DER STÄDTEBAU
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leisen und gewährt, während er an hochliegenden Terrassen-
gärten vorüberzieht, einen in Pirmasens seltenen und dafür
um so erfreulicheren Genuß, der überdies noch eine Steige
rung erfährt, wenn zum Anblick der wohlgepflegten Gärten
mit ihrer Blütenpracht oder ihrem Obstreichtum für den
rückwärts Schauenden noch der Ausblick in die weite Ferne
kommt, die sich über dem Osten der Stadt ausbreitet.
Es handelt sich dabei um schwere Anforderungen. Wer
aber die schönen, meist stark ansteigenden Innengärten
kennt, die sich oberhalb der Schäfergasse und der Haupt
straße hinziehen und über die Dächer der tiefliegenden Stadt
teile zu den jenseitigen Höhen grüßen, oder wer die schönen
Blicke kennt, die in der Altstadt durch die Schonung von
ein paar anderen Innengärten erhalten werden können, und
wer dann weiß, daß sie fast alle nach und nach verschwinden
würden, um einer immer dichteren Bebauung Platz zu
machen, zu der sie zumeist gar nicht einmal geeignet sind,
der sollte vielleicht doch die Notwendigkeit einsehen, daß
zum allgemeinen Wohle eingegriffen werden muß, damit
nicht das wenige, was im Stadtlnnern an Luft und Licht
noch erhalten ist, bis zum letzten sonst zulässigen Quadrat-
schuh der Überbauung geopfert wird.
Der Plan darf sich aber nicht damit begnügen, für die
Erhaltung einiger Innengärten einzutreten, er muß auch auf
die Schaffung von solchen hinwirken und sie mit Hilfe der
rückwärtigen Baulinien da und dort im Stadterweiterungs
gebiet zu erreichen suchen. Der Umfang solcher Gärten ist
im allgemeinen recht mäßig angenommen, und bei einem
Teil meiner Vorschläge handelt sich’s nicht mehr so sehr
um Gärten als um Wohnhöfe, in denen vielleicht ein paar
Bäume angepflanzt werden können; bei sehr kleinen Bau
blöcken, wie sie im Plan nicht zu vermeiden waren, sind
auch diese Höfe zusammengeschrumpft, so daß sie nur mehr
die noch zulässigen Maße besitzen und die rückwärtige Bau
linie bloß zeigen soll, wie die Überbauung eines solch kleinen
Blockes gedacht ist.
Was übrigens die rückwärtige Baulinie anlangt, so will
mit ihrer Anwendung stets eine Beschränkung der Be
bauungsdichtigkeit erreicht werden, und sie kann niemals
dazu dienen, um eine stärkere Ausnützungsmöglichkeit her-
beizufuhren, als die Bauordnung sie zulassen würde. An
einigen von den Treppenwegen wird das sowieso kommen
müssen, denn es dürfen dort, wie schon gesagt worden ist,
selbständige Bauten nicht errichtet werden; es kann also
nur in dem Maße an ihnen gebaut werden, als es die Be
stimmungen und der Sinn der Bauordnung in ihrer An
wendung auf jene Straßen zulassen, welche durch Treppen
wege miteinander verbunden sind oder verbunden werden
sollen. Dabei kann es sich nur um Plügelbauten oder Rück
gebäude handeln, und deren Entwicklung längs eines Treppen
weges wird zwar von dessen Längenausdehnung, haupt
sächlich aber davon abhängig sein, ob dieser Weg zwischen
geringer oder stärker ansteigendem Gelände in die Höhe
zieht.
Je geringer die Steigung auftritt, Um so eher wird es
angebracht sein, in dem an solchem Treppenweg liegenden
Baublock größere befahrbare Hofräume zu schaffen, welche
den Bau bewohnbarer Rückgebäude oder solcher Plügel
bauten gestatten, die ihrer Tiefenausdehnung halber den
Rückgebäuden gleichzuachten sind. Je größer dagegen die
Steigung ist, desto weniger leicht und lohnend wird die
Schaffung größerer Hofräume sein. Diese werden vielmehr
auf ein geringes Maß gebracht werden und — je nachdem
das Gelände, dem sie sich zweckmäßigerweise anschmiegen
sollten, steigt oder fallt — höher oder tiefer zu liegen kommen
als die Straße, zu der sie gehören. Zufahrten werden sie
daher nur in seltenen Fällen erhalten und deshalb auch die
Bedingungen für die Errichtung bewohnbarer Rückgebäude
oder tieferer Flügelbauten nicht erfüllen können.
Für die Tiefe solcher Flügelbauten wird übrigens, da
die bayerische Bauordnung ohne weiteres greifbare Be
stimmungen nicht enthält, die Festsetzung von Höchst
maßen durch ortspolizeiliche Vorschrift empfohlen.
Zu dem früher erwähnten Straßenzug Landauer Straße usw.
— Streckenüberquerung, der eine wesentliche Entlastung der
Hauptstraße bringen soll, ist hinsichtlich dieser Talüber
schreitung auf einen Vorschlag verwiesen, der schon im
Plan von 1891 auftritt. Er ist später geändert worden, bildet
aber beide Male eine Verlängerung der Gasstraße. Ursprüng
lich von der Schachenstraße weg bis zum gegenüberliegenden
Hang geradlinig gedacht, soll die Überquerung nach dem
stadtbauamtlichen Plan mit einer scharfen Kurve erfolgen und
den Hang in einer kurzen, teilweise schon bebauten Straße
treffen, die in ihm zur Ecke Pasquaistraße—Wittelsbacher
Straße aufsteigt und etwa 170 m näher an der Stadt liegt.
Das bedeutet in gewisser Hinsicht eine Verbesserung,
diese ist aber insofern teuer erkauft, als die Einmündungs
straße in ihrem fertiggestellten oberen Teil eine Steigung von
etwa 9 Prozent aufweist, und das ist für eine Straße ent
schieden zuviel, welcher größere Verkehrsbedeutung zu
kommt, und die, wie beabsichtigt ist und voraussichtlich
auch nötig wird, noch dazu eine Trambahn in sich auf
nehmen soll. Seit dem Bau der Südstraße, der Gerichten-
straße und der Fahrstraße ist eine andere, d. h. bessere,
Einmündungsstelle nicht mehr möglich, die früher und vor
ausgesetzt, daß die Gelände- und nicht die Besitzverhältnisse
das entscheidende Wort gehabt hätten, wenigstens für den
Zug von der Gasstraße her, unschwer zu finden gewesen
wäre. Mein Vorschlag kann deshalb nur dahin gehen, daß
die namenlose Straße gehoben und ihr Gefälle auf etwa
6 Prozent verringert werde. Mehr wird unmöglich zu er
reichen sein, und auch das würde schon wesentliche Ver
änderungen in der bisher angenommenen Höhenlagcverhält-
nissen der Strecküberquerung bedingen.
Diese Überquerung der Strecke soll nach der bisherigen
Annahme mittels einer Dammaufschüttung erfolgen. Das
würde aber geradezu ein Unglück sein, wenn es zur Aus
führung käme. Die ganze Sache besitzt nämlich nur dann
den erhofften Wert, wenn die Gefällsverluste nicht allzu große
und die Steigungsverhältnisse nicht sonderlich ungünstig wer
den. Soll das aber geschehen, so wird die Dammaufschüttung
eine sehr hohe, schneidet das Strecktal von seinem Aus
läufer zur Stadt völlig ab, und die Fahrschc Fabrik und das
ganze, tiefliegende Industriegebiet im ältesten Teil der Stadt
sind noch mehr eingesackt und werden daher am so not
wendigen Luftzu- und -abfluß noch mehr behindert. Die
große Fahrsche Fabrik käme geradezu in ein Loch zu liegen,
von dem es nach allen Seiten ln die Höhe geht.
Das wird sich aber nur erreichen lassen, wenn auf den
Damm verzichtet wird, und wenn an seine Stelle ein Viadukt
tritt, von dem ich mir denke, daß er das Tal mit weitge
öffneter, leichter Bogenstellung übersetzen soll. Er würde
nicht nur zulassen, daß die Gefällsverluste erheblich geringer
werden als beim Damm, sondern auch den gesundheitlichen