeier, eine Epoche zwischen dem Ende der
napoleonischen Kriege 1815 und der Märzrevolution von 1848. Am Beispiel der
Unternehmerfamilie Knoblauch, die das Haus bewohnte, werden fragmentarisch kultur- und sozialgeschichtliche Einblicke in diese Zeit gegeben.
Das Freilichtmuseum Museumsdorf Düppel in Berlin-Zehlendorf ist ein
erlebnisorientierter Lernort. Der Nachbau einer mittelalterlichen Dorfanlage
befindet sich hier an archäologischer Fundstätte. Mittels eines umfangreichen museumspädagogischen und Veranstaltungsprogramms wird das
mittelalterliche Leben in der Siedlung nachgezeichnet und vergegenwärtigt.
Umfeld
Die Standorte in Berlin-Mitte befinden sich in einem kulturlandschaftlich
hochkonzentrierten Umfeld: Diverse öffentliche wie private museale
Einrichtungen, Informationsorte, historische Denk- und Mahnmale sowie
kommerziell-touristische Angebote und Publikumsmagneten befinden sich in
fast fußläufiger Nähe. Zu nennen sind das Deutsche Historische Museum,das
Jüdische Museum, der Ort der Information im Holocaust-Mahnmal, das DDR
Museum und das Mauermuseum am Checkpoint Charlie sowie die Gedenkstätte Topographie des Terrors, aber auch der Berlin Story Bunker, The Gate
oder die BlackBox Kalter Krieg. Über diese Angebote hinaus verzeichnet Berlin
auch im weiteren Umfeld eine hohe Dichte musealer und historischer Orte,
die Ausschnitte der Berliner Geschichte, häufig mit Fokus auf dem 20. Jahrhundert, erzählen und präsentieren. Dazu kommen die zwölf Berliner Bezirksmuseen, die die Berlin-Geschichte aufarbeiten.
Die Häuser der Stiftung Stadtmuseum Berlin sollen dieses reichhaltige
Angebot optimal und sinnvoll ergänzen; inhaltliche Dopplungen und
Redundanzen sind daher dringend zu vermeiden. Es kommt darauf an, die
Standorte auf ihre Alleinstellungsmerkmale, Potenziale und Chancen hin
genau zu untersuchen, sie inhaltlich-thematisch zu schärfen und klar
zu positionieren.
Besucherzahlen, Mitarbeiter*innen und finanzielle Ausstattung 2013 – 2015
Standort /
Dependance
Besucherzahlen
2013
2014
2015
Märkisches Museum
47.327
47.372
63.845
Ephraim-Palais
30.933
44.628
80.923
Knoblauchhaus
19.342
23.955
21.501
Nikolaikirche
56.282
64.329
61.245
Museumsdorf Düppel
22.876
29.793
39.176
gesamt
176.760
210.077
266.690
Aufwand
2013
2014
2015
Jahresbudget (konsumtive und
Projekt-zuschüsse)
12.471.233,84 Euro
11.920.021.11 Euro
12.009.191,02 Euro
Programmittel (Ausstellungen,
Veranstaltungen, Publikationen)
584.971,07 Euro
901.570,12 Euro
716.954,17 Euro
Ankaufsetat (nur Eigenmittel)
25.035,81 Euro
59.447,35 Euro
31.333,73 Euro
Extern angeworbene Barmittel
(Spenden, Sponsoring usw.)
80.717,85 Euro
64.934,81 Euro
33.978,90 Euro
Summe der eigenerwirtschafteten
Erlöse
1.677.340,83 Euro
1.307.660,58 Euro
1.778.444,08 Euro
Anteil der Programmmittel aus konsumtiven und Projektzuschüssen
4,69 %
7,56 %
5,79 %
Anteil der Personalkosten aus konsumtiven und Projektzuschüssen
48,85 %
50,64 %
49,25 %
Anzahl der Beschäftigten
119
114
114
Stadtmuseum Berlin GmbH
Die Stadtmuseum Berlin GmbH hat den satzungsgemäßen Auftrag, die Stiftung
Stadtmuseum Berlin in wirtschaftlich ausgerichteten Geschäftsfeldern zu unterstützen. Dazu gehören insbesondere Service und Marketing (Zuarbeiten)
und zwar Aufsichten/Wachdienste, Museumsshops und Ticketing, Catering
und spezifische Kunden- und produktbezogene Veranstaltungen, Auskunftsdienste und Führungsvermittlung, Umfragen zur Service-Qualität sowie Leistungen des Verlags M. Die GmbH erwirtschaftet zum einen zusätzliche Mittel
2. Stiftung Stadtmuseum Berlin
für das Stadtmuseum Berlin, zum anderen entlastet sie das Stadtmuseum
Berlin durch Dienstleistungen, Full Service, günstige Preis-Leistungs-Verhältnisse – nicht zuletzt durch die vom Finanzamt bestätigte Organschaft – und
die Beteiligung an Publikationen des Verlags M. Die Arbeit der GmbH wird
auch in den nächsten Jahren unverzichtbar sein. Die Geschäftsfelder sollen
entwickelt und weiter ausgebaut und mit den Zukunftsaufgaben des Stadtmuseums Berlin eng verzahnt werden.
Fünf Freundeskreise und Fördervereine unterstützen aktuell die Stiftung
Stadtmuseum Berlin und ihre Häuser: der Verein der Freunde und Förderer des
Stadtmuseums Berlin e.V., der Förderkreis Museum Knoblauchhaus e.V., der
Fördererkreis der naturwissenschaftlichen Museen Berlins e.V., der Fördererkreis Museumsdorf Düppel e.V. und der Verein der Freunde des Museums
Kindheit und Jugend im Stadtmuseum e.V..
14 –– 15
16 –– 17
Neuausrichtung der
Dachmarke
Name: Entscheidungsfindung Stadtmuseum Berlin
vs. Berliner Stadtmuseen
Vision / Mission: bewahrt das kulturelle Erbe der
Stadt, Informations- und Verteilerzentrum, Tipp- und
Themengeber
Zielgruppe: Business-to-Business, Backoffice für
Einzelstandorte
Service: Sammlungen, Fotothek, Bibliothek,
Hausarchiv (Recherche)
Unter dem Namen Stiftung Stadtmuseum Berlin werden bislang
alle Standorte und Aktivitäten zentral und offiziell gebündelt und
kommuniziert. Welche Häuser mit welchem Profil sich genau dahinter verbergen, ist in der Öffentlichkeit trotz der über 20-jährigen
Geschichte der Stiftung weitestgehend unklar. Daher soll Stiftung
Stadtmuseum Berlin zukünftig nur noch ein Name und Begriff sein,
der intern, im Rahmen von Verwaltungs- und Förderangelegenheiten oder im Kontext offizieller Auftritte Verwendung findet.
Teil des Neuausrichtungsprozesses des Stadtmuseums Berlin ist
eine (Weiter-)Entwicklung bzw. Profilschärfung der einzelnen Standorte. Sie sollen individuelle Identitäten erhalten, die bekannt werden
und sich positiv in der Öffentlichkeit verankern. Individuelle Kommunikations- und Vermarktungsstrategien unterstützen die Arbeit der
einzelnen Häuser. Der Geist des Ortes wird mitbestimmend für den
Prozess sein, wie diese Identitätsbildung gestaltet wird. Ein Ergebnis dieses Prozesses kann u.a. auch eine neue Namensgebung sein.
18 –– 19
3
Märkisches
Museum
20 –– 21
Märkisches Museum
Name: Entscheidungsfindung Märkisches Museum
vs. Berlin-Museum
Vision / Mission: Lokalität und Authentizität stehen
im Vordergrund, das Museum ist ein Must See,
mittelgroße Ausstellungen zu historischen und
politischen Themen der gesamten Berlin-Geschichte,
neue Formate der Sammlungspräsentation,
Ort gesellschaftlicher Teilhabe
Zielgruppe: Berliner*innen, Tourist*innen,
Kinder und Jugendliche
Service: Innerstädtischer Hotspot für die wiederauflebenden umgebenden Stadtviertel und gemeinsam mit dem Marinehaus ein lebendiges kulturelles Museums- und Kreativquartier: Öffnung zum
Köllnischen Park, täglich geöffnetes Museumscafé
mit wechselnden Angeboten, Kooperationen und
Koproduktionen
3.1 Ausgangssituation
Das Märkische Museum wurde im Jahr 1874 auf eine Initiative der Berliner
Bürgerschaft hin gegründet. Ihr Interesse war es, die Geschichtszeugnisse des
alten Berlins zu sammeln, zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich
zu machen. Mittels öffentlicher Sammlungsaufrufe gelang es dem Museum
bereits in den ersten Jahren, eine beeindruckende Sammlung zusammen
zutragen – auch hier waren es vor allem die Bürger*innen der Stadt, die das
Märkische Museum reichhaltig beschenkten. Die schnell wachsende Sammlung
erforderte bald mehr Raum, so dass Anfang der 1890er Jahre beschlossen
wurde, ein eigenes Museumsgebäude zu bauen. Die Umsetzung ließ noch
fast zehn Jahre auf sich warten: Erst 1899 begann der Architekt und Stadtbaurat Ludwig Hoffmann, das Märkische Museum als virtuos inszeniertes
Ensemble des Wilhelminischen Historismus zu errichten. Die spezielle
Museumsarchitektur und eine räumliche Inszenierung des Gesamtkunstwerks unter den Aspekten Stimmung und Wirkung war Hoffmann ein
besonderes Anliegen:
»Er setzte an die Stelle eines in einheitlichem Stil durchgebildeten Repräsentationsgebäudes in den Konventionen des Historismus ein frei gruppiertes Gebäudeensemble,
das in freier Anlehnung an Bauten verschiedener Epochen von der Spätromantik bis zur
Renaissance den Eindruck hervorrufen konnte, als sei es über die Jahrhunderte hinweg
entstanden. Dieser […] flexiblen Auffassung entsprach im Inneren eine Raumabfolge, die
die Sammlungen nicht nach ihrer wissenschaftlich-systematischen Seite hin in einem
Rastergrundriss organisierte, sondern nach ihren Schauwerten und Erlebnisqualitäten.«
Vgl. Kurt Winkler, Gefühlte Geschichte. 100 Jahre Märkisches Museum, Berlin 2008.
1908 feierlich eröffnet, stieß das Märkische Museum auf große Resonanz bei
den Berliner*innen.
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Märkische Museum geschlossen
und seine Sammlungen ausgelagert. Dabei gingen viele Objekte verloren.
Auch wurde das Museumsgebäude selbst in den letzten Kriegstagen stark
beschädigt. Nach Kriegsende lag das Museum im Gebiet der Sowjetischen
Besatzungszone und damit in dem der späteren DDR-Hauptstadt. D
ie
museale Arbeit sowie die gezeigten Inhalte und Ausstellungen waren der
sozialistischen Staatsdoktrin und einem damit einhergehenden Geschichtsverständnis angepasst. Im Westteil der Stadt entstand als Pendant das Berlin
Museum, das vor allem kunst- und kulturhistorische Ausstellungen zur
Berlin-Geschichte zeigte. Nach der Wiedervereinigung gingen 1995 die beiden
Häuser mit ihren Sammlungen (wie auch die weiterer Standorte) in der neu
gegründeten Stiftung Stadtmuseum Berlin auf.
22 –– 23
3. Märkisches Museum
Außenwahrnehmung
Das Märkische Museum liegt zwar zentral in Berlins Mitte; das Stadtviertel
ist jedoch kein touristischer Hotspot und auch infrastrukturell wenig attraktiv
angebunden. In dem recht großen (Einzugs-)Gebiet zwischen Fischerinsel,
Luisen- und Dorotheenstadt befindet es sich in isolierter Lage ohne nennenswerte Besucher- oder Passantenströme. Wem das Märkische Museum
bekannt ist, kann das markante Museumsgebäude mit seinem Turm in der
zentralen Stadtsilhouette Berlins durchaus wahrnehmen. Einige Sichtachsen von der dem Museum gegenüberliegenden Spree-Seite – z.B. von der
Leipziger Straße, der Jannowitzbrücke oder Holzmarktstraße aus – eröffnen
schöne Blicke auf das Gebäude.
Grundsätzlich ist der Museumsbau jedoch nur schwer zu entdecken. Die
beiden kleinen Zufahrtsstraßen – Wallstraße und Märkisches Ufer – geben
keinen direkten Blick auf das Museum frei. Zudem behindert hoher Baumbewuchs sowie das Wirrwarr der Häuser, Straßen und Parkplätze in der unmittelbaren Umgebung eine klare Wahrnehmung des Gebäudes. Darüber hinaus
sind Beschilderung und Wegführung zum Museum verbesserungswürdig.
Besucher*innen, die das Museum geplant aufsuchen, stehen vor einer
düsteren, teils ungereinigten und renovierungsbedürftigen Fassade.
Der Eingangsbereich mit seiner dunklen und geschlossenen Eingangstür
ist nur schwer als solcher zu identifizieren.
Innengestaltung/Ausstattung
Die Unübersichtlichkeit setzt sich fort, sobald der Besucher bzw. die Besucherin
das Gebäude betritt. Das Foyer, in dem sich aktuell die Garderobe befindet,ist ebenfalls dunkel, unübersichtlich und wirkt wie aus der Zeit gefallen.
Kasse und Shop befinden sich in einem nicht einsehbaren Raum, den die
Besucher*innen bei Betreten des Museums im Rücken haben. D
er Orientierung
dienende Informationen darüber, wo sich Kasse, Museumsshop oder Café
befinden und wie der Rundgang durch die Ausstellungsräume des Museums
gestaltet sein könnte, sind nicht vorhanden.
Das Gebäude ist nicht barrierefrei und schließt damit ganze Besucher
gruppen aus.
Vom Foyer aus bieten sich mehrere Möglichkeiten, die Ausstellungsräume zu erkunden. Aufgrund der bleibenden Unübersichtlichkeit, dem Fehlen
eines Leitsystems bzw. einer klaren Besucherführung und sehr vollen, wenig
systematisch gestalteten und mit unzureichender kontextualisierender
I nformation ausgestatteten Räumen, ist der Gang durch die Ausstellung(en)
ermüdend und wenig nachhaltig.
Die jetzigen Ausstellungen mit dem Rundgang Hier ist Berlin, der sich über
zwei Etagen verteilt, sind stark sammlungs- und objektbasiert. Das Narrativ in den Ausstellungen, die mit der Vor- und Frühgeschichte Berlins und
der Mark Brandenburg beginnen, sich über das Mittelalter erstrecken und
im 20. Jahrhundert enden, ist unklar. Es wird anteilig thematisch, anteilig
historisch-chronologisch erzählt. Eine Systematik oder Linearität ist nicht
erkennbar. Bestimmte historische Epochen und Ereignisse, allen voran die des
spannungsreichen 20. Jahrhunderts, werden im Berlin-Rundgang kaum bis
gar nicht behandelt.
Im Moment sind die Flächen für Sonderausstellungen unzureichend; auch
für Vermittlung und für Bildungsangebote, insbesondere für Schulklassen
und größere Gruppen, steht zu wenig Raum zur Verfügung.
3.2 Vision
Außenwahrnehmung und -wirkung
Das Märkische Museum, das zusammen mit dem benachbarten Marinehaus das Zentrum des neuen Museums- und Kreativquartiers bilden wird,
soll in der Öffentlichkeit klarer kommuniziert werden, sichtbarer und
besser erreichbar sein. Hinweisschilder mit Märkisches Museum bzw. Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park können an den Zufahrtsstraßen,
in den umliegenden U-Bahnhöfen und der S-Bahn Jannowitzbrücke, an den
Bootsanlegern im Historischen Hafen und in den angrenzenden Stadtteilen
angebracht sein. Das Museum soll zukünftig durch die wieder aufgebaute
Waisenbrücke (zwischen Littenstraße und Am Köllnischen Park) direkt für
Fußgänger und Radfahrer erreichbar sein.
Die Außenfassade des Märkischen Museums soll gereinigt und insbesondere
an den Flächen, an denen z.B. Kriegsschäden des Zweiten Weltkriegs nur
schlecht entfernt wurden, professionell rekonstruiert werden. Mit einem
freundlicher angelegten Außenbereich kann das Museum in neuem Glanz
erstrahlen und wäre unverkennbar als Museumsgebäude zu identifizieren.
Ein offener und heller gestalteter Eingangsbereich wird als solcher nicht
verfehlt werden. Zudem soll der Zugang barrierefrei sein.
24 –– 25
3. Märkisches Museum
Umbau und Innengestaltung
Für den Umbau des Märkischen Museums liegen bereits umfassende
Sanierungs- und Renovierungspläne vor, konkrete Bau- und Bedarfsprogramme
befinden sich in der Realisierungsphase.
Planung im Einzelnen
Das Museumsgebäude empfängt die Besucher*innen mit einem serviceorientierten, attraktiven und übersichtlichen Eingangsraum. Neben einem klar
erkennbaren Kassenbereich und einem Museumsshop werden die Gäste hier
kurz über Ausstellungen, Vermittlungs- und weitere Servicenagebote (wie
Garderobe und Museumscafé) informiert und mittels einer klaren Beschilderung weitergeleitet.
Eine verständliche Besucherführung, d.h. ein klares Leitsystem, wird durch
das sehr verschachtelte Haus leiten. Eine Umstrukturierung der einzelnen Geschosse soll zu einem klare(re)n Überblick und einer einfacheren Orientierung
in den zahlreichen Räumlichkeiten des Museums verhelfen. Zentraler Ausgangspunkt für die Ausstellungsflächen ist die Große Halle. Die Besucher*innen
werden hier mit der Geschichte des Ortes, d.h. der des historischen Hoffmann‘schen Museumsbaus abgeholt und auf die weiteren Erzählstränge im
Märkischen Museum eingestimmt.
Umbauten und Umstrukturierungen der heutigen Ausstellungs- und
Vermittlungsflächen
Das Sockelgeschoss, in dem bislang die Bildungsangebote angesiedelt sind,
wird zeitnah geräumt und in eine Sonderausstellungsfläche umfunktioniert.
Bis zur Renovierung werden hier bereits Ausstellungen gezeigt. Die Objekte
in der archäologischen Abteilung, die sich im Sockelgeschoss befinden, sollen
perspektivisch im Museumsdorf Düppel präsentiert werden. Die Stadtmodelle, die ein Publikumsliebling und auch ein Alleinstellungsmerkmal des
Märkischen Museums sind, finden einen neuen Platz im 1. Obergeschoss, wo
eine Kurzfassung der Berlin-Geschichte erzählt wird. Eine erste Fassung
dieses chronologischen Rundgangs soll bereits vor der Renovierung erprobt
werden (siehe Kapitel 3.4).
Im 2. Obergeschoss werden in vier Räumen Teile der Sammlung in turnusmäßig
wechselnden, thematischen Schauen präsentiert (siehe Kapitel 3.5).
Darüber hinaus zieht der Vermittlungsbereich in das 2. Obergeschoss und
zwar in den Umgang um den kleinen Innenhof (siehe Kapitel 3.6).
Der Turm des Märkischen Museums, der ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal ist, wird für den Publikumsverkehr ertüchtigt. Ein einzubauender
Aufzug bringt die Besucher*innen zur Aussichtsplattform. Von dort gibt
es exzellente Blicke auf die Mitte Berlins mit insbesondere hervorragendenSichtachsen auf die weiteren Standorte des Stadtmuseums Berlin im
Nikolaiviertel und im Humboldt Forum. Wer den Turm über die Treppenzugänge erklimmt, durchläuft mehrere Etagen und Räume mit riesigen
Wandflächen. Diese dürfen aufgrund von Brandschutzvorschriften nicht
mit Ausstellungsbauten bespielt werden. Denk- und machbar wären jedoch
großformatig inszenierte Panorama-Projektionen verschiedener Berlin-Bilder
und -Zeitschichten.
Zielgruppen
Das Märkische Museum richtet sich mit seinen Angeboten insbesondere a
n
drei Zielgruppen:
• Berliner*innen mit Interesse an der Geschichte ihrer Stadt
• Kulturtourist*innen
• Kinder und Jugendliche
Die Zielgruppe der Berliner*innen soll durch ihren Erstbesuch, bei dem sie
u.a. die Kurzfassung der Berlin-Geschichte kennengelernt hat, für das Haus
begeistert und zum Wiederkommen animiert werden. Insbesondere der
zukünftige Sonderausstellungsbereich im Sockelgeschoss adressiert diese
Zielgruppe (siehe Kapitel 3.3).
Die Kurzfassung der Berlin-Geschichte im 1. Obergeschoss ist ein unter dem
Aspekt des einmaligen Museumsbesuchs konzipierter Ausstellungsrundgang, der sich vor allem an die Zielgruppe der Kulturtourist*innen richtet.
Für Kinder und Jugendliche, Schulklassen und Familien soll im 2. Obergeschoss ein Vermittlungsbereich rund um den kleinen Innenhof reserviert und
umgebaut werden (siehe Kapitel 3.6). Weiterführende Vermittlungsangebote
mit Schwerpunkt Partizipation, die sich (auch) auf die Ausstellungen und
Themen im Märkischen Museum beziehen, könnten im gegenüberliegenden
Marinehaus wahrgenommen werden (siehe Kapitel 4.2).
Die restlichen Räume im 2. Obergeschoss sind kleinen, wechselnden Präsentationen der Sammlung vorbehalten. Diese sind grundsätzlich für alle
Zielgruppen vorgesehen (siehe Kapitel 3.5), aber ganz besonders an die
Berliner*innen mit Interesse an der Geschichte ihrer Stadt gerichtet.
26 –– 27
3. Märkisches Museum
3.3 Sonderausstellungen
3.4 Kurzfassung der Berlin-Geschichte
Das Sockelgeschoss soll zur Sonderausstellungsfläche im Märkischen Museum
umgestaltet und bereits in einer Testphase vor der langjährigen Renovierungsphase bespielt werden. Hier ist es möglich, mittelgroße Ausstellungen
zu präsentieren, deren Fokus auf historischen und politischen Themen der
gesamten Berlin-Geschichte liegt. Diese können sich von populären bis hin
zu Nischenthemen bewegen; auch Industrie- und Architekturgeschichte,
Biografien, historische Momente und Ereignisse oder politische Bewegungen
sind als Thema oder Anlass denkbar. Themen, Inhalte und Gestaltung der
Ausstellungen sollten presse- und öffentlichkeitswirksam sein und so deutlich mehr Besucher*innen ins Märkische Museum ziehen. Die Ausstellungen
sollen mit der Identität des Hauses und seiner neuen Ausrichtung (Stichwort:
Lokalität) korrespondieren und sich dadurch von den populär zugeschnittenen und interdisziplinär aufbereiteten Ausstellungen im Humboldt Forum
und im Ephraim-Palais abgrenzen.
Eine erste Sonderausstellung, die Anfang 2017 eröffnet werden soll, befindet sich in der Planung. Für die interimistische Zeit und Nutzung der Räumlichkeiten liegen bereits Gestaltungspläne vor. Das polnische Gestaltungsbüro Ptasia30 hat Entwürfe vorgestellt, die respektvoll mit dem historischen
Museumsbau umgehen und ihn dennoch mit Lebendigkeit und visueller
Abwechslung ausstatten.
Im 1. Obergeschoss wird zukünftig die Geschichte Berlins in einem Rundgang
erzählt, der in der Großen Halle seinen Anfang hat: Bereits vor der Renovierung wird es eine Testversion einer kurzgefassten Berlin-Geschichte geben.
Diese Kurzfassung der Berlin-Geschichte wurde in einem Team-Prozess erarbeitet: 18 Mitarbeiter*innen diskutierten Ziel, Botschaft, Zielgruppen, Alleinstellungsmerkmale, Leitmotive, Erzähllinien und die inhaltliche Gliederung.
Der Rundgang wird für eine durchschnittlich 45- bis maximal 60-minütige
Verweildauer konzipiert. Die Besucher*innen haben danach die Möglichkeit
und Kapazität, weitere Angebote im Märkischen Museum wahrzunehmen.
Die Ausstellung wird chronologisch erzählt, das heißt von der Gründung bzw.
ersten Nennung Berlins bis zur Gegenwart. Sie wird inklusiv und barrierefrei
sein und in verschiedenen Sprachen, u.a. leichter Sprache und Blindenschrift,
präsentiert werden. Sie spricht diverse Zielgruppen an und soll Berliner*innen und Berlin-Besucher*innen dabei helfen, die Stadt Berlin zu lesen und
zu verstehen. Die Ausstellung erklärt kompetent, mit immer wieder neuen
Perspektiven und entlang aufregender Objekte die turbulente Geschichte der
heutigen Hauptstadt und international beliebten Metropole. Berlin ist eine
Baustelle, so der Arbeitstitel, steht dabei exemplarisch für das Berlin-Bild, das
vermittelt werden soll. Die Narrative, die diese Botschaft unterstützen, sind
Tradition und Fortschritt, Sozialgeschichte (Alltag, Arbeit, Bildung) und Politik.
Sie sind der rote Faden, der durch die Ausstellung führt.
Als Museums- und Architekturdenkmal und mit der Präsentation von Originalobjekten aus den eigenen reichhaltigen Sammlungen steht das Märkische
Museum für Authentizität. Es hat aufgrund seiner Ursprungshistorie und
-konzeption eine ganz individuelle Identität. Dies wird sich auch in der Kurzfassung der Berlin-Geschichte widerspiegeln, da sie nur mithilfe von Originalobjekten erzählt werden wird. Wichtige Objekte, die gezeigt werden, sind z.B.
die großflächigen Stadtmodelle Berlins, der Goldschatz aus dem Königsgrab
von Seddin, das Bildnis Walter Rathenau von Edvard Munch, der Quadriga-Pferdekopf vom Brandenburger Tor, die steinerne Grabplatte von Konrad
von Beelitz, Carl Eduard Biermanns Gemälde Borsig‘s Maschinenbauanstalt
zu Berlin, die Stadtbildfotografie oder das Gemälde Königin Luise als Hebe vor
dem Brandenburger Tor von Karl Wilhelm Wach.
Sonderausstellung
Sonderausstellungsfläche im Sockelgeschoss des Märkischen Museums
Die Chronologie der Berlin-Geschichte wird in Kapiteln erzählt. Sie orientieren sich an einschneidenden historischen und politischen Ereignissen, die in
der Ausstellung Momente genannt werden. Die folgenden Momente sind ein
erster Vorschlag; sie können im weiteren Verlauf konkretisiert und erweitert
werden:
28 –– 29
3. Märkisches Museum
1237
1307
1448
1648
1701/1710
1742
1806
1840
1848
1879
1896
1902
1918
1920
1933
1945
1961
1968
1989
2016
Stadtgründung/Ersterwähnung Berlins
Berlin und Cölln als Städteunion
Berliner Unwille
Beendigung des Dreißigjährigen Krieges, Westfälischer Friede
Königsresidenz: König in Preußen
Bau der Oper Knobelsdorff und des Centrum Friedericianums
Einmarsch Napoleons
Beginn der Industrialisierung: Feuerland, Borsig, Eisenbahnbau
März-Revolution
Elektropolis
Große Gewerbeausstellung im Treptower Park
U- und S-Bahn-Bau, Siemens
Novemberrevolution, Ende der Monarchie,
Anfang der Weimarer Republik
Groß-Berlin
Machtergreifung Hitlers
Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht /
Ende des Zweiten Weltkrieges
Mauerbau
Studentenrevolten
Mauerfall
Berlin heute
3.5 Themen / Sammlung
Präsentation der Sammlung und der historischen Hoffmann-Räume im
2. Obergeschoss
Im 2. Obergeschoss befinden sich drei historische Ausstellungsräume aus der
Erbauungszeit des Museums, von 1908: die Waffenhalle, der Innungs- und
Zunftsaal und die Gotische Kapelle mit Kreuzgang. Sie wurden in den Jahren
2001 bis 2004 nach Ludwig Hoffmanns Entwürfen rekonstruiert und bilden
ein historisches Ensemble. Sie sollen perspektivisch durch Informationen und
mediale Angebote für die Besucher*innen in ihrer Bedeutung erschlossen
werden.
Dieser nördliche Bauteil ist im 2. Obergeschoss mit dem südlichen Baukomplex über einen Emporengang verbunden. Der Gang ermöglicht von oben
freie Einblicke in die Große Halle und führt in den Vorraum zur Gotischen
Kapelle. Sie zeigt die Sammlung Sakralkunst. Die Konstruktion und das
Kreuzrippengewölbe des einschiffigen Raumes sind der um 1300 erbauten
Heilig-Geist-Kapelle (heute in der Spandauer Straße) nachempfunden. An
die Gotische Kapelle schließt ein Kreuzgang mit gotischem Maßwerk an
den Fenstern und historischer Verglasung aus dem 16. Jahrhundert an. An
die jahrhundertalte Tradition des Zunftwesens erinnert der zentrale, an der
Westseite platzierte Innungs- und Zunftsaal, den Hoffmann mit einer hohen
Wandvertäfelung und Holzdecke ausstattete und so den kleinteiligen Sammlungsobjekten wie Gewerkszeichen, Fahnen und Zunftladen den notwendigen inszenatorischen Rückhalt bot.
Vision
Vier Räume, neben den historischen Hoffmann’schen gelegen, sollen in
regelmäßig wechselndem Turnus neu bespielt werden. Diese Präsentationen
werden einen Einblick in den Reichtum der Sammlungen des Stadtmuseums Berlin geben. In ihrer Anmutung und Gestaltung können sie zwischen
Themenraum und Schaudepot changieren.
Sonderausstellung
Rundgang
Kurzfassung Berlin-Geschichte
Eingangsbereich
Kurzfassung der Berlin-Geschichte im 1. Obergeschoss
In temporären Ausstellungsmodulen sollen sich die 40 Sammlungsbereiche
abwechselnd mit ihren Highlights und Skurrilitäten vorstellen. In Schaudepots arrangiert, präsentiert sich die Geschichte des Friseurhandwerks ebenbürtig neben Porträtminiaturen der Hohenzollern. Modische Accessoires wie
mit Pfauen dekorierte Fächer erlauben Parallelen zur feinen Porzellanmalerei
der KPM. So verschieden die Sammlungsobjekte in Materialität und Zeit auch
sind, in ihrer Dichte und in ihrer Detailliertheit zeigen sie die Lebenswelten
in Berlin. Dazu zählen z.B. auch naturwissenschaftliche Präparate wie das
30 –– 31
3. Märkisches Museum
Neunauge, ein Fisch, der mindestens einmal wöchentlich auf den Tellern der
Berliner zu finden war, bis er durch die Spreeregulierung Ende des 19. Jahrhunderts ausgerottet wurde.
Industrie und Arbeit (Sammlung Alltagskultur)
Die wechselnden Ausstellungsmodule mit unterschiedlichen Themen und zu
verschiedenen Anlässen und Personen verstehen sich als Vertiefungsräume
zur Kurzfassung der Berlin-Geschichte im 1. Obergeschoss.
Friseurhandwerk (Friseursammlung)
Berlin amüsiert sich (Sammlung Automatophone und Musikalien)
Beispiel Bürger*innen machen Luxus
In etlichen Bereichen des Kunsthandwerks erreichte Berlin auch international
gesehen hohen Rang. Kennzeichnend für diesen Wirtschaftszweig ist, dass
einerseits viele Produktionsstätten von Zuwanderern betrieben wurden, die
im Rahmen der kurfürstlich-königlichen Peuplierungspolitik seit dem späten
17. Jahrhundert nach Berlin kamen. Anderseits unterlagen diese Handwerker
als Hoflieferanten oftmals nicht dem hergebrachten Zunftzwang.
In Objektgruppen kommen wechselnd folgende Schwerpunkte der Sammlung zur Geltung: Fayence, Porzellan, Silber, Glas, Eisenguss, Lackarbeiten und
Möbel.
Als weitere Themen für sammlungsbetonte Präsentationen bieten sich an:
Vermittlungsbereich
Foto-Kabinett mit wechselnden Fotoausstellungen aus der über eine Million
Vorlagen umfassenden Fotosammlung
Sammlungsbereich
Sammlungspräsentation und historische Hoffmann-Räume im 2. Obergeschoss
Das Meisterstück des Monats, das als einziges Stück im Raum umfassend
erschlossen wird (verschiedene Sammlungen)
Modestadt Berlin mit wechselndem Epochen- oder Themenschwerpunkten
(Sammlung Mode und Accessoires)
Miniaturwelten mit wechselnden Akzentuierungen, beispielsweise Krieg im
Kinderzimmer (Spielzeugsammlung)
Alles Theater (aus der Theatersammlung)
Verbrechen, Strafe und Kruzifix (Sammlung Gerichtsbarkeit und Sakralkunst)
Bildungswelten – Präsentation mit Lesekabinett (Sammlung Literatur, Kindheit und Jugend)
Glaube, Unglaube und Religion (Sakralkunst, Alltagskultur, Grafik, Gemälde)
3.6 Vermittlung
Die kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche hat einen besonders hohen
Stellenwert im Stadtmuseum Berlin, Schüler*innen sind eine wichtige Zielgruppe – so spiegelt es sich auch im Raumkonzept des Märkischen Museums.
Derzeit nehmen pro Jahr ca. 10.000 Schüler*innen (2015) an einem Vermitt
lungsangebot im Märkischen Museum teil, perspektivisch sollen mehr
Schulgruppen, Kinder und Jugendliche angesprochen und erreicht werden.
Die Vermittlung des Stadtmuseums Berlin arbeitet stark handlungsorientiert:
In Angeboten und Programmen wie Workshops oder dialogischen Führungen
werden die Teilnehmenden als Expert*innen einbezogen und zum aktiven
Mitmachen ermuntert. Ziel ist es also, das Museum als Forschungs- und
Gestaltungsraum zu öffnen, damit sich insbesondere junge Menschen das
Museum kritisch und selbstständig erschließen können.
3. Märkisches Museum
Die Diversität in der Stadt steht in der Zukunft noch mehr im Mittelpunkt.
In diesem Feld werden zahlreiche Projekte stattfinden, Kooperationen im
Bildungsbereich geschlossen und Kontakte wie auch Netzwerke mit unterschiedlichsten Partnern und Communities in der Stadt auf- und ausgebaut.
Um jedoch eine aktive Teilhabe und Öffnung für vielfältige Besuchergruppen
zu ermöglichen, muss die aktuell prekäre Raumsituation dringend gelöst
werden – im Märkischen Museum sind die Kapazitäten völlig ausgeschöpft.
Daher sieht das Konzept eine Doppelstrategie vor: zum einen soll es im Marinehaus Werkstatträume und Gruppenarbeitsräume geben (siehe Kapitel 4).
Zum anderen wird im 2. Obergeschoss des Märkischen Museums in einer
Raumfolge im Umgang um den kleinen Hof ein Bereich neu konzipiert, der
Möglichkeiten des forschenden Lernens mit Vertiefungsebenen sowie handlungsorientierten Stationen und Angeboten zur Selbsterschließung bietet.
In seiner Didaktik soll er besonders Kinder und Jugendliche ansprechen,
die im Klassenverband kommen und dort Raum finden, Themen kreativ in
Workshops zu vertiefen. An den Wochenenden und in den Ferien stellt dieser
Rundgang besonders für Familien ein interessantes Kultur- und Freizeitangebot dar.
Die Integration des Themenfelds Stadtgründung, Stadtentwicklung, Mittelalter bietet zudem sinnvolle inhaltliche Anknüpfungspunkte zu den historischen Räumen Ludwig Hoffmanns (Gotische Kapelle, Zunftsaal, Waffenhalle).
Ein noch größeres Gewicht wird die Vermittlung auf Programme legen, die
Menschen mit Migrationserfahrungen ansprechen. Die Integration des Themas Kindheit und Schule um 1900 bietet einen niedrigschwelligen Einstieg in
die Auseinandersetzung mit Geschichte. Auch Neuankömmlinge aus anderen
Ländern und Kulturen finden hier Möglichkeiten, sich einzubringen und zu
beteiligen. Bildungsfreiheit, Privileg und Chance, Geschlechterrollen, Kinderrechte u.a. – hier bieten sich Querschnittsthemen an, die dem Gedanken
eines zukunftsorientierten Museums Rechnung tragen, aus der Geschichte
und den überlieferten Objekten heraus die Gegenwart zu reflektieren.
32 –– 33
34 –– 35
4
Marinehaus
36 –– 37
Marinehaus
Name: Entscheidungsfindung Marinehaus vs.
Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park
Vision / Mission: Stadtlabor, Aktivitätenzentrum,
lebendiger Community- und Nachbarschaftsort,
starker Fokus auf Vermittlung (mit intensivem Bezug
auf die Inhalte des Märkischen Museums)
Zielgruppe: Berlin- und Kulturinteressierte,
Berliner*innen, Künstler*innen/Freie Szene,
Schüler*innen, Communities, Nachbarschaft
Service: Kreativlabor, Coworking-Space
4.1 Ausgangssituation
Das Marinehaus bezeichnet das dem Märkischen Museum gegenüberliegende ehemalige Corpshaus einer kaiserlichen Marineeinheit. Zu DDR-Zeiten
wurde das Gebäude durch Umbauten für eine Büronutzung stark in seiner
Substanz verändert. Seit der Wende steht es leer und ist aufgrund dessen
heute in seiner Bausubstanz äußerst marode. Bereits 2007/08 war es für die
erste Erweiterungsplanung des Märkischen Museums als Ausstellungsfläche
vorgesehen. Die schon konkretisierte Konzeption wurde 2012 gestoppt, da die
Planung als Ausstellungsfläche des Stadtmuseums Berlin nicht in dem benötigten Maße realisierbar war und die Mittel für den zweckdienlichen Umbau
nicht ausreichten.
Seit September 2015 stehen Mittel des Bundes und komplementär des Landes
Berlin zur Verfügung, um die Immobilie für eine ergänzende Nutzung zur
Erweiterung des Aktionsradius des Märkischen Museums zu sanieren. Da das
Stadtmuseum Berlin durch die Beteiligung des Landes Berlin bereits im Humboldt Forum eine weitere Ausstellungsfläche bespielt, ist eine Sonderausstellungsfläche im Marinehaus nicht vonnöten. Jedoch bietet die Raumsituation
im Märkischen Museum keine ausreichenden Entwicklungsmöglichkeiten
für die verschiedenen Formate der kulturellen Bildung und des Diskurses. Die
Kapazitäten sind bereits völlig ausgeschöpft.
Zusammen mit der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten und der BIM
Berliner Immobilienmanagement GmbH wird aktuell das inhaltliche Bedarfsprogramm für das Marinehaus erstellt. Dieses sieht, der Initiative Staatssekretär Tim Renners folgend, eine kooperative Nutzung von Freier Szene und Stadtmuseum Berlin für Ateliers, Vermittlungsräume, Coworking-Spaces, Stadtlabor,
Veranstaltungssaal usw. vor – eine neue Nutzung als Kreativquartier.
4.2 Vision und Produkte
Das Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park
Die Zielsetzung und der Leitgedanke ist eine Gesamtwahrnehmung und
Gesamtnutzung von Marinehaus und Märkischem Museum als Museumsund Kreativquartier am Köllnischen Park.
Das Marinehaus erhält eine ergänzende Funktion zum Märkischen Museum:
Während im Märkischen Museum das bestehende Raumangebot für die
Dauerausstellung zur Geschichte Berlins und vereinzelte Vertiefungs- und
Vermittlungsräume genutzt wird, befinden sich im Marinehaus Werkstätten,
Arbeitsräume für Kulturschaffende, Veranstaltungsräume, Präsentations- und
4. Marinehaus
38 –– 39
Kommunikationsflächen sowie ein erweitertes gastronomisches Angebot zu
den bestehenden Angeboten im Märkischen Museum.
für die Anrainer des Köllnischen Parks und in der Funktion des Caterings für
Veranstaltungen; Vollküchenausstattung, Betreiberkonzept auf Pacht-Basis
Entstehen soll ein offenes, diskursives, gegenwarts- und zukunftsorientiertes
Haus für interdisziplinäre und experimentelle Formate, dessen Werkstätten,
Studios und Coworking-Spaces sowohl von Kreativen als auch vom Stadtmuseum Berlin genutzt werden. Freie Künstler*innen und Kreative bekommen
die Möglichkeit, Studios und Werkstätten zu mieten; einige sollen unmittelbar in die Kulturelle Bildung und Vermittlung des Stadtmuseums Berlin
einbezogen werden. Dafür könnten sie Stipendien erhalten bzw. sich an
Projekten beteiligen. Auch sollen bekannte Kreative als Artists in Residence
oder als Residence-Paten gewonnen werden.
Berlin-Labor, im Erdgeschoss, mit Zugang zu Datenbanken und Bibliotheks
auswahl zur Stadtgeschichte und Stadtentwicklung, offen zur Foyerfläche
Im Kreativquartier soll an Fragen von gesellschaftlicher Relevanz gearbeitet
werden: transdisziplinär und in Vernetzung zu anderen Think-Tanks der Stadt.
Hier soll eine kreative Auseinandersetzung um die Themen der Stadtgesellschaft – wie Heterogenität, Stadtentwicklung und soziale Räume, Urbanität
und das Individuum, Herkunft und Integration, die Stadt Berlin selbst usw. –
stattfinden. In der Produktivität dieses Labors liegt der besondere Gewinn für
die Stadt Berlin.
Die benachbarte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung findet hier eine
willkommene Plattform für Bürgerforen und -beteiligungen. Sie ist ein
Partner neben der Community des Stadtmuseums Berlin sowie weiteren
Partnerschaften und Vernetzungen mit Kulturinstitutionen, Universitäten
und Kreativen. Ein derartiger integrativer Ansatz – die permanente Kooperation eines Stadtmuseums mit Kreativen verschiedener Disziplinen – kann
modellhaft für andere Stadtmuseen sein. Im Austausch mit anderen, auch
internationalen Metropolenmuseen, wird das Stadtmuseum Berlin die Bedingungen für das Gelingen dieses Modells entwickeln.
4.3. Ausstattung
Derzeit wird folgendes Bedarfs- und Funktionsprogramm entwickelt:
Ein offenes Haus: tägliche Öffnung 9–22 Uhr, barrierefrei
Foyerfläche als großzügiger offener Begegnungs- und Aktionsraum, mit
Präsentationsflächen, flexibel nutzbar für Bürgerversammlungen, Partizipationsprojekte, Kunstaktionen, Schülerpräsentationen usw.
Gastronomie, im Erdgeschoss, dem Märkischen Museums straßenseitig
zugewandt, offen zur Foyerfläche mit den Aktionsräumen, als Mittagstisch
Werkstatträume für die kulturelle Bildung, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss, als Arbeitsräume für Gruppen – Projektarbeit, Workshops, Kurse – mit
robuster Ausstattung, Wasseranschluss, Internet, Medientechnik
Studios für Künstler*innen und Kreative, im 1. und 2. Obergeschoss, Arbeitsräume für Künster*innen und Kreative aller Disziplinen, auch für Stadtaktivisten, Architekten, Konzept-Künstler*innen; interdisziplinär und multifunktional
nutzbar, keine Wohnateliers
Coworking-Spaces für Kreative und Gruppen, im 1. Obergeschoss und
2. Obergeschoss, Mischnutzung als Arbeits- und Präsentationsräume für
Kulturschaffende, Projekte und Präsentationen
Veranstaltungssaal, bis zu 200 Personen, im Dachgeschoss, möglichst mit
offenem Dachstuhl, Integration des noch vorhandenen Eisentraggerüsts,
großzügig und multifunktional für Veranstaltungen vielerlei Art, mit Präsen
tations-, Licht- und Tontechnik, auch für Theater nutzbar; inklusive Foyer,
Backstage und Garderoben sowie direktem Zugang vom Erdgeschoss für
Theaterbetrieb und Vermietungsveranstaltungen
Werkstattbühne Theater, im Dachgeschoss, Integration eines kleinen freien
Theaters in die Entwicklung des Kreativstandortes, mit entsprechender Licht,Ton- und Lüftungsausstattung
Proberaum Darstellende Kunst und ggf. Proberaum Musik zur Belebung des
Kreativstandortes
40 –– 41
5
Ephraim-Palais
42 –– 43
Ephraim-Palais
Name: Entscheidungsfindung Ephraim-Palais vs.
Museum Ephraim-Palais
Vision / Mission: große lebendige und populäre
Sonderausstellungen für ein breites Publikum zu
übergreifenden Themen der Berliner Alltagskultur
und des Berliner Lebensgefühls
Zielgruppe: Berliner*innen, Tourist*innen,
jüngere Besuchergruppen je nach Thema
Service: Entertainment
5.1 Ausgangssituation
Das am Rand des Nikolaiviertels gelegene, denkmalgeschützte Ephraim-
Palais ist ein in den 1980er Jahren rekonstruiertes Bürgerhaus des Rokoko.
Als solches ist es einmalig in Berlin. Der Name des Palais geht auf seinen
Erbauer Veitel Heine Ephraim zurück. Ephraim, Hofjuwelier und Münzpächter
von König Friedrich II., ließ das prächtige Stadtpalais von 1762 bis 1766 vom
Architekten Friedrich Wilhelm Diterichs errichten. Charakteristischstes Motiv
des Baus sind seine abgerundeten Ecken. Das Ephraim-Palais besitzt eines
der schönsten Treppenhäuser Berlins – in ovaler, elliptischer Form führen die
Treppen spiralförmig nach oben.
1936/37 musste das Palais der Erweiterung des Mühlendamms weichen. Die
Fassadenteile lagerten daraufhin im Berliner Bezirk Wedding. West-Berliner
Pläne, das Palais im Bezirk Kreuzberg wieder aufzubauen, scheiterten 1982.
Stattdessen gelangten die Spolien im Rahmen eines Ost-West-Kulturgüteraustauschs nach Ost-Berlin. Im Rahmen der Neugestaltung des Nikolaiviertels zur 750-Jahr-Feier Berlins wurde das Ephraim-Palais mit den erhaltenen
originalen Bauteilen als Museum wieder aufgebaut. Im Jahr 2011/12 fand
zuletzt eine Umbaumaßnahme statt, in deren Rahmen u.a. die Decken des
4. und 5. Obergeschosses statisch ertüchtigt und die betroffenen Räume
danach als Depot genutzt wurden.
Heute werden hier die großen Sonderausstellungen des Stadtmuseums Berlin zu Themen der Berliner Geschichte, Gesellschaft und Kunst gezeigt. Das
Palais wurde in den vergangenen Jahren in steigendem Maße besucht – trotz
der Tatsache, dass es keine Klimaanlage und -regulierung in den Räumlichkeiten gibt und dadurch viele Objekte und Leihgaben bislang nicht gezeigt
werden können.
5.2 Vision und Produkte
Das Ephraim-Palais soll sich als (klassische) Kunst- und Ausstellungshalle
etablieren und auf gleicher Augenhöhe wie z.B. der Martin-Gropius-Bau
wahrgenommen werden. Große Ausstellungen, die zuerst Berliner*innen,
aber auch Tourist*innen ansprechen und sich dem Berliner Lebensgefühl und
Berliner Alltagsthemen wie Sport, Ost- und West-Berlin, Vergnügen/Feiern,
Subkulturen, Wohnen/Leben oder Arbeit widmen sollen Stadtgespräch sein,
weil sie überraschen, weil sie zeitgemäß und aus der Gegenwart heraus
erzählen und weil sie in Gestaltung und medialer Aufbereitung den veränderten Seh- und Konsumgewohnheiten entsprechen.
5. Ephraim-Palais
Bis das Humboldt Forum und das Märkische Museum (wieder-)eröffnet
sind, wird das Ephraim-Palais weiterhin mit Sonderausstellungen bespielt.
Die nächsten großen Ausstellungsthemen werden Fußball, anlässlich des
125. Geburtstags von Hertha BSC, und Ost-Berlin sein.
Nach den Eröffnungen der beiden Häuser soll das Ephraim-Palais für eine
Renovierung und insbesondere den Einbau einer Klimaanlage schließen.
44 –– 45
46 –– 47
6
Nikolaikirche
48 –– 49
Nikolaikirche
Name: Museum Nikolaikirche
Vision / Mission: Ort für spektakuläre Kunst-
Installationen / Kunst als Besinnung, Geschichte
des Ortes, Ort der politischen Debatte
Zielgruppe: Tourist*innen, Berliner*innen
Service: Auf- und Ausbau der Inklusion, schneller
Überblick über vertiefende Themen an den
weiteren Standorten des Stadtmuseums Berlin
6.1 Ausgangssituation
Die Nikolaikirche prägt seit fast 800 Jahren das Nikolaiviertel: Einst als
Gotteshaus, heute als Museum der Kirchen-, Bau- und Stadtgeschichte.
Die aus Feldsteinen gemauerten Untergeschosse des Doppelturms gelten als die ältesten Räume Berlins, die heute noch erhalten sind. Seit 1939
nicht mehr kirchlich genutzt, zerstörten Bombenangriffe die Nikolaikirche
1944/45 fast vollständig. Bis 1980 blieb sie eine Ruine. Wie das Nikolaiviertel wurde auch die Nikolaikirche erst zur 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987
wieder aufgebaut. Mithilfe von Mitteln des Bauunterhalts des Landes Berlin
konnte die Stiftung Stadtmuseum Berlin das Gebäude von 2008 bis 2010
besucherfreundlich sanieren. Die Ausstattung wurde in großem Umfang mit
EFRE-Mitteln realisiert. Die Nikolaikirche zeigt heute die Dauerausstellung
Vom Stadtgrund bis zur Doppelspitze, die Einblicke in die Geschichte des
Bauwerks und des benachbarten Nikolaiviertels bietet. Veranstaltungen und
Konzerte, d
arunter ein wöchentliches Orgelspiel am Freitag, laden zu weiteren Besuchen ein.
Bis zur Sanierung im Jahr 2008 war der Besuch der Nikolaikirche kostenfrei,
die Besucherzahlen waren in dieser Zeit hoch (bis zu 400.000 Besucher*innenpro Jahr). Nach der Sanierung und Wiedereröffnung 2010 wurde ein Eintrittsgeld eingeführt, was sich unmittelbar auf die Besucherzahlen auswirkte.
Heutzutage wird sie in der touristischen Hochsaison in den Sommermonaten
nur noch befriedigend frequentiert, außerhalb der Saison sind die Besucherzahlen mäßig (2010 – 2015 ca. 60.000 Besucher*innen pro Jahr). Die Hauptbesucher*innen waren und sind touristische Gruppen, die im Rahmen einer
Stadtrundfahrt das Nikolaiviertel besuchen, sowie individuelle Kulturtourist*innen und (touristische) Passant*innen. Das Nikolaiviertel ist ein touristischer Hotspot – von der Berliner Bevölkerung wird das Quartier jedoch so gut
wie nicht wahrgenommen und/oder genutzt.
Anlass und Motivation, die Nikolaikirche zu besichtigen, sind zunächst das
Gebäude und der prächtige Kirchenraum selbst. Dies (kostenfrei) sehen zu
können, scheinen die Besucher*innen zu erwarten – bei Betreten der Kirche
werden sie diesbezüglich enttäuscht. Dass sie im Zusammenhang mit der
Besichtigung des historischen Ortes auch die interessante Dauerausstellung
kennenlernen könnten, scheint kein anziehendes Zusatzangebot mehr zu
sein. Bislang wird das Gesamtangebot des Museums Nikolaikirche weder
ausreichend erklärt noch attraktiv angekündigt. Zudem verhindert der
logistische Aufbau des Eingangsbereichs einen richtigen Besuch. Die heutige Besucherführung leitet die Besucher*innen durch das Vorportal an den
Anfang des Kirchenschiffs, von dem aus sie nahezu den gesamten Kirchenraum einsehen können. Dort erst begegnen sie der Kasse, die gleichzeitig
Museumsshop ist, und werden aufgefordert, ein Eintrittsticket zu erwerben.
6. Nikolaikirche
Die meisten Besucher*innen entscheiden daher vor der Kasse, dass sie bereits
genügend gesehen haben, und gehen zurück nach draußen.
6.2 Vision und Produkte
Die Nikolaikirche soll wieder ein Must See werden, eine wichtige kulturelle Adresse, deren Angebote weitreichend wahrgenommen werden – von
(Kultur-)Tourist*innen, aber auch von den Berliner*innen selbst. Um dies zu
erreichen, sind sowohl die inhaltliche Ausrichtung als auch die Logistik, insbesondere im Eingangsbereich, auf den Prüfstand zu stellen und zu verändern.
Der Eingangsbereich soll in naher Zukunft so umgebaut und umgestaltet
werden, dass der Kirchenraum nicht mehr (direkt) einsehbar ist. Eine große,
halbtransparente Eingangstür aus Milchglas zwischen Vorportal und Kirchenschiff könnte eine Lösung sein. Bevor die Besucher*innen diese passieren,
treffen sie im Vorportal (oder in einem der beiden Räume im Untergeschoss
der Türme) auf die Kasse. Hier werden sie so attraktiv über die Inhalte und
Angebote der Nikolaikirche informiert, dass sie ein Eintrittsticket erwerben.
Die Nikolaikirche braucht ein spannendes Programm mit Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Aktivitäten, das aufgrund seines innovativen Charakters Aufsehen und Aufmerksamkeit in Presse und Öffentlichkeit erregt.
Die Geschichte des Ortes wird weiterhin auf den Ausstellungsflächen der
Seitenschiffe erzählt.
Eine im wahrsten Sinne des Wortes zentrale Bedeutung und Rolle wird jedoch
dem Mittelschiff zukommen: Nach Räumung der Stühle, die bislang dauerhaft und zumeist ungenutzt dort stehen, sollen hier perspektivisch Ausstellungen und Installationen bekannter Künstler*innen präsentiert werden, die
sich vor allem an ein kunstinteressiertes und -affines Publikum wenden.
Vorbild für eine solche Bespielung eines Kirchenraumes ist die Alte Kirche
(Oude Kerk) in Amsterdam. Dort finden zweimal im Jahr spektakuläre Installationen von bekannten Künstler*innen statt, unter ihnen Walter de Maria,
Christian Boltanski, Janet Cardiff oder George Miller. An der Schnittstelle von
Kunst und Erbe werden die Künstler*innen beauftragt, ein spezielles künstlerisches Werk zu Themen wie Besinnung, Glaube, Rituale, oder auch Esoterik/
Spiritualität für die Oude Kerk zu entwickeln. Die Direktion der Oude Kerk ist
gerne bereit, ihre Erfahrungen mit dem Stadtmuseum Berlin zu teilen und
ggf. ein Programm in Partnerschaft für die Nikolaikirche zu entwickeln.
Es ist daher denkbar, dass mehrere Produktionen kooperativ von beiden
Einrichtungen für beide Orte entwickelt werden – und dadurch u.a. auch
die Kosten geteilt werden könnten.
50 –– 51
Neben der Entwicklung der Nikolaikirche zu einem Ort des besonderen
Kunsterlebens soll sie perspektivisch noch ein weiteres Thema besetzen:
Sie soll wieder ein aktives Zentrum für die Berliner Politik und die städtische
Gesellschaft sein. Die Nikolaikirche war nicht nur ein Ort des Glaubens und
eine Begräbnisstätte bedeutender Berliner Familien, sondern als Haupt- und
Ratskirche der Stadt auch ein Schauplatz bedeutender politischer Ereignisse.
So wurde im Jahr 1809 die erste Stadtverordnetensammlung hier vereidigt.
Kurz nach der deutschen Wiedervereinigung konstituierte sich 1991 an derselben Stelle das erste frei gewählte Gesamtberliner Abgeordnetenhaus.
Diese Relevanz soll sich im Programm abbilden. Mit Ausstellungen und vor
allem Veranstaltungen wird die symbolische Bedeutung des Gebäude wieder
zentraler platziert und politische Diskussionen um Themen wie Stadtentwicklung, Kultur und Kunst am historischen Ort angeschoben.
52 –– 53
7
Knoblauchhaus
54 –– 55
Knoblauchhaus
7.1 Ausgangssituation
Das Knoblauchhaus erzeugt durch das historische Gebäude und die rekons
truierten Wohnräume mit historischem Mobiliar einen Eindruck von Authentizität. Nirgendwo sonst in Berlin lässt sich die bürgerliche Wohnkultur des
19. Jahrhunderts am Originalschauplatz nacherleben.
Name: Entscheidungsfindung Museum Knoblauchhaus vs. Biedermeiermuseum im Knoblauchhaus
Vision / Mission: Ort der Umbruchszeit 1800 – 1850
(Biedermeier ungezügelt, Industrialisierung,
Anfänge der Weltstadt Berlin)
Zielgruppe: Tourist*innen, Berliner*innen,
Special-Interest-Gruppen
Service: Informationen über die Schlüsselfunktion
Berlins in Zeiten der Industrialisierung
Das Haus wurde 1761 erbaut und befand sich 170 Jahre lang im Besitz der
Seidenhändlerfamilie Knoblauch. Das seit 1929 der Stadt gehörende Gebäude
wurde zur 750-Jahr-Feier Berlins rekonstruiert und 1989 eröffnet. Die derzeitige Dauerausstellung Berliner Leben im Biedermeier stammt von 2006.
Das Gebäude befindet sich im Zentrum des Nikolaiviertels, ist auf Grund
seiner kompakten Bürgerhausfassade aber kaum als Museumsstandort
wahrnehmbar. Über das Treppenhaus gelangen die Besucher*innen in die
im 1. und 2. Obergeschoss liegenden Ausstellungsräume. Acht dieser Zimmer
sind in einer nachempfindenden Rekonstruktion im Stil des Biedermeier
eingerichtet. Fünf weitere Räume haben informativen Charakter: Texte und
Grafiken geben Aufschluss über die Familie Knoblauch und einzelne Aspekte des damaligen Lebens. Im Erdgeschoss befindet sich ein Museumsshop.
Weitere, danebenliegende Räume stehen derzeit leer.
Das Museum verzeichnet jährlich etwa 22.000 Besucher*innen, darunter
zahlreiche Tourist*innen. Der Bekanntheitsgrad des Hauses unter Berliner*innen ist relativ gering.
7.2 Vision und Produkte
Das Knoblauchhaus hat das Potenzial, ein Bindeglied zwischen dem Stadtmuseum Berlin und dem Humboldt Forum zu werden. Dabei bilden die
rekonstruierten Wohnräume des Hauses den Nukleus für eine kritische Betrachtung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – jener Zeit also, in der
die Grundlagen gelegt wurden sowohl für die moderne Bürgergesellschaft
als auch für den rasanten Aufstieg der Stadt Berlin. Doch ist eine Schärfung
der Ausstellungsinhalte unumgänglich: Denn am Beispiel der früheren Besitzer, der Kaufmanns- und Industriellenfamilie Knoblauch, lässt sich die Zeit
zwischen 1800 und 1850 als Umbruchszeit darstellen – wie und warum kam
es gerade in Berlin zu dieser enormen urbanen Entwicklung, wer war daran
beteiligt und was hat dieser Zeitabschnitt mit unserer Gegenwart zu tun?
Die Besucher*innen erleben im Knoblauchhaus die Anfänge der Weltmetropole Berlin.
7. Knoblauchhaus
Bürger*innen machen Berlin! Ziel ist es, die Biedermeierzeit als Vorstufe
einer modernen Bürgergesellschaft zu präsentieren. Am konkreten Beispiel
der Familie Knoblauch können die Besucher*innen das Funktionieren einer
bürgerlichen Gesellschaft von Machern nachvollziehen – war doch der
Textilfabrikant und Kommunalpolitiker Carl Knoblauch mit den Humboldt-Brüdern ebenso befreundet wie mit dem Architekten Schinkel, dem
Philosophen Schleiermacher oder – in transatlantischer Verbindung – m
it
Francis Lieber, dem Regierungsberater Abraham Lincolns.
Neben dem Einblick in den lebensweltlichen Wertehimmel des Berliner
Bürgertums besitzen das Take-Off der preußischen Industrialisierung, die
politischen Emanzipationsbestrebungen des Bürgertums (gerade in Hinsicht
auf die Revolution von 1848), die Ungleichheiten der Klassen und sozialen
Schichten sowie die Genderproblematik eine besondere Relevanz.
Zudem kann das Knoblauchhaus ein lebendiges Museum werden. Denn über
die eher kontemplative Aneignung des biedermeierlichen Wohntrakts hinaus
wird die Besucherpartizipation befördert, um besonders Familien und Studierende mit attraktiven Angeboten an das Haus zu binden. Zielgruppen sind
Tourist*innen und ( junge) Berliner*innen, idealerweise Besucher*innen des
Humboldt Forums. Eigene Forschungsprojekte sollen das wissenschaftliche
Profil des Hauses stärken.
Produkte
Künftig soll der Bereich der rekonstruierten Wohnräume stärker als bisher
von der einleitenden, informativen Ausstellung separiert werden. Der Einrichtungsstil Biedermeier wird damit als konstituierendes Element der bürgerlichen Lebenskultur deutlicher erfahrbar. Zur Profilschärfung der Interieurs
trägt die kritische Hinterfragung unserer heutigen Biedermeier-Vorstellungen bei: Kompetent vorgetragene Eingriffe zeigen, dass die damalige Zeit
vielfältigen Lebensentwürfen, einer avantgardistischen Ästhetik und konträren politischen Anschauungen durchaus Raum ließ – Konservatismus und
Moderne schlossen sich keineswegs aus.
Die Ausstellungsräume mit informativem Charakter bedürfen dagegen einer
grundsätzlichen Überarbeitung, inhaltlich wie gestalterisch. Hier gilt es den
Bogen zu spannen vom konkreten Beispiel der früheren Eigentümerfamilie
Knoblauch zur urbanen Entwicklung der Stadt Berlin – ausgehend von den
Innovationen jener Zeit und zielend auf die Darstellung eines aktiven Bürgerengagements, das in der Industrialisierung und im Status der Weltstadt
kulminiert.
Zur Attraktivitätssteigerung tragen künftig Spitzenwerke der bildenden
Kunst aus den Sammlungen des Stadtmuseums Berlin bei, darunter
56 –– 57
Skulpturen der Bildhauer Johann Heinrich Dannecker, Johann Gottfried
Schadow und Christian Daniel Rauch.
Noch offen ist die Nutzung der Erdgeschossräume. Möglich ist die Einrich
tung als Veranstaltungsort. Dies käme der Intention eines lebendigen
Museums entgegen. Auch ein Teil der Ausstellung könnte hier untergebracht
werden. Das Haus muss sich weiter nach außen öffnen.
Für das Wahrnehmen der Angebote im Knoblauchhaus wird zukünftig ein
bescheidender Eintrittspreis erbeten.
58 –– 59
8
Museumsdorf Düppel
60 –– 61
Museumsdorf Düppel
Name: Museumsdorf Düppel
Vision / Mission: Mensch und Umwelt von der Frühgeschichte bis ins Mittelalter, Nachhaltigkeit,
Zentrum für Experimentelle Archäologie
Zielgruppe: Familien und Kinder, Berliner*innen
Service: Events und Familienfeste, Auf- und Ausbau
der Inklusion und Partizipation, nachhaltige
Museumsarbeit
8.1 Ausgangssituation
Das Museumsdorf Düppel wurde 1975 durch den Fördererverein Museumsdorf Düppel e.V. gegründet. Anliegen war es, die im Rahmen eines DFG-
Projekts ergrabenen Hausgrundrisse als Modelle wieder aufzubauen, um die
archäologischen Forschungsergebnisse auf anschauliche Weise zu vermitteln.
Mithilfe der Experimentellen Archäologie wurden die Häuser rekonstruiert
und außerdem die lebendige Darstellung mittelalterlicher Handwerkskunst
erarbeitet. Durch diese, zum Teil wissenschaftliche Herangehensweise, hat
sich das Museumsdorf Düppel einen Ruf als Zentrum für Experimentelle
Archäologie erworben. Gärten, Wiesen und verschiedene Waldarten sowie
teilweise vor Ort rückgezüchtete alte Tierrassen vervollkommnen das Modell
einer 800 Jahre alten Kulturlandschaft.
Bauliche Substanz und Infrastruktur des Verwaltungs-/Servicebereichs
Der Servicebereich für Besucher*innen sowie Räumlichkeiten für Mitarbeiter
*innen und aktive Mitglieder – Büros, Besprechungs- und Vereinsräume und
die sanitären Anlagen – sind in über 20 Jahre alten, als Übergangslösung
weiter genutzten Baucontainern untergebracht. Es fehlt ein wetterfester, an
die Gastronomie angebundener Aufenthaltsbereich für Besucher*innen. Auch
für Vorträge und Mitgliederversammlungen muss bislang immer auf externe
Räumlichkeiten zurückgegriffen werden.
Aufgabenbereiche Mitarbeiter*innen/Ehrenamt
Zurzeit verwaltet der Fördererkreis des Museumsdorfs Düppel e.V. die tägliche Arbeit im Museumsdorf. Über den Verein angestellte Mitarbeiter*innen
decken die Koordination, Buchhaltung, Veranstaltungen, Mitarbeiterbetreuung, Verwaltung, Presse, Marketing (1 Person), Tierhaltung, Archäotechnik
(2 Personen) und Hausmeisterarbeiten, Tischlerei, Technik (1 Person) ab.
Inhaltlich wird der Vorstand seit März 2015 von einer wissenschaftlichen
Volontärin unterstützt. Ehrenamtliche Mitglieder betreuen die historischen
Häuser und halten sich im Dorf während der Besucherzeiten auf. Schulführungen werden ebenfalls von ehrenamtlichen Mitgliedern durchgeführt.
Die Bezahlung der Kassenkräfte und Aufsichten während der Saison erfolgt
auf Stundenbasis.
Bisherige Entwicklungen und Erfolge
Während der vergangenen Jahre hat es bereits einige Veränderungen und Erfolge im Museumsdorf Düppel gegeben. Eine allgemeine Verschönerung der
Container und des Geländes, neue Informationsträger und Schilder, familiengerechtere Veranstaltungen und neue Marketing- und Kommunikationsprodukte waren erfolgreich. Am deutlichsten lassen sich diese Erfolge an den steigenden Besucherzahlen ablesen: Waren es 2013 noch 20.000 Besucher*innen
im Jahr, kamen 2015 knapp 40.000 Besucher*innen ins Museumsdorf Düppel.
8. Museumsdorf Düppel
Das Stadtmuseum Berlin verfolgt die Aktivitäten des Fördererkreises
Museumsdorf Düppel mit großem Interesse. Es unterstützt dessen Arbeit
kontinuierlich durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und durch gezielte
Marketingmaßnahmen, aber auch durch personelle Ressourcen in Form eines
wissenschaftlichen Volontariats. Die Volontärin bzw. der Volontär verantwortet Aufgabenbereiche wie die museale Arbeit, Experimentelle Archäologie,
Museumspädagogik, Veranstaltungen und Kommunikation.
8.2 Vision
Für das Stadtmuseum Berlin hat das Museumsdorf Düppel das Potenzial,
ein Ort der Zukunft zu werden. Mit ihm lassen sich Trends verknüpfen, die,
insbesondere im Alltagsleben einer Großstadt, eine immer größere Rolle
spielen werden: Ökologie, ein Bewusstsein für Ressourcen, Nachhaltigkeit in
allen Lebensbereichen, Entschleunigung, Sinnstiftung (die Suche nach etwas
Echtem), aktive Teilhabe, ehrenamtliches Engagement und kollektives Agieren
in einer Gemeinschaft seien nur beispielhaft genannt. Düppel – eine grüne
Oase in der Stadt, die Erholung und eine (aktive) Auszeit im urbanen Raum
bietet, die zum Mitmachen einlädt und als Ort nachhaltiger Museumsarbeit
ein ganzheitliches Erleben und Lernen mit allen Sinnen ermöglicht.
Daraus lassen sich folgende Kernbotschaften und Funktionen für eine
Zukunft des Museumsdorfs Düppel ableiten:
Aus der Geschichte für die Zukunft lernen / Wissen über Mensch und Umwelt
in Vorgeschichte und Mittelalter vermitteln
Die lebendige Vermittlung des Alltags im Mittelalter, Geschichte zum Anfassen und Mitmachen, die dadurch erlebte Wertigkeit von Materialien und
Nahrungsmitteln, Symbiosen von Ökologie und Nachhaltigkeit, machen das
Museumsdorf zu einem Ort, an dem gleichermaßen etwas über die Vergangenheit gelernt und die Zukunft mitgestaltet werden kann.
Das Museumsdorf als Ort der Nachhaltigkeit erfahren
Die Besucher*innen sollen für einen achtsameren Umgang mit den endlichen
Ressourcen unserer Erde sensibilisiert und das gesamte Museumsdorf Düppel
als ein Ort der Nachhaltigkeit gedacht werden.
Nonverbale Kulturtechniken bewahren und weitergeben
Andere Museen sammeln Objekte und Kunst, das Museumsdorf Düppel
sammelt und bewahrt alte Techniken und Materialkunde. Dieses nonverbale
Wissen über hergebrachte Handwerke kann nur durch direkte Weitergabe
und Übung erhalten bleiben.
62 –– 63
Wertvolles grünes Naherholungsgebiet für eine sich verdichtende
Hauptstadt
Die Bedeutung des Museumsdorfs Düppel reicht weit über den Bezirk
Steglitz-Zehlendorf hinaus. Schulklassen und Familien kommen bereits
jetzt aus ganz Berlin. Der Erhalt und Ausbau grüner Naherholungsgebiete
bekommt in Zukunft eine immer größere Bedeutung, gerade weil Berlin
verstärkt wachsen wird.
Freilichtlabor für Forschung und Wissenschaft
Das Museumsdorf Düppel möchte seinen Ruf als internationales Zentrum
für Experimentelle Archäologie weiter ausbauen. Es möchte dazu neue
Forschungsbereiche wie die Erforschung traditioneller Rohstoffe für die
Zukunft einbeziehen und als Freilichtlabor für die Berliner Hochschullandschaft fungieren.
Gesellschaftliche Verantwortung
Das Museumsdorf Düppel soll sich als inklusiver Museums- und Begegnungsort entwickeln, in dem sich alle Zielgruppen angesprochen fühlen. Als Freilichtmuseum hat es die große Chance, auch Besucher*innen anzusprechen,
die eher unregelmäßig oder gar nicht traditionelle Museen besuchen.
Stärkung des Bürgerengagements durch ehrenamtliche Mitarbeit
Schon die Gründung des Museumsdorfs beruht auf einem außerordentlichem Bürgerengagement. So sind es die ehrenamtlichen Mitglieder des
Fördererkreises Museumsdorf Düppel, die das Museumsdorf aufgebaut und
betrieben haben. Die Zukunft des Museumsdorfs kann nicht ohne dieses
ehrenamtliche Engagement gedacht werden.
Kurz- und mittelfristige Lösungen / Änderungen durch bauliche Maßnahmen
und bessere Infrastruktur
Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur sowie der Aufenthalts- und
Servicequalität sind für die laufende Saison 2016 oder zu Saisonbeginn 2017
geplant. Für die Unterbringung von Kasse, Seminar- und Ausstellungsraum,
Shop und Büros bedarf es einer mittelfristigen Lösung.
64 –– 65
9
Humboldt Forum
66 –– 67
Humboldt Forum
Name: Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum
(Berlin und die Welt)
Vision / Mission: Berlin und die Welt im Blick von
heute, Brücke zwischen der Berlin-Ausstellung und
den Präsentationen des Ethnologischen Museums
und des Museums für Asiatische Kunst
Zielgruppe: Tourist*innen, Berliner*innen
Service: Schneller Einstieg in die Themenvielfalt der
Berliner Stadtgeschichte in ihrer globalen Dimension
Auf der Beletage im Humboldt Forum wird künftig eine Ausstellung gezeigt,
die den Verflechtungen zwischen Berlin und der Welt gewidmet ist. D
ie
Ausstellung orientiert sich am weltweiten Transfer von Menschen, Dingen
und Ideen von und nach Berlin und erkundet diese Austauschbeziehungen
in gegenwartsorientierter Perspektive, mit Rückgriffen in die Geschichte
und Fragestellungen an die Zukunft. Sie versteht sich als Einladung an die
Besucher*innen, die Stadt mit ihren geschichtlichen, sozialen und kulturellen
Brüchen und im vielfältigen Mit- und Nebeneinander kennenzulernen.
Berlin steht dabei Pars pro Toto für die Vielfältigkeit von Metropolen und ihre
komplexen dynamischen Beziehungen mit der Welt. Die Ausstellung gliedert
sich inhaltlich in neun Aspekte, die sich der globalen Verknüpfung Berlins aus
unterschiedlicher Perspektive nähern. Sie greifen für Berlin Typisches auf, das
sich auch in anderen Metropolen finden lässt und so exemplarischen Charakter hat. Die Ausstellung soll ein sozialer und interaktiver Ort für Berliner*innen
und Berlin-Besucher*innen gleichermaßen sein – eine Contact Zone, in der
Geschichte und Gegenwart sowie vielfältige Akteur*innen aufeinandertreffen
und an der Schaffung und Repräsentation von kulturellem Erbe beteiligt sind.
Die Ausstellung stellt materielle wie digitale Verbindungen mit dem Stadtraum, aber auch mit Orten über die Grenzen Berlins hinaus her.
Sie wird unter Berücksichtigung und in Ergänzung des kulturellen Angebots
im Humboldt Forum und der reichen und vielfältigen Museums- und Kulturlandschaft der Stadt entwickelt.
Die Berlin-Ausstellung im zukünftigen Humboldt Forum entsteht als Koproduktion der Kulturprojekte Berlin GmbH und des Stadtmuseums Berlin. Für
die thematische, inhaltliche und gestalterische Konzeption der Ausstellung
zeichnet Paul Spies in seiner Eigenschaft als Chef-Kurator des Landes Berlin im
Humboldt Forum und als Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin verantwortlich. Die Gesamtprojektleitung und Realisierung der Ausstellung sowie
die Kommunikation und Vermittlung verantwortet Kulturprojekte Berlin. Ein
Kooperationsvertrag, der das Innenverhältnis zwischen Kulturprojekte Berlin
und dem Stadtmuseum Berlin sowie den Übergang der Trägerschaft auf das
Stadtmuseum Berlin nach der Eröffnung im Jahr 2019 regelt, befindet sich
in Vorbereitung.
(Weiteres siehe Konzept der Ausstellung des Landes Berlin im Humboldt
Forum)
68 –– 69
10
Die Zukunft der
Arbeitsbereiche des
Stadtmuseums
Berlin
10.1 Forum: Vermittlung und Partizipation
Stadtmuseen sind das kulturelle Gedächtnis der Städte. Das Stadtmuseum
des 21. Jahrhunderts ist jedoch nicht nur der Sachverwalter der Vergangenheit, sondern muss auch ein Ort der Auseinandersetzung mit Gegenwart und
Zukunft sein. Erst im Brückenschlag von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft löst es seinen gesellschaftlichen Auftrag ein und ist eine
Institution von Relevanz mit Bedeutung für die Gesellschaft. Museen sind
Orte des Denkens und der Reflexion. Das löst das Stadtmuseum Berlin im
Forum ein.
Eine außerordentlich wichtige Zielgruppe der Vermittlung im Stadtmuseum
Berlin sind Kinder und Jugendliche. Die spezielle Ausgestaltung des
2. Obergeschosses im Märkischen Museum (siehe Kapitel 3.6 ) wie auch die
Werkstattflächen für kreatives Arbeiten im Marinehaus (siehe Kapitel 4.2
und 4.3) ermöglichen es in Zukunft, zusammen mit Künstler*innen und
Kreativen noch experimenteller Projekte der kulturellen Bildung umzusetzen und die Lebenswelt junger Menschen stärker miteinzubeziehen. Mit der
Frage Was geht mich Geschichte an? forschen Jugendliche zu Themen, die in
ihrer Alltagswelt eine Rolle spielen und entdecken die Relevanz der Geschichte
und der Institution Museum. Noch bedeutender als bisher werden hier die
Schulpartnerschaften mit Langzeitprojekten für Jugendliche, die eine außerordentlich hohe Wirksamkeit aufweisen, insbesondere bei Jugendlichen mit
Migrationshintergrund. Alle Schüler-Angebote werden am Rahmenlehrplan
ausgerichtet, sind altersgerecht differenziert, handlungsorientiert und praktisch-künstlerisch.
Wertevermittlung und -reflexion, nicht historisches Faktenwissen, steht im
Vordergrund der kulturellen Bildung und Vermittlung des Stadtmuseums
Berlin. Das gilt für alle Standorte. So sind im Knoblauchhaus vor der Folie des
Biedermeiers das Familienbild und familiäre Rollenmuster die Diskussionsthemen. In der Nikolaikirche stehen Glauben, Tod und Begräbnis im Zentrum
und regen zum interkulturellen Dialog über die Glaubensvielfalt in Berlin an.
Die Besucher*innen jenseits ihrer intellektuellen Vorbildung individuell anzusprechen und anzuregen, ist das Ziel.
Die Willkommenskultur ist gerade für ein Stadtmuseum ein besonderes
Anliegen. Ein noch größeres Gewicht wird die Bildung und Vermittlung daher
auf Programme legen, die Menschen mit Migrationserfahrungen ansprechen,
ihnen einen adäquaten Zugang bieten und Teilhabe ermöglichen. Globales
Lernen – die Berücksichtigung vielfältiger Sichtweisen bei der Darstellung der
Geschichte Berlins – wird in Zukunft als Vermittlungsmodul gestärkt werden.
Themen wie Metropolen im Vergleich, Migration, Vertrautheit und Fremdes,
Geschlechterrollen, Handel usw. erfahren mit dem Blick von außen eine
70 –– 71
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
Bereicherung und tragen der Diversität der Berliner Gesellschaft Rechnung.
Ebenso sollen Besucher*innen mit geringer Bildungsaffinität oder fehlenden
Erfahrungen mit Museeen und anderen kulturellen Einrichtungen einen niederschwelligen und für sie attraktiven Zugang zum Stadtmuseum Berlin und
zur Institution Museum erhalten. Zu verfolgen ist auch der Aspekt Inklusion:
Die Nikolaikirche soll als erstes Haus des Stadtmuseums Berlin für Blinde und
für sehschwache Personen ausgestattet werden, um den Betroffenen einen
eigenständigen Besuch zu ermöglichen. Auch für das Märkische Museum ist
dies ein wichtiger Punkt auf der Agenda.
Ein unterhaltsames und abwechslungsreiches Programm an Führungen,
Publikums- und Begleitveranstaltungen zu Ausstellungen – Podiumsdiskussionen, Kolloquien, Vorträge, Lesungen, Konzerte u.a. – wird weiterhin ein
wichtiger Teil der Vermittlung und Partizipation im Stadtmuseum Berlin sein.
Die Orientierung an den Interessen der Besucher*innen ist maßgebend. Das
Stadtmuseum Berlin mit seinen Häusern soll eine offene und anregende
Institution sein und als solche wahrgenommen werden.
Von großer Bedeutung sind dabei Kooperationen mit anderen Kulturinstitutionen und -initiativen sowie den Universitäten. Die Vernetzung wird intensiv
weiterverfolgt zugunsten von Synergien und der Bereicherung der Berliner
Kultur- und Wissenschaftslandschaft. Das gilt besonders für Fachtagungen
und das Engagement in den wissenschaftlichen Netzwerken zu Themen
der Sammlungen und der Stadtgeschichte, zukünftig auch zu Fragen der
Stadtentwicklung, der Metropolen und zu internationalen Perspektiven. Das
Stadtmuseum Berlin kann und will sich mit seinen Kompetenzen in diese
aktuelle Debatte einbringen. Das Forum des Stadtmuseums Berlin bietet eine
Plattform für Austausch und Diskurs. Es wird ein Treffpunkt für die verschiedensten Communities und Gruppen, das nicht nur Besucher*innen, sondern
vor allem Nutzer*innen hat.
Vision vom Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park: Ihr liegt
die Vorstellung eines Stadtmuseums neuen Typs zugrunde – ein offenes
Haus, das die Bewohner*innen der Stadt teilhaben lässt und ihnen Raum für
Diskussionen, Präsentationen und Ausstellungsexperimente bietet; ein Stadtmuseum des Diskurses, das Gelegenheit für die Auseinandersetzung mit den
verschiedensten Fragen der Stadt des 21. Jahrhunderts und ihrer Entwicklung
gibt – ob in Diskussionsforen, Bürgerwerkstätten oder anderen Initiativen.
Auch die Sonderausstellungsprojekte werden Möglichkeiten und Formen der
Beteiligung anbieten. Was ist die Meinung des Einzelnen, was hat er oder
sie an Wissen und Sachverstand hinzuzufügen? Was ist die Konsequenz für
uns heute, was ist aus der Geschichte zu lernen? Ob mit einem Foto-Aufruf
(wie bei der Ausstellung West:Berlin), mit Erzähl-Salons, Online-Geschichten
oder Voting-Aktionen – das Forum wird die Aktualität der Themen für den
Einzelnen und die Stadt-Bewohner*innen herausarbeiten und Diskussionen
anregen: in den Museumsräumen oder über das Internet. Partizipation heißt
Teilhabe. Diese einzulösen bedeutet, den Wert der Institution Museum und
ihre Relevanz und Bedeutung für die heutige Gesellschaft spürbar zu machen.
10.2 Sammlung
Ausgangssituation
Ihren Ursprung hat die Sammlung des Stadtmuseums Berlin in einer Zeit,
in der weniger planmäßig als vielmehr enzyklopädisch gesammelt wurde.
Gegenstände unterschiedlichen Charakters vom Alltäglichen bis hin zu singulären Kunstwerken dokumentieren so Epochen, lassen in ihrer zeitlichen
Parallelität gesellschaftliche Phänomene aufscheinen. Das Stadtmuseum
Berlin sammelt und bewahrt seit dem 19. Jahrhundert solche Zeugnisse.
Begonnen wurde damit im Gründungsjahr des Märkischen Museums 1874.
Damals standen Fundstücke aus prähistorischer Zeit, von Zünften und
Gewerken, der Rechtspflege, der Fischerei- und Landwirtschaft, Naturkunde,
Volkskunde und zur Geschichte Berlins und der Mark, ferner mittelalterliche
Skulpturen aus Kirchen, Münzen, Medaillen, Bilder, Karten, Pläne und Urkunden der Stadt im Mittelpunkt. Auch bauliche Überreste von abgebrochenen
Wohn- und Geschäftshäusern und öffentlichen Gebäuden wurden in die
Sammlung aufgenommen, befand sich Berlin doch seit der Reichsgründung
1871 in ständiger baulicher Veränderung – einem Aufbau, dem stetig der
Abriss vorausging. Fotografen hielten die Veränderungen im Auftrag des
Museums mit dem neuen Medium der Fotografie fest und legten damit den
Grundstein für die Fotografische Sammlung. Bauspolien, als steinerne Zeugen eines untergegangenen alten Berlins, wurden als Erinnerungsstücke
1908 im Neubau des Märkischen Museums eingebaut.
Die ersten Sammlungen waren unterteilt in die Rubriken Naturgeschichtliche
Abteilung A I bis III und Kulturgeschichtliche Abteilung B II bis XVII. In fast allen
Bereichen handelte es sich um Schenkungen von Privatpersonen oder Zuweisungen des Magistrats, der das Museum als Gedächtnis der Stadt verstand.
Heute sind es gerade diese Objekte, die Stadtgeschichte am anschaulichsten
erzählen.
Seit 2011 sind mit dem Bezug des zentralen Funktions- und Depotgebäudes die
heutigen räumlichen und organisatorischen Strukturen erreicht. Bis auf den
Bereich Grafik sind alle Sammlungen dort untergebracht.
72 –– 73
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Personalbestand im Sammlungsbereich durch altersbedingtes Ausscheiden stark verringert. Durch
interne Versetzungen ist es gelungen, z.B. bei der Gemäldesammlung,
die besonders stark durch Leihanfragen frequentiert ist, den personellen
Notstand aufzufangen.
Die Sammlung verzeichnete im Jahr 2015 insgesamt 1.100 Schenkungen in
verschieden Bestandsgruppen. Diese Zugangszahl entspricht den üblichen
Jahreszuwächsen. Durch die Berliner Künstlerförderung wurde der Ankauf
von zeitgenössischer Kunst für die Fotografische und Grafische Sammlung
im Gesamtwert von 85.000 Euro ermöglicht.
Die digitale Inventarisierung in das Datenbanksystem Daphne, an dessen
permanenter inhaltlicher Weiterentwicklung die Stiftung Stadtmuseum
Berlin beteiligt ist, verläuft kontinuierlich – wobei angesichts der großen
Menge an Sammlungsobjekten noch auf Jahre hin umfangreiche Leistungen
zu erbringen sein werden. Aktuell sind in der Datenbank 235.000 Datensätze
eingetragen, von denen knapp 20.000 Objekte online recherchierbar sind.
Mit Stand 2016 sind im Stadtmuseum Berlin damit etwa 10% der vorhandenen Objekte in der Datenbank Daphne verzeichnet.
Im Jahresschnitt betreut die Sammlung des Stadtmuseums Berlin rund 80
Leihvorgänge. Jeder Leihvorgang umfasst mehrere Positionen, bedeutet
für jedes angefragte Objekt das Erstellen eines Exponatpasses und häufig
zusätzliche konservatorische Sicherungsmaßnahmen sowie eine sorgfältige
Logistik und gekonntes Art-Handling. Für diese komplexen Aufgaben stehen
eine Registrarin, eine Mitarbeiterin für den Leihverkehr, zwei Depotwarte
sowie fünf feste Restauratorinnen zur Verfügung.
Insgesamt sind rund 45% der Sammlungsobjekte in ausstellungsfähigem
Zustand. Die übrigen Objekte werden derzeit anlassbezogen restauriert.
Zukünftig wird für jede Sammlung ein Maßnahmenplan zur Konservierung
und Restaurierung erstellt (siehe auch Kapitel 10.2.2).
Vision
Nicht nur der Umfang der Sammlungen ist gewachsen, auch der
ursprüngliche Sammlungsauftrag hat sich erweitert. So gilt es, neue
Aspekte der Stadtgeschichte zu beobachten und Objekte zu Themen wie
Migration, Arbeitswelt, Architektur, Wirtschafts- und Sozialgeschichte zu
sammeln. Nicht jedes dieser Themen begründet notwendigerweise eine
eigene Sammlung. Oft kann das neue Thema basierend auf Vorhandenem ausgebaut werden. Die Erweiterung bedeutet auch, nachhaltig das
Der elektronische Objekterfassungsstand verteilt sich aktuell wie folgt:
Sammlung
Anzahl der Objekte
Davon elektronisch erfasst
Alltagskultur
13.858
12%
Archäologie
6.000
7%
Eisensammlung
1.400
85%
Dokumentensammlung
100.000
25%
Fotosammlung (Negative, Positive, Dias)
1.047.000
4%
Friseursammlung
12.000
3%
Geologie
2.300
50%
Gemälde
2.800
95%
Glas, Metalle, Schmiedeeisen
4.000
25%
Grafische Sammlung
110.000
49%
Handwerkssammlung
2.500
25%
Hans+Luise-Richter Stiftung
1.400
100%
Humboldtsammlung
1.700
100%
Keramik/Porzellan
9.800
11%
Literatursammlung
29.700
6%
Militaria
1.400
70%
Mode- und Textilien
97.333
8%
Möbel
2.500
40%
Musikaliensammlung
6.854
40%
Numismatik
17.829
40%
Postkartensammlung
30.000
40%
Kindheit und Jugend / Unterrichtsmittel
20.000
60%
Schmuck
1.150
4%
Skulpturen + Bauplastik
2.148
70%
Spielzeugsammlung
61.000
9%
Theatersammlung
706.910
6%
Topografie + Modelle
1.993
75%
Uhren
380
15%
Varia
500
88%
Zirkus- und Varieté, + Nachlässe
15.225
50%
Zoologie
2.000
35%
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
pannungsfeld Metropole und die Bedeutung des Umlands für die Rolle
S
Berlins zu reflektieren.
Sammlungsschwerpunkte eines modernen Stadtmuseums im 21.Jahrhundert
Die Sammlungen decken wichtige Bereiche der Berliner Stadtgeschichte
und vor allem der Geschichte der Berliner*innen ab. Die vielfältigen und
verschiedenartigen Objekte bilden dabei eine große Bandbreite von Berliner
Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis hin zur Dokumentation des alltäglichen
Lebens in der häuslichen, schulischen und betrieblichen Gemeinschaft ab.
Großes Augenmerk richtet sich nun im 21. Jahrhundert auf das Sammeln von
Zeugnissen aus den Parallelgesellschaften – in Berlin leben derzeit Menschen
aus 189 Nationen. Ihre Impulse und Anregungen prägen ebenso die Stadt wie
das Kontinuum der Einheimischen. Aktuelle Akzente sollen gesetzt werden in
den Bereichen Berliner Lebenswelten (Frauen, Politik, Kultur u.a.) sowie in denen der Mode, Topografie und Fotografie. Diese neuen Schwerpunkte spielen
auch eine Rolle bei den für das Humboldt Forum angedachten Berlin-Themen.
Neu zu definieren sind die Themenfelder Wissenschafts- und Bildungsgeschichte sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In anderen Sammlungsbeständen wird das Schließen von Sammlungslücken Hauptaufgabe sein und
einige Sammlungen werden zukünftig weniger aktiv ausgebaut als bisher.
Maximale Flexibilität und Mobilität der Sammlung
Die Sammlung begreift sich als Dienstleister und Servicestelle für die aktive
Nutzung bei internen und externen Ausstellungsprojekten. Zwischen dem
Stadtmuseum Berlin und anderen Institutionen soll ein einfach geregelter
Austausch von Exponaten und Objekten ebenso selbstverständlich sein wie
Dauer-Leihgaben. Auch deshalb steht das Museum unter dem Druck, seine
Objekte in die Datenbank einzupflegen und die Kenntnis über das vorhandene Sammlungsgut öffentlich wahrnehmbar zu machen. Die Datenbank ist
eine unverzichtbare Basis für Kooperationen mit anderen Institutionen und
für einen internationalen Leihverkehr, von denen alle Beteiligten profitieren
und die Gesellschaft partizipieren kann.
Dokumentation und effektive Erschließung
Die wichtigste Grundlage für die Arbeit mit und an einer Sammlung ist die
bestmögliche Dokumentation, Erschließung und Bereitstellung der Objekte
und aller zugehörigen Informationen. Die Zentrale Dokumentation im Stadtmuseum Berlin umfasst die inhaltliche, organisatorische und technische
Steuerung der Dokumentation und Inventarisierung des Sammlungsbestands
in der Datenbank Daphne des Stadtmuseums Berlin. Erklärtes Arbeitsziel ist
es, bis 2020 den gesamten Sammlungsbestand des Stadtmuseums Berlin
digital in der Datenbank zu verzeichnen und die Objekte mit Arbeitsfotos zu
dokumentieren sowie die Sammlung online zu stellen. Die digitale Erschließung der Sammlung gewährleistet ebenfalls den Wissenstransfer zwischen
74 –– 75
S ammlungskurator*innen und Nutzer*innen. Auch die Standortverwaltung
erfolgt dort. Zur Erreichung dieses Ziels wird zusätzlich zum festen Mitarbeiterstamm in der Abteilung Sammlung externe Unterstützung benötigt.
Dies alles ist Grundlage für eine effektive Arbeit innerhalb des Stadtmuseums
Berlin: bei der schlanken und schnellen Abwicklung von Leihvorgängen, den
Bereitstellungen für eigene Ausstellungen und Forschungsvorhaben z.B. zur
Provenienz. Auch Forschungs- und Rechercheanfragen zu Objekten können
so transparent und nutzerfreundlich in kurzer Zeit beantwortet werden. Ein
effektives Depotmanagement erleichtert das schnelle Auffinden und eine
Kontrolle der Objektbewegungen. Um alle Optionen der Datenbank effektiver
nutzen zu können, ist mittelfristig die Kennzeichnung der Objekte mit Barcodes und/oder RFID-Chips (RFID = radio-frequency identification) gewünscht.
Forschen in der Sammlung
Gemäß den ICOM-Aufgaben stärkt das Museum auch in Zukunft die Erforschung der Sammlung. Diese Forschungsprojekte werden durch die Sammlungskurator*innen geleistet und großenteils im Rahmen von langjährigen
Forschungskooperationen mit Universitäten und Fachhochschulen durchgeführt. In regelmäßigen Kolloquien erfolgt der wissenschaftliche Austausch
und werden Ergebnisse im Rahmen von Fachtagungen vorgestellt. Auch
anlässlich von Ausstellungsprojekten wird die Fachkompetenz der Kurator*innen zu den Objekten der Sammlung und ihrer Verknüpfung mit der Berliner
Geschichte stark nachgefragt. So steht das Stadtmuseum Berlin mit seiner
Sammlung im Fokus permanenter Forschungstätigkeit.
Restaurierung als Basis der Museumsarbeit
Einen wichtigen Anteil an der Forschungstätigkeit in den Sammlungen haben
die Restaurator*innen. Sie sind stark in die Forschung zu den Sammlungsobjekten eingebunden – oftmals in Kooperation mit externen Partnern, zu
denen Museen, Universitäten und Forschungslabore zählen.
Durch altersbedingtes Ausscheiden in den letzten Jahren – zuletzt im März
und April 2016 – stehen im Stadtmuseum Berlin jetzt fünf Restaurator*innen für die Fachgebiete Metall/Uhren, Varia, Textil, Papier und Gemälde zur
Verfügung; perspektivisch soll ein(e) Restaurator*in für das Fachgebiet Holz
hinzukommen. Mit diesen Fachkompetenzbereichen verfügt das Stadtmuseum Berlin über eine starke Basis. Aufgabe in der Zukunft ist es, diese
Fachkompetenz in Zusammenarbeit mit den Sammlungskurator*innen zu
nutzen, um Projekte für externe Restaurator*innen zu konzipieren und der
Materialvielfalt der gesamten Sammlung gerecht zu werden.
Am Beispiel der Fotografischen Sammlung wird deutlich, welches Potenzial
durch externen restauratorischen Fachverstand in die Sammlung gebracht
werden kann (siehe Kapitel 10.2.4).
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
Produkte
Die Bewahrung des historischen Erbes verpflichtet die Sammlung des
Stadtmuseums Berlin zur Weitergabe des überlieferten Objektwissens. Die
Besucher*innen sollen die Möglichkeit haben, sich über die Wahrnehmung
der Objekte deren historischen Kontexten zu nähern. Die Verpflichtung des
Stadtmuseums Berlin besteht daher darin, die vielfältigen kulturhistorischen
Zusammenhänge der Objekte dem Publikum zu vermitteln. Dabei sind die
Museumsobjekte Teil historischer Lebenszusammenhänge, die durch verschiedene Vermittlungsformen sowohl Schulklassen, Besucher*innen als
auch der Fachöffentlichkeit erschlossen werden. Erfolgreiche Vermittlungsformen bestehen durch barrierefreie Texte, durch den Einsatz technischer
Medien und in der persönlichen Vermittlung mittels Führungen im Zentraldepot Poelzig-Halle in Berlin-Spandau.
Nutzung der Sammlung
Die Ausstellung der Sammlung ist gemeinsam mit der Sammlungsbetreuung
zentraler Bestandteil der Museumsarbeit. Die Ausstellung ist die wichtigste
öffentliche Präsentationsform des Museums. Sie trägt wesentlich zum Erscheinungsprofil des Stadtmuseums Berlin bei. Die Ausstellungen setzen die
Sammlung in einen inhaltlichen Kontext. Mit Repliken, Kopien oder Faksimiles sollte nur in Ausnahmefällen gearbeitet werden, wenn konservatorische
Bedenken den Schutz der Originale fordern.
Die Sammlungen werden, soweit ein Fachrestaurator vorhanden ist, einer
kontinuierlichen Pflege unterzogen. Die Restaurierung besonders geschädigter Objekte steht im Vordergrund. In den Restaurierungswerkstätten werden
darüber hinaus Student*innen der Restaurierungshochschulen ausgebildet.
Auch erfolgt die aktive Betreuung von Diplomarbeiten. Im interdisziplinären
Austausch mit externen Fachkollegen werden neue Restaurierungsmethoden
und historische Herstellungstechniken erforscht.
Sammlung Online
Die digitale, über das Internet zugängliche Präsentation von Objekten der
Sammlungen ist ein Angebot an alle, die sich für Berlin-Geschichte interessieren. Außerdem versteht sie sich als ein Rechercheangebot für gezielt suchende Spezialist*innen.
Bei der Auswahl weiterer zu digitalisierender Bestände sollen deshalb neben
museal-pragmatischen Kriterien stets auch die Erwartungen der Nutzer,
insbesondere der Schau-, Vermittlungs-, und Erkenntniswert berücksichtigt
werden, um über einen explorativen, visuell attraktiven Zugang Interesse
zu wecken und das Verständnis stadtgeschichtlicher Zusammenhänge zu
fördern. Sammlung Online versteht sich auch als ein von den Sammlungen
76 –– 77
ausgehendes Bildungs- und Vermittlungsangebot, mit dem Ziel, Berlin-
Geschichte(n) entlang von musealen Objekten zu erzählen. Die in Sammlung
Online veröffentlichten Objektdatensätze werden auch in nationalen und
internationalen Portalen wie BAM-Portal, Deutsche Digitale Bibliothek und
EUROPEANA gelistet.
Provenienzforschung
Ein besonders engagiertes Vorhaben verfolgt das Stadtmuseum Berlin mit
der Erforschung der Objektherkunft unter dem besonderen Aspekt NS-
verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes. Ziel ist es dabei, in einer festgelegten Reihenfolge einzelne Sammlungsbereiche zeitlich kompakt und nach
systematischen Kriterien auf ihre Herkunft hin zu untersuchen und die dabei
gewonnenen Erkenntnisse zugänglich zu machen. Im Fall der Provenienzforschung im Sinne des Washingtoner Abkommens hat das Stadtmuseum Berlin
seit 2010 so wichtige Schritte leisten können.
Fotothek und Bibliothek
Die Fotothek in ihrer Funktion, auf Nachfrage Abbildungen und Digitalisate
von Objekten aus der Museumssammlung bereitzustellen, wird in Zeiten der
Forderung nach Open-Source-Data ihren Arbeitsansatz komplett ändern bzw.
aufgeben müssen. Die freie Zugänglichkeit zu Daten, die bereits mit Hilfe von
Steuermitteln generiert wurden, wird gefordert. In Zukunft sollen bei Bestellungen von Bildvorlagen durch Dritte nur noch notwendige, selbst entstehende
Kosten weiterberechnet werden.
Die Bibliothek des Stadtmuseums Berlin versteht sich derzeit als internes
Arbeitsinstrument. Sie ist zwar nach Anmeldung auch für Externe als Präsenzbibliothek zu nutzen, hat ihren Arbeitsschwerpunkt aber darin, für die
hausinternen Projekte Literaturrecherche zu betreiben und entsprechendes Buchmaterial bereitzuhalten. In Zusammenarbeit mit der Zentral- und
Landesbibliothek, die im nahegelegenen Ribbeck-Haus das Zentrum für
Berlin-Studien unterhält, soll ein Publikumsbereich zur bibliophilen Berlin-
Geschichte angeboten werden.
Eine komplette Neuaufstellung der personellen Betreuung der Bibliothek
wäre erforderlich.
78 –– 79
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
10.2.1 Die Fotosammlung – Beispiel einer
zukunftsweisenden Sammlungsstrategie
Ausgangssituation
Die Fotografische Sammlung des Stadtmuseums Berlin gehört zu den ältesten und hochrangigsten ihrer Art in Berlin. Sie umfasst mehr als eine Million
fotografische Objekte und enthält neben der zentralen Sammlung Stadtbildund Architekturfotografie verschiedenste Bildgattungen wie Landschafts-,
Porträt-, Industrie-, Reise- und Amateurfotografie sowie bildjournalistische
Arbeiten und einzigartige Familien- und Firmen-Alben sowie Nachlässe.
Mit Werken überregional bedeutender Fotografen belegt sie die Entwicklung
fotografischer Sehweisen und Stilrichtungen von Fotopionieren des
19. Jahrhunderts wie Leopold Ahrendts und F. Albert Schwartz bis zu zeitgenössischen Fotokünstlern wie André Kirchner, Arwed Messmer und Stefanie
Bürkle. Ganze Fotografennachlässe und Bildarchive wie von Oskar Bolle aus
der Zwischenkriegszeit bis zur Pressebildagentur Kindermann bieten ein
weites Feld für die Erforschung fotografischer Arbeitsweisen und eine schier
unermessliche Quelle zur Erforschung und Darstellung der Berlin-Geschichte.
Nicht zuletzt bietet die Sammlung einen Querschnitt fotografischer Techniken von der Daguerreotypie der 1840er Jahre bis zum autorisierten Digitalprint – und damit Belege für die innovative Entfaltung des fotografischen
Gewerbes in Berlin.
Die Sammlung wird innerhalb des Stadtmuseums Berlin intensiv für kulturhistorische Ausstellungen genutzt. In mehr als 15 Fotografie-Ausstellungen
und -Publikationen seit Stiftungsgründung wurden Ergebnisse der eigenen
Forschung und Bestandsaufarbeitung regelmäßig veröffentlicht, oft in
Kooperation mit anderen Institutionen und externen Wissenschaftlern.
Bereits bewährte beziehungsweise potenzielle Partner sind die Fachgruppe
Fotografie des Landesverbands der Museen zu Berlin e.V., die Berlinische
Galerie, das Museum für Fotografie, das Landesarchiv Berlin, die Hochschule
für Technik und Wirtschaft, Netzwerk Fotoarchive e.V., das Institut für Kunstund Bildgeschichte der Humboldt-Universität, das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam oder Kunst auf Lager – Bündnis zur Erschließung und
Sicherung von Museumsdepots.
Visionen
Erschließung
Eine der größten Herausforderungen ist die systematische Erschließung der
vorhandenen Nachlässe und Bildarchive in der Museumsdatenbank. Da das
Verwertungsrecht in den meisten Fällen erworben wurde, besteht die Möglichkeit, gegebenenfalls auch Einnahmen zu generieren. Diese können in die
weitere Aufarbeitung bzw. Publikation fließen.
Das Ziel, auch diese Bestände mit ihrer thematischen Vielfalt externen Forschern und interessierten Laien bereitzustellen, kann nur projektgebunden
und mit externen Partnern geleistet werden. Hierfür gilt es, die Kooperation
mit Stiftungen, Fach- und Hochschulen sowie Verlagen zu suchen beziehungsweise auszubauen und Drittmittel einzuwerben.
Bestandssicherung
Angesichts beginnender Zerfallserscheinungen in Teilbeständen ist die
Gefährdung des fragilen Kulturgutes Fotografie akut zutage getreten. Hier
liegt eine der drängendsten Aufgaben der nahen Zukunft, um die Originale
für künftige Generationen zu retten. Neben der Digitalisierung sind insbesondere im Bereich der Negativarchive, die noch im Originalzustand bewahrt
werden, umfangreiche Umlagerungsmaßnahmen für die nachhaltige Konservierung entsprechend internationaler Standards zu ergreifen. Eine kontinuierliche Betreuung durch ausgewiesene Fotorestaurator*innen im Depot wie
in Ausstellungen sowie ein Monitoring sind zwingend zu sichern.
Sammeln
Im Selbstverständnis als ein visuelles Gedächtnis der Stadt werden im Dialog
und in Abstimmung mit anderen Berliner Institutionen zeitgenössische
Fotoarbeiten gesammelt sowie bestehende Sammlungslücken retrospektiv
geschlossen. Ein wichtiges Instrument ist die Mitarbeit in der Förderkommission Bildende Kunst der Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten.
Herausragende Bedeutung hat traditionell und als Alleinstellungsmerkmal
die Stadtbildfotografie bis in die Gegenwart. Sie gibt Bewohner*innen wie
Besucher*innen Orientierung in der sich verändernden Stadt. Erstrebenswert
sind Maßnahmen, die wieder zu einer systematischen Erwerbstätigkeit führen – analog der öffentlichen Kampagne des Märkischen Museums, die einst
einen speziellen Ankaufsetat für Stadtbildfotografie erreichte. Als populäre
Impulse sind die Einrichtung eines F. Albert-Schwartz-Preises für Stadtfotografie und Crowdfunding-Projekte denkbar.
Präsentieren
In den kulturhistorischen Ausstellungen des Stadtmuseums Berlin wird
Fotografie konsequent als historische Quelle verwendet. Wichtig ist die
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10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
Darstellung des ursprünglichen Kontextes: Wer, unter welchen Umständen
und mit welchen Absichten hat dieses Bild gemacht, welche Wirkung hatte
es? Fotografien werden in ihrer Dinghaftigkeit, als Ergebnis handwerklichen
Könnens und künstlerischen Ausdruckswillens begreifbar gemacht. Darüber
hinaus erstellt das Stadtmuseum Berlin regelmäßig Fotografie-Ausstellungen
zu verschiedenen Urhebern und Fragestellungen sowie Ausstellungen mit
jeweiligen Publikationen zu einzelnen richtungweisenden Fotograf*innen
nach erfolgter Nachlasserschließung. Im Sinne von Synergieeffekten sind
Verbund-Ausstellungen mit anderen maßgeblich Fotografie ausstellenden
Institutionen anzustreben.
Produkte
Pilotprojekt Maßnahmenplan Fotografie im Stadtmuseum Berlin
Innerhalb von zwei Jahren werden von einem/einer Fotorestaurator*in
stichprobenweise alle Archive, Sammlungen, Konvolute und Alben mit Fotografie-Anteil gesichtet. Ziel ist ein Prioritäten- und Maßnahmenplan, der
Handlungsgrundlage für nachhaltige Maßnahmen zur Bestandssicherung
sein wird. Gleichzeitig entsteht eine Bestandsübersicht mit Kategorisierung
aller, auch bisher in anderen Sammlungszusammenhängen kaum beachteter,
Fotografien des Stadtmuseums Berlin.
Aufarbeitungsprojekte
Auf Basis der Bestandsübersicht entsteht ein Plan, in welcher Reihenfolge und Tiefe bisher nicht bearbeitete Nachlässe, Sammlungen, Konvolute
erschlossen werden. Höchste Priorität haben aus konservatorischen Gründen
ca. 11.000 Negative des Architekturfotografen Willi Huschke von 1948 – 1972
(siehe Kapitel 10.2.2). Für die Digitalisierung durch einen externen Dienstleister ist ein Drittmittelantrag gestellt. In Zusammenarbeit mit Die Chance,
Verein für Bildung, Integration und Soziales hat die Erfassung der Negative
von Kindermanns Bilderdienst (Umfang 340.000, Laufzeit 1940 – 1988) in
MS Excel begonnen. Geplant ist der Datenimport in Daphne. Erste Ergebnisse der Erforschung durch Sammlungsmitarbeiter*innen und Volontär*innen
werden im Rahmen des Vortragsprogramms im Oktober 2016 vorgestellt.
Foto-Kabinett im Märkischen Museum
Angesichts des eminenten öffentlichen Interesses an Fotografie wird ein Ausstellungsformat mit Wiedererkennungseffekt entwickelt (4 x im Jahr, max.
20–50 Bilder), ein Labor für Fotografie mit Reaktionen auf aktuelle Themen,
überraschende Dialoge zwischen alt und neu. Ein Schwerpunkt dabei ist die
Stadtfotografie. Kleine Wettbewerbe oder die Einladungen von Fotograf*innen mit aktuellen Arbeiten und von jungen Kurator*innen sind denkbar.
10.3 Kommunikation
Vorbemerkung
Aus der Neupositionierung des Stadtmuseums Berlin mit seinen derzeit fünf
Museumsstandorten sowie den neuen Flächen im Humboldt Forum und
Marinehaus ergibt sich eine grundlegende Neustrukturierung der Marke bzw.
Teilmarken. Seit Gründung im Jahr 1995 wurde die gesamte Kommunikation
auf die Stärkung der Dachmarke Stadtmuseum Berlin ausgerichtet.
Zukünftig sollen die individuellen Profile der einzelnen Museen weiter gestärkt werden. Die gesamte Neuausrichtung wird ein Prozess, der auf Veränderungen von innen setzt, um glaubhaft nach außen zu wirken. Die Beteiligung der Mitarbeiter*innen sowie von Communities außerhalb des Museums
ist deshalb besonders wichtig.
Mittelfristig wird gemeinsam mit internen Stakeholdern, der Stadtgesellschaft und Akteuren aus Wirtschaft, Kultur und Politik eine neue Identität
erarbeitet. Diese soll die Einzigartigkeit und Besonderheiten der einzelnen
Häuser und Angebote betonen und die jeweiligen Zielgruppen noch klarer
herausarbeiten und individuell ansprechen. Das Stadtmuseum Berlin präsentiert sich als lebendige, für alle offene, glaubwürdige und vertrauensvolle
Kulturinstitution: lokal, überregional und international.
Leitgedanken
Die Bevölkerungsstrukturen und das Freizeitverhalten in Deutschland haben
sich seit der Jahrtausendwende stark verändert. Die Lebensstile sind weitaus
komplexer geworden, d.h. Selbstverwirklichung und Individualität haben
heute einen hohen Stellenwert. Die Menschen wollen beteiligt und mitgenommen werden. Unsere Programme werden daher die Lebensbedingungen und Wünsche der Bewohner*innen noch stärker berücksichtigen. Es ist
wichtiger denn je, die Beziehungen zu den Besucher*innen oder potenziellen
Multiplikator*innen weiter auszubauen. Dies ist zu erreichen, wenn sich das
Stadtmuseum Berlin künftig als kultureller Partner im Verbund mit visitBerlin
als Akteur regionalen Marketings positioniert, um in Kooperationen, aber auch
im Wettbewerb mit anderen kulturellen Institutionen in der Kulturmetropole
Berlin erfolgreich zu bestehen. Dazu gehört künftig auch eine stärkere Vernetzung und der Dialog des Museums mit seinen unmittelbaren Anliegern – wie
Nachbar*innen und vor Ort ansässigen Organisationen und Unternehmen. Im
Ergebnis der Visionen dieser Leitlinien steht die Verankerung eines integrierten Kommunikations- und Marketingkonzepts in der neuen Organisationsstruktur des Hauses, dem sich alle verbunden und verpflichtet fühlen.
82 –– 83
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
10.4 Digitales Stadtmuseum / E-Culture
Ziele
Hauptaufgabe der Kommunikation ist es, die Museen des Stadtmuseums
Berlin generell bekannter zu machen und möglichst viele und neue Besuchergruppen zu erreichen. Dafür müssen die Wünsche und individuellen Bedürfnisse der Berliner*innen und Kulturtourist*innen weitaus besser wahrgenommen und evaluiert werden, um einzelne Kommunikationsstrategien pro
Standort zu erarbeiten. Insbesondere die Instrumente Besucherforschung und
Audience-Development gilt es so auf- und auszubauen, dass die gesteckten
Ziele regelmäßig evaluiert, mit dem Publikum rückgekoppelt und bei Bedarf
angepasst werden. Dabei steht der Leitgedanke im Vordergrund, dass sich insbesondere das Berliner Publikum künftig mit seinen Stadtmuseen identifiziert
und so selbst zum stadtweiten Multiplikator wird. Dazu gehört auch, dass die
Strukturen im Haus so professionalisiert werden, dass kurzfristig auf Wünsche,
Anregungen und Kritik aus der Bevölkerung reagiert werden kann.
Der Einsatz von digitalen Technologien, Inhalten und Kommunikationskanälen betrifft alle Arbeits- und Wirkungsbereiche des Stadtmuseums Berlin
und wird daher auch als gesamtstrategische Frage begriffen. Das Stadtmuseum Berlin will in der Zukunft seine Ausstellungen noch attraktiver für ein
breiteres Zielpublikum machen, die Ausstellungshäuser stärker profilieren,
mit Kommunikation und Veranstaltungen neue Zielgruppen erreichen, sein
Wissen teilen und Geschäftsprozesse effektiver gestalten. Dazu kann die
Nutzung von digitalen Themen und Medien ein Schlüssel sein. Eine zeitgemäße Herangehensweise und Ausrichtung der verschiedenen Standorte sind
gefragt. Moderne Entwicklungen sollen mitgestaltet und auch technikaffine Zielgruppen durch gezielte Ansprache begeistert werden. Dazu gehört
selbstverständlich die Vernetzung mit anderen Museums- und Technologiepartnern.
Das Stadtmuseum Berlin soll zukünftig der Experte für Berliner Stadtgeschichte sein, ein geschätzter Tipp- und Themen-Geber sowie die erste
Adresse für alle Fragen zu Kultur und Geschichte der deutschen Hauptstadt:
ein Ort des Austauschs & Mitmachens. Bürgerschaftliches Engagement,
Teilhabe an der Weiterentwicklung der Institution und Mitgestaltung der
Programme stehen im Fokus der Kommunikationsmaßnahmen (Stichwort
Partizipation, z.B. Foto-Aufruf im Rahmen der Ausstellung West:Berlin).
Drei Kernpunkte sind zukünftig im Fokus der digitalen Entwicklung und dienen auch als Grundlage für die Entwicklung eines gesamtheitlichen digitalen
Konzepts: Kompetenz, Teilhabe und Lokalität.
Denn die Stadt selbst ist der Kontext und die Basis einer Content-Strategie, die mit der Reihe Objekte und Geschichten sowie Frauen-Biografien zur
laufenden Sonderausstellung schon jetzt aktiv Themen setzt. Dieser Ansatz
wird künftig im Sinne stadtgeschichtlichen Storytellings noch verstärkt, weiter
ausgebaut und medienwirksam platziert.
Das Stadtmuseum Berlin verortet die Geschichte und wird im Stadtbild kontinuierlich präsenter. Dies kann unter anderem mit künftigen Formaten wie
Stadtmuseum Berlin vor Ort erreicht werden – z.B. auf der Zitadelle Spandau,
im Schloss Britz, auf der Domäne Dahlem, auf dem Flughafen BER etc. Dort
wäre es möglich, Kiez-Themen vor Ort im Austausch mit der Bevölkerung zu
diskutieren und ggf. mit weiteren Programmen zu begleiten.
Die Gäste des Berliner Stadtmuseums sollen zu Freund*innen und wiederkehrenden Besucher*innen werden – analog wie digital!
Kompetenz
Das Stadtmuseum Berlin wird sich als Träger des historischen Wissens zur
Stadt- und Landesgeschichte weiter positionieren. Das Gedächtnis der Stadt
zu sein – diese Idee gilt es weiter zu transportieren. Alle Angebote, auch im
Digitalen, müssen klar mit Absender Stadtmuseum Berlin als kompetenter
Ansprechpartner für Berlin-Geschichte und -Gegenwart erkennbar sein
Im Zentrum der Kompetenz zur Stadtgeschichte steht die reiche Sammlung
des Stadtmuseums Berlin, die alle Facetten der Kultur-, Sozial- und Geistesgeschichte Berlins abbilden kann. Die Sammlung und das damit verbundene
Wissen soll weiter geöffnet und dazu alle Sammlungsobjekte mittelfristig in
der Sammlungsdatenbank dokumentiert und im Internet auf der Plattform
Sammlung Online veröffentlicht werden (siehe Kapitel 10.2.3).
Die Aktivitäten und die Kompetenz des Stadtmuseums Berlin werden vor
allem über die Ausstellungen an die Zielgruppen transportiert. Es wird eine
behutsame Integration digitaler Formen der Informationsbereitstellung und
-vermittlung in den Ausstellungen angestrebt. Ausstellungsbegleitende multimediale Inhalte sollen stationär sowie mobil abrufbar sein. Sonderausstellungen können Anlass für nachhaltige digitale Projekte sein. Der Fokus liegt
hier auf der Wiederverwertung, Nachnutzung und Übertragung von Informationen zur Berlin-Geschichte auf Folgeprojekte. Besucher*innen der Häuser
werden mit digitalen Mitteln Möglichkeiten gegeben, die Inhalte jederzeit
10. Die Zukunft der Arbeitsbereiche des Stadtmuseums Berlin
84 –– 85
und überall zu nutzen. Dabei soll eine möglichst etablierte und robuste technische Infrastruktur zum Einsatz kommen, um die Nachhaltigkeit auch auf
technischer Ebene zu sichern. Gleichzeitig ist beabsichtigt, mit Partnern wie
Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie jungen Start-ups ausgewählte neue technische Lösungen für den Museumseinsatz zu entwickeln.
Die inhaltliche Profilierung der Ausstellungshäuser des Stadtmuseums
Berlin wird auch mit digitalen Mitteln vorangebracht. So werden spezifische
Angebote pro Ausstellungshaus entwickelt. Gleichzeitig wird angestrebt, die
Verknüpfung der Ausstellungen in den verschiedenen Häusern ebenfalls auf
digitalem Weg zu unterstützen.
Der Ausbau des digitalen Storytellings über Berlin-Themen, die Ausstellungen
und die Museen ist ein weiteres Ziel. Geschichte muss erlebbar werden, um
die unterschiedlichsten Zielgruppen zu erreichen. Dies wird verstärkt über die
digitalen Kommunikationskanäle möglich. Fragen mit Berlinbezug aus dem
Netz zu beantworten, gehört zu den Kernkompetenzen und soll ausgebaut,
Frag das Stadtmuseum auch im Digitalen zum Ausweis unserer Kompetenz
werden.
Das Stadtmuseum Berlin nutzt digitale Plattformen und Formate außerdem,
um im gesamten Stadtraum Unterhaltung und Information zur Stadtgeschichte anzubieten. Stadtmuseum vor Ort zu sein bedeutet, digital in Berlin
präsent sein zu wollen. Auch das Aufgreifen aktueller Diskussionen der Stadtgesellschaft wird über digitale Mittel und Kanäle stärker in den
Fokus gerückt.
Teilhabe
Der Zugang zur Sammlung und den Inhalten des Stadtmuseums Berlin soll
niedrigschwellig sein. Die digitale Sammlung wird geöffnet und zur Nutzung durch jede bzw. jeden zur Verfügung gestellt. Das Stadtmuseum Berlin
verpflichtet sich dem Open-Data-Gedanken und verfolgt einen transparenten
Umgang mit Metadaten, deren Nachnutzung, vereinfacht werden soll. Die
Förderung von Citizen Science, die Einbindung der Berliner*innen in die eigene Erforschung der Stadtgeschichte, wird ebenfalls ausgebaut. Außerdem
sollen Forschungsprojekte, Kooperationspartner und andere Kultur-Enthusiasten mit Daten und Wissen unterstützt werden.
Grundsätzlich muss ein niederschwelliger Zugang für Besucher*innen technisch wie inhaltlich gewährleistet sein. Dazu gehören zum Beispiel WLAN in
den Häusern aber auch die Nutzung leichter Sprache.
Gleichzeitig wird ein stärkerer partizipativer Ansatz verfolgt. Das Stadtmuseum Berlin wird immer versuchen, den direktesten Kanal zu wählen, um auf
Besucher*innen einzugehen. Daher sind hier vor allem die sozialen Medien
hervorzuheben, um die wechselseitige Kommunikation zu intensivieren. Digitale Besucher*innen und ihre Interessen werden noch stärker untersucht, um
im Digitalen zielgruppengenaue und gezielte Angebote machen zu können.
Lokalität
Berlin steht im Fokus unserer Ausstellungen, Veranstaltungen und der
Sammlung. Dies muss auch digital transportiert werden. Somit ist der
Schwerpunkt auf berlinspezifische Themen und Fragestellungen die inhaltliche Richtschnur der digitalen Angebote.
86 –– 87
11
Organisationsentwicklung und
-veränderung
Ein neues Museum braucht eine neue Organisation – unter diesem Motto
wird auch ein interner Veränderungsprozess angeschoben.
Die Stiftung Stadtmuseum Berlin ist bislang klassisch hierarchisch im Sinne
einer Top-down-Organisationsstruktur gegliedert: Ein Direktor führt die Institution, vier Abteilungsdirektor*innen (Verwaltung/Zentrale Dienste, Forum/
Vermittlung und Veranstaltungen, Ausstellungen sowie Sammlungen) und
ein Leiter der Stabsstelle Kommunikation arbeiten ihm unmittelbar und
entscheidungsbefugt zu. Ihnen sind verschiedene Fachbereiche und Mitarbeiter*innen zugeordnet.
Zukünftig soll die streng hierarchische Organisationsstruktur aufgebrochen
und in eine beweglichere Matrix-Struktur überführt werden. Ziel ist es, Verantwortlich- und Zuständigkeiten zu verteilen und zu erweitern und dadurch
klassische Hierarchien abzubauen. In dieser Matrix-Struktur bewegen sich
Programmanager*innen, Fachbereichsmanager*innen und Projektmanager*innen flexibel. Eine zweiköpfige Hausleitung, bestehend aus einem für
die Inhalte verantwortlichen Direktor und einer geschäftsführenden Person,
die die administrativ-kaufmännische Verantwortung hat, wird die Geschäfte
der Stiftung lenken. Die Abteilungsdirektoren*innen werden als Coaches
tätig sein.
Der Ansatz, der diesem Projektmanagement- und Organisationsmodell zugrunde liegt, ist das sogenannte Agile Management. Grundprinzipien dieses
Arbeitsansatzes sind Kollegialität und eine besondere Nähe zur Basis.
Drei Management-Teams werden die Arbeit und Ausrichtung der Stiftung
bestimmen:
Programmkommission
Die Programmkommission hat die inhaltliche Programmverantwortung und
-ausrichtung inne. Sie bestimmt und verantwortet die mittel- und langfristige Gesamtstrategie des Stadtmuseums Berlin. In diesem Zusammenhang
stellt sie (mess- und vergleichbare) Kriterien und Hauptlinien auf, die sie im
Abgleich mit der Gesamtstrategie auf Projekte anwendet, die kurzfristiger
umgesetzt oder produziert werden. Personell setzt sie sich aus dem inhaltlichen Direktor sowie Fachbereichsleiter*innen, Verantwortlichen aus Vermittlung/Veranstaltungen, Marketing/Kommunikation und E-Culture zusammen.
Die Mitglieder der Programmkommission fungieren als Auftraggeber*innen
der Projekte und der Auftragnehmer*innen. Auftragnehmer*innen wiederum
sind Projektleiter*innen und haben als solche die technisch-administrative
Projektverantwortung inne.
11. Organisationsentwicklung und -veränderung
Fachbereichsleiterteam
Die Fachbereichsleiter*innen sind für die ständige Arbeit des Museums verantwortlich. Sie besprechen und bestimme Verwaltungsprojekte (Personalstrategie, Sammlungsbetreuung oder Finanzen). Sie werden von den Coaches
beraten und informieren und beraten wiederum selbst die Mitarbeiter*innen
in ihren Fachbereichen. Sie entscheiden, wer aus ihren Abteilungen in Projekten tätig sein wird.
Betriebsleitung
Die Betriebsleitung, bestehend aus inhaltlichem Direktor, Geschäftsführer*in
und einem/einer Planer*in, springt ein, wenn es Zwischenfälle gibt. Sie ist
für das Troubleshooting bzw. Konfliktmanagement verantwortlich. Inhaltlich-strategische Entscheidungen werden hier nicht getroffen. Präventiv und
prozessbegleitend bzw. -beobachtend trifft dieser kleine Ausschuss einmal
wöchentlich zusammen.
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90 –– 91
12
Schlussbemerkung
Hinter den Standorten verbergen sich Zeitschichten, wahre Schätze wie z.B.
eine Sammlung von über 4,5 Millionen Objekten sowie ein schier endloses
Repertoire an Stadtgeschichte und -geschichten. Gemeinsam bieten sie
enormes Potenzial, die Gründungs- und Entwicklungsgeschichte der (Welt-)
Stadt Berlin bildhaft, authentisch und multiperspektivisch zu erzählen, in den
Dialog mit ihren Bewohner*innen und Gästen zu treten, vielseitige Kooperationen mit den vielen musealen Einrichtungen Berlins einzugehen und sich zu
einem (international) anerkannten Institut für Stadtgeschichte und moderne
Museumsarbeit zu entwickeln.
Das Märkische Museum und das Marinehaus werden zukünftig eine Einheit
bilden – zusammen sind sie am Köllnischen Park das Herzstück eines neuen
Museums- und Kreativquartiers. Das Märkische Museum, vom Architekten
Ludwig Hoffmann Anfang des 20. Jahrhunderts als Museumsbau konzipiert
und erbaut, soll das Museum sein, in dem die Stadtgeschichte Berlins erzählt wird. Die Narrationen in der permanenten Ausstellung wie auch in den
Wechselausstellungen unterscheiden sich dabei deutlich von kommerziellen
Angeboten wie Story of Berlin, Berlin Story Bunker oder The Gate. Durch die
Authentizität des historischen Gebäudes, durch herausragende Ausstellungen, die entlang originaler Objekte der eigenen Sammlung erzählt werden,
durch eine neu konzipierte Sammlungspräsentation, abwechslungsreiche
Ansätze der Vermittlung sowie einen verbesserter Besucherservice in Museumsshop, Café und Leitsystem wird das Märkische Museum nach der Renovierung und Neugestaltung zu einem Must See in Berlin.
Das Marinehaus als Aktivitätenzentrum erweitert die Angebote des
Märkischen Museums um neue öffentlichkeitswirksame (Vermittlungs)Formate, in dem Museum, Freie Szene und andere Akteure zusammen denken
und -arbeiten und Partizipation das zentrale Leitmotiv ist.
Das Ephraim-Palais bleibt der Standort des Stadtmuseums Berlin, an dem
große Sonderausstellungen zu Themen der Berliner (Alltags-)Kultur und des
Berliner Lebensgefühls gezeigt werden. Perspektivisch muss es ausstattungsund klimatechnisch modernisiert werden, was die Möglichkeiten der Objektpräsentation und damit auch die Ausgestaltung und Attraktivität
von Ausstellungen erweitert und erhöht.
Das Knoblauchhaus ist der historische Ort, an dem am Beispiel der
Biedermeier-Epoche die vielschichtige, wirkungsreiche Berlin-Geschichte
des 1 9. Jahrhunderts als eine Zeit des Umbruchs erzählt wird.
12. Schlussbemerkung
Das Baudenkmal Nikolaikirche soll weniger klassischer Ausstellungsort als
vielmehr Raum für künstlerische Auseinandersetzung mit dem Ort sein. Die
ehemalige Kirche soll in Wechselwirkung und im Dialog mit Künstler*innen
zu einem Ort der Besinnung und der politischen Debatte werden.
Das Museumsdorf Düppel baut nach umfassender Sanierung und Restaurie
rung seinen Ruf als international anerkanntes Zentrum für Experimentelle
Archäologie weiter aus. Es entwickelt sich zu einem den Prinzipien der Partizipation und Nachhaltigkeit verpflichteten Ort, an dem das Leben im Mittelalter nachempfunden und erlebt werden kann.
Die Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum wird perspektivisch in das Stadtmuseum Berlin eingegliedert. Die zu erwartende große Popularität des Ortes
und die hohen Besucherzahlen (ca. 300.000 Besucher*innen im Jahr) werden
sich positiv auf die Entwicklung des Stadtmuseums Berlin auswirken. Im
Humboldt Forum präsentiert sich Berlin in seiner globalen Dimension – die
Welt in Berlin und Berlin in der Welt. Diese Ausstellung hebt sich deutlich
von den fünf anderen Standorten ab, an denen Lokalität im Vordergrund
steht. Das bedeutet nicht, dass an diesem Ort nicht auch über lokale Aspekte
gesprochen werden kann – genau wie umgekehrt auch internationale Effekte
an den anderen Orten thematisiert sein können. In diesen Fällen verweisen
die einzelnen Orte gegen- und wechselseitig aufeinander und verdeutlichen,
wo es für Besucher*innen möglich ist, eine thematische Vertiefung und
spezifische Kontextualisierung zu finden.
Grundsätzlich soll das Stadtmuseum Berlin zukünftig DER zentrale Ort und
Ansprechpartner für die Geschichte Berlins sein. An seinen Standorten und
mit seinen Aktivitäten verortet und erklärt er die Geschichte der Stadt und
vermittelt die Besucher*innen sinnvoll und zielführend dorthin weiter, wo sie
in der Hauptstadt vertiefende und themenspezifische Informationen erfahren können. Das Stadtmuseum Berlin der Zukunft versteht sich somit als ein
Informations- und Verteilerzentrum, das einerseits die Stadtgeschichte aufbereitet und andererseits im Sinne kooperativen Denkens und Wirkens auf Orte
verweist, an denen Berlin-Geschichte authentisch vor Ort erlebbar ist und/
oder weiterführende Informationen zu finden sind.
Im Stadtmuseum Berlin der Zukunft sollen Vernetzung, Kooperation und
Teilhabe (Stichwort: Partizipation) grundlegende Prinzipien der musealen
Arbeit sein – offline wie online. Im Zusammenspiel mit anderen Institutionen
und Akteuren sollen die Diversität und die Vielstimmigkeit der Stadt genutzt
werden, um Stadtgeschichte(n) zu erzählen, klassische und neue, zeitgemäße
Formate und Produkte zu erproben und Debatten rund um berlinbezogene
und urbane Themen anzuregen. Das Stadtmuseum Berlin der Zukunft wird
ein partizipatives Institut für Stadtgeschichte sein. Es soll Vorbildcharakter
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haben und sich zu einem Akteur entwickeln, der international bekannt,
anerkannt und gefragt ist.
Über Mehrbedarfe im Rahmen der Zukunftsstrategie wird sich die Stiftung
Stadtmuseum Berlin mit Verwaltung und Politik ins Benehmen setzen.
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Impressum
Herausgeberin
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10178 Berlin
Tel. (030) 24002-162
www.stadtmuseum.de
Konzept: Paul Spies
Redaktion: Ulrike Kloß
Lektorat: Elke Kupschinsky
Gestaltung: Studio GOOD, Berlin
Print: vierC print+mediafabrik GmbH & Co. KG
Bildnachweise: © Stiftung Stadtmuseum Berlin: Cover Anja Schulze;
3 Michael Setzpfandt; 16-17, 36-37, 42-43, 48-49 Cornelius M. Braun;
30-31 Tobias Böhm; 58-59 Ralf Wollitz; Grundrisse: Thomas Meter;
64-65 © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss
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