DER STÄDTEBAU
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geübt werden. Auf einem Kiesplatze vor dem ünterkunft-
und Wachhäuschen sollen auch Turnübungen an Geräten
vorgenommen werden.
Dieser Spielplatz, rings von üppigem Baumgrün um
geben, bietet einen herrlichen Anblick, er wird durch die
Schönheit seiner Lage, durch seine erhabene Schlichtheit,
die angestrebten Zwecke nach keiner Richtung hin verfehlen.
Die Spieler wird es anfeuern zu wackerem Kampfe, und die
Zuschauer werden mit Freuden in der gesunden Freiheit den
Gang der Spiele verfolgen und ohne Ermatten bis zur Ent
scheidung verharren, mit Freude im Herzen für das edle
Spiel.
Wenn derartige Spielplätze der Bevölkerungszahl ent
sprechend groß genug und gut verteilt in allen Stadtteilen
der Großstädte entstehen, so wird schon durch diese die
Liebe zu den Leibesübungen immer weitere Kreise ziehen
und dazu beitragen, daß eine Begeisterung durch die Herzen
der Spieler geht, die sie anfeuert zum gegenseitigen Wett
eifern, zur Stählung ihres eigenen Körpers. So wird eine
starke Schar heranwachsen, die dann mit Zuversicht als
Deutsche im Stadion erscheint, sich mit den Auserlesenen
anderer Staaten messen und Lorbeeren ernten kann.
Seit kurzer Zeit gibt es auch ein „Deutsches Stadion“.
Es befindet sich in der Reichshauptstadt, inmitten der
Grunewald-Rennbahn an der Heerstraße (vgl. Tafel 36 b 1 )
Ein solches Stadion soll vornehmlich zur Auskämpfung
größerer Wettübungen sein. Bei den Vorführungen werden
viele Zuschauer zugegen sein, daher muß auf die Anordnung
geräumiger Tribünen ein Hauptwert gelegt werden. Man
vergleiche die Grundrißskizze des „Deutschen Stadions“ im
Gegensatz zu dem Spielplatz in Lübeck. Aber auch großen
Scharen von ausübenden Wettkämpfern muß ein schnelles
und leichtes Kommen und Gehen ermöglicht werden, deshalb
müssen die Zuführungswege günstig angeordnet sein. So
macht das Stadion den Eindruck eines Amphitheaters, wie
sie die alten Griechen und Römer hatten und ist auch eigent
lich nichts anderes, als ein Theater zur Auskämpfung der
Leibesübungen.
Andere Städte des Auslandes, es seien nur Paris, Stock
holm und Athen genannt, hatten schon früher die Not
wendigkeit solcher Schauplätze erkannt und Stadions ge
baut. Das „Deutsche Stadion“ ähnelt im Aufbau dem
Athener, denn es ist vertieft dem Gelände eingeordnet und
seine Tribünen auf den Abböschungen des Geländes ge
schickt eingebaut; hingegen sind die Tribünen des Pariser
und Stockholmer Stadions Hochbauten. Die Platzverteilung
J ) Von dieser Anlage hat der „Städtebau“ 1910 zwei Schaubilder des
Entwurfs von March gebracht. Tafel 40 11, a und b. D. S.
für die verschiedenen Spiele ist beim „Deutschen Stadion“
so einfach wie zweckmäßig. Die Mitte nimmt ein geräu
miger Fußballplatz ein, an den sich zu beiden Seiten Turn
plätze anschließen, die mit dem Fußballplatz zusammen dem
ganzen Stadion eine langgestreckte, kurzseits abgerundete
Form geben. Rings um diese Plätze führen eine Laufbahn
und eine Radrennbahn. Die Ausübender* können durch die
günstige Anordnung der Bahnen auf der ausgedehnten etwa
200 m langen geraden Strecke ihre Kräfte viel besser ent
falten, als auf kürzeren Geradstrecken; es ist deshalb, wenn
möglich, eine langgestreckte Form bei den vereinigten Sport
plätzen immer anzuraten. Dicht neben der Radrennbahn
steigen die Reihen der Zuschauerplätze empor, die nur an
der Nordseite des Stadions, wo noch eine etwa 100 m lange
Schwimmbahn angeordnet ist, der Breite dieses Beckens ent
sprechend zurückrücken. Zu beiden Seiten der Schwimm
bahn sind die Zugangswege der Wettkämpfer zum Stadion,
gegenüber im südlichen Teil der Anlage sind die besseren
Plätze mit den Kaisersitzen in der Mitte.
Ein in allen seinen Teilen wohlerwogenes Gesamtbau
werk ist das „Deutsche Stadion“ nach dem Entwürfe des
Geh. Baurats Otto March erstanden und im Jahre 1913 fest
lich eingeweiht worden. In August Rebers Verlag, Char
lottenburg, ist eine Denkschrift mit vielen Abbildungen über
das Deutsche Stadion erschienen, in der Zweck und Ziele
dieses edlen Bauwerkes geschildert sind.
Sicherlich ein großer Schritt, möge es der Anfang sein
an dem Ausbau dieser edlen Sache. Mögen die Parkanlagen
dem Sport und dem Spiel dienen, dann wird der zukünftige
„Deutsche Volkspark“ das werden, was damals zur Zeit des
ersten Aufblühens der Städte die Freiweiden vor den Stadt
toren waren, nämlich das Gemeingut eines jeden Stadt
bewohners.
Nun zum Schluß; Verschiedene Vorkämpfer der deut
schen Parkpolitik wollen für uns Neues aus Amerika em
pfehlen. Dies vermeintliche Neue hatten wir schon früher
und auch jetzt noch vorbildlich; nur das eine hat der Ameri
kaner dem Deutschen voraus, er ist gründlicher ih der folge
rechten Durchführung guter Gedanken. So konnte der
Parkzweckverband von Groß-Boston entstehen. Doch wie
vorerwähnt, es muß bei uns die Zeit erst vollkommen über
wunden, das richtige Verständnis für die neubelebten
Gartenbestrebungen von jedem einen Laien vorhanden sein
und das Sport- und Spielwesen eine den letzten Jahren ent
sprechende Fortentwicklung nehmen, dann werden sicher
lich dem Bedürfnis entsprechend Sportplätze und Spiel
flächen entstehen, hinreichend, um einem jeden nach Frei
heit und Stählung des Körpers verlangenden Menschenkinde
genügend Raum zur Ausübung seiner Gymnastik zu ge
währen.
BLUMENSCHMUCK IM BAUERNGARTEN.
Von EMIL GIENAPP, Hamburg.
Wie der äußere Baucharakter, das verwendete Material
und die innere Gliederung der Wohn- und Wirtschaftsräume
des Bauernhauses dem Wesen und der Eigenart dörflicher
Wohnkultur angepaßt sind, so ist auch der Bauerngarten
und sein Blumenschmuck von typischem Aussehen und
zweckmäßiger Auswahl, um Haus und Garten zu einem har
monischen Ganzen im Sinne heimatlicher Wohnkultur zu
vereinigen. Insbesondere gilt dies von bäuerlichen Be
sitzungen im niederdeutschen Wohngebiete. Die hier als
Gartenschmuck gepflegten Blütenpflanzen sind nicht nur