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Abb. 1 bis 5 / Abwandlungen des Fassaden Schemas unter dem Einfluß der Lichtreklame / Skizze von Max Landsberg, Berlin
}: Wohnhaus mit glatter Fensteraufteilung und im Erdgeschoß eingebauten Läden I 2; Ladenarchitektur wird Gliederung des ganzen Hauses / 3; Ladenarchitektur wird
als Fassadengliederung bis zum Dachgesims durchgeführt / 4; Buckbildung mit horizontalen Flächen im Obergeschoß für Lichtreklame I 5; Horizontale Schriftbänder
schaffen tuugerechie Fassadengliederung
LICHTREKLAME IM STADTBILD
VON MAX LANDSBERG. BERLIN
Die heutige Geschäftsstadt ist des Nachts zu einer Häufung
von bunten Lichtreklamezeichnungen geworden. An den Brenn
punkten des Verkehrs brennen, leuchten und flackern abends
Hunderte von Reklameschriften, Figuren und Zeichen auf, fesseln
die Blicke der Vorübergehenden und prägen sich ihrem Gedächtnis
durch Leuchtkraft, Große, Witz und überraschende Beweglichkeit
ein. Die Lichtreklame entwickelt sich mit rasender Schnelle; sie
ist ein rücksichtsloses Sich-Vordrängen, Sich-Anpreisen, Auffallen-
Wollen der einzelnen Geschäfte. Ein jedes will den Nachbarn
überbieten und totschreien (Abb. 6, 11).
Ihre Lichtzeichnungen sind unabhängig von jeder statischen
Funktion und jedem menschlichen Maßstab. Sie werden rücksichts
los und überraschend über die Flächen geführt und nehmen dabei
den Häusern an Straße und Platz die raumschließende, einheitliche
Flächenwirkung. Mit dem hastenden Straßenverkehr zusammen
erzeugen sie eine sinnverwirrende Unruhe, lassen ein nächtliches
Städtebild entstehen, das häßlich und ohne Einheit ist. Das schönste
Stadtbild, das schönste Bauwerk verschwindet des Nachts hinter
ihren Lichtern. Die Geschäftsstadt hat schon heute bei Tag und
bei Nacht* ein so verschiedenes Aussehen, daß man von einer
Stadtbaukunst für den Tag sprechen kann, und eine solche für
die Nacht fordern muß.
Wenn auch jedes einzelne Reklameschild mit seinen Blechkästen
und zerbrechlichen Glasröhren schnell montiert ist, wenn auch die
Lichter des Nachts spielend leicht aufblitzen und wieder ver
schwinden, so ist die Reklame doch eine Dauererscheinung, die
sich mit Gewerbe und Technik weiter entwickeln wird. Die bau
liche Gestalt des modernen Geschäftshauses wird bereits durch
sie beeinflußt. Große fensterlose Flächen werden für sie unter
den Dächern der Hauser vorgesehen; die dahinter liegenden Räume
sind am Tage durch Oberlicht erhellt. Weitausladende Gesimse
ermöglichen die Anordnung verdeckter Scheinwerfer, durch welche
die Hausfläche nachts tagesbell aus der dunklen Umgebung heraus
gehoben wird. Norii ein Schritt: Die moderne Hausfront wird zu
einer großen Reklametafel geworden sein. Bescheiden und un
auffällig sitzen am Tage die Fenster zwischen Schrift und Bild, um
das nötige Licht in die Büroräume eiuzulassen. Durch die gleichen
Öffnungen werden des Nachts Lichtzeichen auf die Straße geworfen,
welche in Farbe und Maß mit der Frontbcleuchtung zusammen
stimmen. Solch Einzelhaus mag eine einheitliche künstlerische Tat
und eine neuartige Tages- und Nacht-Schönheit zugleich sein.
Doch eine Lösung des städtebaulichen Problems der Reklame-
beleuchtung kann sich nur aus der gleichzeitigen Erfüllung der
künstlerischen Grundsätze des Städtebaues und aller Möglichkeiten
der Reklamebeleuchtung ergeben. Als Ideal muß für die Geschäfta-
stadt eine einheitliche Lichtarchitektur des nächtlichen Straßen-
oder Platzraumes angestrebt werden; gleicherweise muß die Ge
legenheit für eigenartige Einzelreklame erhalten bleiben. Beides
zu vereinigen ist durchaus möglich (Abb. 7).
So kann man z. B. dem Straßen- oder Platzraum eine einheit
liche Lichtarchitektur durch ein Rahmenwerk von leuchtenden Schrift
bändern geben, in denen sich Firmen verschiedener Branchen zu
gemeinsamer Reklame vereinigen. Die Wandungen werden in Felder
geteilt, welche die verschiedenartigsten Einzelreklamebilder auf
nehmen können. In ihnen mag sich Bewegung, Überraschung, Farbe
austoben. Auch die Mündungen der ruhigen Nebenstraßen werden
sich in solcher Rahmenaufteilnng der Hauptstraße ungezwungen ein-
ordnen; sie lassen sich durch Lichtrahmen überbrücken und einfassen.
Die Lichtreklame ruft des Nachts laut die Straßen hinauf und
hinunter; und sie nutzt dazu jeden weithin sichtbaren Bau, jeden
in die Straße vorspringenden Bauteil. Die zur Straßenrichtung
senkrecht stehenden Hausflächen, deren Ausbildung die Straßen-
fassade von gestern vernachlässigt hatte, sind heute für die
Reklame die gesuchtesten, bestbezahlten Plätze geworden. AU
Abschluß oder Unterbrechung der langen Linien der Geschäfts
straße sind sie von größter Bedeutung für das nächtliche Stadt
bild. Wenn sie gar die Mündung der Straße zum Platz sym
metrisch betonen, beherrschen sie den ganzen auf sie zulaufendcn
Straßenzug. Sie schließen den Platz und beginnen die Straße.
Die Lichtarchitektur der nächtlichen Geschäftsstadt kann durch
privaten Unternehmungsgeist geschaffen werden, etwa so, daß
eine Gesellschaft die Reklamegelegenheiten einer Straße oder eines
Platzes nach einheitlichem Plan ausbildet und an Einzelfirmen weiter
vermietet. Der Weg kann auch bürokratisch über Verordnungen
und Wettbewerbe zu guten Durchschnittsleistungen führen.
Aber man muß Verordnungen aufstellen, welche die nächtliche
Stadtbaukunst gewährleisten, man muß Pläne ausarbeiteu, Wett
bewerbe auaschreiben. Entschließt man sich dazu und es ist die
höchste Zeit so wird eines Nachts aus dem häßlichen Tohuwa
bohu von heute unsere Geschäftsstadt zu einer einheitlichen Raum
folge von strahlender Lichtschönheit geworden sein.
Max Landsberg, Berlin