DER STÄDTEBAU
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im 18. Jahrhundert aus dem Umbau des alten Marktplatzes
entstanden. Ein 130 m auf 50 m großes Rechteck, bietet er
hauptsächlich wegen seiner guten Größenverhältnisse, der
gleichmäßigen Hohe seiner Häuser und der guten Einfüh
rung der wenigen Straßen einen vorzüglichen Eindruck, der
noch erhöht wird durch das Hereinschneiden des in seiner
Längsachse stehenden Beifrieds.
Ein lauschiger Platz ist im ältesten Teile der Stadt in
dem Place St. Ame dadurch entstanden, daß die Kathedrale
der Revolution zum Opfer fiel und an ihrer Stelle ein Kreis
von Bäumen gepflanzt wurde. Als nach dem Fallen der
Mauern die Stadt sich ausdehnen konnte, wurde auch der
als Viehmarkt benutzte Place du Badet rechteckig ab
geschlossen; er ist für die niedrigen Häuser, die ihn um
stehen, reichlich weitläufig; angenehm wirkt sein Abschluß
durch die seiner Südostseite entlang geführte Allee mit dem
dahinterliegenden Park.
Die übrigen Platzanlagen der Stadt bieten keine be
sonderen künstlerischen Momente; meist sind sie entstanden
durch Zurücktreten der Straße vor einem größeren Gebäude,
wie bei der Kirche St. Jaques und dem Justizpalaste, oder
sie sind lediglich weitere oder erweiterte Straßen wie die
Plätze Carnot, Maugin, St. Vaast; auch die Petite place und
die neuerdings entstandene Place Thiers stellen nur Aus
bauchungen der Straße bei der Zusammenmündung ver
schiedener Straßen dar.
Nach der Besitznahme Douais erließ die Regierung
Ludwigs XIV. Verordnungen, welche auf eine möglichst
gleichartige Ausgestaltung der einzelnen Straßenfronten hin
zielten; die vielen gleichen und gleich hohen Häuser, die
segmentförmigen Fensterabschlüsse sind unmittelbare Folgen
dieser Vorschriften. Ihrer strengen Durchführung ist auch
hauptsächlich die Umwandlung des Stadtcharakters von
einer flandrischen Handels- in eine französische Provinz
stadt zuzuschreiben.
Ein kleiner Unterschied der Erscheinung zeigt sich
lediglich in dem verschiedenen Charakter der mehr inner
halb des mittelalterlichen Mauergürtels gelegenen Geschäfts
stadt und der an der Peripherie, besonders der Rue
d’Esquerchin, Rue de Morel und Quai du commerce liegen
den Viertel der vornehmen Welt.
Das große Viertel zwischen Rue des Wetz und Rue
Morel nehmen fast ganz militärische und wissenschaftliche
Institute ein, die alle in ganz regelmäßiger Form aufgeführt
sind. Die neuen Straßen, die kurz vor Aufgabe des Festungs
charakters besonders im Norden (Rue de l’Abbaye des Pr£s)
angelegt wurden, und auch die wenigen Villenviertel, die
nach Auflassung der Mauern entstanden, bieten wenig
Beachtenswertes.
Die Stadt hat schon im älteren und noch mehr im
neueren Teile eine außerordentlich weiträumige Bebauung,
ausgedehnte Gärten hinter den geschlossenen Häuserfronten
und meist nur ein- bis zweistöckige Gebäude; sie bedeckt
ein für ihre Einwohnerzahl (ca. 35000) unverhältnismäßig
großes Gelände. Das neugewonnene Bauland nach Aufgabe
des Festungscharakters wurde fast ausschließlich zur An
siedlung von Industrie und für Kleinwohnungsbauten benutzt;
nur im Südosten wurden die neuangelegten Boulevards, die
allenthalben an den Platz der Mauern traten, spärlich mit
Villen und Vorstadtpalästen besetzt.
Je ein kleiner Teil des Geländes an den Boulevards im
Süden und Norden wurde zu gärtnerischen Anlagen ver
wandt, die bei dem Fehlen von öffentlichen Gärten in der
Stadt ein dringendes Bedürfnis waren. Der im Anschluß
an den Place du Barlet geschaffene Südpark bietet in seinem
erhöhten rückwärtigen Teil einen köstlichen Überblick auf
die Türme der Stadt.
Wenig glücklich ist die Einführung des Bahnhofsver
kehrs in das Straßennetz gelöst. Der Ankommende betritt
zwar nach Verlassen des Bahnhofes einen in seinen Ver
hältnissen guten viereckigen Platz, wird aber dann an Seiten-
und Rückmauern vorbei im Winkelzuge zur Place Carnot
geführt, von dem aus er erst den Eintritt in die Stadt ge
winnt. Die einzige Möglichkeit, durch die Rue de la Station
in die Stadt zu gelangen, erfordert schon bei nahen Zielen
umständliche Umwege. Da der Bahnhof innerhalb noch der
Umwallung gesetzt wurde, ist auch hier wie in Arras die
Anlage einer Bahnhofsstraße erspart worden.
DER BEBAUUNGSPLAN FÜR DAS GEBIET
ZWISCHEN DEM WEINHEIMER WEG UND DER
SPINNEREISTRASSE IM STADTTEIL SANDHOFEN
AUF DER GEMARKUNG MANNHEIM.
Von Stadtbauinspektor EHLGÖTZ, Vorstand der Abteilung Stadterweiterung in Mannheim. Hierzu die Tafeln 56—58.
Für das Gebiet zwischen Weinheimer Weg und Spin
nereistraße hatte Sandhofen noch kurz vor der Eingemein
dung in die Gemarkung Mannheim Bau- und Straßenfluchten
durch den Bezirksrat feststellen lassen. Diese Bau- und
Straßenfluchten können für die Erschließung dieses Gebiets
nicht beibehalten werden, da der Plan dem örtlichen Be
dürfnis nicht genügend Rechnung trägt, auch städtebau-
künstlerischen Bedingungen für einen neuen Ortsteil wider
spricht. Der frühere Plan soll deshalb durch den neuen Be
bauungsplan (Tafel 56) ersetzt werden. Bei dem Entwurf
des Bebauungsplanes war zunächst für eine günstige Ver
teilung des Verkehrs der Spinnereistraße Sorge zu tragen.
Die Spinnereistraße wird im künftigen Ortsbauplan von
Sandhofen die Bedeutung einer Hauptverkehrsstraße be
kommen. Die Straßen im ausgebauten Ortsteil weisen alle
verhältnismäßig geringe Breitenabmessungen auf. Es
wurde deshalb erstrebt, allen Verkehr, der nicht nach Sand
hofen selbst bestimmt ist, von dem heutigen Ortsteil fernzu
halten. Dies soll in der Weise erreicht werden, daß von
einem Verkehrsplatz der Spinnereistraße (Js) je ein Ver
kehrszweig nach Norden und nach Süden abzweigt, der die
Verbindung mit den auf der Ostseite und Südseite von Sand-