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Die prozentualen Vergleichszahlen der Fensterwände im Vergleich zur qm Zahl der Geschoßflächen sind also: Equitable Gebäude 8,6;
Woolworth Gebäude 10,5; Postum Gebäude 10,6; Le Corbusier 13; Flachbau-Beispiel 13. Dabei ist zu bemerken, daß die geringen
verfügbaren Fensterwände der Bürotiirme zum nicht geringen Teil auf schlechtbeleuchtele Höfe gehen, während in dem hier zum
Vergleiche herangezogenen Flachbau-Beispiel (Abb. 2) alle Fenster an völlig ungebrochener Außenwand liegen. Angesichts dieser
Umstände und Zahlen kann Le Corbusiers Vorschlag wohl als Scherz, nicht aber als ein praktischer Versuch zur Sanierung unserer
sanierungsbedürftigen Großstädte gelten. Die Kritiklosigkeit, mit der angeblich „moderne Architekten“ solche Scherze ernstnehmen,
verlangt nachdrückliche Abwehr. Werner Hegemann
PRAKTISCHE ARBEIT ZUR SANIERUNG DER PARISER ALTSTADT (VGL. ABB. 7-14)
ARCHITEKT THEO PETIT
Während Le Corbusier mit seinem Entwurf auf eine gewaltige tabula rasa und einen gleichzeitigen riesengewaltigen Kapital
aufwand rechnet, folgt die tatsächliche Sanierung der Pariser Altstadt vorläufig noch sehr viel konservativeren Linien. Die
Abbildungen 9 — 13 zeigen eine der Straßenerweiterungen in der alten Insel St. Louis. Diese Insel wurde im Jahre 1614 als be
sonders stattliche Stadterweilerung gradlinig angelegt; heute sind ihre Straßen längst zu schmal.
Die nach der Straßenverbreiterung verbliebene Baustelle war ungewöhnlich schmal. Trotzdem ist es dem Architekten gelungen
nicht nur ein nach außen hin durch Würde ausgezeichnetes Gebäude, sondern auch im Innern brauchbare Wohnungen zu schaffen, die
sogar auf eine Achse (durch das Haupttreppenhaus) symmetrisch entwickelt werden konnten. Die Werkstätten des Erdgeschosses
stehen durch besondere Treppen mit den Werkstätten des Obergeschosses in Verbindung. Über diesen Treppen befinden sich in
den 4 darüberliegenden Geschossen die für Berliner Verhältnisse sehr kompakten Küchen, die durch geschickte Anordnung des
Fensters trotz der geringen Tiefe des Hofes ziemlich gut beleuchtet sind. Zu den in Berlin nicht mehr üblichen Aborten auf den
Treppenpodesten ist zu erwähnen, daß außerdem noch Aborte in den Wohnungen angeordnet sind.
GROSSGARAGE RASPAIL IN PARIS
Die Grand Garage Raspail wurde im vergangenen Jahre für die „Compagnie Generale des Voitures a Paris“ errichtet und
bietet Raum für 1000 Kraftwagen. Im Erdgeschoß und im ersten Stock werden die Lastfahrzeuge untergestellt, während die oberen
Stockwerke für Personenfahrzeuge bestimmt sind. Um in die oberen Stockwerke zu gelangen, können die Wagen entweder die Rampe
oder einen der beiden Aufzüge benutzen. Das aus Erdgeschoß und fünf Stockwerken bestehende Gebäude ist 100 m lang bei einer
Breite von 37 m. An der Ausfahrt in der Rae Campagne Premiere
(Quartier Montparnasse) ist eine Pförtnerwohnung und eine kleine
Werkstatt gebaut, so daß das Garagen-Gebäude von der Straße
her nicht sichtbar ist; auch am Boulevard Raspail soll die Garage
durch Bauten an der Straße dem Anblick entzogen werden.
Das große flache Dach soll nach einem Gedanken des Archi
tekten M. Lagneau später gegebenenfalls als Landungsplatz für
Kleinflugzeuge verwendet werden, da die Garage alle umliegen
den Häuser überragt und so leicht von Flugzeugen erreicht wer
den kann.
SEEFLUGHAFEN TRAVEMÜNDE
(VGL. „STÄDTEBAU“ 1927, S. 49)
Die Entwürfe zu dem Seeflughafen Travemünde stammen von
der Baudeputation, Ingenieurwesen Hamburg und der Wasserbau-
direktion Lübeck und sind im Einvernehmen mit der Wasserbau
direktion Hamburg und der maßgebenedn Reichsstelle aufgestellt.
Abb. 1 l Großgarage Raspail in Paris / Teilaasschnitt j Architekt; M. Lagneau
und Ing. M. Vazee
BÜCHERSCHAU
TASCHENBUCH FÜR DEN GESAMTEN STRASSEN- UND
WEGEBAU 1927. Der Stiftungsverlag, Potsdam. Kleinoktav. 175 S.
Preis gebunden Mk. 3,50
Der Kalender bietet neben einem geräumigen Terminkalender
in seinem fachlichenTeil, der von Dipl. Ing. Stueck, Bremen, bearbeitet
ist, in 24 Abschnitten wesentliche Kapitel des neuzeitlichen Straßen-
und Wegebaus, unter stetiger Berücksichtigung der praktischen
Anforderungen. Für Architekten dürfte — bei der Entwurfsarbeit
für Garagen und dgl. — namentlich die tabellarische Zusammen
stellung der Abmessungen, Achsdrücke usw. von Kraftfahrzeugen
neuester Bauart von Bedeutung sein. L. A.