DER STÄDTEBAU
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Abb. i. Delaware-Park in Philadelphia.
westecke verbunden werden. Hier münden gegenwärtig die
Linien der Pennsylvaniabahn dicht vor dem Stadthause ein.
Dieser Kopfbahnhof mit seinem Ortsgüterbahnhof und Lade
schuppen ist wie ein Keil in die Stadt hineingetrieben. Seine
Gleise mit Einschluß der Gütergleise sind jetzt allerdings
hochgelegt worden, so daß man Straßenverbindungen in
nordsüdlicher Richtung hat durchführen können. Die Front
des Bahnhofs soll nun nach dem neuen Entwurf um etwa
60 m zurückgerückt werden, um einen Verkehrsplatz davor
zu schaffen, und um die Einmündung der nordwestlichen
Radialstraße (des Parkweges) zu ermöglichen. Nach den
neuesten Mitteilungen hat die Pennsylvaniabahn-Gesellschaft
für den Bahnhofsumbau in den Haushaltungsplan für 1913
bereits 60000000 $ eingesetzt. Die Abänderungen am Rat
hausplatz stehen zweifellos wohl auch in Verbindung mit dem
beabsichtigten Ausbau des Schnellverkehrsnetzes der Stadt
Philadelphia. Durch die Marktstraße läuft jetzt eine Unter
grundbahn, die am Rathausplatz noch von einer Straßen
bahnschleife unterfahren wird. Den Bau einer zweiten
Untergrundbahn durch die Breite Straße hat sich die Stadt
selbst bei der Regelung der Rechtsverhältnisse der Straßen
bahn und Hochbahn im Jahre 1907 Vorbehalten. Die Pläne
sind wohl auch schon dafür fertig. Bei Ausführung dieser
Bahn wird es sich wohl als notwendig erweisen, einige Bau
blöcke niederzulegen. Denn der gemeinsame Bahnhof am
Rathaus, über dessen Lage ein besonderes Schiedsgericht
entscheiden soll, wird unter den vorhandenen Straßenflächen
kaum untergebracht werden können.
Die von der Nord westecke ausgehende Parkstraße wird
an ihrem Südostende durch das Rathaus mit seinem ge
waltigen 155 m hohen Turm, auf dessen Spitze die Hm
hohe Bildsäule des Penn steht, beherrscht. Der Turm baut
sich auf der Nordfront des Rathauses auf, er steht somit
genau in der Achse der neuen Parkstraße. Teile dieser
Straße sind jetzt schon auf der Strecke kurz vor dem Rat
hause in voller Breite ausgeführt worden. Der Blick bei
Sonnenuntergang gegen das erhabene Gebäude, wenn es
von den letzten Sonnenstrahlen beschienen wird, ist wirk
lich eindrucksvoll. Die Straße hat im Stadtinnern nur
45 m Breite, um die Wirkung des Rathauses zu steigern.
Weiter außerhalb wird die Breite 76 m betragen bei An
lage von drei Fahrdämmen, zwischen denen zwei mit
Bäumen bepflanzte Grünstreifen angeordnet werden (vgl.
Abb. a, Tafel 63).
Nach der Seite des Fairmount-Parkes hin soll die
Straße einen wirkungsvollen Abschluß erhalten durch einen
städtischen Kunstmittelpunkt, wie ihn die Abb. b, Tafel 63
wiedergibt. Auf ihr ist die Prachtstraße, mit ihren drei
Fahrdämmen und Baumstreifen klar zu erkennen. Die
Lage der Prachtstraße zu dem Fairmount-Park und zum
Rathause überhaupt im Plane der ganzen Stadtanlage
wird durch die Abb. c, Tafel 62 wohl am besten veran
schaulicht.*)
Mit den Plänen für die Verbesserung der Innenstadt
gehen andere Hand in Hand für die Schaffung von Park-
geländen und Parkstreifen mit besonderer Rücksicht auf den
Kraftwagenverkehr. Eine Gesamtübersicht über die beab
sichtigten Unternehmungen zeigt die Abb. a, Tafel 64. Dieser
Plan erstreckt sich wiederum über einen Flächenraum von
1400 Quadratmeilen und enthält alle vorhandenen Parkflächen
und Parkwege, die Uferflächen und Flußtäler, die für die
Erholung der Bevölkerung geeignet erscheinen. Alle dunkel-
schwarz angelegten Flächen sind Parkflächen, die schon ihrer
Bestimmung zugeführt sind. Die heller angelegten Flächen
sind für Parkanlagen Vorbehalten. Der Grund und Boden
hierfür ist in großem Umfange schon erworben. In erster
Linie hat man auch hier, wie in Boston, die Ufer der Fluß-
und Bachläufe für Grünflächen benutzt.
Am südlichen Ende der Breiten Straße liegt der League-
Island-Park, der alle Belästigungen, die von den Schiffbau-
werften am Delaware, den größten der Union, kommen, von
der Stadt abhalten soll. Im Norden sind die Ufer eines
Nebenflusses des Delaware für einen Park — den Pennypack-
Park — von 1198 Acre = 477 ha ausgewiesen, von denen
190 ha die Stadt schon erworben hat. An der Mündung
des Flusses sollen die Ufer des Delaware zu einem öffent
lichen Park umgewandelt werden. Die Uferlänge beträgt
3’/2 Meilen = 5,65 km, die durchschnittliche Ufertiefe wird
auf 800 Fuß = 240 m angegeben. Zwei Meilen davon sind
auch schon erworben und zu öffentlichen Spielplätzen um
gewandelt. Wie später die vollendete Anlage gedacht ist,
geht aus Textbild 1 hervor. Spiel- und Ballplätze, breite
Wandelgänge und Rasenflächen, Bootstege und Jachthafen
sind vorgesehen. Der ganze Entwurf scheint dem Plan für
den Grantpark-Chicago — Städtebau 1910 Heft 7 — stark
nachempfunden zu sein.
Außerdem sind noch Grundzüge für eine Anzahl kleinerer
Plätze entworfen für Gegenden, die gerade im Zustande der
Bebauung sind. Auf diesen Plätzen sollen auch öffentliche
Gebäude errichtet werden. Der Zweck, den diese Gebäude
erfüllen sollen, gibt sich wohl in dem Namen, den die Plätze
erhalten haben, kund: Civic Center, Social Center. Mit den
Worten Friedrich des Großen würde man über die Gebäude
schreiben können: Nutrimentum spiritus und über die Plätze:
Dem Vergnügen der Einwohner.
Wert ist auch hier darauf gelegt worden, die einzelnen
Freiflächen unter sich in Verbindung zu bringen. Vieles in
diesem Plane ist ja noch Entwurf, man hat aber bereits mit
der Ausführung begonnen. So ist von dem Hunting-Park am
*) Das Modell des ganzen Straßenzuges war auf der Internationalen
Baufachausstellung in Leipzig zu sehen.