Abb. 76—78/'Aus
dem Entwurf von
Walter Wolff und
Carl Lange
(Zweiter Preis)
Kennwort: „Denk
daran“
ZU DEM ENTWURF „DENK DARAN“
Regiemngsbaural Wolff ist durch seine Arbeiten beim ostpreußischen Wiederaufbau bekannt geworden (vgl.
„Städtebau“ 1925, Heft 3). In seinem Entwarf versuchte er, zusammen mit Oberregierungs- und Baurat Carl
Lange, darzuslellen, wie die Straße „Unter den Linden“ unter der Einwirkung des Wirtschaftslebens und des Ver
kehrs unter Beibehaltung des Charakters einer Prachtstraße im Verlauf von 100 Jahren sich etwa gestalten könnte.
Der Erläuterungsbericht erklärt eine Verbreiterung der Friedrichstraße in der Länge der jetzigen Einbahnstraße
auf das sonst vorhandene Maß von etwa 22 m für unerläßlich. Bei dieser Regelung werden fast nur niedrige
Gebäude ohne Dcnkmalswert getroffen. Die Kosten sollen zum großen Teil dadurch gedeckt werden, daß die
Baublöcke sechsgeschossig errichtet werden.
Für das Brandenburger Tor wird ein kühnes Versetzen der Scitenhallcn und die Regelung des Verkehrs am Tor
zugunsten des Hauptverkehrs vorgeschlagen (Abb. 78 und 84). Für die Straßenbahnlinien ist eine Unterlunnelung
gedacht, deren Senkung im Zuge der Friedrich-Ebertstraße liegt und die in der Nähe des Reichstagsgebäudes
wieder austritt. Diese Maßnahmen werden für ausreichend nur dann betrachtet, wenn der Durchbruch von der
Lennestraßc nach der Französischen- oder Behrenslraße verwirklicht wird.
Eine wohl allzu verwegene Lösung wird am Opernplatz vorgeschlagen (Abb. 78 und 85/86. Wolff und Lange
wollen die Einmündungen der Straßenbahn aufnehmen durch möglichst niedrige Hallen, die einerseits vor der
Alten Bibliothek und andererseits neben dem Ersatzbau für das niederzulegende Prinzessinnenpalais infolge Ver
breiterung der Oberwallstraße angeordnet sind. Die Verkehrsforderungen sollen die Rechtfertigung für eine
monumentale Anlage vor dem 9 m hohen Sockelgeschoß der Alten Bibliothek geben.
Als Hauptverkehrsader zwischen Norden und Süden ist die Oberwallstraße gedacht, die auch den Museums-
neubau mit den „Linden“ städtebaulich in enge Verbindung bringt. Schließlich wird eine sehr eingreifende Ver
änderung durch Verschiebung der Hedwigskirche vorgcschlagen, die ja durch die rohen Aufbauten auf Opernhaus
und Dresdner Bank sozusagen für den Abbruch reif gemacht wurde. Derartige Verschiebungen sind technisch
durchaus möglich. Bei der Freimachung des Geländes für das Verwaltungsforum der Stadt San Francisco
wurde ein backsteinernes Schulhaus — sehr viel größer als die Hedwigskirche — etwa einen halben Kilo
meter weit verschoben, was 105 000 Dollar kostete. — Die vorgeschlagene Verchiebung der Hedwigs
kirche mit leichter Steige
rung der Höhenabmessun
gen der Unterbauten soll
besonders auch den Vorteil
einer verkehrstechnisch ein
wandfreien Verbindung
Zwischen Behrenstraße und
Französische Straße bringen.
Die Darstellung dersechs
Fassadentypen (Abb. 82,
83.87) vom Brandenburger
Tor bis zur Bibliothek zei
gen, wie sie grundsätzlich
in ihren Hauptlinien ge
dacht sind. Die Typen
halten sich am Pariser Platz
frei von der Säulenarchi
tektur des Tores, geben
den Baublöcken, in denen
sich Ministerien befinden,
reichere Gestaltung. Die
Typen sind nur als vor
läufige Vorschläge gedacht.
Die Einzel-Ausgestaltung
könnteWettbewerben über
lassen werden, die für jeden
Einzelblock ausgeschrieben
werden könnten.
Bei der vorgeschlagenen
Überdachung der Bürger
steige sind Säulen vermie
den, weil sie den Lichtein
fall zu stark vermindern;
Reklame undBeleUchtungS-
qucllcn können ohne Stö
rung des Straßenbildes
unterhalb dieser Über
dachungen angebracht wer
den, so daß oberhalb alle
Reklame wohl unterbunden
werden und Einheitlichkeit
und Würde des Gesamt
bildes gewahrt werden.
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Itebau 1926, Heft 9/l0