DER STÄDTEBAU
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Abb, 5. St. Markuskirche in der Fuggerei.
Aufgenommen vom Verfasser.
gestorben“ und wurde nachher als Holzhaus auch nicht mehr
aufgemacht. Erwähnenswert ist noch, daß im Holzhaus
keine Augsburger Stadtbewohner aufgenommen wurden,
sondern ausschließlich fuggerische Diener, Arbeiter und An
gestellte. Zur Unterhaltung der Kur wurden anfangs die
Mittel der Fuggerei-Wohnhausstiftung verwendet. Erst im
Jahre 1548 errichteten Anton, Hans, Jakob, Jörg, Christoph,
Ulrich und Raimund Fugger für diesen Zweck eine eigene
Stiftung mit einem Kapital von 20 000 fl. für „ewige Zeiten“.
Dabei wurde bestimmt, daß jeder vor der Aufnahme in die
Holzkur ein Zeugnis seines Pfarrherrn mitbringen mußte
darüber, daß er die heiligen Sakramente empfangen habe,
„weil niemand weiß, was ihn in der Kur sonderlich ob der
Schmierb und Rauch mag zusteen“. Es ging also auf Leben
und Tod. Die Kur dauerte gewöhnlich von Mitte März bis
Mitte November. Bei der Entlassung aus der glücklich
überstandenen Kur bekamen die Bedürftigen noch Geld und
Nahrung mit auf den Weg nach Haus, „damit sie nit wieder
umbfallen“. In das Holzhaus konnten jeweils 18 Personen
—- 9 Männer und 9 Frauen — aufgenommen werden; denn
„in den zwei obern großen Stuben, in der Mannsstuben wie
auch in der Weibsstuben“ waren „je 9 Pettstatten“ aufge
stellt. Die andern Kranken, welche die „Schmierb, Rauch
u. a. scharfe Arznei“ gebrauchten, waren im Erdgeschoß
neben den Stuben des Holzvaters untergebracht und hatten
dort zwei verschiedene Stuben für je zwei Männer und zwei
Frauen; dort bekamen sie „vergifteten Dampf“ als Kur
mittel. Über die Grundrißeinteilung des Holzhauses ließ
sich nichts Genaues mehr feststcllen. Wahrscheinlich waren
erstmals die drei Häuser 40, 41 und 42 mit dem üblichen
Normafgrundriß gebaut und bei Eröffnung der Holzkur
durch Entfernung der hinderlichen Scheidewände die nötigen
„großen Stuben“ gewonnen worden. Von der Innenein
richtung dagegen bekommt man aus zwei Inventaren aus
den Jahren 1544 und 1647 genaue Kunde. Durchschnittlich
wurden im Jahre 58 Kranke behandelt; die jährlichen Unter
haltungskosten beliefen sich auf rund 1110 fl.
Die Krankenhäuser — Haus Nr. 1 und 52 — für die
fuggerischen Diener, welche an sonstigen Gebrechen und
Beschwerden litten, stellen wohl die ersten Privatheilstätten
in Deutschland dar. Sie konnten bis 1624 urkundlich ver
folgt werden und fanden vermutlich in der alles beein
flussenden Schwedenzeit, wie auch das Holzhaus, ihr Ende.
Die Verwaltung des Kornbodens in der Fuggerei war
anfangs einem fuggerischen Kornmesser anvertraut. Seit
1652 wurde dieser auf Ratsbeschluß hin durch einen ,,ge-
schwornen Stadt-Kornmesser“ ersetzt, damit „verhütet wird,
daß gemayner Statt kein Schaden erwachse“.
Etwa um 1650 wurde die Knabenschule der Fuggerei
errichtet ,im Haus Nr. 16 neben der „Schulmeisters-Woh
nung“, um zu zeigen, „daß man der orthen von der Statt
sich nicht binden lasse, diese oder jene Schule einzunehmen,
sondern jederzeit freistehe, eine oder keine Schule in der
Fuggerei halten zu lassen“. Der Zeitpunkt der Aufhebung
der Fuggereischule konnte nicht genau ermittelt werden.
Die Krone der ganzen Wohltätigkeitsstiftung, die
St. Markuskirche, ist im Jahre 1581 neben Haus Nf. 35 an
Stelle einiger „Holzstedel“ erbaut worden (Abb. 5 im Text).
Als Baumeister darf mit großer Wahrscheinlichkeit der
Vater des berühmten Renaissancemeisters Elias Holl, Hans
Holl, bezeichnet werden. Die Baukosten der Kirche samt
Innenausstattung betrugen 441 fl. 18 Kr. 3 h. Aus der ge
nau gehaltenen Baurechnung ist zu entnehmen, daß dort in
der Markuskirche ein „marmelstainerner Althar“ aufgestellt
wurde, der „bey sant Anna“ standen. Verschiedene andere
archivalische Aufzeichnungen und Schlüsse führten nun den
Verfasser zu der Überzeugung, daß dieser Altar der schon
längst gesuchte Altar aus der Fuggerkapelle bei St. Anna
und mithin ein Teil dieses Frührenaissance-Kleinodes sein
mußte. Der Altar, oder wenigstens der Hauptteil davon,
eine eigenartig auf gefaßte Pieta steht nun im Fuggergrab
bei St. Ulrich in Augsburg und dürfte sehr wahrscheinlich
ein Werk des Eichstätter Bildhauers Loy Hering sein.
Von der ursprünglichen Einrichtung blieb bei der in
den Jahren 1729 bis 1731 erfolgten Barokisierung nur der
Taufstein in der Rückwand der Kirche und das Renaissance-
portal erhalten. An dem Renaissanceportal und den Kirchen
fensterverhältnissen sind auffallende Ähnlichkeiten mit Ar
chitekturteilen der Kirche St. Maria Stern zu finden, deren
Urheber nachweisbar Hans Holl ist. Das Kirchenäußere
trug außer dem Portal und dem Glockentürmchen früher
noch eine Sonnenuhr auf dem südlichen Giebel, einen far
bigen Schlußpunkt im Schaubild der Herrenstraße bildend.
Die Stuckierung im Innern mag von den Wessobrunnern
Bildhauern Gebrüder Feichtmair herrühren; die Decken
bilder Evangelisten und Kirchenlehrer — stammen von
Peter Dorner.