DER STÄDTEBAU
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Entwicklung der Städt. Die „Karperkuil“, die bis da außer
halb der Verteidigungslinie gelegen hatte, wurde i. J. 1576
in die Befestigung einbezogen, indem man die Oosterpoort-
gracht grub. Man baute dann ein neues Osttor, weil das
alte innerhalb der Stadt zu liegen kam. Der Weg zwischen
beiden Toren wurde bald mit Häusern bebaut und ist jetzt das
„kleine Oost“. In den letzten Jahren war die Stadt fort
während belästigt von den Soldaten des holländischen
Heeres, wenn sie durch die Stadt zogen. Um diesem Un
gemach zu entgehen, machte man einen Ring um die Stadt
herum vom Osttor bis zum Nordtor. So konnten die Truppen
statt durch die Stadt um die Stadt herum ziehen.
Im Jahre 1584 wurde der letzte Teil der Gouw überwölbt
und in eine schöne Straße umgewandelt. Hiermit war der
Bach, der ehemals die Ursache der Entstehung der Stadt
gewesen war, ganz und gar verschwunden. Ungefähr zehn
Jahre später setzte eine große Tätigkeit im Baubetriebe ein.
Im Jahre 1593 wurden Trommelstraatund Warmoesstraat,
die früher schmutzige Graben waren, überwölbt und in
Straßen umgewandelt. Die Klostergelände wurden parzelliert,
und die Obrigkeit setzte dort Straßen fest. Die Baustellen
wurden den Bürgern verkauft. Hierdurch entstanden Grave-
straat, Munthaat und Wisselstraat. Die erste bekam eine
Verbindung mit Gerritsland, indem man ein Haus abtrug,
das die Stadtregierung zu diesem Zweck gekauft hatte.
Die Peperstraat, die durch diese neuen Straßenanlagen an
Bedeutung gewann, wurde dann auch gepflastert. Vordem
war es ein schmutziger, morastiger Weg.
Im folgenden Jahre waren Gravestraat und Muntstraat
schon vollständig bebaut, und begann die Stadtregierung
Baustellen zu verkaufen auf dem Schotland. Dies war
früher noch ein grünes Feld. Jetzt wurden die Häuser
rings herum gestellt und zwei Gassen dadurch geleitet.
Auch das Nieuwe Noord, das damals Wasser war, wurde
überwölbt und nachher mit Häusern bebaut. Die Stelle,
wo jetzt die Gasfabrik steht, war damals ein Schutthaufen,
wo die Seifensieder ihre Asche hinwarfen. Sie wurde
i. J. 1597 parzelliert und bebaut.
Die Tuchfabrikation kam in Verfall. Auf dem Rahmen
feld war die Straße i. J. 1578 schon vernachlässigt, und die
Bretterbekleidung des Grabens war beschädigt. Auch hatte
man an Stelle der Tuchrahmen Schuppen gebaut. Damals
ordnete der Magistrat an, diese Bauten abzutragen und alles
wieder in gute Ordnung zu bringen. Zwanzig Jahre später
wurde aber der Graben ausgefüllt und in eine Straße ver
wandelt. Bald wurden hier gute Häuser gebaut. Im folgen
den Jahre wurde die Achterstraat verbreitert und ihre Form
verbessert. Zu diesem Zweck baute man das Lombardhaus
um. Auch wurden nach diesem Jahre keine Leichen mehr
auf dem Kirchhof begraben. Das Gelände hinter der Frauen
kirche wurde erhöht und zum neuen Kirchhof bestimmt,
Der Markt wurde allmählich zu klein, und man faßte
den Plan, das Rathaus abzutragen und nördlich von der
früheren Stelle wieder aufzubauen. Zu diesem Zweck kaufte
man schon vier Häuser, zwei in dem „Noord“, zwei in der
„Kerkstraat.“ Sie wurden schon abgetragen. Aber man
schreckte vor den großen Kosten zurück. Man behielt des
halb das Rathaus und pflasterte den Raum dahinter. Erst
im neunzehnten Jahrhundert hat man endlich das Rathaus
abgetragen, und die Stadtregierung hat ein altes Gebäude in
der Gouw zu dem neuen Rathaus bestimmt.
Im Jahre 1601 wurde die Wester-Sint-Jansteeg geschaffen.
Man wollte zwar nicht einen neuen Verbindungsweg, doch
eine Verbesserung der Entwässerung, welche früher in diesem
Stadtteil sehr übel war. Wenn man dieses beachtet, erscheint
es nicht mehr so töricht, daß man die Gasse so schmal
machte. Im folgenden Jahre wurde die Verbindung Achterom-
Fischmarkt verbessert, indem man eine Straße von der Kuil
nach der Wijdesteeg durchlegte.
Im Jahre 1608 kam eine Verordnung heraus, daß jedes
Jahr 25 bis 30 Rohrdächer abgetragen werden sollten. Viele
Bürger, die hierzu gezwungen wurden, benutzten die Gelegen
heit und trugen ihre Häuser ganz und gar ab und bauten
viele schöne neue Häuser. So kam es, daß das äußerliche
Ansehen der Stadt während langer Zeit nicht dermaßen
verbessert wurde als in jenen Jahren.
Im Jahre 1609 wurde die Wage erneuert und stellte man
das neue Wagegebäude 15 Fuß zurück, zu welchem Zweck
zwei Häuser abgetragen wurden.
Im Jahre 1610 wurde das Wasser des Achteroms schmaler
gemacht, und konnte man dadurch die Straßen breiter
machen. Zwei Jahre später wurde das Baatland, wo bis
damals Schiffswerfte gewesen waren, von der Obrigkeit ent
eignet, in Bauparzellen abgeteilt und den Bürgern verkauft.
Zu dieser Zeit war der Buitenluiendijk, südlich des
Luiendijks zustande gekommen. In dieser Weise entstand
ein großer Hafenraum. Dieser Damm wurde mit dem
Oosterpoortwalle in Verbindung gebracht und mit zwei
Bastionen versehen. Auch wurde das „Breed“ eingehend
verbessert. Diese Straße mit einem Graben in der Mitte
war einer der bedeutendsten Zugangswege, sowohl zu
Wasser wie zu Lande, Sie war bis zu dieser Zeit so schmal,
daß der Verkehr außerordentlich gehindert wurde. An der
Nordseite enteignete die Stadt dann viele Häuser und ver
breiterte Straßen und Graben sämtlich um 25 Fuß, das heißt
. die nördliche Straße 7 Fuß, das Wasser 9 Fuß und die
südliche Straße 9 Fuß.
Man baute steinerne Kaimauern und erhöhte die Straße.
Auch die Nieuwesteeg (Neue Gasse) wurde breiter ge
macht. Die Häuser an der Südseite, wo die Klostergebäude
abgetragen waren, wurden einige Fuß weiter hinterwärts
erbaut. Die Kreuzstraße wurde in ähnlicher Weise ver
bessert. Der Graben des Gerritslandes, der schmutzig und
übelriechend war, wurde im folgenden Jahre überwölbt, und
so entstand auch hier eine bequeme, breite Straße. Die ganze
Arbeit geschah auf Kosten der Nachbarn, und diese klagten
sehr, da sie nur arme Menschen waren. In diesem Jahre
baute die Stadt auch Häuser an den Stadtgraben, hinter der
Frauenkirche, für Tuchweber, die aus Alkmaar nach Hoorn
gekommen waren. Im Jahre 1629 wurde der Westerdijk von
der Stadt übernommen (er war vormals Eigentum des Polders).
Alle diese Jahre beschäftigte die Stadtregierung sich mit der
Ausfertigung neuer Verordnungen, welche den Zweck haben,
die Straßen und die Gebäude zu verbessern.
So hatte dann i. J. 1630 die Stadt die Form und die Größe,
welche sie noch heute besitzt, mit Ausnahme der in den fran
zösischen Zeiten vernachlässigten Hafenanlagen. Wir werden
dieses Kapitel nicht besser beenden können als mit den Worten
des Chronikschreibers der Stadt, Dr. Velius (gestorben 1630).
„Ihre Form und Gestaltung innerhalb der Wälle, obschon
nicht in einem Guß entworfen, sondern bei kleinen Teilen
aneinander gebaut, ist trotzdem sehr schön und von einer
solchen guten Proportion, daß man denken würde, es wäre
damals mit Absicht in dieser Weise gemacht.“