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Abb. /// / Neubreisach, ebenfalls eine Gründung Vauban’s
bis 109). Die Aufteilung der Städte erfolgt in der Regel
durch radial angeordnete Straßen. In architektonisch-räum
licher Beziehung bieten Perret’s Entwürfe trotz mancher
phantastischer Übertreibungen sehr viel Schönes.
Mit Vauban kam die Entwicklung der Idealstadt ein gut
Teil vorwärts, war doch Vauban einer der größten Städte
bauer, den die Welt bisher gesehen hatte. Daß Sebastien
Leprestre de Vauban als Offizier lediglich von fortifikatori-
schen Gesichtspunkten ausging, liegt auf der Hand. Im
Befestigungsbau hatte er im Laufe seines Lebens eine unge
heure Erfahrung gesammelt, Hunderte von Plätzen neu an
gelegt oder verstärkt, so daß er als derjenige anzusehen ist,
der von all den Theoretikern oder Praktikern im Städtebau
am meisten dazu gekommen ist, seine Pläne und Ideen zu
verwirklichen. Er war 1633 geboren, trat als Siebzehn
jähriger in die Armee ein, wo er es vom einfachen Musketier
bald zum Leutnant und später bis zum Marschall von Frank
reich brachte. Er hat eine umfangreiche Anzahl von Schriften
verfaßt, doch keine in Druck gegeben, ja, er soll sogar ver
boten haben, seine Schriften zu kopieren. Als er 1707 beim
König in Ungnade fiel, und aus Kummer darüber bald
darauf starb, kamen einige seiner Schriften in Druck und
wurden damit der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Der
Grundsatz, den diese Herausgeber Vauban’scher Schriften
anwendeten, war, daß sie in die Anlagen Vaubans ein System
hineinbringen wollten oder hineinbrachten, das wenigstens
in dieser Strenge von Vauban niemals aufgestellt war.
Ein ganz bestimmtes, ein für allemal gültiges Schema hat
Vauban für seine Stadtanlagen nicht gehabt. Ein solches
haben ihm erst die späteren Herausgeber seiner Werke zu
geschrieben. Wir finden unter seinen Gründungen beide
Aufteilungssysteme, das radiale und das rechteckige, an
gewandt (Abb. 110 und in, 113 bis 115 und 117).
Die verhältnismäßig kurze Geschichte, die die Ideal
stadt auf französischem Boden gehabt hat, kam mit Vauban
im wesentlichen zum Abschluß. Die Schriften, die nach
Vauban herauskamen, konnten kaum mehr Neues bieten.
Außerdem strahlte auch der Stern Vauban’s so hell, daß ihm
gegenüber alles gleichgültig erscheinen mußte. Das Werk,
daß Roland Virloys in Paris noch im Jahre 1770 herausgab,
konnte eben nichts als die Ergebnisse der früheren Zeit, im
wesentlichen dieser Vauban’schen Zeit, seinen Lesern vor
setzen. Neues, jedenfalls in städtebaulicher Hinsicht, wurde
nicht mehr geboten. Kurz nach Vauban geht die Ent
wicklung der Idealstadt in Frankreich völligem Verfall ent
gegen, wie man aus den Entwürfen eines Anonymus (Abb. 116
und n 8), die uns aus der auf Vauban folgenden Zeit er
halten sind, ersehen kann. Das Prinzip der „inneren De-
fension“, das damals die Köpfe sämtlicher Befestigungs
baumeister verdrehte, führte bei diesen Entwürfen zu einer
ganz unsinnigen Gestaltung der Stadtanlage. Es genügte
nicht, daß nur die Stadtumrißform in Bastionen gegliedert
Abb. 116 und 11S (links
und rechts) / Französischer
A nonymus j ldealstadtanlage
Abb. ny (Mitte) / Kon
struktionsschema, das einem
der Fortifikations - Bücher
Vauban’s entnommen ist.