DER STÄDTEBAU
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Abb. ii. Helsingfors.
Die Zentralallee zwischen dem Munksnäsplatz und dem Zentralplatz.
Der Turm im Hintergründe.
zu verbürgen, und zwar Forderungen des Verkehrs, der
beruflichen Bevölkerungsklasse, der Hygiene und der
Ästhetik. Sehen wir im einzelnen, wie Saarinen diesen
Forderungen zu genügen bestrebt ist.
VI.
Schon vor zwanzig Jahren hatte ein Konsortium die
Absicht gehabt, auf einem zwischen Munksnäs und der
Stadt gelegenen Gebiet eine Villenstadt anzulegen. Heute
hat sich Helsingfors so weit entwickelt, daß schon auf dem
entfernteren Gelände von Munksnäs die blose Villenform
nicht mehr genügt. Es ist keineswegs geschäftliches Interesse
des gegenwärtigen Besitzers von Munksnäs-Haga, das eine
geschlossene Bauweise verlangt, sondern rein siedlungs
technische Gründe zwingen, nur einen geringeren Teil des
Geländes als Villenstadt, das übrige aber mit geschlossenen
Formen verschiedener Typs zu bebauen.
Saarinens Plan ist nicht endgültig und unveränderlich.
Er ist eher als ein Bauprogramm aufzufassen, wie er sich
die Siedlung denkt, für die gleichzeitig Grundstücke an
verschiedenen Punkten des Geländes überlassen werden.
Je nach dem Tempo der Besiedlung und nach etwa auf
tretenden Verbesserungen in der Stadtplantechnik kann
dieses Programm Veränderungen erleiden. Für Saarinen
galt es vor allem ein nach Siedlungsformen und Verkehrs
möglichkeiten systematisch geordnetes Ganzes zu schaffen,
das nicht nur für sich allein, sondern auch inbezug auf
seinen Platz im Komplex Groß-Helsingfors zu betrachten war.
Innerhalb dieses Komplexes wird ohne Zweifel in Munks
näs-Haga sich ein sekundäres Stadtzentrum entwickeln.
Dies ist der Hauptgrund, weshalb das ganze Gebiet nicht
als Villenstadt geplant werden darf. Anderseits ist es zu er
warten. daß ein solches Zentrum mit hohen Häusern erst
viel später entstehen wird. Beginnen wird die Siedlung
längs dem Ufergelände und in der Gegend des Bahnhofs
Hoplax, und zwar in der Villenform. Erst wenn von diesen
beiden Ausgangspunkten sich die Siedlung allmählich dem
Mittelpunkt des Gebietes nähert, wird sich wahrscheinlich
ein Übergang zum geschlossenen System mit hohen Häusern
schon infolge der dann herrschenden Wohnungsverhältnisse
in Helsingfors als notwendig erweisen.
Der Plan sieht folgende zukünftige Verteilung nach Be
völkerungsklassen und Bauformen vor: die Ufergelände
sind als kostspieligster Teil der wohlhabenden Klasse Vor
behalten; der Mittelstand wird sich nördlich van der Eisen
bahnlinie ansiedeln und die Arbeiterbevölkerung im west
lichen Gürtel, wo die Entstehung eines Industrie- und
Fabriksviertels sich vorzubereiten beginnt.
Inbezug auf Bauformen ist der südliche Gürtel und
der nördlich der Eisenbahn gelegene Teil von Haga als
Villenstadt gedacht. Das Zentrum zeigt hohe Bauweise,
an den Rändern im Süden, in der Nordostecke und in den
breiteren Straßenfluchten von Haga herrscht das System der
Reihenhäuser vor 1 ).
Die ungeheuer gesteigerten Anforderungen des modernen
Verkehrs sind in Saarinens Plan mit ebensoviel Weitblick
wie Scharfsinn berücksichtigt. Die großen Verkehrsadern
sind so gelegt, daß sie nicht nur die Hauptpunkte des internen
Munksnäs-Verkehrs leicht und zweckmäßig verbinden, son
dern zugleich auch eine geeignete Vermittlung zwischen
den Ausfallstraßen aus Helsingfors und den eigenen Ausfall
toren nach etwaigen zukünftigen Siedlungen im Westen
und Norden bilden. Die Breite der Straße richtet sich nach
dem Verkehr, dem sie dienen muß und nach dem Charakter
der Siedlung, die sie durchläuft. So ist z. B. die wichtige
„Västeralle“ mit drei Fahrbahnen angelegt, die beiden
äußeren für lokale Personen- und Güterfuhrwerke, die mitt
lere ausschließlich für Kraftfahrzeuge, Zwischen beiden
läuft, von Grünflächen eingerahmt, außerdem die Straßen
bahn. Unter der Mittelhahn ist die Möglichkeit einer Unter
grundbahn vorgesehen.
') Der weiße Fleck in der Südostecke ist das Grundstück, das sich
der ehemalige Besitzer des Landgutes Munksnäs Vorbehalten hat und
auf dem die Gutsgebäude nebst umgebendem Park sich befinden.