Nichtoffener Kunstwettbewerb
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Ergebnisprotokoll der Preisgerichtssitzung
am 18. August 2016, 10:10 – 19:00 Uhr
im Rathaus Tiergarten, Balkonsaal, Mathilde-Jacob-Platz 1, 10551 Berlin
Anwesende: siehe Liste im Anhang
Protokoll: Dorothea Strube und Marina Wesner
zu
TOP 1 Begrüßung
Die Bezirksstadträtin Frau Weißler begrüßt die Anwesenden und fasst die Entwicklung des Projekts
seit den 1990er Jahren kurz zusammen. Die Mittel für den geplanten Gedenkort werden durch die
Stiftung Deutsche Klassenlotterie bis Juni 2017 zur Verfügung gestellt. Sie hofft, dass mit dem
Ergebnis der heutigen Preisgerichtssitzung dieses Projekt zu einem guten Abschluss gebracht werden
kann. Frau Weißler dankt den beteiligten Personen und Initiativen, dass sie dieses Projekt über einen
langen Zeitraum so engagiert begleitet haben. Ihr besonderer Dank gilt Frau Sander von der
Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenen für die Finanzierung und Steuerung des Kunstwettbewerbs
sowie ihren Mitarbeiterinnen Frau Dr. Müller-Tischer und Frau Laub.
Frau Sander dankt dem Bezirk Mitte für die gute Zusammenarbeit und wünscht dem Preisgericht
ebenfalls eine erfolgreiche Sitzung.
zu
TOP 2 Konstituierung des Preisgerichts durch den Auslober
Als Vertreterin des Auslobers stellt Frau Sander die Vollzähligkeit und die Stimmberechtigung des
Preisgerichts mit sieben stimmberechtigten Fach- und Sachpreisrichter/innen fest.
Das Preisgericht setzt sich wie folgt zusammen:
Stimmberechtigte Fachpreisrichter/innen
Prof. Dr. Stefanie Endlich, Josefine Günschel, Christian Hasucha und Prof. Wolfgang Lorch
Stimmberechtigte Sachpreisrichterinnen
Sabine Weißler, Susanne Ahner (als stellvertretende Preisrichterin) für Dr. Christine Regus und
Charlotte Kaiser für Prof. Dr. Andreas Nachama
Stellvertretende Fachpreisrichterin
Susanne Bayer
Als Sachverständige sind Katrin Sander, Michaela Werner, Dr. Ute Müller-Tischler, Judith Laub,
Dr. Akim Jah, Andreas Szagun, Monica Geyler-von Bernus, Martin Schönfeld und Sigrid Schulze für
das Mitte Museum anwesend. Als Gäste nehmen Dr. Thomas Abel, Mechthild Merfeld, Vera
Morgenstern und Christiane Hoff an der Sitzung teil.
Für den Vorsitz wird Prof. Dr. Stefanie Endlich vorgeschlagen. Sie wird einstimmig (bei einer
Enthaltung) zur Vorsitzenden gewählt. Frau Prof. Dr. Endlich nimmt die Wahl an, dankt für das ihr
entgegen gebrachte Vertrauen und übernimmt die Leitung der Sitzung.
1
Die Anwesenden versichern, dass sie außerhalb des Einführungskolloquiums keinen Meinungsaustausch mit den Wettbewerbsteilnehmer/innen in Bezug auf das laufende Wettbewerbsverfahren
hatten und bis zur heutigen Preisgerichtssitzung keine Kenntnis über die Wettbewerbsarbeiten
erhalten haben, sofern sie nicht als Sachverständige an der Vorprüfung mitgewirkt haben.
Die Anonymität aller Arbeiten ist aus Sicht der Sitzungsteilnehmer/innen gewahrt und es wird
vereinbart, Vermutungen über die Verfasser/innen der Arbeiten zu unterlassen. Die
Sitzungsteilnehmer/innen werden auf die Vertraulichkeit der Sitzung hingewiesen und gebeten, das
Sitzungsgeheimnis zu wahren.
Das Wettbewerbsverfahren und der weitere Ablauf der Sitzung werden erläutert. Die Preisrichterinnen
und Preisrichter verpflichten sich auf eine allein an der Auslobung orientierte objektive Beurteilung der
eingereichten Arbeiten.
Zu
TOP 3 Grundsatzberatung
Frau Strube gibt einen allgemeinen Überblick über die Grundlagen, die formalen und inhaltlichen
Kriterien sowie den Ablauf der Vorprüfung. Die Vorprüfung einschließlich der Kostenprüfung fand vom
19. Juli bis 16. August 2016 im Büro Strube, Danziger Straße 52 in 10435 Berlin statt und erfolgte
durch Marina Wesner (Architektin) und Dorothea Strube (Kunstvermittlung).
Die neun Wettbewerbsarbeiten sind fristgerecht eingegangen. Die Vollständigkeit der Arbeiten wurde
gemäß Punkt 1.12 der Auslobung geprüft. Alle eingereichten Arbeiten waren grundsätzlich prüfbar
(siehe Bericht der Vorprüfung).
Die Arbeiten 1002, 1007 und 1008 haben die Vorgaben der Auslobung zu den Bearbeitungsbereichen
nicht eingehalten bzw. gehen über die ausgewiesenen Kunststandorte hinaus. Das Preisgericht wird
gebeten, über die Zulassung der genannten Arbeiten zu entscheiden.
Bis 12:10 Uhr werden die Entwürfe im Rahmen eines ausführlichen und wertungsfreien Informationsrundgangs jeweils vor den Arbeiten anhand der eingereichten Planunterlagen von der Vorprüfung
erläutert. Dem Preisgericht werden die wesentlichen künstlerischen, funktionalen und wirtschaftlichen
Merkmale der Wettbewerbsarbeiten aufgezeigt und Rückfragen zum Verständnis beantwortet.
Zu
TOP 4 Zulassung der Wettbewerbsarbeiten
Die kritischen Anmerkungen der Vorprüfung und der Sachverständigen wurden im Rahmen des Informationsrundgangs dem Preisgericht zur Kenntnis gegeben.
Das Preisgericht entscheidet einstimmig über die Zulassung der neun eingereichten Arbeiten.
(Mittagspause 12:30 – 13:00 Uhr)
Zu
TOP 5 Bewertung der zugelassenen Arbeiten
Vor dem 1. Wertungsrundgang werden die Entwürfe vom Preisgericht eingehend diskutiert, wobei die
Entwurfsidee und der künstlerische Leitgedanke sowie die gestalterische Umsetzung im Vordergrund
stehen.
2
Entwurf 1001
Von einzelnen Mitgliedern des Preisgerichts werden das Konzept zur Schaffung eines „Möglichkeitsraumes“ sowie dessen räumliche Umsetzung positiv gewertet. Für große Teile des Preisgerichts
zerfällt der Entwurf jedoch in gestalterische Einzelelemente, deren Symbolik teils missverständliche
Interpretationen zulässt und wenig Anstoß zu aktivem Gedenken gibt.
Entwurf 1002
Der stringente Entwurfsansatz wird von großen Teilen des Preisgerichts als sehr positiv gewertet. Es
erscheint schlüssig, den Weg vom Sammellager zu markieren und den gesamten Bearbeitungsbereich hinter der Gleisanlage zu versperren. Die Setzung einer Mauer um den künftigen Gedenkort
und damit dessen eingeschränkte Zugänglichkeit thematisieren den bisherigen Umgang mit dem Ort,
seine Verletzlichkeit und fordern zugleich eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Es entsteht eine
Leere, die spannend und zugleich irritierend wirkt.
Einzelne Mitglieder des Preisgerichts problematisieren, dass die ummauerte Fläche nun nicht mehr
uneingeschränkt zugänglich wäre und bezweifeln, dass das angedachte Konzept zur Zugänglichkeit
und Nutzung dauerhaft umzusetzen sein wird. Auch die Markierung außerhalb des Bearbeitungsbereichs mit Schildern an Laternenmasten wird kontrovers diskutiert.
Entwurf 1003
Der künstlerische Ansatz wird kontrovers diskutiert. Der Blick der Betrachter/innen werde geweitet auf
die deutsche Geschichte und ihr Identifikationssymbol Brandenburger Tor. Es sei jedoch bedenklich,
dass das Brandenburger Tor auf ein „Triumphtor“ reduziert wird und durch den direkten Bezug zum
Gedenkort Moabit eine Hierarchie innerhalb von Denkmalen hergestellt würde. Positiv wird die neue
Platzsituation gewertet. Jedoch vermag die Ausrichtung der der skulpturalen Anlage zur Ellen-EpsteinStraße sowie die mangelnde Sichtbeziehung zur Putlitzbrücke das Preisgericht nicht zu überzeugen.
Entwurf 1004
Positiv werden der Umgang mit dem Gelände und die neue Aufenthaltsqualität mit den Sitzgelegenheiten gewertet. Durch die Lichtinstallation bekäme der Gedenkort zudem eine andere Sichtbarkeit.
Der Ansatz erscheint grundsätzlich jedoch als zu gefällig; die verkleinerte Darstellung des Deportationsweges in Form einer Bodenmarkierung problematisch.
Entwurf 1005
Einzelne Mitglieder des Preisgerichts bewerten die Abtreppung des Geländes positiv obwohl die
Anlage des Weges hierzu in Widerspruch zu stehen scheint. Der zu betretende „Riss“ und das DarinSteckenbleiben werden teils als interessante Setzung, teils als allzu symbolhaft bewertet.
Übereinstimmend kritisch bewertet werden die hier vorgeschlagene Schrifttype und die Gleichsetzung
der Anzahl der Deportierten mit der Anzahl der Steine.
Entwurf 1006
Die künstlerische Idee wird grundsätzlich als positiver, poetischer sowie innovativer Ansatz gesehen.
Die anamorphotische Darstellung erscheint als interessante Metapher für den Prozess des Erinnerns
an sich und damit auch für die individuelle Veränderung und Verzerrung bei den Betrachtenden.
Durch die zusätzlich gepflanzte Reihe von Lindenbäumen soll mit der Zeit ein Hain entstehen, der den
Ort von seinem Umfeld deutlich abheben wird.
Kontrovers diskutiert wird die malerische Darstellung einer Situation nach der Deportation, die sich an
ein Foto aus einem anderen Deportationszusammenhang anlehnt. Kritisch gesehen werden der
„Zylinder“ als skulpturales Objekt sowie die technische Umsetzung der anamorphotischen Bilder.
3
Entwurf 1007
Die skulpturale Installation der beiden aufstrebenden Linienformen, die den Verlauf der Deportationswege aufnehmen, ist – insbesondere als Lichtinstallation – von weitem sichtbar und kann dadurch
stadträumliche Bezüge über den geplanten Gedenkort hinaus entwickeln. Damit könnte ein formaler
Bezug zum Mahnmal auf der Putlitzbrücke entstehen, wenn die Lichtinstallation darauf ausgerichtet
wäre. Das Preisgericht gibt zu bedenken, dass sich die Lichtinstallation nicht gegen die benachbarte
Leuchtreklame durchsetzen könnte; grundsätzlich ist die skulpturale Qualität zu schwach und fragil in
Bezug auf die Thematik konzipiert.
Entwurf 1008
Große Teile des Preisgerichts werten den Entwurf als gelungene, radikale Antwort auf die gestellte
Aufgabe, auf den unwirtlichen, vernachlässigten öffentlichen Raum sowie auf den bisherigen Umgang
mit diesem Ort. Der geplante Gedenkort würde durch die Pflanzung eines Haines aus Waldkiefern
eine eigene Atmosphäre der Fremdheit entwickeln. Zugleich wird er zu einem markanten
stadträumlichen Zeichen, das im Preisgericht vielfältige Assoziationen im Hinblick auf die Thematik
des Wettbewerbs hervorruft. Auch der Faktor Zeit wird in diesem künstlerischen Konzept als
zusätzliche Dimension thematisiert. Die historischen Relikte werden auf adäquate Weise wieder
sichtbar gemacht, über die Informationstafeln werden sowohl ein Bezug zum Mahnmal Levetzowstraße hergestellt als auch die Geschichte des Ortes nach 1945 erzählt. Es könnte ein Ort entstehen,
der Respekt, Achtung und Nachdenklichkeit hervorruft.
Einzelne Mitglieder des Preisgerichts vermissen in der Wahl der Baumsorte Waldkiefer einen klar
definierten Bezug zur Thematik.
Entwurf 1009
Die partizipative Entwurfsidee zur Verständigung auf einen „Nachbarschaftsvertrag“ und die Schaffung
eines Projektraumes für die aktive Gedenkarbeit vor Ort wird als positiver Ansatz gewertet. Die
Einschränkung der Partizipation auf den Bezirk Moabit wird vom Preisgericht angesichts der gesamtstätischen Bedeutung des Ortes kritisiert. Eine Beurteilung der Arbeit wird durch die fehlenden
Angaben zur Ausführung und Zugänglichkeit des Gebäudes erschwert. Das Preisgericht vermisst eine
überzeugende Gestaltung des vorgeschlagenen Gebäudes sowie des Gedenkortes insgesamt.
Für den Verbleib einer Arbeit im weiteren Verfahren ist mindestens eine Ja-Stimme erforderlich. Die
Abstimmung im 1.Wertungsrundgang ergibt folgendes Ergebnis:
Entwurf 1001: Ja-Stimmen
Entwurf 1002: Ja-Stimmen
Entwurf 1003: keine Ja-Stimmen (Entwurf scheidet aus)
Entwurf 1004: keine Ja-Stimmen (Entwurf scheidet aus)
Entwurf 1005: Ja-Stimmen
Entwurf 1006: Ja-Stimmen
Entwurf 1007: keine Ja-Stimmen (Entwurf scheidet aus)
Entwurf 1008: Ja-Stimmen
Entwurf 1009: keine Ja-Stimmen (Entwurf scheidet aus)
Damit verbleiben die Entwürfe 1001, 1002, 1005, 1006 und 1008 im Verfahren.
4
Im 2. Wertungsrundgang werden die verbliebenen Entwürfe nochmals mit Pro und Kontra
argumentativ abgewogen, wobei verstärkt Aspekte räumlicher Einbindung, der Nachhaltigkeit in der
Wirkung, der Funktionalität, der technischen Machbarkeit sowie der Umweltverträglichkeit und
Wirtschaftlichkeit Berücksichtigung finden.
Entwurf 1001
Kontrovers und überwiegend kritisch gesehen wird die Verwendung des Materials Cortenstahl.
Verwiesen wird auf die Überschreitung des Kostenrahmens nach der Kostenprüfung im Hinblick auf
den in der Auslobung vorgegebenen Honoraransatz für die „künstlerische Idee“.
Entwurf 1002
Die eingeschränkte Zugänglichkeit der ummauerten Fläche wird einerseits als positive Herausforderung gewertet, die damit verbundene Entwidmung der öffentlichen Grünfläche andererseits
kritisch gesehen. Es wird darauf hingewiesen, dass die unter Schutz gestellten historischen Gleisreste
weiterhin öffentlich zugänglich wären. Das ästhetische Konzept für die Wegmarkierung mit der
Verwendung von QR-Codes kann das Preisgericht nicht vollständig überzeugen. Fraglich bleiben der
dauerhafte Betrieb und die Pflege der gesamten Installation.
Entwurf 1005
Trotz des interessanten Ansatzes im Umgang mit der Figur des Deportationswegs, kann der Entwurf
insgesamt nicht überzeugen.
Entwurf 1006
Der poetische Ansatz wird weiterhin positiv gewertet. Aus dem Preisgericht werden Bedenken zur
Umsetzung insbesondere hinsichtlich der Sichtbarkeit der anamorphotischen Darstellungen geäußert.
Der voraussichtlich hohe Pflegeaufwand der Anlage wird thematisiert. Einzelne Mitglieder des
Preisgerichts wünschen einen eindeutigeren Umgang mit der Gleisanlage.
Entwurf 1008
Die Arbeit wird weiterhin von der Mehrheit des Preisgerichts als gelungene künstlerische Lösung für
die gestellte Aufgabe gewertet.
Jedoch verstößt die geplante Entfernung der vorhandenen Lindenbäume gegen die Rahmenbedingungen des Wettbewerbsverfahrens und würde zusätzliche Kosten verursachen, und kann daher
vom Auslober Land Berlin und dem Bezirk Mitte von Berlin nicht akzeptiert werden.
Die Mehrzahl der Preisrichter/innen und Sachverständigen empfehlen angesichts des bisherigen
Umgangs mit dem geplanten Gedenkort eine Neubewertung der Planungsvorgaben im Hinblick auf
eine rechtskonforme Lösung. Alle am Verfahren Beteiligten sollen dazu beitragen, dieses Problem zu
lösen.
Für den Verbleib im Verfahren ist die Stimmenmehrheit (mindestens 4 Ja-Stimmen) nötig. Die
Abstimmung im 2. Wertungsrundgang ergibt folgendes Ergebnis:
1001
1002
1005
1006
1008
0 Ja-Stimmen (Entwurf scheidet aus)
6 Ja-Stimmen
0 Ja-Stimmen (Entwurf scheidet aus)
4 Ja-Stimmen
6 ja-Stimmen
Damit verbleiben die Entwürfe 1002, 1006 und 1008 im Verfahren und bilden die Engere Wahl. Sie
werden durch das Preisgericht schriftlich beurteilt.
5
(16:30 – 17:00 Uhr Pause)
Schriftliche Beurteilung des Preisgerichts
Entwurf 1002 „WEG – ORT – NACHBARN“
Positiv an diesem Entwurf ist hervorzuheben, dass durch das Abschneiden des einstigen Deportationsweges ein aktuell profaner Transitort in einen kontemplativen Gedenkort umgewandelt wird.
Die hohe Ummauerung dieses Raumes schafft erlebbar einen Ort der Leere, die das heterogene
Umfeld wirksam abschirmt.
Der so geschaffene geschützte Raum ermöglicht es Initiativen und zukünftigen Generationen, den Ort
immer wieder neu und aktiv zu bespielen.
Von der Ellen-Epstein-Straße aus weckt der massive Block die Neugier der Passanten.
Das Betreten des verschlossene Blocks kann ausschließlich durch eine Tür von der Quitzowstraße
aus erfolgen – die bewusste Handlung der Schlüsselbeschaffung stellt ein aktives Sich-Aneignen des
Ortes dar.
Eine Sensibilisierung für den Gegensatz zwischen dem aktuellen und dem historischen Ort erfahren
die Besucher/innen, indem sie den Schlüssel beim benachbarten Baumarkt, dem Discounter, bei der
Schule oder beim Verein „Sie waren Nachbarn“ beschaffen müssen.
Als positiv wird ebenfalls die tatsächliche Kennzeichnung der Deportationsroute im Stadtraum
gewertet. Die Markierung des Deportationsweges an den tatsächlichen Orten erweitert den
Wirkungskreis des Gedenkortes. Die Reduzierung der Markierung auf den Weg vom Sammellager in
der Levetzowstraße sollte allerdings exemplarisch begriffen werden, da dies nicht die einzige
Deportationsroute gewesen ist. Bemängelt wurde die niedrige Anbringungshöhe der Schilder in Bezug
auf deren Gestaltung und Größe. Die Kennzeichnung über QR-Codes sollte überdacht werden. Die
Aktualisierung der Website ist nicht geklärt, ebenso die Beteiligungsstruktur.
Kontrovers diskutiert wurden die hermetische Verschließung des Raums und die Prozedur der
Schlüssel-Beschaffung. Die öffentliche Grünfläche müsste bei Realisierung des Entwurfs entwidmet
werden.
Schriftliche Beurteilung des Preisgerichts
Entwurf 1006 „DER HAIN – nach der Deportation“
Durch das Medium der Anamorphose wird ein Perspektivwechsel provoziert. Das Aufsuchen der
Bilder in der Spiegelung kann aktiv betrieben werden, analog wird die verzerrte Erinnerung/Geschichte
reflektiert. Im Ergebnis wird eine eindrückliche abstrahierte Darstellung der Situation nach der
Deportation erkennbar.
Der vorgefundene Stadtraum wird sensibel gestaltet und der Baumbestand zu einem Hain erweitert,
der von weitem erfahrbar ist (zumindest später, wenn die Bäume größer sind). Er stellt einen klaren
Gegensatz zum umgebenden verkehrsreichseichen Gewerbegebiet dar.
Es entsteht ein ruhiger Rückzugsort, der Raum für persönliches Gedenken bietet und auch Gruppen
zur Vermittlung aufnehmen kann.
Das Preisgericht würdigt die Aufbringung des Satzes „von hier fuhren Züge ins Gas“ auf der Exedra,
wie er auch auf der temporären Tafel der Initiative zu finden ist. Dadurch wird von der Ellen-EpsteinStraße die gewünschte Aufmerksamkeit erzeugt.
Alle Vorgaben der Ausschreibung werden erfüllt.
Dass die Bildmotive möglicherweise als historische Dokumente gelesen werden können, wurde von
Teilen des Preisgerichtes als problematisch empfunden. Die technische Umsetzung der Bodenbilder
muss nachgewiesen werden im Hinblick auf Dauerhaftigkeit und Sichtbarkeit. Die Thematisierung der
vorhandenen Gleissituation erscheint nicht konkret genug.
6
Schriftliche Beurteilung des Preisgerichts
Entwurf 1008 „Hain“
Als tragende Idee des Entwurfes wird der Gedenkort durch einen Hain aus 24 Kiefern definiert. Ein
scheinbar deplatziertes und irritierendes Landschaftselement ist aus Sicht der Verfasser die
angemessene Annäherung an diesen lange vernachlässigten Unort.
Die Intervention schafft einen eindeutigen Ort, der sich dem räumlichen Kontext entzieht und in der
Vorstellung der Betrachter vielfältige Bilder und Assoziationen erzeugt. Durch das Wachsen der
Vegetation wird die vierte Dimension, die Zeit, als Teil des historischen Ortes erlebbar.
Das wesentliche Relikt der Gleisfragmente aus verschiedenen Zeitabschnitten wird ergänzt und bildet
– eingebettet in das schlüssige Gesamtkonzept – den Kern dieses transitorischen Ortes, der die
Schwelle zwischen Berlin und den Todeslagern war. Durch das Entfernen der acht vorhandenen
Linden, deren Pflanzung an diesem Ort bedauert wird, ist die formale Auslobung zwar nicht
eingehalten, jedoch scheint der Mehrheit des Preisgerichts in der Abwägung zwischen Ökologie und
historischem Ort diese Überschreitung konsequent und richtig. Eine Kostenüberschreitung muss sich
daraus nicht zwingend ergeben. Ob die Integration der Linden konzeptgängig ist, sollte jedoch geprüft
werden.
Die besondere Qualität und Angemessenheit des Entwurfes ergibt sich aus der Kohärenz einer Idee,
ihrer Lesbarkeit und einer abstrakten Neuinterpretation des authentischen Ortes, Gleis 69 Moabit.
Im Anschluss wird ein Meinungsbild zur Rangfolge durchgeführt und mit folgendem Ergebnis
abgestimmt:
1. Rang Entwurf 1008: 6 Ja-Stimmen
2. Rang Entwurf 1002: 6 Ja-Stimmen
3. Rang Entwurf 1006: 5 Ja-Stimmen
Der Antrag zur Umwidmung der ausgelobten Anerkennung in einen 3. Preis wird mit 5 Nein-Stimmen
abgelehnt.
Die Vergabe der Preise und der Anerkennung wird mit folgendem Ergebnis abgestimmt:
1. Preis Entwurf 1008: 6 Ja-Stimmen
2. Preis Entwurf 1002: 6 Ja-Stimmen
Anerkennung Entwurf 1006: 5 Ja-Stimmen
Realisierungsempfehlung
Entwurf 1008 wird mit 6-Ja Stimmen zur Realisierung empfohlen.
Ebenfalls mit 6 Ja-Stimmen wird folgende Empfehlung des Preisgerichts beschlossen: Sollten die
Verhandlungen mit dem ersten Preisträger im Hinblick auf die Überarbeitung zur Realisierung nicht
erfolgreich sein, soll mit dem zweiten Preisträger über eine Überarbeitung zur Realisierung verhandelt
werden.
Zu
TOP 6 Abschluss der Preisgerichtssitzung
Die Vorprüfung wird einstimmig entlastet.
7
Im Anschluss wird die Anonymität durch Öffnen der Verfasserumschläge aufgehoben:
Entwurf 1001: Katharina Heilein
Entwurf 1002: Katharina Hohmann
Entwurf 1003: Viktor Kégli
Entwurf 1004: Oscar Ardila
Entwurf 1005: Daniel Seiple
Entwurf 1006: Andrea Zaumseil
Entwurf 1007: Albert Weis
Entwurf 1008: raumlabor berlin
Entwurf 1009: Georg Winter
Die Wettbewerbsteilnehmer/innen werden telefonisch von Frau Sander als Vertreterin des Auslobers
über das Ergebnis des Kunstwettbewerbs benachrichtigt.
Die Wettbewerbsausstellung wird vom 25. August bis 2. September 2016 jeweils von 12.30 bis 20.00
Uhr im Auditorium des Dokumentationszentrums Topographie des Terrors stattfinden.
Die Vorsitzende Frau Prof. Dr. Endlich bedankt sich bei den Anwesenden für die engagierte
Diskussion und gibt den Vorsitz zurück an die Vertreterin des Auslobers Frau Sander.
Frau Sander dankt der Vorsitzenden für die gute Gesprächsleitung, die maßgeblich zum konstruktiven
Verlauf dieser Preisgerichtssitzung beigetragen hat.
Frau Weißler versichert, sich für die Umsetzung der Empfehlung des Preisgerichts einzusetzen und
spricht allen am Verfahren Beteiligten ihren Dank aus.
Gez.
Prof. Dr. Stefanie Endlich, Vorsitzende des Preisgerichts
8
N ichtoffener Kunstwettbewerb
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Sitzung des Preisgerichts
Donnerstag6'1t). August 2016 ab 10.00 Uhr
Rathaus Tiergarten
Ort:
Mathilde-Jacob-Platz
Balkonsaal, 1. OG
1
10551 Berlin
Anwesenheit
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Prof. Dr. Stefanie Endlich
Kunstpublizistin
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Josefine Günschel
Bildende Künstlerin
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Prof. Dr. Andreas Nachama
Geschäftsführender Direktor der
Stiftung Topographie des Terrors
Dr. Christine Regus
entschuldigt
Referatsleiterin Archive, Bibliotheken, Gedenkstätten, Museen
und Einrichtungen bildender Kunst
Der Regierende Bürgermeister von Berlin
Senatskanzlei- Kulturelle Anqeleqenheiten
Sabine Weißler
Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur, Umwelt und Naturschutz
Bezirksamt Mitte von Berlin
Susanne Ahner
Bildende Künstlerin
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Susanne Bayer
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Bildende Künstlerin
Charlotte Kaiser
Gestalterin, lT'S ABOUT
stellvertretende
Britta Scherer
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Wissenschaftliche Referentin bei der
entschuldigt
Stiftung Topographie des Terrors
Carsten Spallek
Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und
Ordnung, Bezirksamt Mitte von Berlin
entschuldigt
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N ichtoffener Kunstwettbewerb
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Sitzung des Pleisgerichts
DonnerstagTl8. August 2016 ab 10.00 Uhr
Ort:
Rathaus Tiergarten
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Balkonsaal, 1. OG
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1
10551 Berlin
Anwesenheit
Katrin Sander
Referentin für Kunst im Stadtraum
Der Regierende Bürgermeister von Berlin,
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Michaela Werner
Gedenkstätten und Museen zum NS-Bereich
Der Regierende Bürgermeister von Berlin
Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten
Dr. Ute Müller-Tischler
Leiterin des Fachbereichs Kunst und Kultur
Bezirksamt Mitte von Berlin
Sigrid Schulze für Kerstin Sittner-Hinz
Mitte Museum
Bezirksamt Mitte von Berlin
Judith Laub
Koordinatorin Geschäftsstelle Kunst im Stadtraum
Bezirksamt Mitte von Berlin
Guido Schmitz
Leiter des Fachbereichs Denkmalschutz
Bezirksamt Mitte von Berlin
Bernd Tepper
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entschuldigt
entschuldigt
Abt. Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung,
Fachbereich Straßen- und Grünflächenamt /
Straßenverkehrsbehörde
Bezirksamt Mitte von Berlin
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Andreas Szagun
Autor des Gutachtens ,,Deportationsgleise auf dem
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Geschäftsführung Berliner Forum für Geschichte und
Gegenwart e.V.
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Expansionsleiter der Hellweg-Gruppe
Martin Schönfeld
Büro für Kunst im öffentlichen Raum,
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Dorothea Strube
Kunstvermittlung
Marina Wesner
Architektin, Kostenprüfung
Aline Graupner
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N ichtoffener Kunstwettbewerb
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Sitzung des Preisgerichts
Donnerstag,'18. August 2016 ab 10.00 Uhr
Ort:
Rathaus Tiergarten
Mathilde-Jacob-Platz
Balkonsaal, 1. OG
1
10551 Berlin
Anwesenheit
Gäste
Dr. Thomas Abel
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Robert Günther
Fachleiter im FB Bildende Kunst, Theodor-Heuss-Schule
Vera Morgenstern
Vorstandsm itglied SPD-Fraktion,
Bezirksverordnetenversammlung Berlin Mitte
SPD-Vertreterin in AG-Geschichte
Christiane Hoff
Die Linke-Fraktion, Bezirksverordnetenversamm lung Berlin
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Nichtoffener Kunstwettbewerb
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Bericht der Vorprüfung
zur Sitzung des Preisgerichts am 18. August 2016
Auslober
Land Berlin, vertreten durch
Der Regierende Bürgermeister von Berlin,
Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten
Kunst im Stadtraum
in Zusammenarbeit mit dem
Bezirksamt Mitte von Berlin
Fachbereich Kunst und Kultur
Wettbewerbssteuerung
Katrin Sander
Referentin für Kunst am Bau
Der Regierende Bürgermeister von Berlin,
Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten
Wettbewerbsbetreuung
Dorothea Strube, Kunstvermittlung
Vorprüfung
Marina Wesner, Architektin
Dorothea Strube, Kunstvermittlung
Berlin, August 2016
2
Inhalt
1. Kunstwettbewerb
1.1 Verfahren und Grundlagen
1.2 Eingeladene Künstlerinnen und Künstler
1.3 Preise und Anerkennung, Kostenrahmen Realisierungssumme
1.4 Preisgericht
1.5 Beurteilungsverfahren
2. Sachliche Vorprüfung
2.1 Einlieferung der Arbeiten, Anonymisierung
2.2 Ablauf der Vorprüfung
2.3 Vollständigkeit der Arbeiten
2.4 Inhaltliche Prüfung
2.5 Kostenprüfung
2.6 Einbeziehung der Sachverständigen
3. Fachliche Vorprüfung
3.1 Kostenübersicht
3.2 Einzelberichte zu den Arbeiten 1001 bis 1009
3
4
1. Kunstwettbewerb
1.1 Verfahren und Grundlagen
Der Wettbewerb wurde als Nichtoffener Kunstwettbewerb ausgelobt. Die Ausschreibung
erfolgt nach den Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2013), soweit diese für
Kunstwettbewerbe anwendbar sind.
Grundlage des anonym durchgeführten Kunstwettbewerbs sind neben der Auslobung vom
April 2016, das Ergebnisprotokoll des Einführungskolloquiums vom 1. April 2016 und die
Beantwortung der bis einschließlich 22. April 2016 schriftlich gestellten Rückfragen.
1.2 Eingeladene Künstlerinnen und Künstler
Folgende 9 Künstlerinnen, Künstler und -gruppen sind zum Kunstwettbewerb eingeladen:
Oscar Ardila
Katharina Heilein
Katharina Hohmann
Viktor Kégli
Raumlabor
Daniel Seiple
Albert Weis
Georg Winter
Andrea Zaumseil
1.3 Preise und Anerkennung, Kostenrahmen Realisierungssumme
Der Auslober stellt eine Preissumme von insgesamt 3.500,00 Euro (brutto) zur Verfügung.
Es sollen ein 1. Preis à 2.000,00 Euro und ein 2. Preis à 1.000,00 Euro sowie eine
Anerkennung à 500,00 Euro vergeben werden.
Eine Änderung der Aufteilung der Preissumme bleibt dem Preisgericht vorbehalten.
Für die Realisierung der Kunst stehen insgesamt bis zu 130.000,00 Euro (brutto) zur
Verfügung. Darin enthalten sind alle Kosten für Honorare, Regie-, Material- und
Herstellungskosten einschließlich sämtlicher Nebenkosten.
Der Anteil des Künstlerhonorars soll mindestens ein Fünftel der Gesamtkosten betragen.
5
1.4
Preisgericht
Fachpreisrichter/innen
Prof. Dr. Stefanie Endlich, Kunstpublizistin
Josefine Günschel, Bildende Künstlerin
Christian Hasucha, Bildender Künstler
Prof. Wolfgang Lorch, Wandel Lorch Architekten
Ständig anwesende stellvertretende Fachpreisrichterin
Susanne Ahner, Bildende Künstlerin
Stellvertretende Fachpreisrichterinnen
Susanne Bayer, Bildende Künstlerin
Charlotte Kaiser, Gestalterin, IT’S ABOUT
Sachpreisrichter/innen
Prof. Dr. Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors
Dr. Christine Regus, Referatsleiterin, RBm Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten
Sabine Weißler, Bezirksstadträtin, Bezirksamt Mitte von Berlin
Stellvertretende Sachpreisrichter/innen
Britta Scherer, Wissenschaftliche Referentin bei der Stiftung Topographie des Terrors
Carsten Spallek, Bezirksstadtrat, Bezirksamt Mitte von Berlin
Sachverständige
Katrin Sander, Referentin für Kunst im Stadtraum, RBm Skzl – Kult
Michaela Werner, Gedenkstätten und Museen zum NS-Bereich, RBm Skzl – Kult
Dr. Ute Müller-Tischler, Leiterin des Fachbereichs Kunst und Kultur, BA Mitte von Berlin
Kerstin Sittner-Hinz, Leiterin Mitte Museum, BA Mitte von Berlin
Judith Laub, Koordinatorin Geschäftsstelle Kunst im Stadtraum, BA Mitte von Berlin
Guido Schmitz, Leiter des Fachbereichs Denkmalschutz, BA Mitte von Berlin
Bernd Tepper, FB Straßen‐ und Grünflächenamt, BA Mitte von Berlin
Dr. Akim Jah, Politikwissenschaftler
Andreas Szagun, Autor des Gutachtens „Deportationsgleise auf dem Güterbahnhof Moabit“
Monica Geyler-von Bernus, Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart e.V.
Frank Dressel, Expansionsleiter der Hellweg-Gruppe
Martin Schönfeld, Büro für Kunst im öffentlichen Raum, Kulturwerk des bbk Berlin GmbH
Vorprüfung
Dorothea Strube, Kunstvermittlung
Marina Wesner, Architektin
Aline Graupner, Mitarbeiterin der Vorprüfung
Gäste
Dr. Thomas Abel, Sie waren Nachbarn e.V.
Mechthild Merfeld, Sie waren Nachbarn e.V.
Oliver Geiger, Nachbarschaftsinitiative Thomasiusstraße
Robert Günther, Fachleiter im FB Bildende Kunst, Theodor-Heuss-Schule (01K10)
Vera Morgenstern, Vorstandsmitglied SPD-Fraktion, BVV Berlin-Mitte
Christiane Hoff, Die Linke-Fraktion, BVV Berlin-Mitte
6
1.5
Beurteilungsverfahren
Die Wettbewerbsbeiträge wurden vorgeprüft, werden dem Preisgericht vorgestellt und durch
die Vorprüfung erläutert. Dem Preisgericht werden die Ergebnisse der Vorprüfung als
Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt, die abschließende und verbindliche Beurteilung
der Arbeiten bleibt dem Preisgericht vorbehalten.
Die Beurteilungskriterien ergeben sich aus der Aufgabenstellung und den in der Auslobung
beschriebenen Zielvorstellungen des Auslobers.
Diese sind (in der Reihenfolge ihrer Priorität):
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
Entwurfsidee und künstlerischer Leitgedanke
gestalterische Umsetzung
räumliche Einbindung
Nachhaltigkeit in der Wirkung
Funktionalität, technische Machbarkeit, Berücksichtigung der Rahmenbedingungen
Nachhaltigkeit
Umweltverträglichkeit
Wirtschaftlichkeit in Erstellung und Unterhalt
2. Sachliche Vorprüfung
2.1
Einlieferung der Arbeiten, Anonymisierung
Die Wettbewerbsarbeiten waren bis 14. Juli 2016, 16.00 Uhr im Büro Strube, Danziger
Straße 52, 10435 Berlin abzugeben oder bis zum 14. Juli 2016 bei der Post oder anderen
Transportunternehmen aufzugeben.
Neun Wettbewerbsarbeiten gingen in allen Teilen erkennbar termingerecht ein. Acht
Arbeiten wurden persönlich abgegeben und der Empfang quittiert. Eine Arbeit wurde per
Post eingereicht, wobei durch Strichcode die fristgerechte Einreichung festgestellt worden
ist.
Die Wettbewerbsarbeiten wurden von einer Mitarbeiterin der Vorprüfung registriert,
ausgepackt und die Kennziffern der Verfasser/innen mit einer vierstelligen Tarnzahl von
1001 bis 1009 verdeckt. Die Reihenfolge der Tarnzahlen lässt keinen Rückschluss auf die
des Eingangs der Arbeiten zu.
Die Zuordnung zwischen Kennzahlen der Verfasser/innen und den Tarnzahlen wurden in
einer Sammelliste erfasst und mit den ebenfalls getarnten Verfassererklärungen unter
Verschluss genommen.
2.2
Ablauf der Vorprüfung
Die Vorprüfung fand vom 19. Juli bis 16. August 2016 im Büro Dorothea Strube, Danziger
Straße 52, 10435 Berlin statt. Die Vorprüfung einschließlich der Kostenprüfung der
Wettbewerbsarbeiten erfolgte durch Marina Wesner (Architektin) und Dorothea Strube
(Kunstvermittlung).
7
2.3
Vollständigkeit der Arbeiten
Die Vollständigkeit der Arbeiten wurde gemäß Punkt 1.12 der Auslobung geprüft und das
Ergebnis in einer Prüftabelle notiert. Alle eingereichten Arbeiten waren vollständig und
grundsätzlich prüfbar.
Leistung / Tarnzahl
1001
1002
1003
1004
1005
1006
1007
1008
1009
Entwurfsdarstellung
Modell/Materialprobe
--
--
--
--
Materialprobe
--
Modell
--
--
Erläuterungsbericht
Imagebild
Kostenzusammenstellung
Verfassererklärung
Verzeichnis Unterlagen
Leistungen digital
2.4
Inhaltliche Prüfung
Jede Arbeit wurde auf der Grundlage der Auslobungsunterlagen, des Ergebnisprotokolls
vom Einführungskolloquium sowie der schriftlichen Antworten auf die eingegangenen
Rückfragen geprüft und nach folgendem Gliederungsschema, das sich an den Kriterien der
Auslobung orientiert, kurz beschrieben:
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
Tarnzahl
Titel des Entwurfs (wenn vorhanden)
Imagebild zum Entwurf
Künstlerische Idee (Zitat der Verfasser/innen)
Entwurf (Beschreibung der konkreten Maßnahmen)
Standort (e)
Material und Konstruktion
Kosten
Folgekosten
Anmerkungen der Vorprüfung und der Sachverständigen
Die Arbeiten 1002, 1007 und 1008 haben die Vorgaben zu den Bearbeitungsbereichen
nicht eingehalten bzw. gehen über die ausgewiesenen Kunststandorte hinaus. Die
Vorprüfung bittet das Preisgericht, über die Zulassung dieser Beiträge zu
entscheiden.
2.5
Kostenprüfung
Die Angaben der Verfasser/innen zu den Kosten wurden bzgl. der Planungs- und
Herstellungskosten auf Plausibilität überprüft (siehe Tabelle Kostenübersichten und
Einzelberichte zu den Arbeiten).
8
Honorarangaben für die „künstlerische Idee“ wurden übernommen bzw. wenn diese weniger
als 1/5 des Gesamtkostenrahmens betrugen entsprechend erhöht.
Zu den anfallenden Reinigungskosten/Graffiti wurde im Sinne einer Vergleichbarkeit bei
großflächigen baulichen Vorschlägen im Gegensatz zu landschaftsgärtnerischen
Installationen 3.000,00 Euro netto/Jahr im Rahmen der Folgekosten angesetzt.
Bei den Angaben zu den Folgekosten/Stromkosten wurden im Sinne einer Vergleichbarkeit
einheitlich 30 Cent/Kilowattstunde (kWh) angesetzt.
2.6 Einbeziehung der Sachverständigen und Gäste
Im Rahmen der Vorprüfung hatten die Sachverständigen am 8. August 2016 die
Gelegenheit, die Wettbewerbsarbeiten zu begutachten. Die verschiedenen inhaltlichen
Aspekte und Hinweise der Sachverständigen wurden in die Einzelberichte aufgenommen.
Folgende Sachverständige und Gäste haben am Sachverständigenrundgang
teilgenommen:
Dr. Ute Müller-Tischler, Leiterin des Fachbereichs Kunst und Kultur, BA Mitte von Berlin
Judith Laub, Koordinatorin Geschäftsstelle Kunst im Stadtraum, BA Mitte von Berlin
Andreas Szagun, Autor des Gutachtens „Deportationsgleise auf dem Güterbahnhof Moabit“
Monica Geyler-von Bernus, Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart e.V.
Frank Dressel, Expansionsleiter der Hellweg-Gruppe
Martin Schönfeld, Büro für Kunst im öffentlichen Raum, Kulturwerk des bbk Berlin GmbH
Mechthild Merfeld, Sie waren Nachbarn e.V.
Christiane Hoff, Die Linke-Fraktion, BVV Berlin-Mitte
9
3. Fachliche Vorprüfung
3.1 Kostenübersichten
10
3.2
Einzelberichte zu den Arbeiten 1001 bis 1009
11
1001
"So viele Stimmen | so viele Fragen."
Künstlerische
Idee
Die Deportationen auf den Rampen wurden […] einerseits von den Betroffenen in
ihrer direkten, schrecklichen Wirklichkeit erlebt und gleichzeitig wurde von vielen
Nicht-Betroffenen beobachtet und zugehört. Diese parallele Erfahrbarkeit des Ortes
soll heute wiederhergestellt werden, um das Gedenken an die deportierten
Menschen mit der Frage nach der Entwicklung von Haltungen beim Zuschauen und
Zuhören zu verbinden.
Das Hineinversetzen in die damalige Wirklichkeit des Deportationsortes [soll]
verstärkt werden durch die Errichtung einer Silhouette des ehemaligen
Bahndammes. Was früher die Einsehbarkeit der Militärrampe und des Gleises 69
eingeschränkt hat, soll heute die Sichtbeziehung zwischen dem Mahnmal auf der
Putlitzbrücke und dem Gedenkort ermöglichen.
Entwurf
Gestaltung eines „Möglichkeitsraumes“ für öffentliche Veranstaltungen mit
Wand aus mit bis zu 4 m senkrecht aufragenden Cortenstahlprofilen („Silhouette
des ehemaligen Bahndamms“) entlang der Grundstücksgrenze/“Lidl“ auf mit
Cortenstahl verkleidetem Sockel mit Beschriftung der Gleisnummern 69, 81 und
82; Sichtbeziehung zur Putlitzbrücke.
Berankung der Profile mit Weinreben (Pflanztrog im Sockel), „die im
Hebräischen als gefen bekannte Weinrebe ist eine Kletterstaude aus der
Gattung Vitis […]. Die Weintraube spielt bei vielen Regelungen aus der Torah,
die das jüdische Miteinander beschreiben, eine symbolische Rolle. Auch der
Talmud vergleicht im Traktat Chulin das Volk Israel mit einem Weinstock.“
Stützwand zur Ellen-Epstein-Straße aus Cortenstahl-Blech mit Schrifttafel (Info).
zwischen Weg und zentraler Fläche Geländemodellierung mit 3 SitzstufenElementen aus Holz (Zitat Eisenbahnschwellen)
Wildstaudenbepflanzung beidseitig des Erschließungsweges
zwischen aufragenden Profilen und Sitzstufen eine „Szenenfläche“ umgeben
von Gleisschotter mit Schriftinstallation/Zitat von Imre Kertész aus seinem
„Roman eines Schicksallosen“: „Wenn sie überhaupt fragen. Und wenn ich es
nicht selbst vergesse.“
Beleuchtung mit Bodenleuchten optional (außerhalb der Realisierungskosten)
12
1001
Standort
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstück 359 (Gedenkort/Grünfläche), Flurstück 360 optional (Beleuchtung)
„Silhouettenwand“
Unterkonstruktion: vor der bestehenden Stützwand Betonfundament als
Pflanztrog ausgebildet, Betonsockel (Länge 22 m, Höhe 1,15 m), mit
Cortenstahlplatten verkleidet
Senkrecht gestellte Cortenstahl-T-Profile unterschiedlicher Profilstärken und
Höhen sowie gegeneinander versetzt, insgesamt ca. 360 lfdm, max. 4 m hoch
Montage der drei Gleisnummern im Sockelbereich, Höhe jeweils 39 cm
Schriftwand
Betonfundament
Cortenstahlwand mit Aluminiumbuchstaben (insgesamt ca. 8 lfdm in Reihen,
Höhe 22,5 cm)
Bodenflächen
Grobplanum
Szenefläche aus geglättetem Beton, grau mit Inschrift, unregelmäßige Form,
21 m²
Restflächen bis zum historischen Gleis mit Gleisschotter bedeckt
Böschung zum Deportationsweg bleibt erhalten
Einbau von Eichenbohlen als Sitzflächen
Bepflanzung:
Böschung mit Wildstauden und Zwiebelpflanzen
Weinreben auf der Rückseite der Silhouettenwand (Rankhilfen)
Optional
Bodenleuchten im westlichen Streifen des Weges (3 St.), vor Schriftwand
(4 St.) und vor der Silhouettenwand (3 St.), ein ELT-Bodentank vor der
Silhouettenwand
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
37.044 € Planungskosten und Honorare (davon 11.094 € Künstlerhonorar)
92.002 € Material und Herstellungskosten
954 € Sicherheiten
144.400 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Das Künstlerhonorar wurde zu niedrig angesetzt und auf 20% erhöht.
Die Sicherheiten in der Herstellung sind sehr niedrig bemessen.
Im Gesamtkostenrahmen nur mit hohen Risiken realisierbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
Anmerkungen der
Vorprüfung und
Sachverständigen
35.700 € / 10 Jahre
für Pflege:
0€
für Wartung: 35.700 €
Strom:
0€
Nachweis der Stabilität der Cortenstahlwand gegen Erddruck
Geglätteter Beton auf Rutschfestigkeit zu prüfen
Gleisschotter nicht barrierefrei
Die optionalen Beleuchtungsmittel sind nicht in den Kosten enthalten (ca. 20.000 €).
Sichtbarkeit „Silhouettenwand“ von Putlitzbrücke bei Begrünung eingeschränkt.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
/
/
/
/
/
13
1002
Künstlerische
Idee
Entwurf
"WEG – ORT - NACHBARN"
[…] Aus der Stadt, dem urbanen Raum herausgenommen ist der Gedenkort
zunächst nicht betretbarer Ort. Eine Schrifttafel, vom Deportationsweg aus zu
sehen und zu erreichen, verschließt als Tor den Zugang und gibt Zeichen davon,
dass der Ort betreten werden kann. Der Innenraum ist nicht einsehbar. Mein
Gedenkzeichen besteht also in einem radikalen Herausnehmen eines Ortes aus
dem städtisch vernetzten und konnotierten Raum – auch seiner Kommerzialisierung. […] Es ist nicht unbedingt Bestandteil dieser Ausschreibung über das
Einbinden von Anderen nachzudenken. Ein starkes und wichtiges Element meines
Projektes jedoch ist die Einbeziehung der Nachbarn, die im Akt der Herausgabe
des Schlüssels und des Gästebuchs mit in die Verantwortung genommen werden.
Die Nutzung […] ist ein in die Zukunft gedachter Teil des partizipativen Konzeptes.
Mehrteiliger, partizipativer Vorschlag für den Gedenkort Güterbahnhof Moabit:
30 rechtwinklige Schilder an historischen Gaslaternenmasten markieren jeweils in
Sichtweite voneinander den Weg vom Sammellager Levetzowstraße zum geplanten
Gedenkort (Eingang Quitzowstraße an „einfachem Dispositiv“). Auf der dem
Passanten zugewandten Teil des Schildes das perforierte Wort „HIER“, auf dem
anderen Teil (beidseitig) ein Informationstext sowie ein QR-Code mit Zugang zu
mehrsprachigen Textinfos (dt./engl./hebr.), eingelesene Zeitzeugenberichte und
Bildmaterial. Informationen sollen auch als gedruckte Broschüre vorliegen.
Gedenkort als von Klinkermauer umschlossener und damit nicht einsehbarer Ort
(Flurstücke 359 und 360); an Mauer Ellen-Epstein-Str. das Wort „HIER“
großformatig als Backsteininschrift. Zugang mit Schlüssel über 2-flügeliges
Eisentor, welches zugleich Träger für Informationstext auf perforierter Tafel ist. Je
ein Gästebuch und ein Schlüssel für Zugang bei Theodor-Heuss-Schule, beim
Verein Sie waren Nachbarn sowie bei „Lidl“ und bei „Hellweg“ gegen Pfand.
Keine Gestaltungsvorschläge für Bereich innerhalb der Mauern; Nutzung des
Gedenkortes inhaltlich offen („gemeinsame Tätigkeiten, öffentliche Veranstaltungen
bzw. private Situationen…“); detaillierte Vorschläge für Zusammenarbeit u.a. mit
Schule und Verein bei Planung, Umsetzung und Vermittlung.
14
1002
Standorte
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstücke 359 und 360 sowie Wegmarkierung ehemaliges Sammellager bis
Gedenkort
Schilder:
30 Metallschilder an Laternenmasten, zweiteilig, 1 Platte 18 x 27 cm,
ausgelaserter Schriftzug „HIER“, 2. Platte rechtwinklig dazu, 18 x 18 cm,
Vorderseite Text, Rückseite QR-Code, lackiert oder galvanisiert, Anbringung
in ca. 2,20 m Höhe
Programmierung der Hintergrundinformation
Broschüre: Texte in Deutsch, Englisch und Hebräisch
Umfassungsmauer (ggfs. Herstellung als partizipatives Projekt)
Mauer: 36,5 cm dick, 465 cm hoch, Länge insgesamt 78 m
Fundament: Beton
Eisentor: 4 m breit, 3 m hoch, Text als Lochmuster im Tor eingeschrieben,
Texthöhe ca. 4 cm
Schlüssel
4 Schlüssel
4 Aufbewahrungskästen
4 Gästebücher
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
(130.500 € Gesamtkosten nach rechnerischer Prüfung)
36.500 € Planungskosten und Honorare (davon 26.000 € Künstlerhonorar)
88.940 € Material und Herstellungskosten
5.060 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
126.535 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Sicherheiten sind eingeplant.
Im angegebenen Kostenrahmen realisierbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
35.700 € / 10 Jahre
für Pflege:
0€
für Wartung: 35.700 €
Strom:
0€
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Lesbarkeit der Schilder ist zu prüfen.
Sicherheitsaspekt Schilder hoch, QR-Code Schilder relativ niedrig
Zugang bzw. Durchwegung von Ellen-Epstein-Straße versperrt (Flur 360
gewidmet als öffentliche Grünfläche); Umwidmung erforderlich
Die Sachverständigen schätzen die eingeschränkte Zugänglichkeit des
Gedenkortes sowie das Prozedere der Schlüsselausgabe als problematisch
ein.
Einfahrt zum Baumarkt „Hellweg“ durch Mauer weniger sichtbar (Sichtbarkeit
Einfahrt grundsätzlich problematisch wegen Lage hinter einer Kurve).
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
/
/
/
/
/
15
1003
" Voids – Die Umkehrung vom Gedanken des Sieges"
Künstlerische
Idee
Ausgangspunkt: Der in Vergessenheit geratene Deportationsbahnhof erfordert
eine Kennzeichnung des Ortes, um wieder sichtbar zu werden. So wird er physisch erfahrbar und zu einem neuen Erinnerungsraum. Das Denkmal ermöglicht
die Bewahrung der Historie in unserer Erinnerungskultur. Dafür werden Denkmäler gebaut. Mit ihrer symbolischen Aufladung verdinglichen sie vergangene
Ereignisse. Sie komplementieren unser Gesellschaftsbild.
Hintergrund: Die meisten Denkmäler heroisieren vergangene Geschehnisse
unabhängig von deren Ausgang. Ein Denkmal für einen Deportationsbahnhof
verweist nicht nur auf die Opfer, sondern auch auf die Mitwisser, die Weggucker,
auf alle Verantwortliche. Der Ort, an dem Vernunft und Moral einer allgemeinen,
grausamen Ignoranz weichen musste, ist ein Ort der Schande und Scham
geworden. Im Jahr 1791 wurde das Brandenburger Tor errichtet als ein Triumphtor, gekrönt von Victoria, die den Sieg in die Stadt hineinführt. Diese Symbolik
wird umgekehrt und so für den Un-ort eingesetzt.
Idee: Das negative Triumphtor ist die Umkehrung des Gedankens von Sieg.
Entwurf
Neue Platzanlage an Ellen-Epstein-Straße begrenzt durch diagonalen Riegel aus
5 mit Ziegeln gemauerten Baukörpern in Reihe. Baukörper als „negatives
Triumphtor“ entsprechen in ihren Proportionen den Durchgängen des Brandenburger Tores, sind jedoch in ihrer Größe in Bezug auf den Standort reduziert. Die
neuen Zwischenräume/Durchgänge haben Türrahmenbreite. „Die Platzierung soll
wie ein optischer Sperrriegel fungieren und die enge Bebauung der
Nachbargrundstücke in ihrer orthogonalen Ausrichtung diagonal aufbrechen.“
Das Gelände hinter den Baukörpern wird abgeböscht und mit einer niedrigen
Wildblumenwiese bepflanzt.
Im Bereich der verschütteten Gleisreste wird eine hohe Informationstafel
installiert, die optisch der auf Bahnhöfen üblichen Beschilderung in Material und
Farbigkeit entsprechen soll.
16
1003
Standort
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstücke 359 und 360
„Negatives Triumphtor“
Ein Fundament für alle Blöcke, 10,72 m lang, 2,14 m breit, 0,80 m tief
Blöcke: Betonkern, hohl, mit Mauerwerk verkleidet, 4 Blöcke á 1,43 m breit,
2,14 m tief, 5 m hoch, 1 Block 2,14 m breit, 2,14 m tief, 5 m hoch
Schild
Bedruckte Metallplatte, Breite 2,14 m, Höhe 1,43 m, Dicke 2 mm, Höhe
Texttafelmitte 2,14 m (Unterkante bei ca. 1,42 m)
Halterung: verzinkte Stahlrohre mit Betonfundament
Bepflanzung
Niedrige Wildblumenwiese
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
35.300 € Planungskosten und Honorare (davon 26.000 € Künstlerhonorar)
94.700 € Material und Herstellungskosten
0 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
130.000 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Sicherheiten wurden nicht angesetzt. Im angegebenen Kostenrahmen
realisierbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
35.700 € / 10 Jahre
für Pflege:
0€
für Wartung: 35.700 €
Strom:
0€
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Blöcke haben keine Mauerwerksmaße, so dass keine ganzen Steine genutzt
werden können Steine müssen geschnitten oder die Formate der Baukörper
entsprechend angepasst werden.
Mauerwerk lässt sich relativ schlecht von Graffiti o.ä. befreien.
Keine Berücksichtigung von Graffiti- oder Vandalismusschutz (Folgekosten)
Übernahme des Angebots von 1001
Lesbarkeit Informationstafel durch Höhe evtl. eingeschränkt (großes Schriftbild
nötig).
Genehmigung Untere Denkmalschutzbehörde für Standort Informationstafel
erforderlich.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
/
/
/
/
/
17
1004
"NACHBARGLEIS"
Künstlerische
Idee
Durch die geplante Landschafts- und Lichtintervention soll der Besucher das
Stück Gelände als die letzte Station des Deportationsweges identifizieren
können. Geschichtlichkeit und historische Bedeutung des Ortes werden dabei
durch das Erkennen von historischen Spuren wie dem Deportationsgleis 69, der
Militärrampe und dem Deportationsweg ins Gedächtnis gerufen.
Und die Intervention soll auch eine gedankliche Brücke zwischen den ehemaligen
und den gegenwärtigen Nachbarn und damit eine Art alternatives Gedenken
ermöglichen.
Ein wichtiger Punkt der Intervention ist auch die Visualisierung des Ortes für den
in geringer Entfernung passierenden (S-Bahn und Zug), wobei die
Lichtintervention in verkleinertem Maßstab den Grundriss des Deportationsweges
nachbildet.
Entwurf
Modellierung des gesamten Bearbeitungsbereiches mit Rasen-Terrassen und
neuer Wegeführung sowie Rampe zwischen Ellen-Epstein-Straße und Gleis 69.
Die Terrassen und der neue Weg orientieren sich in ihrer Form am Grundriss des
Deportationsweges durch Moabit, zusätzlich wird auf dem Weg durch eine
Lichtlinie der Deportationsweg in verkleinertem Maßstab nachzeichnet. Auf der
begehbaren Lichtlinie sind die jeweiligen Straßennamen angebracht.
An den Kanten der Terrassen/Stufen Schriftinstallation auf Stahlprofilen mit
Namen der 111 deportierten Nachbarn, die direkt am Weg zwischen Sammellager und Deportationsbahnhof gewohnt haben sowie „Sie waren Nachbarn“ und
„Wir sind Nachbarn“.
Vor dem Bereich des verschütteten Gleises 69 eine Terrassenanlage auf Niveau
der Militärrampe. Abgrenzung zu den Gleisresten mit Wand aus Cortenstahl als
Träger der Inschrift „Gleis 69“ sowie Textinformationen zum Gedenkort.
Entwurf einer eigenen Schrift für Gedenkort durch Verfasser/in (auf
Entwurfsdarstellung Schrift des Jüdischen Museums in New York von Sagmeister
& Walsh).
18
1004
Standorte
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstücke 359 und 360
Terrassierung
Terrassen aus Erdreich gebildet, Höhen zwischen 10 und 15 cm, Kanten aus
Cortenstahl, Namen in den Stahl graviert, Anordnung ergibt sich aus dem
ehemaligen Deportationsweg von der ehemaligen Synagoge aus
Terrassen mit Rasen bepflanzt
Boden
mit Steinplatten belegt (Padang – chinesischer Granit, 40 x 20 x 3 cm, Fuge 2
cm), Unterkonstruktion Sandbett und Tragschicht
Lichtinstallation in Form des Deportationsweges: Lineare Bodeneinbauscheinwerfer, WIBRE, div. Längen, komplett vergossen und begehbar, Breite
Lichtspalt 61 mm, auf den Lampen sollen die Straßennamen geschrieben
stehen.
Wand Cortenstahl
Gegenüber der noch stehenden Militärrampe, Höhe 94 cm, Länge 9 m,
rückseitige Versteifungsrippen, Fundament max. 40 cm tief
Auf der Rückseite Stufen zu einer Bühne in 90 cm Höhe
129.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
22.145 € Planungskosten und Honorare (davon 7.000 € Künstlerhonorar)
105.018 € Material und Herstellungskosten
1.837 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
146.733 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Künstlerhonorar im Verhältnis zur Realisierungssumme zu niedrig angesetzt
(5%), wurde auf Mindestsatz (20%) erhöht. Kosten detailliert und in den Höhen
grob nachvollziehbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
30.137 € / 10 Jahre
für Pflege:
10.000 €
für Wartung:
5.000 €
Strom:
15.137 €
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Stadträumliche Wirkung insbesondere bei Dunkelheit.
Sollte eine Leuchte ausfallen, muss das gesamte Beleuchtungselement inkl.
Fundamentierung ersetzt werden.
Die Bühne hinter der Cortenstahlwand befindet sich 90 cm oberhalb des
daneben liegenden Geländes (Gleisanlage), dafür Absturzsicherung benötigt.
Terrassen nicht barrierefrei zu erreichen.
Nachweis zu dauerhaft stabilem Bodenaufbau sowie Schutz des
Baumbestands im Bereich der Stufenanlage erforderlich.
Ansatz Stromkosten 30 Cent/kWh, Beleuchtungszeit 16 h/Tag, Leuchte je
Meter 36 W.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
/
/
/
/
/
19
1005
(ohne Titel)
Künstlerische
Idee
Im heutigen Zustand verweist der kleine Gleisabschnitt auf einen tiefen Riss im
Bewusstsein der Stadt und im Gefüge der Menschen. […] Unabhängig davon, ob
die Besucher den Rundgang von der Quitzowstraße oder der Ellen-EpsteinStraße aus betreten, werden sie mit dem tragischen historischen Bruch
konfrontiert. Von der Quizowstraße her kommend, wird man die letzten Schritte
des Deportationswegs nachvollziehen und sich die Masse der Menschen
vorstellen, die von hier aus deportiert wurde. Aus der anderen Richtung, von der
Ellen-Epstein-Straße her eintretend, wird man sich die geschichtliche
Verwobenheit mit der Stadt bewusst machen können. […] Dabei haben sowohl
die Wahl der Steine als auch die Wahl des Materials eine symbolische Funktion.
Entwurf
Am Eingang Quitzowstraße soll ein historisch nachempfundenes Straßenschild
mit der Aufschrift „Deportationsweg 1941–1945“ aufgestellt werden.
32.000 „Erinnerungssteine“ aus schwarzem Basalt werden auf dem schmalen
Grünstreifen entlang des Deportationsweges bis zum Bereich zwischen den
Schienen der Gleisanlage verlegt; im Bereich des gekappten Gleises läuft das
Mosaik zerfranst aus. Um das Gleis 69 stärker hervorzuheben, sollen die
Schienen aus dem Mosaik leicht hervortreten und die nicht befestigten Flächen
im Bereich der Gleisanlage mit schwarzen Basaltkieseln bedeckt sein.
Am Beginn des Deportationsweges eine Vertiefung innerhalb des Mosaiks mit
der Inschrift: „Deportationsweg (1941–1945) 32.000 Menschen wurden von
hier aus deportiert.“
Der Bearbeitungsbereich an der Ellen-Epstein-Str. wird in 7 breiten
Terrassenstufen abgetreppt und mit schwarzem Basaltkies belegt. Ein gezackter
„Riss“ analog des Weges vom Sammellager zum Deportationsbahnhof teilt die
Anlage. Der „Riss“ ist nachts beleuchtet, teilweise begehbar und zeigt an den
Innenwänden die jeweiligen Straßennamen.
Eine an die verstärkte Stützmauer zum „Lidl“-Gelände gelehnte Informationstafel
soll über den Ort sowie die Organisation und Infrastruktur der Deportationen
informieren (Abstimmung mit Beteiligten).
Die Grünflächen unter den Bäumen entlang der Zuwegung von der Ellen-EpsteinStraße werden gejätet und mit Mulch belegt.
Verwendung einer gebrochenen Schrifttype für Straßennamen.
20
1005
Standort
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstücke 359, 360 und 287 (Deportationsweg)
Deportationsweg
Am Rand des Durchgangsweges entsteht eine gepflasterte Fläche aus
Basaltsteinen (5 x 5 x 5 cm), die auf Höhe der Gleise rechtwinklig abknickt
und zwischen den Gleisen bis zur Grundstücksgrenze weiterläuft. Insgesamt
32.000 Steine, Unterkonstruktion Mörtelbett
Gleise
Mittig Basaltsteine (s.o.), seitlich kleinere Basaltkiesel
Treppen
Die Treppen beginnen parallel zu den Gleisen, 7 Stufen, Stufenhöhe 18 cm,
oberste Stufe auf +1,26 m
„Setzstufe“: einbetonierte Rasenkantensteine aus Basalt
„Trittstufen“: Basaltkiesel
Riss
Seitenwände aus Beton, oben auf 2-3 cm verjüngt, Straßennamen eingeprägt
Laufebene wie Gleisbett (~ 0,00 m)
Breite: Ellen-Epstein-Str. 5 cm, an den Gleisen 88 cm
Beleuchtung: LED-Leuchten in den Betonwänden im Abstand von 1 m
Stützwand/Stützwanne
L-förmige Betonfertigteile, zur Stützwand von „Lidl“ mit Erde gefüllt und
Basaltkieseln bedeckt
Informationen
Eingang Quitzowstr: historisierendes Straßenschild
Neue Stützwand: Dimensionierung und Design abzustimmen
Vegetation
Seitenflächen im Bereich der Rampe: Mulch
Basaltkiesel: Wildpflanzen sollen wachsen können, nur gelegentliches Kürzen
notwendig, bei den Gleisen ebenfalls regelmäßige Pflege
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
42.531 € Planungskosten und Honorare (davon 27.820 € Künstlerhonorar)
75.279 € Material und Herstellungskosten
12.190 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
117.810 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Sicherheiten und Unvorhergesehenes insg. 19.690 Euro für „weitere ästhetische
Ausarbeitung und Informationen“. Projekt ist im Kostenrahmen zu realisieren.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
14.307 € / 10 Jahre
für Pflege:
5.000 €
für Wartung:
3.000 €
Strom:
6.307 €
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Festlegung auf die Anzahl von 32.000 Deportierten erscheint problematisch
Korrektur der Zeitangabe Straßenschild: 1942 – 1945
„Riss“ benötigt partiell eine Absturzsicherung
Installation nicht in allen Bereichen barrierefrei zu erleben
Laub zwischen Basaltkiesel: Reinigung umständlich
Zustimmung Untere Denkmalschutzbehörde für Eingriff an Gleisanlage erforderlich
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
/
/
/
/
/
21
1006
"DER HAIN – nach der Deportation"
Künstlerische
Idee
Nach der Deportation: das ist ein anhaltender Zustand, der von den
unmittelbaren Minuten nach der Abfahrt der Züge in die Vernichtungslager bis
heute und darüber hinaus reicht. Der Entwurf knüpft an dem Beginn dieses
Danach an, in dem wir uns heute immer noch befinden.
Die Züge sind fort, zurück bleibt die Leere, die die Deportierten hinterlassen
mussten, auf ihrem letzten Weg liegen verstreut noch Habseligkeiten, die im
ungeordneten Aufbruch, Gedränge, Chaos zurückgeblieben sind. Im Haus der
Wannseekonferenz habe ich ein entsprechendes Foto aus Krakau gesehen […]
Dem Entwurf liegt also die Vorstellung zugrunde, wie die Straße, wie der Platz
vor der Rampe ausgesehen haben mag nach der Deportation.
Entwurf
Ausgleich des Gefälles zur Ellen-Epstein-Straße sowie Neupflanzung von 4
Lindenbäumen analog des Bestandes auf dem Flurstück 359 (Grünfläche);
Anlage von geschwungenen und ausfransenden Wegen sowie Platzsituation als
Pflasterung. Einheitliche Fassung der Gesamtfläche mit Vogelhecke entlang den
Grundstücksgrenzen und dem schmalen Grünstreifen am Deportationsweg.
Zugang von der Ellen-Epstein-Straße entsprechend verlegt.
Im oberen Teil des Geländes ein halbkreisförmiger Bogen aus Cortenstahl
(außen)/Spiegel-Edelstahl mit innenliegender Sitzbank („Exedra“); an der zur
Ellen-Epstein-Straße ausgerichteten Rückwand die große, ausgestanzte Inschrift
„VON HIER FUHREN ZÜGE INS GAS“.
In Sichtweite der „Exedra“ und in der Flucht des Deportationsweges eine
Installation für zwei anamorphotische Darstellungen über einen verspiegelten
Zylinder auf runder Plattform. Nur von bestimmten Standpunkten aus zeigt sich
eine Vorstellung vom Ort unmittelbar nach einer Deportation, „den Blick in beide
Richtungen, den der Opfer und den der Zuschauer“.
Aktualisierung der bestehenden Informationstafel/Quitzowstr. sowie zweite Tafel
in gleicher Bauart am Ende des Deportationsweges (Senke) in Sichtbeziehung.
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1006
Standort
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstücke 359 und 360 und 287 (Grünstreifen Deportationsweg)
„Exedra“
Kreisbogen aus Cortenstahl, Hohlkörper, Dicke 8 cm, Höhe 2 m, Breite 4,5 m
Innen: Sitzbank aus Holz
Außen: ausgestanzter Schriftzug, mit Spiegeledelstahl hinterlegt
Fundament: anscheinend betoniert
Zylinder mit Grundfläche
Zylinder: Edelstahl verspiegelt, Durchmesser 55 cm, Höhe 150 cm
Grundfläche: ebenerdige Plattform aus Spezialbeton, Gestaltung mit
zementechten Pigmenten , Fixativ und Bindemittel, abschließende
Hydrophobierung, Durchmesser: 200 cm
Einfassung: Streifen aus Pflastersteinen
Gelände
Gefälle der Senke wird der Rampe angeglichen
Bepflanzung – Durchwegung
Untergrund aufbereitet inkl. Drainage
4 Lindenbäume
Eine „Vogelhecke“ zieht sich dreiseitig um den Gedenkort und wird an der
Seite des Deportationsweges bis zur Quitzowstr. geführt (u.a. Holunder,
Felsenbirne, Schlehe, Wildrose, Heckenkirsche, Sanddorn, Jasmin, roter
Hartriegel). Ein Durchgang zur Ellen-Epstein-Straße bleibt bestehen.
Gedenkort: schlichte Wiese
Weg/Flurstück 360: aufgelöst; neue Zuführung von Ellen-Eppstein-Straße,
Pflasterung etwas schmaler, ausgefranst
Pflasterweg zur „Exedra“
2 Informationstafeln
Informationstafel in der Quitzowstraße bleibt erhalten (ggfs. aktualisiert)
zweite Informationstafel gleicher Art bei den Gleisen in Sichtbeziehung
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
49.500 € Planungskosten und Honorare (davon 25.000 € Künstlerhonorar)
79.000 € Material und Herstellungskosten
1.500 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
128.500 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Künstlerhonorar und Nebenkosten zu niedrig angesetzt, Ausgleich über hohe
Überarbeitungskosten.
Im angegebenen Kostenrahmen realisierbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
38.500 € / 10 Jahre
für Pflege:
3.000 €
für Wartung: 35.700 €
Strom:
0€
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Der/die Verfasser/in übernimmt in den ersten zwei Jahren für die Pflege der Hecken
und des Rasens die Verantwortung.
Ggfs. Beschädigung der Hecke bei Reinigung der „Hellweg“-Fassaden;
laut Sachverständigem/Fa. „Hellweg“ uneingeschränkter Zugang für Reinigung nötig.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
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/
/
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23
1007
"retour"
Künstlerische
Idee
Die Skulpturen beschreiben den Weg der Deportation zum Ausgangsort zurück
und verweisen so auf das Leben davor, das in Erinnerung behalten werden soll.
Sie verweisen auf die sozialen, technischen und kulturellen Leistungen, die mit
dem Mord an den Juden jäh beendet wurden.
Nicht zuletzt verweisen sie auf die menschliche Tragödie, den Verlust. […]
Über seine charakteristischen Formen behaupten sich die beiden Skulpturen
gegenüber den Werbeschildern von Lidl und Hellweg-Baumarkt. Wie zwei Blitze
zeigen sie auf den Ort des Schreckens, den Ort, von dem aus die Deportationen
in die Vernichtung führten.
Entwurf
Bewusst minimale Gestaltung der Freifläche durch mittelkörnige Splitschicht
(Begrenzung Wildwuchs sowie bessere Betretbarkeit) sowie Berankung der
seitlichen Schrägen mit Wildrosen.
Im Bereich der gekappten Gleise zwei unterschiedlich gezackte Lichtstelen mit
einer Höhe von ca. 14 Metern. Die unterschiedlichen Formen beziehen sich auf
die Deportationswege von den Sammellagern Levetzowstraße und Große
Hamburgerstraße (ab Nov. 1942) zum Deportationsbahnhof. Die Stelen leuchten
leicht bläulich (Neon).
In Richtung Ellen-Epstein-Straße eine große Wandscheibe aus Edelstahl. Zur
Straße ausgebildet als Informationsträger mit matt-weißem Grund, und mit der
Seite zu den Skulpturen silbern verspiegelt.
Farbigkeit weiß/blau in Bezug zur jüdischen Ritualkleidung.
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1007
Standort
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstück 359
Stelen
Form der Stelen greifen die Wege vom Sammellager zum Güterbahnhof auf
Die Stelen stehen genau an den Punkten, an denen die historischen Gleise
gekappt wurden
Polierter Edelstahl, zwei U-Profile jeweils an den Stegen verschweißt
Höhe 14 m
Fundament: Sockel, jeweils ca. 2 m tief
Ggf. gegenseitige Aussteifung über Streben
Erster Knick der Streben erst oberhalb von 2,5 m
In den U-Profilen werden Neonleuchten befestigt, Licht „Klarglas blau“
Transformatoren seitlich der Installation in einer belüfteten Elektronikbox aus
Beton und Stahl
Boden
mit mittelkörniger Splitschicht bedeckt
seitliche Schrägen mit wilden Rosen
Edelstahl-Scheibe
Höhe 1,7 m, Breite 3 m, keine Angaben zur Wanddicke
Seite zu den Skulpturen: silbern, verspiegelnd
Seite zur Ellen-Epstein-Straße: matt-weiß pulverbeschichtet mit Schrift und
Bildern, eingraviert oder geätzt
Fundament
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
35.000 € Planungskosten und Honorare (davon 25.000 € Künstlerhonorar)
95.000 € Material und Herstellungskosten
€ Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
130.000 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Keine Sicherheiten angesetzt, hohes Unvorhergesehenes.
Künstlerhonorar zu niedrig, wurde angeglichen.
Insgesamt im angegebenen Kostenrahmen realisierbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
32.676 € / 10 Jahre
für Pflege:
3.000 €
für Wartung: 17.850 €
Strom:
11.826 € (bei durchschnittlichem Betrieb von 12 Std./Tag)
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Standort der Skulpturen ist ggfs. zu korrigieren, da Gleisverlauf nicht gerade
(in Bezug auf das künstlerische Konzept).
Bei Stelen im Bereich der gekappten Gleise sind Möglichkeiten der
Fundamentherstellung auch hinsichtlich einer Genehmigung durch Untere
Denkmalschutzbehörde zu prüfen.
Barrierefreiheit durch Splitschicht eingeschränkt.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
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1008
"Hain"
Künstlerische
Idee
Ein gepflasterter Weg zwischen Lidl und Hellweg, ein abgesenktes Stück
verwilderte Wiese, ein halb zugewachsenes Gleis. Eine unvollständig angelegte,
nicht nachvollziehbare Lindenallee. Hundekot. Direkt zum Weg gerichtet das
große Schild „Hellweg - Ideen muss man haben“. Höllenweg. Der Ort wirkt wie
die Inszenierung eines bitterbösen Kunstwerkes. Klarer, banaler, zynischer kann
man das systematische Wegsehen, welches genau an diesem Ort vor 75 Jahren
stattgefunden hat, nicht reinszenieren. Die völlige Abwesenheit von Empathie
macht betroffen, traurig und ratlos. […]
In unserem Entwurf versuchen wir diesen Ort in seiner heutigen Absurdität zu
akzeptieren, die einzelnen Zeitschichten lesbar zu machen und dem Ort trotz all
seiner Unwirtlichkeit so etwas wie Würde zu geben.
Entwurf
Freilegung und Fassung des erhaltenen Gleisabschnitts mit Schwellen, Ergänzung mit Betonfertigteilen an der nördlichen Seite; Auffüllen mit Eisenbahnschotter. Entfernung der als Ausgleichsmaßnahme gepflanzten acht Lindenbäume.
Pflanzung eines Hains aus 24 Waldkiefern auf dem gesamten Areal (auch im
Bereich des gepflasterten Weges), um „das Gedenkfeld damit aus seiner
Umgebung zu heben“. „Als deplatziertes Fragment eines Kiefernwaldes in diesem unwirtlichen Kontext, entsteht eine Verbindung zur Landschaft. Genau wie
das Fragment des Gleises 69 eine Verbindung zu den Orten der Ausgrenzung
und Vernichtung herstellt, die heute noch als authentische Orte existieren.“
Die Kiefern haben eine Höhe von 5-7 m zum Zeitpunkt der Pflanzung, sie
erreichen nach 30 Jahren eine Höhe von ca. 30-35 m. In den ersten 10 Jahren
werden die Stämme bis zu einer Höhe von 4 m weiß gekalkt. Analog zum
Mahnmal/Levetzowstraße 2 Informationstafeln an Ellen-Epstein-Straße und
Quitzowstraße mit Zeitzeugenberichten, Abbildung vom Deportationsweg sowie
Informationen zur Geschichte des Gedenkorts.
26
1008
Standort
Material und
Konstruktion
Flurstücke 359 und 360
Deportationsweg und Gleis 69
▪ Dauerhafte Entfernung der Vegetation vom Gleiskörper
▪ Bahnübergang mit in Metall gefassten Betonfertigteilen
▪ Kante zur Restfläche aus 15 mm starkem Cortenstahl über gesamte Breite
▪ Schwellen sichtbar, mit Eisenbahnschotter aufgefüllt
Kiefernhain
▪ Entfernung der vorhandenen 8 Lindenbäume
▪ Aushub für Neupflanzungen als Ausgleich für die Böschung
▪ Böschung mit Granitschotter
▪ Zaun zur Ellen-Epstein-Straße beseitigt, stattdessen drei große
Granitrandsteine zur Begrenzung und als Sitzgelegenheit
▪ 24 Waldkiefern, gepflanzt mit 5-7 m Höhe, Stammumfang 35-40 cm,
Kronendurchmesser 3-4 m (nach ca. 30 Jahren Höhe von 30-35 m,
geschlossenes Baumdach)
Erste 10 Jahre: 4 m der Stämme mit Kalkanstrich geweißt, soll von
Verfasser/in alle drei Jahre erneuert werden
2 Informationstafeln
Cortenstahl-Tafeln an Ellen-Epstein-Straße und an Quitzowstraße in
Ausführung wie Informationstafeln am Mahnmal/Levetzowstraße
Kosten
(brutto)
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
34.500 € Planungskosten und Honorare (davon 26.000 € Künstlerhonorar)
95.500 € Material und Herstellungskosten
0 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
180.000 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Nebenkosten auf den Mindestsatz angehoben; Reserven in anderen Positionen
vorhanden. Mehrkosten für Entfernung der 8 Linden/Ausgleichspflanzungen
(siehe Anmerkung der Vorprüfung) nicht in Kostenzusammenstellung aufgeführt
und daher bei Kostenprüfung entsprechend den Angaben vom Amt für Umwelt
und Naturschutz berücksichtigt.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
15.900 € / 10 Jahre
für Pflege:
10.900 €
für Wartung:
5.000 €
Strom:
0€
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Kosten für Umsetzen der 8 Linden lt. Aussage vom Amt für Umwelt und Naturschutz
ca. 50 – 80.000 € bzw. Kosten für Baumfällungen und Neupflanzung bis zu 50.000 €
(nach Recherche der Vorprüfung bei Baumschulen Reduzierung bei Neupflanzung auf
weniger als die Hälfte der durch das Bezirksamt veranschlagten Kosten möglich);
zusätzlich Standortsuche erforderlich.
Kronenumfang der geplanten Kiefern bei Pflanzung ca. 1,5 – 2 m
Pflegekonzept erforderlich: im 1. Jahr Fertigstellungspflege, vom 2. bis 3. Jahr
Entwicklungspflege
Ggf. Schutz mit Baumscheiben erforderlich sowie zusätzliche Bewässerungsgänge
Ggfs. Maßnahmen zum Schutz der Rigole (Wurzeln)
Planungs- und Pflegeleistungen sind professionell auszuschreiben.
Barrierefreiheit auf dem Untergrund eingeschränkt.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
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27
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1009
"von Wohnung zu Wohnung
Künstlerische
Idee
Das künstlerische Konzept sieht die Erweiterung der Gedenkstätte vom
Gedenkort Güterbahnhof Moabit in das gesamte Stadtgebiet Moabit vor.
Rückwirkend auf den Ort und seine Lebendigkeit ist wiederum das Engagement
der Moabiter Bewohnerinnen und Bewohner aus den Wohnungen, Schulen,
Vereinen heraus in den Erinnerungsraum. […]
Der Deportation an Orte der Verantwortungslosigkeit geht der Entzug von
Wohnung voraus. Die Sicherheit der Wohnung gibt den Spielraum
verantwortlich nach Innen und Außen zu handeln. […]
Entwurf
Mehrteilig angelegtes, partizipatives Konzept zur „aktiven Erinnerungs- und
Nachbarschaftsarbeit“: Druck einer Broschüre (mehrsprachig) zum historischen
Sachverhalt und dem „Gedenkraum am Güterbahnhof Moabit“. Kommunikation,
Abstimmung und Erarbeitung eines „Moabiter Nachbarschaftsvertrages“, der
„gemeinsam auf der inhaltlichen Basis Punkte des nachbarschaftlichen
Verhaltens sammelt, die notwendig sind um zukünftig einen Zusammenhalt so
zu formen, dass Nachbarn sich respektieren, sich füreinander einsetzen und
damit die Wiederholung der traurigen Ereignisse verhindern. […] Der Moabiter
Nachbarschaftsvertrag [‚soziale Plastik‘] wird unterzeichnet und schafft eine
Verbindung aus den Wohnungen der Beteiligten in den Erinnerungsraum
Güterbahnhof Moabit.“
Erinnerungsraum Moabit – Moabiter Nachbarschaftsabkommen"
Bau eines Gebäudes mit umgebender Neubepflanzung an der Ellen-EpsteinStraße als „Erinnerungsraum Moabit“. Dieser Raum soll als Skulptur eine
Nutzung beinhalten, die der „Beheimatung von Gedenken entgegenkommt“. Im
Inneren soll der Moabiter Nachbarschaftsvertrag weitergeführt werden, Regale
mit Gegenständen, Büchern und Materialen sowie Mobiliar. An der Vorderseite
zur Ellen-Epstein-Straße soll eine Vitrine das Innen und das Außen verbinden.
Über die gemeinsamen Aktivitäten um den Moabiter Nachbarschaftsvertrag soll
eine aktive Erinnerungsarbeit vor Ort ermöglicht werden.
Aktualisierung der Informationstafel an der Quitzowstraße sowie Informationsfläche am Eingang des Erinnerungsraums. Die Großplakate und Informationen
der Bürgerinitiative sollen vor dem Erinnerungsraum präsentiert werden.
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1009
Standort
Material und
Konstruktion
Kosten
(brutto)
Flurstück 359
Partizipatives Konzept zur Erinnerungsarbeit mit Moabiter Anwohnerschaft und
Initiativen sollen durch Verfasser/in organisiert werden
Druck einer Informationsbroschüre (Auflage nicht angegeben)
Erstellung und Abstimmung des „Moabiter Nachbarschaftsvertrages“
Gebäude „Erinnerungsraum Moabit“ als Ort für aktive Erinnerungsarbeit
Materialien sind nicht angegeben
Fassade auf Entwurfsdarstellung in dunklem Rot
Standort im Bereich der Böschung, Fundamente der Böschung angepasst
Fläche, geschätzt auf ca. 9 x 5 m
Höhe, geschätzt auf ca. 4 m
Zur Belichtung soll eine Dachfläche komplett als Fensterfläche ausgebildet
werden
Zur Ellen-Epstein-Straße eine Vitrine (Fenster)
Einrichtung mit Regalen, Tisch, Stühlen, Lampe vorgesehen
Informationen
Informationstafel an der Quitzowstraße wird aktualisiert
Am Gebäude ist eine Fläche mit weiteren Informationen vorgesehen
130.000 € Gesamtkosten laut Verfasser/in
42.000 € Planungskosten und Honorare (davon 26.000 € Künstlerhonorar)
88.000 € Material und Herstellungskosten
0 € Sonstiges, Sicherheiten, Unvorhergesehenes
130.000 € brutto nach Prüfung (ohne Sicherheiten)
Da Angaben zu Maßen, Materialien und Qualitäten fehlen, ist die Kalkulation
schwer nachvollziehbar. Unter der Annahme der geschätzten Maße, wäre der
Entwurf im angegebenen Kostenrahmen realisierbar.
Folgekosten
(brutto) nach Prüfung
10.526 € / 10 Jahre
für Pflege:
0€
für Wartung: 10.000 €
Strom:
526 €
Anmerkungen der
Vorprüfung und der
Sachverständigen
Keine Angaben zu Heizungs- und Lüftungsanlage im Gebäude; daher
Gebäude nur eingeschränkt nutzbar.
Keine Angaben zur Zugänglichkeit des Gebäudes sowie personeller
Besetzung.
Bezug auf Moabiter Initiativen/Nutzer wird als Einschränkung gewertet.
1. Rundgang
2. Rundgang
3. Rundgang
Engere Wahl
Realisierung
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