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Ein geringer Fortschritt zur einheitlichen
Behandlung der städtebaulichen Fragen im
Gebiet der eigentlichen Unterweserstädte
ist 1924 durch die Zusammenfassung der
Gemeinden Lehe, Geestemünde, Wulsdorf,
Schiffdorfcrdamm und Weddewarden zum
Stadtkreis Wesermünde erzielt worden.
Jedoch bleibt diese Zusammenfassung vom
städtebaulichen Standpunkt aus immer nur
ein Fragment, wenn nicht eine einheitliche
städtebauliche Planung für das ganze wirt
schaftlich zusammengehörige Gebiet ein
schließlich Bremerhaven, der anschließen
den Teile der Landkreise Lehe und Geeste
münde (Langen, Spaden, Schiffdorf) und des
Landes Wührden erreicht wird. Das geht
aus dem in der Abb. 3 gezeigten Flachenauf-
teilungsplan der Stadt Wesermünde hervor.
Als natürliches Wohngebiet kommen
hier nur die höhergclegenen, stark ver
ästelten Teile des Geestlandes in Frage,
so daß mangels solcher im unmittelbaren
Anschluß an die vorhandenen Wohngebiete
von Lehe und Geestemünde an den Ufern
der Geeste die „Entwicklung nach Langen,
Spaden und Schiffdorf gehen muß, wo hochgelegene Geestrücken
sind (vgl. Abb. 2, Meßtischblatt von 1925, in dem die neuesten
Veränderungen — Verlegung des Bahnhofs Wesermünde,
Fischereihafen-Erweiterung usw. — noch nicht enthalten sind).
Welche besonderen Gründe für die Anlage des Flughafens
ira Nordwesten der Unterweserstädte auf Bremcrhavcner Gebiet
sprachen, ist uns nicht bekannt. Städtebaulich wäre jedoch
seine Anlage im Zentrum des ganzen Gebiets an der Geeste
richtig und technisch möglich gewesen.
Eine städtebaulich-planmäßige Verbindung des Wesermünder
Arbeiterwohnviertels Lehe mit seinen Arbeitsstätten auf Bremer-
havener Gebiet und die Ausweisung von Erholungsflächen nach
einheitlichem Plane werden durch die territorialen Grenzen
Bremerhavens verhindert.
Ähnlich wie im Gebiet der eigentlichen Unterweserstädte
liegen die Verhältnisse im Gebiet von Vegesack (Abb. 1). Auch
hier scheitert die planmäßige Behandlung der Industrie- und
Wohnsiedlungsfrage, der Verkehrsfragen
usw. an den Hemmungen durch die terri
torialen Grenzen. Zu ihrer Beseitigung ist
eine städtebauliche Planung, die außer
Blumenthal, Vegesack, Aumund und Grohn
auch das Gebiet der preußischen Gemeinden
Farge, Rönnebeck, Lüssum, Beckendorf,
Hammersbeck, Lobbendorf, Schönebeck
und die oldenburgischen Gemeinden gegen
über Blumenthal umfaßt, notwendig.
Auch das stadtbremische Gebiet mit
Hemelingen ist unter den gleichen Gesichts
punkten zu behandeln.
Wenn man auch nach dem Vorhergesagten
eine das gesamte Unterwesergebiet von
Bremen bis zur Mündung umfassende
Landesplanung zunächst nur bezüglich der
Hafenanlagen mit einer den bestehenden
Verbänden nachgebildeten Organisation zu
fordern braucht, so erscheint uns doch für
die obengenannten (wirtschaftlich zusam
mengehörigen, nur durch politische Zu
fälligkeiten gegliederten) Einzelgebiete (die
eigentlichen Unterweserstädte Vegesack
und Bremen-Stadt) eine feste Form der
städtebaulichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des von
dieser Landesplanungsorganisation aufzustellenden General
hafenplanes dringend notwendig, etwa in der Art, wie sie in
anderen Bezirken bereits vorhanden ist (vgl. die Großstadt
gruppe Beuthen-Gleiwitz-Hindenburg).
Nur auf dem festen Untergrund solcher städtebaulich-tech
nischen Planung, deren ungestörte Entfaltung als erstes sicher-
gestellt ist, kann einer Entfaltung der Kräfte in den hier ge
nannten Einzelgebieten über die örtlichen Grenzen hinaus zu
einem Wirtschaftsorganismus gedient und die Entwicklung der
besonderen natürlichen Fähigkeiten dieser Organismen ermög
licht werden. Auf dieser Grundlage, die erst manche Einzel
fragen klärt und übersehbar macht, lassen sich dann auch am
sichersten und besten die Lösungen für die verschiedenen politi
schen Fragen an der Unterweser finden.
Magistratsbaurat Dr.-lng. Helhnnt Delius,
Berlin- 7empelhof
Abb. 4 / Lageplan vom unteren Weser-
gebiete, der besonders die zu Bremen ge
hörigen Gebiete (schraffiert) zeigt
DIE BERLINER S T R A S S E N R E I N I G U N G
Alle Fremden, namentlich die zahlreichen Ausländer, die im
Laufe der letzten Jahre in steigendem Maße Berlin einen Besuch
abgestattet haben, sind des Lobes voll über die Schönheit der
gärtnerischen Anlagen und Schmuckplätzc und die Sauberkeit
der Straßen der kraftvoll sich entwickelnden deutschen Reichs
hauptstadt. Welcher Aufwand an Arbeit und Kosten jedoch
erforderlich ist, und welche Kräfte unermüdlich am Werke sind,
um diesen Ruf Berlins als sauberste Stadt des Kontinents auf
recht zu erhalten, mögen die folgenden Zahlen erläutern:
105 Waschmaschinen und 104 Kehrmaschinen stehen neben
einem Heer von rund 2700 Straßenreinigern zur Verfügung, um
jeden Morgen erneut mit dem Hcraufdämmern des jungen Tages
erfolgreich den Kampf gegen Schmutz, Papierabfälle, Unrat usw.
aufzunehmen. Zur Vermeidung der Staubentwicklung in den
Straßen werden im Laufe eines Jahres allein 700000 cbm Wasser
benötigt, die durch 297 Sprengwagen (darunter 45 mit Kraft
antrieb) verteilt werden; dazu kommen die zum Waschen der
mit Asphaltdecken versehenen Straßenzüge erforderlichenWasser-
mengen.
Den größten Sprengwasserverbrauch hat Charlottenburg mit
rd. 70000 cbm oder 10 v. H. des Gesamtsprengwasserverbrauchs
aufzuweisen; den größten Aufwand an Arbeit dagegen erfordert
die eigentliche City — das Zentrum der Berliner Geschäftswelt —,
wo das Großstadtleben am stärksten pulsiert. Hier werden im
Laufe eines Jahres rd. 44000 cbm Kehricht zusammengetragen,
d. h. rd. ii,5 V« der gesamten Berliner Abfuhr, die sich jähr
lich auf 382515 cbm Kehricht beläuft. An zweiter und dritter
Stelle folgen die Verwaltungsbezirke Kreuzberg und Charlotten
burg mit 37000 bzw. 30000 cbm Abfuhr. Der geringste Anteil
entfällt dagegen auf den Verwaltungsbezirk Tempelhof, wo im
Laufe des Berichtsjahres nur 5600 cbm Kehricht zusammen
getragen wurden. Dr. H.