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DER HAMBURGER MESSEHAUS-WETTBEWERB
VON ADOLF GOETZ, HAMBURG
HIERZU 33 ABBILDUNGEN
Über die Durchführbarkeit der Hamburgischen Messe
hausprojekte hinsichtlich des Verkehrs und wichtiger städte
baulich-wirtschaftlicher Umformungen und Ausweitungen
wird an anderer Stelle dieses Heftes vom Unterzeichneten
und den Hamburgischen Architekten Brüder Gerson eine
umfangreiche Studie veröffentlicht. Es sei deshalb nur der
Wettbewerb selbst kurz behandelt, zu dem 105 Doppel-
Projekte eingereicht worden sind. Er war auf einige Ein?
geladene, sonst auf Hamburger Architekten beschränkt.
Wichtig für den Entwurf war die Bestimmung des Preis
gerichtes, daß das Bauwerk vor allem den verschie
densten Möglichkeiten der Einzelaufteilung anpaßbar sein
müsse. Der gerade in Hamburg so erfolgreich entwickelte
Typ des reinen Kontorhauses (Höger, Gerson, Distel, Gra
bitz, Bensel u. a.) konnte nur bedingt als Ausgangspunkt
dienen. Es war nötig, trotz der ungewöhnlichen Höhe des
Projektes, den Grundsitz so zu lösen, daß man die Einzelteile
überblicken konnte. Die baupolizeilichen Bestimmungen
ließen hier einen weiten Spielraum. Städtebauliche und
künstlerische Massengestaltung fanden nur in der Phantasie
und im Können der sich am Wettbewerb Beteiligenden ihre
Grenzen. Das Preisgericht stellte für die Masscngestaltung
grundsätzlich besonders drei Möglichkeiten auf:
,,Ein symmetrisch wirkender Aufbau, ausgehend von der
durch die Überbrückung der Steinstraße gegebenen Achse
mit mehr oder minder starker Betonung der Mitte. Eine auf
Reihung gleichartiger Elemente beruhende Wirkung. Eine
unsymmetrische Lösung mit freier Betonung eines Schwer
punktes, der in der Gegend liegt, wo der Bauplatz von seiner
gestreckten Grundform in eine breite Flädhenentwickelung
übergeht und zugleich das Gelände zu fallen beginnt.“
Die Ausschreibung des Projektes war aber nicht so klar,
daß nicht mißverständliche Auffassungen des Architekten
über Form und Gestaltungsziele in der Überzahl hätten
bleiben müssen.
Es wäre für das Ergebnis des Wettbewerbes besser ge
wesen, wenn die nachstehenden grundsätzlichen Bemer
kungen des Preisgerichtes auch schon vorher in der Aus
schreibung erkennbar gemacht worden waren. Im Gutach
ten der Preisrichter heißt es:
„Die zur Steinstraße symmetrische Entwicklung der Front
an der Bahnhofsseite ist aus der Form des Bauplatzes und
der Modellierung des Geländes nicht begründet. Sie hat in
vielen Fällen statt einer kubisch sich gliedernden Massen
gestaltung zu einer wandartigen Bildung geführt, die von der
Seite und besonders von rückwärts gesehen fremdartig vor
dem Stadtkörper liegt und sehr oft unklare Restmassen auf
der Rückseite (Lange Mühren und deren Verlängerung) übrig
läßt. Aber abgesehen von dieser Gefahr erscheint die Be
tonung der Steinstraße als Achse und ihre Überbauung als
Zentralpunkt eines großen baulichen Organismus städtebau
lich als ungerechtfertigt. Nicht die Steinstraße, sondern die
Mönckebergstraßc und nach ihr die verlängerte' Nicdcrn-
straßc sind die großen verkehrsbetonten Lebensadern der
Stadt. Von ihnen aus ist die räumliche Wirkung der Bau-
masse vor allem abzuwägen. Von diesem Gesichtspunkt aus
ist jene Symmetrie nicht nur unbegründet, sondern die durch
ihre Entfaltung angestrebten Effekte kommen auch von den
wichtigsten Sichtpunkten der Umgebung des Bauwerks aus
gar nicht zur Geltung, ja werden sogar durch die konvexe
Biegung der Front vielfach unverständlich.
Deshalb scheint städtebaulich entweder ein Arbeiten mit
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Abb. 1—4 / Entwurf Architekt Waldemar Reiner, Hamburg