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Abb. i bis 4 / Bauten Theodor Fischer’s von igoo bis 1927
BÜCHE
Th. Fischer. „Die Stadl“. Hc.t 23 der Schriften des Bayer.
Landesvercins zur Forderung des Wohnungswesens. Verlag von
Ernst Reinhardt, München. Preis — .60 RM.
Die Schrift (Festvortrag anläßlich einer akad. Feier der Techn.
Hochschule München), behandelt „den Wandel im Wesen und
in der Form der Stadt“ und legt etwa Folgendes dar:
Ein kurzer Rückblick auf die geschichtlichen Entstehungs
formen der Städte beweise, daß die in rechtwinkligem Straßen
system angelegten Städte Schöpfungen gemeinschaftlicher
Massenunternehmungen'sind. Das bezeugen griechische wie
deutsche Kolonialstädte. Der Städtebau des neunzehnten
Jahrhunderts zeige, daß eine solche Formgebung in einer
längst auf die Person, nicht mehr auf die Masse eingestellten
Welt unecht und lügenhaft wirken muß. Jetzt nach dem
Kriege aber stünden wir wieder in einem Zeitraum der Ge
meinschaftlichkeit, die wieder die Grundlage für die Stadt
gestaltung geben werde. Diese große Aufgabe der neuen Stadt
gestaltung könne nur durch sachliche Arbeit gelöst werden.
Über die Renaissance ist gesagt, daß ihr Einbruch in Deutsch
land einer der großen Unfälle war, die das deutsche Volk drei
mal, viermal in seiner Geschichte gerade da trafen, wo es je zum
letzten Ansprung Atem hohe. Sollte da nicht ein Verkennen des
Wesens der Renaissance vorliegcn ? Zeigen nicht die letzten Stadt
gründungen in Ostdeutschland z. B., daß man hier damals auf
demselben Wege war wie in Italien ? (Vgl. Städtebau 1927, Abb. 6
bis ll.) Von einem „Überfall“ dieses verheißungsvollen Zeitalters
durch die Renaissance könnte dann wohl nicht mehr die Rede sein.
Nur war die Entwicklung in Italien schneller vor sich gegangen.
CHRO
DAS BAUPROGRAMM DER FRANZÖSISCHEN REGIERUNG
11 Milliarden Franken hat vor kurzem die französische
Kammer einstimmig für Wohnungsbauten bewilligt. Einer
unserer Pariser Mitarbeiter berichtet uns über dieses'sogenannte
„Projekt Loucheur“ Folgendes;
Das „Projekt Loucheur“ ist dazu bestimmt, den Bau von
200000 billigen und von 60000 Wohnungen mit mittlerer Miete
zu erleichtern. Einleitend mag darauf hirigewiesen werden, daß
hierbei das deutsche Beispiel mitgewirkt hat. „Das Beispiel
Deutschlands und Englands“, wurde in dem offiziellen Bericht
ausgeführt, sollte zur Begründung dieses Projektes genügen. Es
lehrt uns, daß unsere jetzige Bemühung die schreckliche Krise
der kleinen Wohnungen endgültig zu lösen, noch lange nicht
ausreicht. Wir sind überzeugt, daß wir hinter den wirklichen
Bedürfnissen unseres Landes Zurückbleiben.“
Die Beihilfe des französischen Staates besteht darin, daß
er dem Bauunternehmen während fünf Jahren einen Kredit von
11 200 Millionen Franken gewähren wird, von denen 7 Milliarden
SCHAU
Es klingt fast, als sei aus dem Saulus ein Paulus geworden, wenn
man liest: „Wer freilich mit den Formen, mögen sie mittelalterlich
oder antikisch sein, nur Allotria getrieben und Kunst dazu gesagt
hat, der mag bange werden, wie er sich jetzt kostümieren soll.“
Leider kann man diese Bangigkeit bei diesen Formalisten, die
mit frohem Mut immer wieder zu den neuesten Moden übergehen,
nicht finden. (Vgl. Abb. 1 bis 4.)
Der wesentliche Inhalt dieser kleinen Schrift ist aber zu über
zeugend, als daß er durch diese Anmerkungen he£&j||<*|ctzt
werden sollte,' beruht er doch im wesentlichen auf ein&i Klaren
Bekenntnis zu unserer Zeit, die gerade dem Architekten, dem
„Ur- und Erzbaumcister“, wie Fischer ihn nennt, im Städtebau
Aufgaben stellt, deren Lösung Verständnis der Zeit und Ab
lehnung jeder Art von Formalismus voraussetzt. G. M.
Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Heft 9. 48 Seiten mit
90 Abbildungen. Einzelpreis Mk. 3.—
Das Heft enthält eine Reihe von städtebaulich wichtigen Auf
sätzen. Werner Lindner behandelt die Beziehungen zwischen
Architekt und Ingenieur, die u, a. an Stadterweiterungen dar
gelegt werden, und verteidigt die vielfach angefeindeten Be
strebungen des Heimatschutzes. Mit der von Bernhard Hoetger
umgestalteten Böttcherstraße in Bremen setzt sich Werner Hege
mann auseinander und bekämpft die Bemühungen Hoetger’s ah
eine Schädigung des Ansehens deutschen Bauschaffens. Abbil
dungen von der „Pressa“ werden von Baudirektor Abel-Köln
selbst erläutert; Neubauten in Berlin und Paris vervollständigen
neben Chronik und ßücherschau das Heft.
N I K
für die billigen Wohnungen und der Rest von 4,2 Milliarden für
Wohnungen mit mittlerer Miete bestimmt sind. Weiter werden
Subventionen in Kapital und bei der Verzinsung gewährt. Als
Gründe für dieses Projekt wurden in der Hauptsache folgende
angeführt; Die Landflucht, die eingedämmt werden soll; der
Zustrom der Fremden als Touristen oder Arbeiter; die be
deutende Zunahme der Heiraten nach dem Krieg und der damit
verbundene Mangel an Wohnungen für die jungen Ehepaare;
die Fortschritte der Hygiene dank des Fortschreitens der Technik
und dank höherer Löhne; die Verlangsamung der Bautätigkeit,
verursacht durch das fehlende Kapital, das angesichts der
niederen Mieten keine entsprechende Verzinsung findet; und
schließlich die sozialen Vorteile eines solchen Projektes, Ver
minderung der Sterblichkeit, größere Arbeitskraft, moralische
Höherentwicklung des Einzelnen, da er Besitzer einer Wohnung
werden kann usw.
Als in Frankreich besonders schwerwiegender Einwand wurde
bei der Debatte über dies Projekt gesagt, daß es sich hier nur