DER STÄDTEBAU
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Vorgelände liegenden Sportplätze wären derartige Gebäude
sehr erwünscht; auch eine Sommerwirtschaft käme inbe
tracht. Sollte auch wirklich alle Jahrzehnte einmal eine
geringe Überschwemmung des Fußbodens eintreten (die
sich noch durch Dichten der Tür und Aufstellen einer
Pumpe vermeiden ließe), so könnte dieser Umstand jeden
falls nicht ausschlaggebend sein; die Zugänglichkeit ließe
sich durch vorbereitete Stege auch für diesen Fall genügend
aufrecht erhalten. Das klingt wenig modern; warum sollen
denn aber immer wieder zugunsten geringfügiger, selten
in Erscheinung tretender Verbesserungen die besten Mög
lichkeiten, etwas Schönes und Brauchbares zu schaffen,
unbenutzt bleiben?
Als Beispiel sei auf einen im Düsseldorfer Stadtgebiet
mitten im linksrheinischen Vorgelände liegenden alten
Bauernhof mit schönem Baumbestand und Garten hinge
wiesen, der noch fast 2 m unter der Uferstraße liegt. Da
das Aufkäufen für den Deichverband wohl zu teuer ist, so
bildet er auch weiterhin einen Schmuck der Gegend und
eine Belebung des Strombildes. Irgendwelche Störungen
des Hochwassers sind nie eingetreten.
Ich bin mir bewußt, daß nicht nur manche Vorurteile,
sondern auch viele sachliche Schwierigkeiten zu überwinden
EINE FRIEDENSSTADT.
Auf die Frage, wie das deutsche Nationaldenkmal dieses
Krieges aussehen soll, gibt Dr. Hans Kampffmeyer, der Groß-
herzoglich Badische Landeswohnungsinspektor und Ge
schäftsführer des Badischen Landeswohnungsvereins eine
Antwort, die ebenso großzügig wie gut deutsch ist. Er
schlägt die Gründung einer neuen Stadt von 100000 Ein
wohnern vor, die von der Siedelungsart an in ihrem ge
samten Aufbau ein Muster deutscher Stadtanlage sein sollte.
In größtem, bisher ungekanntem Maßstab wäre so Gelegen
heit gegeben, die Ziele der deutschen Gartenstadtbewegung
zu verwirklichen, wirtschaftlich, technisch und damit ge
sundheitlich und schön. Es gäbe in dieser Stadt keine Miet
kasernen mehr, in denen die Menschen zusammengepfercht
würden, sondern in Kleinhäusern mit Gärten würden die
Menschen wohnen, und höchstens die Geschäftshäuser wür
den etwa dreigeschossig werden dürfen. Wirtschaftlich
bliebe alles, Boden, Häuser, Gärten, im Obereigentum der
Stadt; die Häuser und Gärten würden in Erbbau, Pacht u&w.
abgegeben und die gesamte Versorgung mit Lebensbedürf
nissen böte Gelegenheit zu einer vorbildlichen genossen
schaftlichen Organisation. Es wäre eine Stadt des Gemein
sinns, wie er sich im Kriege so vielfach betätigt hat und
die Gründung ein Beweis des Opfermutes des ganzen deut
schen Volkes, der ira Kriege eine nie geahnte Größe ange
nommen hat. Dabei ist das Opfer, das Kampffmeyer dem
Volke selbst zumutet, verhältnismäßig klein. An allgemeinen
Geldmitteln braucht er nur 10 Millionen Mark, die er als
Reichsstiftung der Bundesstaaten, Provinzen, Städte denkt.
Die erste Million wäre wohl als Stiftung einiger Industrieller
aufzubringen, die ihren Namen unauslöschlich mit der Frie
densstadt verbinden würden. Bei der Reichsstiftung aber
würde Kampffmeyer den Stiftern die Patenschaft für Stadt
teile, Straßen, Plätze, Anlagen antragen, und so ihre Namen
dauernd mit ihnen verbinden. Was aber die öffentlichen
sind. Aus der Vermeidung aller Schwierigkeiten sachlicher
und organisatorischer Art entsteht eben der Schematismus.
Es ist Sache der Gegenwart, aus demselben herauszu
kommen.
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Schlußbemerkung der Schriftleitung.
Gleichmäßig durchlaufende Uferstraßen sind in der Umgegend von
Berlin schon öfter von den Aufsichtsbehörden gefordert worden. Ufer
straßen können erwünscht sein; schön ist aber auch die Uferbebauung
nicht nur für den Besitzer, sondern auch für den auf dem Wasser Vor
beifahrenden, schöner als manche Uferstraße. Bel großen Längen ist
besonders eine gelegentliche Unterbrechung der Straße anzustreben, ein
Wechsel zwischen Straße und Bebauung (wie an der Hl in Strasburg, am
Tegernsee, in Lugano). Wie und wo das ausführbar ist, bangt von dem
Verlaufe der Wasserkante, von dem Umrisse des Uferrandes, von seiner
Höhenentwicklung und landschaftlichen Gestaltung, von der Form und
Größe etwa vorhandenen Vorlandes usw., von der Möglichkeit also
günstiger Ausnutzung für die Bebauung und der Schaffung freier Aus
blicke ab — dabei schaden kleine Umwege nichts. Der Schrecken aller
Sommerfrischler sind die vom Automobil verkehr mißbrauchten auf lange
Strecken durchlaufenden Uferstraßen (wie an der Riviera, in Tegernsee usw.).
Auch in dieser Frage kommt es wie fast immer auf das künstlerisch ge
schulte Auge an.
Gebäude angeht, so würden sie wieder von den inbetracht
fallenden Organisationen gestiftet. So das Rathaus von den
deutschen Städten, das Krankenhaus von den deutschen
Ärzten, die Entbindungsanstalt von den deutschen Frauen
usw. Die technischen Werke würden von den entsprechen
den Industrien gebaut, die Anlagen von den Gärtnern und
inmitten der ganzen Stadt stünde das Volkshaus als Mittel
punkt des geistigen Lebens zugleich.
Für die Stadtgründung ist natürlich die Gewinnung einer
passenden Industrie von größtem Belang. Kampffmeyer denkt
an Betriebe, wie sie im Deutschen Werkbund zusammen
geschlossen sind und die eine hochstehende Arbeiterschaft
sichern würden. Dazu kämen Bauarbeiter, Beamte, An
gestellte usw., so daß sich die Bevölkerung für einen kul
turellen Aufbau rasch durchschichten würde. Aber nicht
nui* Handel und Industrie, Gewerbe und Geistesarbeit will
Kampffmeyer in der Friedensstadt vereinen, sondern er legt
um die Stadt herum einen Gürtel mit Wirtschaftsheimstätten,
so Stadt und Land auf das engste verbindend, die Bevölke
rung aus nächster Nähe mit Lebensmitteln versorgend. Die
Friedensstadt verkörperte also auch die im Kriege neuge
schätzte Gemeinschaft von Stadt und Land; mit ihrenBauten
wäre sie ein Vorbild neuzeitlichen Städtebaus, zugleich aber
infolge der schenkungsweisen Einrichtung der öffentlichen
Gebäude eine Ausstellung deutscher Wertarbeit, im gesamten
eine Ausstellung deutscher Geistesarbeit am Ende des größten
Krieges der Weltgeschichte. Es wäre noch mehr, es wäre
eine Dauerausstellung, ein Riesenlaboratofium, in dem sich
jener Geist, wie er sich im Kriege gestählt hat, weiter be
tätigt und dem Denkmal immer neue Spuren ansetzt.
Man darf wohl annehmen, daß sich der schöne Gedanke
zahlreiche Anhänger erwirbt. Stifter für die allgemeinen
Mittel finden sich sicherlich, die eigentlichen Häuserbau
gelder können auf hypothekarischem Wege beschafft werden,