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WETTBEWERB UM DIE STÄDTEBAULICHE GESTALTUNG VON VÄSTRA KUNGSHOLMEN
IN STOCKHOLM
VON CYRILLUS JOHANSSON, STOCKHOLM
Im September 1926 schrieb die Stadt Stockholm einen Ideen-
Wettbewerb für die städtebauliche Gestaltung eines Teiles von.
Västra Kungsholmen in Stockholm aus (Abb. l). Die Preis
richter, zu denen u. a. Professor E. Lallerstedt, Baurat
F. Lilljekvist, Architekt E. G. Asplund und Professor W. Felle-
nius gehörten, verliehen dem Entwurf des Architekten Cy
rillus Johansson (Abb. 2—-4 einen ersten Preis).
In der Niederschrift des Preisgerichts heißt es: „Anlage und
Anordnung der verlangten Hauptstraßen sind in verkehrs
technischer Beziehung sehr gut, die örtlichen Verkehrswege in
den Wohngebieten gut, der Verkehr zwischen den verschiedenen
Wohngebieten durch eine Ringstraße in der Hauptsache sicher
gestellt.
Der Hauptgedanke in der Anordnung des Planes, große, offene,
zusammenhängende Parkgebiete in den Tälern zu schaffen,
ist anerkennenswert. Längs der großen Verkehrswege sind
breite Parkstreifen vorgesehen, die dem Gebiet einen mehr
ländlichen Charakter verleihen. . . . Der Gedanke, die Bebauung
in vier voneinander durch Parks getrennte Stadtbereiche zu
zerlegen, ist vortrefflich und bedeutet ein Aufnehmen des Grund
satzes der Trabanten-Städte. Folgerichtig und mit gutem Erfolg
hat der Verfasser seinen Gedanken zu Ende geführt, ,Städte in
einen Park statt Parks in eine Stadt zu legen 1 . . .“
In dem Erläuterungsbericht heißt es u. a.: „Der Bezirk, um
den es sich hier handelt, zeigt wie die übrige Stockholmer Um
gebung große und kleine, teilweise mit Nadelwald bedeckte Berge,
die durch Täler mit reichem Eichenbestand voneinander getrennt
werden. Das Ganze ist von Wasser umflossen, so daß man
überall schöne Ausblicke auf Seen, Wiesen und ferne Höhen
hat. Schären- und Binncnlandschaft sind also hier gewisser
maßen vereinigt.
Obgleich ein Bestandteil des eigentlichen Stockholm, ist dieses
schöne Gebiet noch fast unbebaut und größtenteils im Besitze der
Abb.i f Städtebauliche Gestaltung am Västra Kungsholmen in Stockholm
Fliegerbild am Västra Kungsholmen im jetzigen Zustand
Stadt, bietet also die Möglichkeit einer idealen städtebaulichen
Gestaltung.
Der Entwurf berücksichtigt die eigenartigen Geländeverhält
nisse, bewahrt deren eigentümlichen Charakter und versucht sic
noch zu steigern . . .
Die Wohngebiete sind auf die Höhenzüge verwiesen, um
diese zu betonen, während die Täler teils für Naturparks, Spiel
plätze, Gärten und dergleichen, teils für die Hauptverkehrswege
benutzt wurden. Die Bebauung wurde auf vier voneinander
getrennte Siedlungs-Einheiten beschränkt, eine am südlichen,
eine am westlichen, eine am nördlichen Strandgebiet und eine
in der Mitte des Bezirks im Anschluß an schon vorhandene Be
bauung (Abb. 4) . . . Durch die Wahl nicht zu hoher Reihen
häuser soll eine Wohnform zwischen der üblichen Großstadt-
Bebauung mit ihren Mietkasernen und der üblichen ,Villenstadt'
erzielt werden. Das Gelände läßt nach seiner Lage und seiner
Entfernung von dem Mittelpunkte Stockholms eine solche
Anordnung in jeder Beziehung zweckmäßig erscheinen. . . .
Bei den heutigen Verkehrsmitteln liegt keine Notwendigkeit
mehr vor, Stadterweitcrungen in ununterbrochener Folge an
den Stadtkern anzugliedern, sondern man kann ganz unab
hängig von Verwaltungsgrenzen um den Kern herum kleine
städtebauliche Einheiten von geringem Umfang anordnen; durch
eine derart aufgelockerte Stadterweiterung werden die eigent
lichen Wohngebiete vom Durchgangsverkehr befreit, der sich
andererseits ungehindert vom örtlichen Verkehr abwickeln kann.
Der große Verkehrsweg Drottningsholmsvägen z. B. läuft durch
einen Parkgürtel mit freier und immer abwechselnder Aus
sicht, was begreiflicherweise die Fahrt zwischen der Umgegend
und der Stadt auch angenehmer macht.
Für Spaziergänger sind besondere Parkwege vorgesehen, die
mit dem Verkehrsweg parallel laufen . . . Aus wirtschaftlichen
Gründen schon empfiehlt es sich, bei der Festlegung von Straßen-
und Baufluchten im einzelnen den bergigen Charakter der Land
schaft sorgfältig zu bewahren. Das teilweise Opfern des Nadel
waldes für die Bebauung wird durch die Möglichkeit, große
freie Parks mit gutem Pflanzcnwuchs in den Tälern zu erhalten
und den hochliegenden Wohngebieten freie Aussicht über Parks
und Wasser zu verschaffen, vollauf ausgeglichen. .. .
Der Grundsatz, den Durchgangsverkehr möglichst störungs
frei zu belasten, ihn vom Ortsverkehr zu trennen und ihn mit
anderen durchgehenden Verkehrswegen in gleicher Höhe nicht
kreuzen zu lassen, ist folgerichtig zu Ende geführt worden. Die
Straßen sind so gelegt, daß man bei den Bauarbeiten ohne
nennenswerte Sprengungen auskommen kann. Um die Straßenbau
kosten möglichst niedrig zu halten, sind den Straßen, die nur
dem örtlichen Verkehr dienen, recht scharfe Kurven und ver
hältnismäßig große Steigungen (bis i:io und 1:8) gegeben bei
4,5—7 m Fahrdammbreitc. Ausweichstellen und Wendeplätze
für Wagen sind vorgesehen. . . .
Weiter hat sich der Verfasser bemüht, den einzelnen Häuser
reihen Nord-Süd- oder Südwest-Nordost-Richtung zu geben, um
günstige Bclichtungsverhältnisse zu erhalten, und die Baublöcke
nach Süden zu öffnen. Die Abbildung 3 zeigt, daß die so ent
standenen Innenhöfe von der Straße her nicht sichtbar sind,
weil sie durch Gartenmauern abgeschlossen werden.“
Cyrillus Johansson, Stockholm