DER STÄDTEBAU
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Dichters — als Dichter der Beginen seien die Flamen
Rodenbach, Gezeele und Bergraaus genannt. Die Stimmung,
die in der Weltentrücktheit, dem Gottesfrieden, der immer
feiertäglichen Ordnung dieser Höfe liegt — Eigenschaften,
die so wohltuend und gesund gerade für die Wohnviertel
unserer von Tagesmühen und Nahrungskampf abgespannten
Arbeiter wären —, wie wunderbar, wie eindrucksvoll und
unvergeßlich mutet diese Stimmung uns jetzt an, da draußen
ein vernichtender Orkan leidenschaftlichen Widerstreits tobt.
Wie doppelt erwünscht wird eine solche Stimmung der
Wohnviertel für die aus dem Kampf Zurückgekehrten mit
ihrer Heimatssehnsucht sein!
ÜBER DIE ANORDNUNG VON STÄLLEN
IM BLOCKINNERN.
Von Regierungsbaumeister a. D. WALTER KOEPPEN, Architekt, Berlin.
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Das durch den Krieg hervorgerufene Anwachsen der
Kleintierzucht läßt überall in unseren Berliner Vorortsiede-
hingen Stallungen wie Pilze aus der Erde schießen. Es ent
stehen — oft zum Ärger des Nachbarn — hohe Giebelwände,
welche die Schönheit und Nutzbarkeit der Gärten beein
trächtigen und die zusammenhängenden Gartenflächen im
Blockinnern verkleinern. Dieser Er-
scheinung, welche schon vor dem Kriege
in einzelnen Fällen auftrat, ist mit den
bisherigen Bestimmungen der Vorort
baupolizeiordnung nicht beizukommen;
denn sie erlaubt Nebenanlagen mit
Brandmauerhöhen von9 m in einer Aus
dehnung. welche sich nur nach der Ge-
samtbebaubarkeit der Grundstücke
richtet. Die Nebenanlagen unterliegen
nur der Einschränkung, daß sie 20 m
Abstand von der Bau
flucht halten müssen.
Dieser Übelstand bietet
Anlaß zu nachstehen
den Bauvorschriftsbe
trachtungen, welche
ich zur Besprechung
stellen möchte. Bei
der Überbauung von
Grundstücken mit
Ställen und Nebenan-
lagen ist dafür Sorge
zu tragen, daß keine
freibleibenden Brand
giebel entstehen und
zumal in Gebieten der
offenen und Gruppen
bauweise — die zu
sammenhängenden
Frei- und Garten
flächen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden*
Man wird deshalb zweckmäßig anordnen, daß benach
barte Stallbauten
1. aneinanderstoßen und deren Brandgiebel sich im wesent
lichen decken müssen;
2. nur in einer bestimmten durch Baulinien festzusetzenden
Zone errichtet werden dürfen;
3. in Grundrißfläche und Höhenausdehnung auf die not
wendigsten Abmessungen eingeschränkt werden müssen.
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Abb, 6,
Die für Reihenhaussiedelungen in betracht kommenden
Kleintierställe sind zweckmäßig in einer Größe von etwa
2 x 4 m anzulegen, dazu kommt ein Schuppen von etwa
2 x2 m Größe für Geräte usw. Die Höhe dieser Nebenan
lage wird mit 1,8 m für den Stall und etwa 0,8 m für einen
darüber befindlichen Abstellraum (Heu) ausreichen. Eine
Anlage dieser Art gibt Abb. 6.
Für Mietshäuser ist die Möglich
keit eines Pferdestalles oder eines
Autoschuppens vorzusehen von etwa
4X6m Große.
Bei größeren Landhäusern wird
außerdem die Anordnung von Neben
anlagen, die Waschküche und Haus
wartwohnung enthalten, in betracht
zu ziehen sein. Nach den meisten
Bauordnungen darf für eine solche
Nebenanlage eine
Größe von 60 qm nicht
überschritten werden.
Die Höhe dieser
größeren Ställe und
derartige Nebenan
lagen genügt mit 2,8 m
für Wohnung oder
Stall und 1,6 m für
den darüber befind
lichen Boden.
Treten solche Bau
lichkeiten an die Nach
bargrenze, so sollte die
Dachdeckung in allen
Fällen eine flache sein,
um die Höbe dieser in
den Gärten gelegenen
Bauwerke nach Mög
lichkeit zu mildern,
vorderer und hinterer Baulinien
Abb. s.
Für die Festsetzung
gibt Abb. 7 ein Beispiel.
Bei Reihenhaussiedelungen mit Grundstücksbreite von
über 8 m wird Zusammenbau von Wohnung und Stallung
für Freihaltung der Gartenflächen dienlich sein (Abb. 8).
Bei Orundstücksbreiten unter 8 m Breite würden bei einem
derartigen Zusammenbauen enge und zu schattenreiche
Hofwinkel entstehen.