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Fünftes Buch. Wintermärchen Siebentes Kapitel. Die Erscheinung

Volltext: Cabanis. / Alexis, Willibald (Public Domain)

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Alexis, Cabanis. 
Culloden übernachtet hat. Ich habe mit eigenen Augen gesehen 
diese Löcher, Hühnersteige, Taubenschläge; die deutsche Sprache 
hat keinen Namen für diese hochländischen oder gälischen, besser 
celtischen Begriffe von Behausungen, in denen der unglückliche 
rechtmäßige Thronerbe sich verkriechen mußte.“ 
„Bedenklen Sie, Herr Marquis, die peinliche Situation.“ 
„Das ist das rechte Wort. Gnädigste, die Situationen 
hätten Sie sehen sollen, in denen der bejammernswerte Karl 
Eduard, ich will nicht sagen, gestanden, gelegen, gesessen, nein, 
geschwebt, gefallen, geschraubt war. Nie hat ein kököniglicher 
Prinz solche Fährlichkeiten zu überstehen gehabt; ich habe auch 
die hohle Eiche bei Woodstock gesehen, in die sein Großoheim 
Karl der Zweite sich hat verkriechen müssen, die war aber ein Parade— 
bett gegen die Schweinekoben, genannt schottische Bauernhäuser, 
die das Haupt des flüchtigen Stuart bargen. O, mein teuerstes 
Fräulein, heiße Tränen hätten Sie geweint: aufgesprungen 
wären Sie, wie so manche edle kaledonische Dame von ihrem 
weichen Federdaunenbette, um es dem wunden, müden, schmutz— 
bedeckten Prinzen anzubieten; ach, ich könnte noch Argeres be— 
richten, wovon mich nur und allein die Delikatesse abhält.“ 
„Ich bedauere das Schicksal des armen Prätendenten; doch 
was soll der uns hier?“ 
„Der —“ unterbrach sie der Marquis aufspringend. Er 
griff in seine Taschen, als habe er dort den Prinzen wie eine 
Puppe eingesteckt. „Der, mehr als Sie denken, wünschen —“ 
„Ich bitte inständigst, Herr Marquis, daß Sie meine Lage 
bedenken, und daß Sie bei einer fremden Dame sind.“ 
„Fremd! — Werden Sie nicht meine Schwiegertochter? 
Soll der Vater nicht das Recht haben, seine Tochter auch im 
Negligé zu befuchen ?“ 
„Es ist noch nicht so weit,“ sagte sie errötend; „überdies, 
weißß Ihr Herr Sohn um Ihre Anwesenheit?““ 
„Alles weiß er noch nicht, Kinder brauchen auch nicht alles 
zu wissen. Halbd; er weiß, daß ich hier bin, im Schlosse nämlich, 
ich avancierte ihn um eine halbe Stunde; er weiß, daß er mein 
Sohn, aber noch nicht, daß er mein legitimer Sohn ist. Alles, 
nämlich, daß ich die Nacht hier zugebracht, daß ich Ihnen meine 
Visite, Sie zu meiner Vertrauten gemacht und was ich Ihnen 
vertraut, das erfährt er durch Sie. Darum bin ich hier. Sie 
sollen es ihm mitbringen als Mitgift, das, donatio propter 
nuptias. Sind Sie nun gehörig vorbereitet, mich anzuhören 7 
„Sie waren schon gestern abend hier?“ 
„Bagatelle! Das mag er Ihnen erzählen, wenn er es der
	        
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