DER STÄDTEBAU
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bereits berücksichtigt) geplant wird, der einstmals die so
nötige Entlastung des Hauptbahnhofs bewirken soll.
Es ist deshalb völlig irreführend, das Problem der Kanal
straße innerhalb des Rayons etwa als Ringstraßenproblem
zu behandeln. Die in Frage stehenden Stücke der Kanal
straße A B und A C sind kaum gebogen, sondern funktio
nieren als nahezu gerade Verbindungen zwischen den ge
nannten Punkten. Es handelt sich in Wahrheit darum, ob
es nötig ist, von diesem Verkehrszentrum der Bahnhofs
gegend aus einen Verbindungsarm zur Luxemburger Straße
und der vorhandenen Bahnunterführung am Eifeltor
und einen Verbindungsarm zur Lukasstraße und der vor
handenen Bahnunterführung am Großkreuz zu schaffen.
Vergegenwärtigt man sich, wie die Bahnstränge die
Kernstadt Kölns wie mit einem starken Wall von der neuen
Rayonstadt abschnüren, so wird man die Wichtigkeit dieser
beiden südlichsten und nördlichsten Durchbrechungspunkte
dieses Walles einsehen. Man kann den ganzen Verkehr
aus dem HinteHande der Eifeltor-Unterführung (Zollstock)
zum neuen Bahnhofsviertel nicht radial in die Kernstadt und
damit ins Innere der großen Barriere leiten, welche der
Eisenbahngürtel um die untere Grenze des Rayongebietes
legt, um ihn dann aus dieser Hürde auf Umwegen zum
Aachener Tor wieder herauszuführen. Er muß den un
mittelbaren Weg C A zur Verfügung haben. Ja, es wird
die weitere Aufgabe der Stadt sein, die Fortsetzung der
Kanalstraße so zu leiten, daß eine diagonale Entlastungs
linie der Kernstadt für den aus der Richtung Marienberg-
Bonnerstraße hierher bestimmten Verkehr eintritt.
Ähnliches läßt sich vom Arm. A B der Kanalstraße
sagen. Es handelt sich nicht etwa um den Ringstraßen-
Gesichtspunkt, wie man von A zur neuen Rheinbrücke bei
F gelangt, — aber wichtig ist beispielsweise die Frage, wie
das neue Geschäftszentrum mit dem südlichen Teil des
Stadtteils Nippes in gute Verbindung kommt. Fehlt die
Kanalstraße, so zwingt man unpraktischer- und gefahrlicher-
weise wesentliche Verkehrsströme immer wieder in die
überfüllte Kernstadt, statt alles, was nicht notwendig in sie
herein muß, aus ihr fernzuhalten. Weder der schmale und
unterbrochene Zug der bereits ausgebauten Piusstraße, noch
der umständliche Zug am Bahnkörper entlang (man be
achte die Endkurve) kann sie genügend entlasten. Mit
einem Worte, wer sich klar macht, daß bei A eine Ge
schäftsstadt entsteht, und daß sich bei B und bei C der
südlichste und nördlichste Auslaß aus der großen Ring
mauer befindet, mit welcher die Bahn Köln zerschneidet,
wird die natürliche Verbindung, welche die Kanalstraße
zwischen diesen Knotenpunkten bildet, schwerlich für enl-
behrbar halten.
Die eingehende Beschäftigung mit dem Problem des
Kölner Verkehrs hat mich zu der Überzeugung geführt, daß
die Kanalstraße, soweit sie im Umlegungsgebiet liegt, eine
größere Bedeutung hat, als ich ursprünglich annahm. Ich
habe das bei ihrer Ausbildung berücksichtigt und mich
dabei gefreut, daß ich es tun konnte, ohne die Grünanlagen
durch diese Verkehrsader in ihrer Ruhe und Abgeschlossen
heit zu gefährden. Die vorsichtige Trennung dieser dem
Verkehr nicht entziehbaren Ader von dem Grüngürtel ist
eins der grundlegenden Motive meiner Gestaltung.
Und wie liegt es mit der Dürener Straße? Jansen hatte
sie ursprünglich in die Aachener Straße überführt und so
den ganzen Schwall des immer mehr anwachsenden Ver
kehrs dieser Straße erster Ordnung der überlastetsten Ader
Kölns (Mittelstraße) zugemutet. Neuerdings will er ihn
durch die (gegenwärtig zu enge) Hans-Sachs-Straße ganz
in die Lindenstraße ableiten.
Jansen hat inzwischen wohl erkannt, daß der Versuch
dieser Ableitung praktisch nie funktionieren würde, solange
die Dürener Straße einen Ablauf in die Aachener Straße
behält, und er hat deshalb in seinem nachträglichen Ent
wurf die Dürener Straße weit außerhalb des Umlegungs
gebiets in eine schmale Nebenstraße umgewandelt und dann
ganz aufgehoben. Abgesehen davon, daß diese Umwand
lung einer voll ausgebildeten und ausgebauten Verkehrs
straße ersten Ranges praktisch wohl kaum durchführbar
sein dürfte, würde dadurch das neue Geschäftszentrum einer
seiner wichtigsten Lebensadern beraubt. Ein neuer Bahnhof
am Aachener Tor macht diese künstliche Unterdrückung
vollends undenkbar. Wenn Jansens Straßenpolitik durch
geführt wird, würde der Bahnhof verkehrstechnisch wie
in der Einöde liegen.
Wer Jansens Plan nicht zustimmt, tut das nicht, weil
ihm seine schönen Grünanlagen nicht gefallen, sondern weil
diese auf Verkehrsunterbindungen beruhen, die er bei nähe
rem Studium für unmöglich hält.
Die Freude an diesen Grünanlagen wird aber außer
dem wesentlich verringert, wenn man sich klar macht, daß
der vom Gesetz geforderte Wertausgleich der großen
Umlegung, auf der diese Rayonplanung ja beruht, es infolge
der geringen Bebauung, die Jansen erzielt, nötig macht,
einen sehr großen Teil aller Bauten in die Bauklasse, die
vier Geschosse mit ausgebautem Dach vorsieht, zu versetzen.
(Bei der Beurteilung ergab die Berechnung 53°/o I. Bauklasse
im Jansen’schen gegen 21°/o in meinem Projekt). Wer
Jansens verlockenden Plan ansieht, wird sich dabei schwer
lich die vielen hohen Etagenhäuser vorstellen, die als Folge
seiner Planung unvermeidlich sind, und die meist ihre Rück
seite den Grünanlagen zuwenden.
In dieser Frage des Wertausgleichs bei der Umlegung
(auf die ich noch zurückkomme), liegt in vieler Hinsicht
der Kern des durchaus nicht für ideale Gestaltung freien,
sondern wirtschaftlich ganz eng gebundenen Problems, das
es bei der Planung zu lösen galt.
Was endlich die in Jansens neuem Vorschlag vor
gesehene, bestechende l5o m breite Grünverbindung vom
Aachener Tor zum Stadtwald anbetrifft, so setzt sie die
Niederlegung einer ganzen Reihe kostbarer Villen und des
Hauptbaues einer großen Klosteranlage voraus. Leider
ist derjenige, der auf die wirtschaftliche Durchführbarkeit
seiner PJäne rechnen muß, nicht in der Lage, solche Vor
schläge machen zu können.
In der Auffassung der beiden Grundfragen der Sfraßen-
politik, die zugleich Grundfragen der Gliederung des Planes
sind, hat Prof. Bonatz sich mit seinem Projekte mir ange
schlossen. Er verbindet diese Übereinstimmung aber mit
einer völlig anderen Grünpolitik. Diese läuft darauf
hinaus, eine möglichst zusammenhängende Grünfläche zu
schaffen, die sich als geschlossener Gürtel von ca. 25o m
Breite zwischen die jetzige Stadt und den Kranz der sog.
Vororte legt. Der neue große Bahnhof liegt unmittelbar an
diesem trennenden Gürtel. Die Geschäflsstadt, die er her-
vorrufen wird, kann sich nur streifenförmig hinter dem
Walle des Gleiskörpers der Bahn entlang entfalten. An
statt von einem Geschäftszentrum wird man von einem