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Abb. 4 und 5 / Alte Brandgiebel im Straßenbilde / Die alten Brandgiebel wirken mit und ohne dem konstruktiven Muster der Fach werk-Aufteilung wegen
ihrer einfachen, einprägsamen Form immer gut.
schlosscnen Bauweise nur von Nachbargrenze zu Nachbargrenze
gebaut werden darf. In der offenen Bauweise kann von einem
Bauwich abgesehen werden, wenn der Nachbar auf der Grenze
gebaut hat. Seitenflügel dürfen nur dann errichtet werden, wenn
der Nachbar ebenfalls einen solchen aufführt, damit die Mieter der
Hofwohnungen nicht die kahle Mauerfläche zu sehen brauchen.
Das Bild könnte sich mit einem Schlage ändern, wenn es mög
lich wäre, die Brandmauern der äußeren Gestaltung des Gebäudes
zuzurechnen. In diesem Falle müßten sie nach der Berliner Bau
ordnung in Bauart, Bauform, Baustoff und -färbe so beschaffen
sein, daß sie — wie die Frontwände — die einheitliche Gestaltung
des Straßenbildes nicht stören. Sie müßten also, trotzdem sie
keine Fenster haben, ästhetisch einwandfrei behandelt werden.
Von dieser Möglichkeit, auf die Formgebung der Brandgiebel
mit Hilfe des Verunstaltungsgesetzes, des Wohnungsgesetzes und
der Bauordnung einzuwirken, hat die Baupolizei bis jetzt keinen
Gebrauch gemacht. Zweifellos können mit Hilfe dieser Ver
ordnungen alle Bauteile, die von Straßen und Plätzen sichtbar
sind, also auch die Brandmauern, erfaßt werden. Daß bis jetzt
an ein Verbot, häßliche Brandgiebel aufzuführen, noch nicht ge
dacht ist, hat seinen Grund darin, daß man im allgemeinen an
nimmt, der Brandgiebel werde nur kurze Zeit sichtbar bleiben.
Es ist zwar richtig, daß in der geschlossenen Bauweise die Häuser
aneinandergebaut werden müssen, doch kann niemand einen
Abb. 6 / Beispiel einer schlecht wirkenden modernen Brandmauer / Die an
sich häßliche Form wird durch eine Unzahl von Schornsteinköpfen bekrönt
Grundstücksbesitzer zwingen, sein Haus ebenso hoch wie das
Nachbargebäude aufzuführen. Die Bauordnung schreibt zwar
vor, wie hoch ein Gebäude sein darf, doch kann sie nicht ver
langen, daß bis zu dieser zugelassenen Höhe gebaut wird. Sie
bestimmt nur die obere Grenze. Es kommt daher leider allzu
häufig vor, daß neben einem hohen Gebäude ein niedriges er
richtet wird, so daß der obere Teil des vorhandenen Brand-
giebcls sichtbar bleibt.
Das Mindeste, was verlangt werden müßte, um die Brand
giebel dem Stadtbilde gut cinzupassen, wäre eine gute klare
Form. Vereinigt man die vielen Schornsteinköpfe zu einem
geschlossenen Kasten, so kann unter Umständen die Brandmauer
einen Umriß erhalten, der dem Auge durchaus wohl tut (Abb. 7).
Der Baupolizei ist durch die angegebene Vorschrift der Bau
ordnung auch das Recht gegeben, in bezug auf die Farbe an die
Brandgiebel gewisse Forderungen zu stellen. Man wird unter
allen Umständen das Putzen und, wenn es die einheitliche Ge
staltung des Straßenbildes verlangt, auch die farbige Putz
behandlung anordnen können.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß solche großen Flächen,
sofern sie in Form und Farbe edel gestaltet sind, dem Auge in
dem unruhigen Stadtbilde einen Ruhepunkt verschaffen können,
der wohltätig empfunden wird.
Magistratsbaurat Johannes Grobler, Berlin-Halensee
Abb. 7 / Beispiel einer gut wirkenden Brandmauer / Die Form ist einfach u.
klar; die Schornsteine sind des besseren Aussehens wegen zusammengezogen