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und in Bremerhaven, den preußischen Hafen in Wesermünde
und die oldenburgischen Häfen in Brake und Nordenham.
Mangels einer einheitlichen Auffassung in wirtschaftlichen
Fragen kommt keine gesunde und planmäßige Abgrenzung der
Arbeitsgebiete der verschiedenen Hafenplätze und Gemeinden
zustande, sondern es herrscht unrationelle Zersplitterung. Diese
äußert sich städtebaulich in einem planlosen Wettbewerb beim
Ausbau der Häfen und bei der Schaffung von kostspieligen Spezial
einrichtungen und Anlagen und infolge eines ungesunden Werbens
der Städte und Länder um die Heranziehung der verschiedenen
Industrieunternehmungen in einer planlosen Industriesiedlung.
Diese Mißstände zeigen sich am sinnfälligsten im Gebiet der
eigentlichen Unterwcscr-
städte. Es entspricht nicht
den weitschauenden Gedan
ken planvoller städtebau
licher Arbeit, wenn wenige
hundert Meter von dem We
sermünder Fischereihafen,
den der preußische Staat mit
erheblichen Mitteln (seit 1896
etwa 50 Millionen Mark) zum
größten des Festlandes ge
macht hat, Bremerhaven mit
künstlichen Mitteln einen
zweiten Fischereihafen ent
wickelt, der immer leistungs
unfähig bleiben wird. Ebenso
sinnlos ist es, wenn der in
kurzer Entfernunggegenüber
von Wesermünde liegende
kleine oldenburgische Fische
reihafen Nordenham auf-
rechtcrhalten wird, obwohl
die Nordenhamer Fisch
dampfer ihren Fang fast aus
schließlich nach Wesermünde
bringen. Städtebaulich-tech
nisch unverständlich ist es
ferner, wenn die leistungs
unfähigen Heringsfischcrcien
und damit die dazugehörigen
technischen Anlagen in Els
fleth und Brake unter Auf
wand von staatlichen Mitteln
und aus Lokalgesichtspunk
ten heraus künstlich am
Leben erhalten werden. Nur
infolge des Fehlens einer ein
heitlichen städtebaulichen
Planung für die Hafenfragen
ist es schließlich möglich,
daß für die Vertiefung der
Fahrtrinne der Weser bis
Bremen hinauf erhebliche Summen aufgewandt und neue kost
spielige Hafenanlagen in Bremen-Stadt geschaffen werden, ob
wohl die Unterweserhäfen unterhalb Bremens zur Aufnahme des
Schiffsverkehrs leistungsfähig genug sind oder jedenfalls durch
planmäßigen Ausbau leistungsfähig gemacht werden können.
Die Häfen sind für ihre nähere und weitere Umgebung die
größten und stärksten Gebilde der technischen Planung. Deshalb
ist ihre zweckmäßige Eingliederung in den Bebauungsplan und
die richtige Lage zu den Verkehrsanlagen von ganz besonderer
Bedeutung. Im unmittelbaren Zusammenhang mit den Hafen
anlagen stehen zwangsläufig die Industrieflächen. Sie hinwieder
um bestimmen im Verein mit den Hafenanlagen als Arbeits
gebiete die Lage der Wohngebiete so, daß Arbeiten und Wohnen
in möglichst einfacher geographischer Wechselwirkung stehen.
Für das gesamte Unterwesergebiet muß deshalb in erster Linie
die Aufstellung eines Generalhafenplanes gefordert werden, der
den außerordentlichen Einfluß der Hafenanlagen auf die gesamte
übrige Flächenaufteilung in die richtigen städtebaulichen Bahnen
lenkt, nach dem den vorhandenen Häfen gemäß ihrer besonderen
Eignung und den wirtschaftlichen Vorbedingungen Spezialauf
gaben zugewiesen werden und auf Grund dessen allein der weitere
Ausbau der Häfen erfolgen kann.
Ein Ansatz zu einer derartigen Arbeitsteilung, die jedoch
nicht durchgeführt worden
ist und sich infolgedessen
auch städtebaulich nicht
auswirken konnte, war be
reits durch den bremisch-
preußischen Staatsvertrag
von 1904 gegeben worden,
nach dem Bremen und
Preußen für das Gebiet der
Unterweserstädte anerkannt
haben, daß die Hochsee
fischerei und die Industrie die
Domäne Preußens, der Über
seehandel und die Passagier
fahrt die Aufgabe Bremens
seien. Eine Regelung der
Hafenwirtschaft im Unter
wesergebiet ist aber nur auf
der Grundlage des vorher
geforderten Generalhafen
planes denkbar.
Bei dem bestimmenden
Einfluß, den die Hafen
anlagen auf die übrige städte
bauliche Planung haben, wird
sich in den Einzelgebieten an
der Unterweser bei falscher
städtebaulicher Arbeit in
dieser Richtung notwendiger
weise auch die planlose Be
handlung in jeder anderen
städtebaulichen Richtung
ergeben müssen.
So fehlt es an der ein
heitlichen Behandlung der
Industriesiedlungs-, der Ver
kehrs- und Wohnfragen, der
Grünflächenausweisung, der
Planung der Versorgungs
leitungen usw.
Trotzdem durch den bre
misch-preußischen Staats
vertrag von 1904 für die Gemeinden Bremerhaven, Geestemünde
und Lehe einzelne kommunale Fragen städtebaulicher Art
(Kanalisation, baupolizeiliche Vorschriften) geregelt sind und die
Gemeinden verpflichtet waren, „bei der gemeinsamen Errichtung
und Ausnutzung öffentlicher Anlagen, Anstalten und Einrichtun
gen auf ein gedeihliches Zusammenarbeiten in geeigneten Fällen
hinzuwirken“, haben diese viel zu allgemein gehaltenen Bestim
mungen keinen nennenswerten praktischen Erfolg gehabt. Andern
falls hätten nicht in allen drei Orten eigene Versorgungswerke
(3 Elektrizitäts-, 3 Wasserwerke und 2 Gasanstalten) für die
Bevölkerung entstehen können.