ANZEIGER FÜR ARCHITEKTUR
Jährlich 12 Nummern.
KUNSTHANDWERK
50 Pfg. für die Spaltenieile
oder deren Raum.
UND BAU-INDUSTRIE.
Beiblatt der Blätter für Architektur und Kunsthandwerk.
Preis des Anzeigers im Sonderbezuge jährlich
bei freier Zusendung Deutschland und Öster-
Verlag der Blätter für Architektur und Kunsthandwerk
G. m. b. H., Berlin W. 57, Steinmetzstraße 46.
Anzeigen-Annahme
in der Geschäftstelle Berlin W. 57,
Preis der einzelnen Nummer 0,50 Mk.
Leitung: Paul Graef, Steglitz, Albrechtstraße 113.
Steinmetzstr. 46.
Jahrgang XV.
BERLIN, Mai 1912.
Nr. 5.
Der neue Edelputz „Grana“ D. R. P.
Edelputze kommen heute infolge ihrer reichen Verwendungs- |
möglichkeit immer mehr in Aufnahme. Neuerdings wird nun ein Edel
putz „Grana“ D. R. P. in den Handel gebracht, der sich von den bis
herigen grundsätzlich unterscheidet und infolge eines ganz eigenartigen
Verfahrens bei seiner Verwendung etwas ganz Neues darstellt.
Bei den bekannten Edelputzen (Terranova, Terrasit u. a.) ist das
Bindemittel, nämlich der Kalkmörtel, gefärbt, bei Grana treten die
körnigen farbigen Beimengungen selbst in. Erscheinung und bilden an
der Oberfläche eng aneinanderliegend die Farbe gebende Pigmentschicht.
Dadurch dass Portland-Cement bei Grana verwendet wird, während bisher j
nur Kalkmörtel genommen werden konnte, erhöht sich seine Druck-
festigkeit auf 300—500 kg/qcm.
Dem Portland-Cement werden farbiger feinkörniger Kies oder
farbige Körnchen von VlO —-8;mm Grösse, aus zerkleinerten kalkfreien j
Natursteinen, gesinterten Keramiken (Porzellan, Klinkern u. a.), farbigen
Gläsern u. dgl. zugesetzt. Diese Bestandteile sind durchaus wetter
beständig und so farbecht wie Mosaiken aus Glas, Keramiken usw. Das
mit Zement vermischte farbige Füllmaterial wird auf einen noch frischen
Zementunterputz mittels Stahlaufzieher angetragen und festgerieben,
oder die Oberfläche nach einem besonderen Verfahren gerauht oder in
einer sonst gewünschten Art bearbeitet. Hierdurch entsteht ein durchaus
dichter harter Überputz. Der Unterputz wird in einer Stärke aufgebracht,
wie dieses zum Ausgleich der Unebenheiten des Untergrundes nötig ist.
Die Edelschicht selbst ist %— 1 cm stark. Die Putzfläche zeigt
zunächst ein graues Aussehen, da die farbgebenden Körnchen noch von
einer dünnen Zementhaut überzogen sind. An dieser Tatsache schei
terten alle bisherigen Versuche, aus Zement einen brauchbaren farbigen
Putz herzustellen. Beim Grana-Putz setzt nunmehr eine teils chemische
teils mechanische Bearbeitung der Oberfläche ein, durch welche die
Körnchen freigelegt werden. Zementfeindliche Stoffe können jedoch
nicht in den Mörtel eindringen, und eine Schwächung des Mörtels, oder
die Bildung fremder Salze ist ausgeschlossen.
Es ist gleichgültig, welcher Untergrund zu diesem neuartigen
Putze vorhanden ist, ob Ziegelmauerwerk, Kalksandstein, Rabitz, Rohr
gewebe u. a. Auch die Schwierigkeit, auf Beton einen wetterbeständigen
Farbputz zu machen, ist wesentlich vermindert, da Grana in seiner
Zusammensetzung ja selbst einen Beton darstellt und auf einer ange
messen hergerichteten Betonoberfläche gut haftet.
Grana wird glatt, geriffelt, gestockt, charriert, gerauht und in
jeder anderen gewünschten Oberflächenbearbeitung hergestellt, die
wiederum nach einem patentierten Verfahren geschieht, wodurch die
Struktur ein ausserordentlich dichtes Gefüge bekommt. Die Farben
skala dieses Putzes ist unbeschränkt, und durch Zusammenwürfeln ver
schiedener Farben lassen sich immer neue Wirkungen erzielen. Grana
wird angewendet als Putz und Kunststein für glatte Flächen und für
jede architektonische Gliederung, für Bildhauerarbeit entweder als
eingestampfter Kunststein angesetzt oder als Antragearbeit an Ort und
Stelle. Eine neue künstlerische Anwendungsmöglichkeit sind die aus
verschieden gefärbtem Granamaterial hergestellten Putzintarsien.
Sie lassen sich von den größten Flächen bis zu Linien von 2 mm
Breite herstellen und vereinigen in sich den Reiz einer flächigen Malerei
mit der Dauerhaftigkeit und Echtheit von Mosaiken.
Die leichte Reinigung des Granaputzes gibt ihm vor anderen
Kalkputzen ebenfalls einen großen Vorzug.
Vorgelegen haben Proben des Granaputzes, die sich von echtem
Granit fast nicht unterschieden und bei dem die einzelnen Farbkörnchen
starken Absprengungsversuchen erfolgreichen Widerstand entgegensetzten
Da Grana nach Versicherungen der ausführenden Firma (Sachs und
Pohlmann A. G. für Betonbau Hamburg 5, Merckhof) sich nicht teurer
stellt als die bisherigen Edelputze, so wird er wohl bald eine größere
Verbreitung finden. Ausgeführt in Grana-Putz sind in Hamburg das
Curio-Haus (Arch. Emil Schaudt). in Grindelberg das Fruchthaus u. a.
F. L.
Die Entwicklung des evangelischen Kirchenbaues
im Jagstkreis.
Von Mela Escherich.
Der Jagstkreis hat in der Geschichte der Architektur durch
die Parierstadt Gmünd seinen Ruf als Zentrum süddeutscher Gotik.
Auch die übrigen Epochen sind gut vertreten. Den wenigsten Ruhm
hat der evangelische Kirchenbau. Aber seine Entwicklung ist gerade
hier, wo er ausserordentlich nahe mit dem katholischen Kirchenbau
zusammengeht, eine durchaus beachtenswerte. Vielleicht nirgends
wieder finden wir so verwandte Beispiele katholischer und evangelischer
Bauweise wie im Jagst- und Kochergebiet. Für beide Konfessionen
scheinen sich die gleichen Bedürfnisse eingestellt zu haben. Da sehen
wir hüben wie drüben die flachen Decken, die schlichten Chorbildungen,
die Kanzelstellung am Chorpfeiler, die Herrschaftslauben und Bet
stübchen. Die Übereinstimmung ergab sich durch die zahlreichen ka
tholischen Kapellen, die als Vorbild dienten. In den meisten Fällen
waren die evangelischen Gotteshäuser auch keine Neu- sondern nur
Umbauten. Umbauten einfacher, kleiner Kirchen und Kapellen. Diese
Kirchen waren so einfach, dass sie durchweg dem evangelischen Ideal
entgegen kamen. Diese Kirchen waren es, aus denen sich hier der
evangelische Sakralbau entwickelte.
Betrachten wir z. B. die katholische Wallfahrtskapelle St. Marien
in T h a n a u (Oberamt Gmünd), so sehen wir ein Bauprinzip, das in
nichts dem lutherischen Ritual widerspricht- Die Kapelle ist ein schlichter
Sandsteinbau des 15- Jahrhunderts, einschiffig mit flacher Decke. An
der Ostseite ist ein niedriger Turm vorgelegt, dessen nach dem Schiff
mit einem Spitzbogen sich öffnende Stube den Chor bildet. Die Seiten
wände des viereckigen Chors wurden nach Osten hin, um der perspek
tivischen Wirkung willen, etwas eingezogen. Ganz ähnlich sind die