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OER STÄDTEBAU
NEUE BÜCHER UND SCHRIFTEN.
*TTERBESSERUNG DES SUBMISSIONSWESENS, eine
• Forderung für die Zeit nach dem Kriege von Prof. Th. Janssen,
Reg.-Baumeister a. D., Privatdozent an der Königlich Technischen Hoch*
schule zu Berlin. Magazin für Technik 1918, Heft VII und VIII.
Kurz vor Ausbruch des Krieges schien nach vielen tastenden Ver
suchen und theoretischen Erörterungen eine praktische Lösung der
brennendsten Fragen des Submissionswesens nahe bevorzustehen, indem
einerseits die meisten gesetzgebenden Körperschaften und Verwaltungen
sich ernstlich mit einer Neuregelung befaßten und andererseits die Hand-
werksverbände anfingen, erfolgreich den Weg der Selbsthilfe zu be-
schreiten.
Der Krieg machte diesen hoffnungsvollen Anläufen ein Ende und
brachte eine völlige Umwälzung der Friedenswirtschaft, unter welcher der
werktätige Mittelstand, dessen Erhaltung und Kräftigung die Neuregelung
des Submissionswesens in erster Linie anstrebte, ganz besonders schwer
zu leiden hatte.
Es war daher eine der dringendsten Aufgaben der Übergangswirt
schaft, sofort den seit 1914 verlorenen Faden wieder aufzunehmen, damit
bei dem wirtschaftlichen Wiederaufbau die schon vor dem Kriege als
Krebsschäden anerkannten Zustände nicht wieder weiter zerstörend wirken
konnten.
Der vorliegende Aufsatz erschien zur rechten Zeit, um an die noch
ungelöste Aufgabe des Verdingungswesens zu erinnern und den Stand
der Angelegenheit nach vier Kriegsjahren zu beleuchten.
Es sei vorausgeschickt, daß es sich hier nicht um ein neues Reform
programm eines Theoretikers handelt, sondern um eine Studie eines volks
wirtschaftlich gebildeten Technikers, deren wir unter den Fachgenossen
leider noch immer nicht gar viele besitzen. Gehört doch zur fruchtbrin
genden Verarbeitung der mit dem Verdingungswesen zuzammenhängen-
den, äußerst verwickelten volkswirtschaftlichen Fragen, ähnlich wie beim
Städtebau, ein weiterer Gesichtskreis, als mit der bisherigen Fachbildung
des Nur-Technikers gemeinhin verbunden war,
Professor Janssen gibt in seinem Aufsatz zunächst eine kurze Ein
leitung über die geschichtliche Entwicklung und den Begriff der „Sub
mission" und tritt mit Recht dafür ein, daß dieses heutzutage völlig un
zutreffende Fremdwort allgemein durch das gute deutsche Wort „Verdin
gung" ersetzt werde.
Er bespricht dann die bekannten Mißstände und Klagen und die
Gegenmittel, die bisher versucht worden sind:
Handwerksvereinigungen, Verdingungsämter, Generaluntemehmung,
Normalpreisverzeichnisse, Mittelpreisverfahren, angemessener Preis, Sach
verständigenbeirat, Vereinheitlichung der Bedingungen und schließlich
auch die im Reichstag 1914 eingebrachte Vorlage über die einheitliche
Gestaltung des Verdingungswesens, ohne in all diesen Versuchen das
gesuchte Allheilmittel zu finden; leider auch ohne gegen die Reichstags
vorlage von 1914 und ihre offenbaren Irrtümer und Mängel so entschieden
Stellung zu nehmen, wie es Winterstein in seinem Aufsatz „Der Gesetz
entwurf für das öffentliche Verdingungswesen“ in der „Deutschen Bau
zeitung“ Nr. 45 vom 3. Juni 1916 u. f. getan hat.
Dagegen sieht der Verfasser in dem während des Krieges vielfach
angewandten sogen, „Kolonialen Bauvertrag“, als einer Art der Vergebung
von Arbeiten mit beschränktem Risiko eine Zukunftsmöglichkeit, zur Be
seitigung der Hauptschäden des Verdingungswesens und zur Entwicklung
einer für alle Teile befriedigenden Art der Vergebung.
Wir können diesen Optimismus des Verfassers nicht unbedingt
teilen. Denn mag auch das entsprechend seinem kolonialen Ursprung
naturgemäß rohe Vergebungsverfahren sich mit den ähnlich unsicheren
Kriegsgrundlagen rechtfertigen lassen, mag es sich für die Militärverwal
tung ebenso bequem, wie für die Kriegsbautenunternehmer einträglich
erwiesen haben, mag es selbst in der Übergangszeit, in der eine genaue
Kalkulation bei der Unsicherheit aller Verhältnisse unmöglich ist, anwend
bar erscheinen: stets wird es nur als Notbehelf anzusehen sein und
keinen Ersatz bieten können für das auf genauer Kalkulation begründete
Verdingungsverfahren. Von den abnormen Kriegsbauten bei denen weder
Geld, noch Bauatbffe, noch beste Beschaffenheit eine Rolle spielten und
alle volkswirtschaftliche Vernunft ausgescbaltet war, dürfte wohl kaum ein
schöpferischer Gedanke für die Reform des Verdingungswesens ausgehen
können; jedenfalls im Hochbau dürfte nicht viel von der Einführung der
Grundsätze des kolonialen Bauvertrages zu hoffen sein, deren Anwendung
selbst bei großen Tiefbauten ein ungeheures Schreib- und Rechenwerk
und umständliche Überwachungseinrichtungen erfordert.
Der Verfasser gibt auch selbst zu, daß sich auch in Zukunft ein
Vergebungsverfahren nach dem Wettbewerbsverfahren nicht vollständig
ausschalten lasse, und daß es dann nur darauf ankomme, die Technik des
Verfahrens zu verbessern.
Mit Recht verspricht sich hierbei der Verfasser wenig von gesetz
licher Regelung, aber viel von der Selbsthilfe der Beteiligten und der
besseren Ausbildung in den Wirtschaftswissenschaften sowohl der Bau
handwerker, wie der Baubeamten, Architekten und Ingenieure zur Be
seitigung von technisch unangemessenen Sübmissionsbedingungen wie
von fehlerhafter Kalkulation. Er empfiehlt Beschränkung des freien Wett
bewerbes durch Zusammenschluß der Gewerbetreibenden, die Beseitigung
des auf freiem Wettbewerb beruhenden Unterbietungsverfahrens durch
freihändige Vergebung öffentlicher Aufträge an die Vereinigungen von
Kleingewerbetreibenden, oder abwechselnd an die Kleingewerbetreibenden
selbst.
Mit dem Schlußwort: „Wenn der Staat auf der einen Seite durch
Zwangsmaßnahmen in die Produktion eingreift, so kann er auf der
anderen Seite für die Beschaffung von Sachgütern nicht den freien Wett
bewerb als Regel behalten 1 *, leitet der Verfasser zu Gedankengängen
hinüber, die seit der politischen Umwälzung und dem Niederbruch unseres
gesamten Wirtschaftslebens in den Vordergrund getreten sind. Es würde
zu weit führen, diese Gedankengänge hier weiterzuspinnen, so verlockend es
sein könnte, nunmehr in der Sozialisierung des Bauwesens das bisher ver
gebens gesuchte Allheilmittel gegen die Schäden auch des Submissions
wesens zu finden und zu preisen. Das wäre eine wahre Dr, Eisenbarth
kur, die sicher helfen würde, wenn man die Klagen des Handwerks über
Härten des Submissionswesens dadurch gegenstandslos machte, indem
man dem selbständigen Handwerkerstand den Garaus machte.
Wir haben es aber leider heute nicht mehr in der Hand, Unser
Wirtschaftsleben nach unserem besten Wissen, mit Vorbedacht in neue
Bahnen zÄ lenken, wir sind über Nacht so arm und machtlos geworden,
daß wir zurzeit nicht wissen können, wohin uns die bittere Not no^h
treiben wird. Landesbaurat Lang, Berlin-Zehlendorf.
Schon vor einem Jahre ist mir ein als Manuskript gedruckter
ERLÄUTERUNGSBERICHT ZUM GENERALEAULINIEN-
PLAN FÜR REGENSBURG UND UMGEBUNG zugegangen
eine n6 Druckselten in Großquartformat umfassende Schrift, die jeden
Städtebaukünstlet sowohl als auch jedermann, der sich mit städtebau
lichen Dingen in der Verwaltung bei der Denkmalpflege und zum Heimat-
schutze zu befassen hat, zur höchsten Beachtung herausfordert.
Der nächste Gedanke war, den Plan mit einem Auszuge des Er-
läuterungsberich tea, den der Verfasser, Professor OttoLasneinMünchen,
selbst abzufassen beabsichtigte, in unserer Zeitschrift zu veröffentlichen.
Größe und Format des Planes, sowie die notwendige farbige Behandlung
bereiteten dem Verlage aber Schwierigkeiten, die in jetzigen Zeitläuften
unüberwindlich erschienen. -Um jedoch nicht länger die Arbeit im Ver
borgenen zu lassen, soll hierdurch wenigstens den Lesern unserer Zeit
schrift davon Kenntnis gegeben werden.
Die Schrift ist das Ergebnis mehrjähriger mühevoller, bis in alle
Einzelheiten des alten Stadtgefüges und der reichgegliederten Stadt
umgebung eingehenden Arbeit, die den Anforderungen der Denkmal
pflege und Heimatschutzes mit denen des heutigen Verkehrs gleicher
maßen gerecht zu werden sucht, und dabei besonders wichtige Fragen,
wie die Erhaltung des Stadtbildes mit der steinernen Brücke an der
Donau, ausführlich behandelt.
Mit feinem Takt und großem Geschick ist der Verfasser den nur zu
zahlreich drohenden Klippen aus dem Wege gegangen, indem er im Innern
der Stadt an den vorhandenen Straßen möglichst wenig ändern and