DER STÄDTEBAU
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Gipsdielen hergestelit werden. Die der Dachhaut zugekehr-
t?n Zimmer* und Kammerwände sind mit hochgestellten
Schwemmsteinen oder 7 cm starken Bimsbetondielen aus
zukleiden.
Der vorspringende Sockel fallt weg. Gestockter Vor
satzbeton oder gar sauber gefugte Klinkerblendung, wie ich
sie 1912 bei der Ausführung von 81 Kleinwohnungen in der
Nürnberger Rangierbahnhof-Kolonie ausgiebigst verwendet
habe, sieht zwar schön aus und kann sicher Anspruch auf
Solidität und Dauerhaftigkeit machen; aber in der Zeit der
Not und der Verarmung müssen wir eben anders bauen,
als wir es in den Jahren der Wohlhabenheit und der Fülle
gewohnt waren.
Unsere heute allgemein beliebte Kaminausführung muß
entschieden als zu umständlich und platzverschwendend
bezeichnet werden. Ich habe zwar keine Aktien aufSchofers
Verbundrauch- und Lüftungskamme, aber ich kenne sie
als vorzüglich in ihren Eigenschaften, billiger und prak
tischer als die gemauerten, und finde namentlich die merkliche
Raumersparnis für Kleinwohnungen recht begrüßenswert.
Bezüglich der Verwendung von Hausteinen an den
Fassaden sagen die Verbandsgrundsätze: „Werden dem Her
kommen in der Gegend gemäß einzelne Bauteile wie Sockel,
Fensterbänke usw. aus Hausteinen hergestellt, so kommt
stets nur Material aus der Umgebung inbetracht. Für Stufen
ist besonders gut gebundenes Material zu wählen; Granit
soll nur dort verwendet werden, wo er heimisch ist.“ Hier
zu möchte ich folgendes bemerken: Nachdem wir einen
Sockel beim Einfamilienhaus aus konstruktiven Gründen
entbehren können, Fensterbänke aber sehr zweckmäßig
mittels Backsteinrollschicht hersteilen, sonstige Gesimse,
Bänder, Risalite und Lisenen, soweit derartige Bauteile beim
Kleinhaus überhaupt in Frage kommen, sich aber selbst in
Gegenden, wo sie in unmittelbarer Nähe gewonnen werden,
wie etwa hier in Hof für Stufen der Selber und Kirchen-
lamitzer Granit, oder in Nürnberg der rote Mögeldorfer,
der helle Fürther und der ockergelbe Seugaster Sandstein,
um ein Mehrfaches teuerer stellen als in Backstein-, Putz
oder Betonausführung, so möchte ich nach meinen bei der
Nürnberger Rangierbahnhof-Kolonie gemachten diesbezüg
lichen ungünstigen Erfahrungen unbedingt von der Ver-
wt nduiig von Natursteinen beim Kleinhaus überhaupt abraten.
Überlagsträger über Fenster- und Türöffnungen sind,
wie auch die Verbandsgrundsätze sagen, zu vermeiden; die
dafür empfohlenen gemauerten scheitrechten Bögen werden
wohl zweckmäßig durch die vorzüglich bewährte, äußerst
einfache Konstruktion der Eisenbetonperfektstürze ersetzt.
Das Hauptgesims des Kleinhauses wird gebildet aus der
am Kniestockende vorgekragten Flach- und Rollschicht,
die sich ununterbrochen auf die ganze Hauslänge erstrecken
kann, da wir die kostspieligen Gesimsstichbalken weglassen
und die Dachsparren unmittelbar auf die Längsschwelle des
Kniestockes aufsetzen. Das Ziehen von gegliederten Haupt-
gesimaen verteuert den Putz und wird daher am besten ganz
unterlassen.
Der Dachstuhl muß so einfach als möglich konstruiert
und die Holzdimensionen auf ein Mindestmaß zurückgeführt
werden. Ersteres geschieht zweckmäßig einmal dadurch,
daß die Zwischenpfette ohne Ständer oder Liegestuhlstrebe
von einer Trennungsmauer zur andern, also in etwa 5,20 m
Lichtweite frei geführt wird, wodurch die Hauptdachlast
auf diese 1 Stein starken Wände abgeleitet wird; ferner auch
dadurch, daß man alle nicht unbedingt nötigen Dachaus
bauten wegläßt, also eine möglichst glatte Dachhaut an
strebt. Die Holzdimensionierung richtet sich ganz nach dem
Gewicht der Dachhaut; diese wird aus dem heimischen
Dachdeckungsmaterial gebildet. Daß bei Verwendung von
Biberschwänzen ganz allgemein Doppeldeckung erforderlich
ist, wie die Verbandsgrundsätze behaupten, möchte ich in
Zweifel ziehen, da mir die Dächer meiner Heimatgegend
bei allerdings nur mittelmäßig rauhem Klima in einfacher
Biberschwanzdeckung mit Schindelverwendüng als gut halt
bar und undurchlässig in Erinnerung sind. Für die hie
sige Gegend würde ich natürlich von der Doppeldeckung
nicht abgehen. Kehlen suchen wir tunlichst zu vermeiden.
Ihre Herstellung geschieht möglichst ohne Blech, andern
falls mit Nocken. Soweit die Dachhaut zugleich die Wände
der Zimmer zu bilden hat, empfiehlt sich das Einbringen
von Pappstreifen zwischen die Ziegeldeckung; das Auskieiden
der Sparrenzwischenräume mit Bimsbetondielen zwecks
Kälte- und Wärmeschutz ist hier kaum zu umgehen.
Schiefer- wie Ziegeldeckung muß entschieden als eine
für das Kleinhaus verhältnismäßig komplizierte und teuere
Bedachung angesprochen werden. Vielleicht ließe sich bei
den Ziegeln noch eine Verringerung der Stärke und des
Wasseraufnahmevermögens erreichen! Zu bedauern ist,
daß die Tümelith-Deckung nach so vielversprechenden An
fängen gänzlich versagt hat; nach zweckentsprechender
Verbesserung von deren Eindeckungsart, namentlich unter
Vermeidung einer Vollschalung, und, Abänderung der Farb
tönung würde ich die Tümelith-Dachung wegen ihrer Leich
tigkeit und Widerstandsfähigkeit als die für das Kleinhaus
geradezu vorausbestimmte Sparsamkeitslösung begrüßen.
Schneefanggitter sind nur über den Eingangstüren, und
auch hier nur in Form hochgestellter gehobelter Schmal-
bretler vonnöten.
Auf Blitzableiter wird im allgemeinen verzichtet werden
können. Wo sie nötig sind, sind sie nach den neueren ver
einfachten Systemen (Ruppel, Findeisen) unter Verwendung
der Rinnen, Abfallrohre und sonstiger Metallteile usw. als
Ableitung herzustellen.
Als Abortgruben für Aborte im Einfamilienhaus sind
die gewöhnlichen zementverputzten Betongruben beizube
halten; in ländlicher Umgebung kann behufs Verwertung
der Abfallstoffe im Gartenbau Tonneneinrichtung inbetracht
gezogen werden.
Auch der Dünger der Kleintierstallungen läßt sich, in
kleinen Gruben an der Rückseite der Stallung vorerst unter
gebracht, für die Gartenpflege ausnutzeh; Daß die Aus
führung der Stallungen in einfachster Form zu geschehen
hat, braucht nicht besonders betont zu werden.
Soviel über den Rohbau des Kleinhauses, von dem ich
wenigstens für die nach Kriegsende sofort in Massen zu
erstellenden Kleinwohnungen unbedingt verlange, daß er
wegen Zeit- und Geldersparnis
1. ohne jede Wand- und Deckenschalung;
2. unter tunlichster Ausschaltung von Bauholz, das nicht
bloß sehr teuer, sondern, was noch weit schlimmer
ist, nicht ausgetrocknet, also für den Hausbau viel
fach unbrauchbar sein wird;
3. in der Hauptsache mit örtlichen billigsten Stoffen und
einfachsten Konstruktionen hergestelit wird.
Dabei muß der Rohbau so rasch wie nur möglich
ausgetrocknet sein, um die Wohnungen schnell beziehbar