DER STÄDTEBAU
sung und 2weck der Festsetzung anzugeben und der Entwurf
im einzelnen zu erläutern und zu begründen. Dabei sind die*
jenigen Ausnahmen und Abweichungen von der geltenden
Bauordnung anzugeben, welche bezüglich der Bauweise, der
Gebäudehöhe und Geschoßzahl, der Bahtiefe und Hcfgröße
usw. erforderlich sind. Ferner können hier diejenigen Bedin
gungen entsprechend dem § 4 des Gesetzes vom 15. Juli 1907
festgestellt werden, welche hinsichtlich der äußeren Erschei
nung der neuen Bauanlagen gestellt werden müssen.
Alle diese Bestimmungen des Erläuterungsberichts er
halten durch die Festsetzung Rechtskraft.
Zu § 12: Von dem Verbot ist Dispens zu erteilen, falls ein Woh-
nungsbedürfnis und „Mangel an geeignetem preiswerten Gelände
an fertigen Straßen“ besteht, der Eigentümer Gewähr dafür bietet,
daß dem Bedürfnisse durch den Bau entsprechender gesunder und zweck
mäßig eingerichteter Wohnungen Rechnung getragen wird, und falls dem
Bau an der dafür gewählten Stelle des Weichbildes keine berechtigten
Gemeindeinteressen entgegenstehen. „Dabei müssen jedoch die
jenigen Bedingungen erfüllt werden, welche die Gemeinde
zur Sicherstellung der Straßenbaukosten und im Interesse
der zweckmäßigen Anordnung Und äußeren Gestaltung der
Bebauung billigerweise ‘stellen darf.“ Über die Erteilung des
Dispenses beschließt im Streitfälle der Bezirksausschuß.
Zu § 15: Durch Ortsstatut kann festgesetzt werden, daß bei der
Anlegung einer neuen oder bei der Verlängerung einer schon bestehenden
Straße, wenn solche zur Bebauung bestimmt ist, sowie bei dem Anbau
an schon vorhandenen, bisher unbebauten Straßen und Straßenteilen von
dem Unternehmer der neuen Anlage oder von den angrenzenden Eigen
tümern — von letzteren, sobald sie Gebäude an der neuen Straße er
richten — die Freilegung erste Einrichtung, Entwässerung und Be
leuchtungsvorrichtung, „sowie eine etwa zweckmäßige Be
pflanzung“ der Straße in der dem Bedürfnisse entsprechenden Weise
beschafft, sowie deren zeitweise, höchstens jedoch fünfjährige Unterhaltung
bzw. ein verhältnismäßiger Beitrag oder der Ersatz der zu allen diesen
Maßnahmen erforderlichen Kosten geleistet werde. Zu diesen Verpflich
tungen können die angrenzenden Eigentümer nicht für mehr als die
Hälfte der Straßenbrelte und, wenn die Straße breiter als s6 m ist,
„sowie an Plätzen“, nicht für mehr als 13 m der Straßenbreite „oder
Platzbreite“ herangezogen werden.
CHRONIK.
D ie Frage der BEBAUUNG DES FRÜHEREN BAHNHOFS
GELÄNDES UND DER GESTALTUNG DES NEUEN
BAHNHOFSVORPLATZES IN STUTTGART ist durch den
engeren Wettbewerb, den die Stadtgemeinde um Vorentwürfe unter den
Architekten Professor Paul Bonatz, Oberbaurat Eisenlohr und Ober
baurat Schmohl in Stuttgart, Professor Hocheder in München und
Professor Ostendorf in Karlsruhe ausgeschrieben hatte, um ein erheb
liches Stück der Beantwortung näher gerückt. Das Preisgericht, dem an
Architekten Oberbaurat Billing in Karlsruhe, Baurat Muesmann in
Stuttgart und Geheimer Hofrat Professor von Thiersch in München
angehörten, hat den Preis dem Entwürfe von Professor Paul Bonatz
und F. E. Scholer in Stuttgart zuerkannt.
Dieser Entwurf hat ebenso wie alle anderen die Bebauung des
Marstallgebäudes, Soweit es für das Bild des Bahnhofsplatzes und der
Königstraße in Betracht kommt, mit in die Planung einbezogen. Auch
haben sämtliche Bewerber sich dahin ausgesprochen, daß der beschlossene
Bebauungsplan für dieses Gelände — vgl. Abb, g auf Tafel 33 v, Jahrg. —
und zwar weder die Form des neuen Bahnhofsplatzes, noch die Aufteilung
durch Straßen und die Gestaltung der Blöcke befriedigt; vpn ihnen bei
gegebene Skizzen boten neue Vorschläge, zu denen sich dann bei der
Ausstellung der Entwürfe noch ein Vorentwurf gesellte, mit dem der neu
.gewählte Baurat des Stadterweiterungsamtes, Muesmann, sich in die
.Öffentlichkeit einführte.
Bei Berechnung der Kosten sind die Kosten der gesamten Straßen-
anlage und bzw« deren Unterhaltung zusammenzurechnen und den Eigen
tümern nach Verhältnis der Länge ihrer die Straße berührenden Grenze
oder auch nach einem anderen Maßstabe zur Last zu legen.
Die Aufwendungen für den Grunderwerb von mehr als
26 m breiten Straßen sowie von Plätzen und Grünanlagen,
die außer den unmittelbaren Anliegern einer größeren Zahl
von Grundstücken oder einem größeren Baugebiete zugute
kommen, können auf das ganze in Betracht kommende Gebiet
verteilt werden.
Wenn sich hierbei eine unverhältnismäßig große wirt
schaftliche Belastung der Beteiligten ergibt, ist nur ein
solcher Betrag in Rechnung zu stellen, der der Gemeinde die
kostenfreie Beschaffung des Straßen- und Platzlandes bis zu
einem Anteil von 35 °/ 0 der gesamten Fläche ermöglicht.
Im Streitfälle entscheidet der Bezirksausschuß.
Hat nicht die Gemeinde, sondern ein Unternehmer die
Kosten neuer Straßenanlagen aufgewandt, so ist die Gemeinde
berechtigt, die Kosten von den Anliegern, wenn sie Gebäude
errichten, einzuziehen und dem Unternehmer zu erstatten.
Zu allen Kosten können die gesetzlichen Zinsen vom Tage
derAufwendung an bis zu ihrerErstattung zu gerechnet werden.
II. Zur Umlegung. Das Gesetz, betreffend die Umlegung von
Grundstücken in Frankfurt a. M. vom 28. Juli 1902 (Gesetzsammlung
S. 273) und das Gesetz wegen Abänderung des § 13 des vorbenannten
Gesetzes vom 8. Juli 1907 (Gesetzsammlung S. 25g) werden auf den Um
fang der Monarchie sinngemäß ausgedehnt, soweit dies nicht bereits durch
besondere Gesetze geschehen ist.
Die in den §§ 147 —155 der Gemeinheitsteilungsordnung
vom 7. Juni 1821 aufgestellten Grundsätze Uber die Wirkungen
der Auseinandersetzungen aufRechte dritter Personen finden
auch auf freiwillige Umlegungen, welche die Beförderung der
Bebauung, des Verkehrs und sonstige Verbesserungen be
zwecken, Anwendung. Außer den in den Gesetzen vom 3.März
1850, vom 23, Juni 1860, vom 12. April 1885, vom 22. April 1886, vom
25. März 1889, vom 15. Juli 1890, vom 14. Dezember 1896 genannten
Behörden wird auch der Katasterverwaltung die Befugnis er
teilt, Zeugnisse über die Unschädlichkeit der Abtrennung und
des Austausches kleiner Grundstücke usw. auszustellen.
Muesmann ist auf ähnliche Gedanken gekommen wie Professor
Bonatz. Zur Teilung der großen zwischen der Königstraße und seiner
Zufahrtsstraße zum Vorortbahnhofe angeordneten Baublöcke hat er überdies
aber noch Durchfahrtsstraßen mit hofartigen, als Grünanlagen auszubil-
denden Erweiterungen vorgeschlagen.
Dieser Planvorschlag in Verbindung mit dem Entwürfe von Bonatz
durfte die gewünschte Lösung ermöglichen.
OM BELGISCHEN STÄDTEBAU sagt in einem Aufsatze
über die Verwaltungsaufgaben in Belgien Professor Dr. Eberstadt
siehe Berliner Tageblatt vom 24. v. Mts. —
Bezüglich der größeren städtebaulichen Aufgaben darf bemerkt werden,
daß der belgische Städtebau in den Hauptstädten Brüssel und Antwerpen
in weitgehendem Maße durch französische Einflüsse bestimmt worden ist.
Anders ln Gent, Lüttich und den Mittel- und Kleinstädten, in denen sich
die nationale Überlieferung stärker erhalten hat. Die städtebaulichen
Befugnisse ruhen in Belgien, in größerem Umfange als in Deutschland,
bei den einzelnen Stadtverwaltungen, denen indes für großzügige Auf
gaben zumeist die geeigneten Kräfte fehlen. Für städtebauliche Aufgaben
von Bedeutung würde sich eine Anlehnung an die neueren Bestrebungen,
wie sie in Holland hervortreten, empfehlen. Dies um so mehr, als in den
verwaltungsrechtlichen Grundlagen manche Übereinstimmung mit hol
ländischen Verhältnissen besteht.
Verantwortlich für die Schriftleitung: Theodor Goecke, Berlin. — Verlag von Ernst Wasmuth A.-G., Berlin W., Markgrafenstraße 31.
Inseratenannahme Ernst Wasmuth A.-G., Berlin W. 8. — Gedruckt bei Herrosd & Ziemsen, G. m. b, H., Wittenberg. — Klischees von Fritz Heilmann, Berlin,