DER STÄDTEBAU
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Strecke Bonn—Godesberg seit mehreren Jahren im Betriebe
befindlichen oberirdischen Schnellbahn, der Wagenfußboden
in dem. mittleren Teile des Wagens, in dem sich die Tür
öffnungen zum Ein- und Aussteigen befinden, bis auf 30 cm
über Schienenoberkante abgesenkt wird. (Abb. 7, Taf. II.)
Diese Absenkung des mittleren Wagenteiles bietet keine
Konstruktionsschwierigkeiten, da die Seitenwände nach
Art der neuen D-2ug-Wagen in ihrer ganzen Hohe als
Gitterträger ausgebildet sind und nicht nur auf einem
einzigen unteren Längsträger aufruhen 1 ).
Da der Bahnsteig bei den Schnellstraßenbahnen, wie
oben bereits ausgeführt wurde, 17 cm höher liegt als
Schienenoberkante, so wäre also nur ein Auftritt von
30 —17 = 13 cm zu überwinden. Diese Auftrittshöhe ent
spricht der bei Untergrundbahnen üblichen; das Ein- und
Aussteigen vollzieht sich also ebenso leicht und schnell
wie bei diesen. Nachdem die Fahrgäste in den tiefliegenden
Teil des Wagens hineingelangt sind, können sie sich in
voller Muße während der Fahrt auch in den höher gelegenen
Wagenteilen einen Platz aussuchen, wobei sie die im Wagen
angeordneten bequemen Treppen benutzen. Ebenso können
sie rechtzeitig vor dem Aussteigen während der Fahrt den
tiefer gelegenen Wagenteil wieder aufsuchen. Diese Innen
treppen bilden, wie der Verfasser auf der Schnellbahn
Bonn—Godesberg beobachtet hat, durchaus keine irgendwie
wesentliche Erschwerung.
Man könnte also inDresden die vorgeschlagene
Schnellbahn durch den Stadtkern unterirdisch
hindurchführen, zwar nicht in der Bauart der bis
herigen Untergrundbahnen, wohl aber als Schnell
straßenbahn unter Beibehaltung ihrer Betriebs
mittel und unter Anordnung gleichartiger Ein
steigestellen auf allen unterirdischen wie ober
irdischen Strecken, also mit tiefgelegcnen Bahn
steigen.
Da die Straßenschnellbahn in Rücksicht auf die ober
irdischen Strecken lang ausladende Stromabnehmer erhalten
muß, wie sie bei den gewöhnlichen Straßenbahnen nötig
sind, muß die lichte Höhe der Tunnel allerdings um etwa
50 cm größer gewählt werden als bei den bisher üblichen
Untergrundbahnen. Die dadurch bedingte Tiefedegung der
Tunnelsohle hat nun zwar eine gewisse Verteuerung des
Tunnels im Gefolge, da sich die Ausschachtungsarbeiten
entsprechend vergrößern und da unter Umständen ferner
auch eine Verteuerung in der Wasserhaltung und in der
notwendigen Umlegung vorhandener unterirdischer Ver
sorgungsleitungen eintritt. Die hierdurch erwachsenden
Mehrkosten und Schwierigkeiten sind aber, wie eingehende
hier nicht weiter zu behandelnde Untersuchungen bei der
Planung für Groß-Dresden ergeben haben, nur verhältnis
mäßig gering. Das gleiche dürfte der Regel nach auch
wohl für andere Groß-Städte zutreffen.
Die wichtige Voraussetzung für die Durchführbarkeit
einer oberirdischen Schnellbahn bildet die Forderung, daß
die gegenseitige Entfernung ihrer Haltestellen, an denen
allein eine Kreuzung mit anderen Straßenzügen zulässig ist,
nicht geringer wird als etwa 500 m, da nur dann die
erforderliche Reisegeschwindigkeit von etwa 25 km pro
l ) Siehe Regierungsbaumeister W. Rudolph „Beiträge zur Ent
wicklung des Baues eiserner Personenwagen in Deutschland“, Berlin 19x6,
Verlag von F. C, Glaser.
Stunde erreicht werden kann. Das bedingt also die ununter
brochene Fortführung des Bahnkörpers auf diesen Mindest
längen und damit innerhalb dieser Strecken den Fortfall
jeder Kreuzung mit anderen Straßenzügen in Schienenhöhe.
In den Vorschlägen für Groß-Dresden ist es im all
gemeinen ohne größere Schwierigkeiten gelungen, dieser
Forderung auf den sämtlichen Außenlinien gerecht zu
werden. Denn die daraufhin angestellten Untersuchungen
haben, was auf den ersten Blick vielleicht überraschen
könnte, in der Tat ergeben, daß die Verkehrsknotenpunkte,
an denen Durchquerungen def Schnellstraßenbahnlinien
durch andere Verkehrsstraßen vorhanden sind und bei
behalten werden müssen, meist eine gegenseitige Entfernung
von wenigstens 500 m haben. In vielen Fällen war es
möglich, den Ortskern vorhandener Außenorte, der zumeist
ein engmaschiges Straßennetz aufweist, durch die Linien
führung der Schnellbahn zu umgehen. In anderen Fällen
kann man die Bebauungspläne für die noch gar nicht oder
nur spärlich besiedelten Außengebiete so aufstellen oder
umgestalten, daß sie dieser Forderung, die Hauptstraße nur
in größeren Abständen durch Querstraßen zu durchschneiden,
ohne Schädigung sonstiger Verkehrsbedürfnisse Rechnung
tragen.
In der Nähe der Stadt und in dem Stadtgebiet selbst,
soweit hier die Schnellbahn nicht als Unterpflasterbahn
angelegt wird, werden allerdings in einer ganzen Reihe
von Fällen Querstraßen in kürzeren Abständen als 500 m
durch die Schnellbahnstrecke hindurchzuführen sein. An
diesen Stellen muß, wie oben schon erwähnt wurde, die
Straßenschnellbahn unter der kreuzenden, wenn möglich
etwas anzuhebenden Straße unterdükert werden, wobei der
in das Gelände einzuschneidende Bahnkörper beiderseitig
durch Futtermauern begrenzt wird. Vielfach wird aber
auch die Durchführung des Personenverkehrs allein genügen.
Dabei wird die Unterführung des Fußgängerverkehrs unter
der Schnellbahnlinie hindurch mittels Tunnels derjenigen
mittelst oberirdischer Treppenanlagen vorzuziehen sein, da
diese letzteren eine größere verlorene Steigung bedingen
und überdies das Straßenbild verunzieren würden. —
Zweck und Ziel dieser Abhandlung erfordert nicht ein
noch näheres Eingehen auf die örtlichen Einzelheiten der
Planung; dies erscheint übrigens auch in Rücksicht auf den
gegenwärtigen Stand der ganzen Angelegenheit nicht er
wünscht, wie eingangs schon hervorgehoben wurde. Mit
geteilt sei nur noch die vorgeschlagene allgemeine Anordnung
des Querschnitts der Untergrundbahn auf der freien Strecke
(Abb. 12, Tafel III), auf einer gewöhnlichen Haltestelle
(Abb. 13, Tafel III), sowie die allgemeine Einrichtung der
Untergrundbahnhöfe an den Hauptverkehrsmittelpunkten A
auf dem linken Elbufer (Abb, 8 u. 9, Tafel III) und B auf
dem rechten Elbufer (Abb. 10 u. 11, Tafel III). Ferner
sei erwähnt, daß die Schnellbahnlinie in dem engen
Weißeritztal streckenweise über dem Weißeritzfluß selbst
angelegt werden soll, indem man das Bahngestänge durch
schräg gerichtete Pfeiler oder Streben gegen die beider
seitigen Ufermauern abstützt.
Dagegen soll schließlich noch etwas näher auf die vor-
geschlagene dreimalige Durchquerung der Elbe eingegangen
werden, die sich dadurch notwendig macht, daß bei den
sämtlichen durchgehenden Scbnellbahnlinien aus Gründen
der Betriebssicherheit jedwede Weichenanlagen und alle
Kreuzungen inSchienenhöhe grundsätzlich zu vermeiden sind.