DER STÄDTEBAU
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Wohnungsgesetz jedoch, wie bereits oben erwähnt, dadurch
erweitert, daß es seinen Schutz nicht nur Gebäuden zuwen-
det und daher auch die Fälle umfaßt, wo die Interessen des
Denkmalschutzes vielleicht hur die Erhaltung einer einzel
nen Einrichtung des Hauses, zum Beispiel der Treppen
anlage, begehren.
Es empfiehlt sich jedoch, zunächst die Aufmerksamkeit
der Wirkung von wohnungspolizeilichen Maßnahmen im
Äußeren der Gebäude zu schenken, weil daran gedacht wer
den könnte, hier eine Erweiterung des von den Interessen
des Heimatschutzes umfaßten Rahmens darin zu sehen, daß
die Verhütungsvorschriften vielleicht auch die Kund
machung der Benutzung des Gebäudes im Inneren nach
außen trifft. Dies geschieht vornehmlich an den Fenstern.
Ihre Einrichtungen können sowohl bei den dem Heimat-
wie dem Denkmalschutz unterfallenden Gebäuden aus
verschiedenen oder gleichen Gründen schutzbedürftig sein,
Auf Veranstaltungen, die hinter ihnen vorgenommen wer
den, ist die Wohnungsordnung jedoch einflußlos. Sie kön
nen nur auf Grund des Verunstaltungsgesetzes verboten
werden, wenn es sich beispielsweise um Reklamevorrichtun
gen handelt. Bei anderen Fällen werden gesetzliche Ver
hütungsvorschriften zugunsten von Denkmal- und Heimat-
schütz überhaupt fehlen. Man denke an ein altes, wert
volles Wohnhaus, das gar nicht mehr zum Wohnen benutzt
wird, sondern als Kulissenhaus für ein Theater oder als Ma
schinenbaus dient, wobei die inneren Einrichtungen an den
Fenstern für den Beschauer nach außen sichtbar sind. So
sehr durch solche Veranstaltungen schönheitliche oder ge
schichtliche Interessen im Einzelfall auch geschädigt wer
den, die Wohnungsordnung kann zu ihrem Schutz nicht
herangezogen werden, da sie sie gar nicht trifft, weil sie sich
nur mit bewohnten Gebäuden beschäftigt.
Das eigentliche Anwendungsfeld des § a Artikel 9 des
Wohnungsgesetzes sind nun jene Fälle, wo es sich darum
handelt, das Innere von Gebäuden, die ganz oder zum Teil
von künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung sind, vor
den Wirkungen zu schützen, welche die für die Benutzung
des Hauses auf Grund des Wohnungsgesetzes getroffenen
Maßnahmen haben könnten. Hier ist der § 2 Artikel 9 nach
zwei Richtungen von Bedeutung.
Zunächst kann die wohnungspolizeiUch erwünschte Be
nutzung der Wohnung selbst den Interessen des Denkmal
schutzes entgegen sein, wenn diese es zum Beispiel ver
bieten, einen hierzu an sich geeigneten Räum für einen be
stimmten Zweck (als Küche) zu benutzen, weil seine innere
Einrichtung von künstlerischem oder geschichtlichem Wert
ist. Es ist dies insbesondere auch einer der Fälle, in denen
die Anordnung der Rücksichtnahme auf die Interessen des
Denkmalschutzes bei der Ausübung der Wohnungsaufsicht
zu besonderen Entscheidungen Veranlassung gibt. Bereits
oben wurde auf diese Ergänzung der bisherigen Gesetz
gebung hingewiesen. Infolge der Vorschrift, daß bei den
wohnungspolizeilichen Anordnungen und Verboten für die
Benutzung von Häusern und Raumen die Interessen des
Denkmalschutzes zu berücksichtigen sind, wird es zum Bei
spiel unter gewissen Voraussetzungen fraglich sein, ob die
Inanspruchnahme wertvoller Räume zu bestimmten Wohn
zwecken angeordnet werden darf. Eine schöpferische Seite
hat diese Vorschrift allerdings nicht. Es können zum Bei
spiel nicht Maßnahmen zur Schonung von Einrichtungs
gegenständen erzwungen werden, die durch die wohnungs
gesetzlichen Vorschriften in Mitleidenschaft gezogen
werden.
Das zweite Hauptanwendungsgebiet von Artikel g § 2
umfaßt die auf Grund der Wohnungsordnung notwendig er
scheinende bauliche Änderung von Gebäuden oder Gebäude
teilen, die künstlerische oder geschichtliche Bedeutung
haben. Diese Maßnahmen werden regelmäßig deshalb er
forderlich sein, weil die Gebäude oder die Gebäüdeteile für
die Bewohnung im weitesten Sinne ungeeignet sind; soweit
die Bauordnung in Frage kommt deshalb, weil die baulichen
Einrichtungen des Hauses oder einzelne Einrichtungsstücke
(z. B. die Treppen oder die Heizanlagen) den (feuer-) poli
zeilichen Anforderungen nicht genügen; auf Grund der
Wohnungsordnung, weil einzelne Einrichtungen oder Ein
richtungsstücke den gesundheitlichen Anforderungen nicht
entsprechen (z. B. die Art der Aborte oder die Stoffe der
Tapeten), oder weil in sittlicher Hinsicht Übelstände ab
gestellt werden müssen (z. B. die Art des Zuganges der
Aborte), In diesen Fällen können die Wünsche der Woh
nungspolizei mit den Interessen des* Denkmalschutzes bei
dem Plan, bauliche Änderungen vorzunehmen, in Wider
streit geraten, und zwar unmittelbar. Mittelbar kann dies
auch gelegentlich solcher Änderungen geschehen, wenn
wertvolle Einrichtungen oder Einrichtungsstücke durch
Maßnahmen, in Mitleidenschaft gezogen werden, die im
Interesse der Hygiene oder der Sittlichkeit notwendig er
scheinen, zum Beispiel bei der Durchführung eines Rauch-
abzugsrohres durch eine alte Stuckdecke.
Hier liegt überall der Tatbestand des § 2 Artikel 9 des
Wohnungsgesetzes vor, für den das Gesetz eine Regelung
anstrebt, die den Interessen des Denkmalschutzes förderlich
ist, soweit nicht wichtige gesundheitliche oder sittliche
Gründe entgegenstehen. Im Vergleich zur bisherigen Ge
setzgebung bietet der Paragraph hinsichtlich der Interessen
des Heimatschutzes wesentliche Erweiterung der bisherigen
Rechte. Er ermöglicht, daß bei Veränderungen an dem
Äußeren eines gesetzlich nicht festgelegten Gebäudekreises
die Berücksichtigung der Interessen des Heimatschutzes mit
polizeilichen Mitteln durchgesetzt werden kann, während
diese Schutzobjekte früher ortsgesetzlich namhaft gemacht
sein mußten und Schutz nur auf Grund dieses Ortsgesetzes
genossen.
Noch viel größer ist die Bedeutung, die die Neurege
lung für den Denkmalschutz hat. Bisher war es nur für
einzelne Gebäude von geschichtlicher und künstlerischer Be
deutung möglich, sie in ihrer künstlerischen Existenz zu er
halten, Auch diese Bauwerke mußten in einem Ortsgesetz
einzeln aufgeführt werden. Es ist klar, daß hiermit in der
Praxis wenig zu machen war; denn die Stadtverordneten
versammlungen trugen erklärliche Bedenken, die Eigen
tümer wertvoller Häuser in dieser Weise zu belasten. So
haben denn auch nur wenige Städte (z. B. Danzig, Magde
burg, Hildesheim und Osterode) die Bestimmung an
gewandt. Die übrigen haben sich meist auf die Namhaft
machung der Kirchen und öffentlichen Gebäude beschrankt.
Diesen Kreis erweitert das Wohnungsgesetz nun, indem es
bei der Anwendung der Bauordnung und bei der Ausübung
der Wohnungsaufsicht allgemein die Berücksichtigung der
Interessen des Denkmalschutzes verlangt, . Es ist also bei
den wohnungspolizeilich gebotenen Anordnungen und Ver
boten für die Benutzung einzelner Gebäude, Häuserteile
und Räume sowie bei der Ausführung der infolge bau- oder