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Abb.1 / Absolute Zahlen der Fahrgäste und prozentuales Verhältnis der
auf dem Wege nach Manhattan benutzten Verkehrsmittel an einem gewöhn
lichen Arbeitstage (1924) /Nach;H.M.Lewis, TheTransit andTransportation
Problem j Die Schnellbahnen New Yorks leisten 63" 1$ des gesamten Ver
kehrs von und zur Geschäftsstodl, die Schnellbahnen Berlins etwa f2°/o
Abb, 2 (nebenstehend) j Vergleich des Güterverkehrs von New York und
Berlin / Darstellung von R. HeUigenihal im Anschluß an ff. M. Lewis
Güterverkehr New yorteu, Berlins im Jahre 1924
in Millionen Tonnen.
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Einfuhr
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Outerverbrauch:
40 Millionen Tonnen
Verbrauch
auf jaden Einwohne/
• 5,6 Tonnan. /
Ausfuhr
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Vartramh /
1.4M CimAnar/
Der Durchgangsverkehr Berlin iu Schiff und Bahn isf unbekannt
soweit er nkW mit Umschlag verbunden ist
DER VERKEHR NEW YORKS
Im Rahmen der Veröffentlichungen des Ausschusses für Auf
stellung eines Gesamtplanes für New York und Umgebung hat
Harold M. Lewis den zweiten Teil seines Werkes über den Ver
kehr New Yorks herausgebracht. Während der erste Teil [„High
way traf/icerschienen 1925) den Verkehr der Einzelfahrzeuge,
der Omnibusse und Straßenbahnen behandelte, schildert das
vorliegende Werk („The Transit and Transportation Problem“)
die Schnellbahnen, Eisenbahnen und den Hafenverkehr. So er
gibt sich durch die beiden reich und vorbildlich ausgestatteten
Denkschriften ein abgerundetes Bild des Personenverkehrs dieser
gewaltigen Stadt.
ln den Gesamtzahlen des Personenverkehrs zeigt sich das
Zwangsläufige der Großstadtentwicklung. New York hat an Ein
wohnerzahl London beinahe erreicht und die Verkchrserschei-
nungen sind daher im allgemeinen ähnlich. Die Gesamtzahl aller
Fahrten betrug in New York (1924) 3483 Millionen, in London
(1925) 3525 Millionen; auf jeden Einwohner entfielen also in
New York 446 und in London 456 Fahrten.
Lewis zieht in seinem Buche solche Vergleiche nicht, sie drän
gen sich aber dem Leser auf, wenn er sieht, wie die Konzen
tration der Geschäftsviertel alle Verkehrsmaßnahmen überholt.
Zeigt doch das Luftbild, welches dem zweiten Bande beigefugt
ist, eine sehr starke Zunahme der Hochhäuser gegenüber dem
nur zwei Jahre älteren Luftbild aus dem ersten Band. Zweifellos
kann London ruhiger in die Zukunft blicken als New York,
trotz gleich großen Gesamtverkehrs.
Die Gefahren, welche New York bedrohen, schildert Lewis am
Beispiel des südlichen Manhattan. Dieses ist durchschnittlich mit
nur 7,8 Geschossen bebaut, trotz Woolworth und einigen an
deren Türmen, bei einer Geländeausnutzung von 48%. Zwanzig
Schnellbahnstationen sind in diesem Gebiet vorhanden, genügen
aber kaum. Baupolizeilich zulässig wäre die zweieinhalbfache
Durchschnittshöhe der Gebäude. Es würden dann 30 weitere
Schnellbahnstationen und entsprechende Linien notwendig, die
überhaupt nicht unterzubringen sind.
Trotzdem gilt anscheinend noch heute die resignierte Feststel
lung aus dem ersten Bande: „Die Verschärfung der Zonung der
art, daß sie die Verkehrsnöte lindern konnte, würde wahrscheinlich
keine Unterstützung des Publikums finden.“
Die Befürchtung, daß Manhattan eines Tages an seinem Ver
kehr ersticken muß, ist nicht von der Hand zu weisen: bereits
für das Jahr 1965 wird ein täglicher Zustrom von neun Mil
lionen Menschen auf öffentlichen Verkehrsmitteln erschätzt. Hierzu
kämen noch die Kraftwagen. Alarmierend nennt die Denkschrift
diese Schätzung; es ist aber fraglich, ob die Stadt aus ihrem
Grundertaumel anders als durch bitterste Erfahrung geweckt
Werden kann. Für uns ergibt sich jedenfalls die Lehre, den Hoch
bau unter keinen Umständen aufkommen zu lassen.
Der New Yorker Verkehr des Jahres 1924 von 3483 Millionen
Fahrten verteilte sich wie folgt:
Schnellbahnen 46°/#, Straßenbahnen 42,5%, Eisenbahnen 5,5%,
Autobusse 4,5%, Fährboote 1,5%. Doch ergibt diese Durchschnitts
verteilung kein richtiges Bild. Auf dem Wege nach und von
der Geschäftsstadt wurden beispielsweise benutzt:
Schnellbahnen 63%, Straßenbahnen 9,3%, Eisenbahnen 6,1%.
Die übrigen 21,6% entfielen auf Autobusse, Fährboote, Kraft
wagen und die noch recht ansehnliche Zahl der Fußgänger (vgl.
Abb. 1).
Die Straßenbahn spielt also in den Außenbezirken eine sehr
große, in der Geschäftsstadt eine verhältnismäßig geringe Rolle.
Straßenbahn und Autobus der Außengebiete werden als Zubrin
ger der Eisenbahnen und Schnellbahnen betrachtet. Unter diesen
beiden Verkehrsmitteln bildet sich bereits eine Arbeitsteilung
heraus, nachdem sie sich anfänglich bekämpft hatten.
Trotzdem die rascheste Beförderung durch einen möglichst
frühen Übergang auf die Schnellbahnen erreicht wird, opfern
viele Bewohner der Außengebiete ihre Zeit und fahren mit der
Straßenbahn oder dem Autobus nach der City durch, um das
Gedränge in der Untergrundbahn zu vermeiden.
Das Schnellbahnnetz überschreitet nur in der Richtung nach
Norden (Bronx) die Zehnmeilenzone, und die Denkschrift er
wartet keinen weiteren Ausbau als bis zur I2ten oder 13ten
Meile. Das würde, auf Berlin übertragen, etwa der Linie Spandau,
Zehlendorf, Köpenick, Marzahn, Karow, Tegel entsprechen.