DER STÄDTEBAU
am Königsplatz wird aber der Tiergarten auch verkleinert;
denn Kroll mit seinem schönen Baumbestand ist auch Tier
garten, und es würden dort auch jenseits der Querallee
ziemlich viel Bäume verschwinden müssen. Die Apostel
des Baumschutzes sind Fanatiker bis zur Einseitigkeit. Der
in Frage kommende Teil des Tiergartens ist nicht besonders
besucht und gehört nicht zu seinen schönsten Teilen. Und
wenn etwas wirklich Schönes und Großzügiges, das das
Ansehen der Stadt verbessert und zugleich so schwierige
Fragen löst, an dieser Stelle geschaffen werden könnte, so
dürften die wenigen Rasenflächen und Kieswege, die nur
einigen zugute kommen, nicht so sehr in die Wagschale
geworfen werden. Für das Reichsamt des Innern und das
Auswärtige Amt werden später auch Neubauten nötig werden,
wenn diese Frage auch nicht so brennend ist. Es würden
hier also auch Gründe mitsprechen, die die Schwierigkeit
auf dieser Seite beheben könnten. Vgl. die Abbildungen
Tafel III, 3 und 6 (Verlag von Ernst Wasmut, A.-G.).
2. Ein anderer Platz, der große Vorzüge besitzt, bietet
sich an der Südseite des Pariser Platzes. Hier würde
der Ankauf folgender Grundstücke notwendig sein: Das
Blüchersche Palais (Offizierkasino), Pariser Platz 3 und
3a, die Königliche Akademie der Künste, Wilhelmstraße 71
(im Privatbesitz) und 72 (Kronfideikommiß). Diese Fläche
würde groß genug sein, das Opernhaus nebst Magazin
gebäude aufzunehmen, dazu die neue Akademie der Künste
und einige Privathäuser sowie die Verlängerung der Behren
straße bis zur Königgrätzer Straße. Das würde eine er
hebliche Entlastung der Straße Unter den Linden, des Pariser
Platzes und auch andererseits des Potsdamer Platzes und
derVoßstraße bedeuten. Groß sind hier die Schwierigkeiten,
das Opernhaus so zu gestalten, daß es das Brandenburger
Tor nicht erdrückt. Die Möglichkeit, diesen schwierigen
Umstand zu überwinden, habe ich versucht, in einer Skizze
nachzuweisen. Ein Vergleich der südlichen Platzhälfte,
wie sie jetzt ist, und in welcher Weise sie ungefähr gelöst
werden könnte, ist aus den Textbildern 3 und 4 zu ent
nehmen.
Das Bühnenhaus liegt weit genug zurück, um den Platz
nicht zu erdrücken. An der Königgrätzer Straße ließe sich
eine zweite Auffahrt mit Platzanlage schaffen, so daß sich
auch nach dieser Seite hin die Anlage leicht wirkungsvoll
gestalten läßt. Der Pariser Platz, der bei festlichen Gelegen
heiten fast einer Sackgasse gleicht, weil die Abflußmöglich
keiten des Verkehrs durch das Brandenburger Tor ver
hindert werden, erhält, ohne daß die Platzwände aufgelöst
werden, zwei breite und bequeme Abzugsmöglichkeiten für
den Verkehr. Die Lageplanskizze (Tafel 3) ist eine erste
Idee, die sicher noch bedeutend verbessert werden kann.
Für die gute Abwicklung des Verkehrs würde durch den
Durchbruch der Behrenstraße und die Durchführung der
Schöneberger Untergrundbahn gesorgt sein. Durch den
Verkauf des Bauplatzes am Königsplatz und die neu ent
stehenden Grundstücke an der verlängerten Behrenstraße
kann nicht nur eine Deckung der Grunderwerbskosten,
sondern noch ein bedeutender Überschuß erzielt werden.
3. Am Schillerplatz, dem Schauspielhause gegenüber,
zwischen Jäger- und Taubenstraße, wäre ein Platz, auf den
ein Opernhaus seinem Gedankengehalt nach jedenfalls ganz
ausgezeichnet passen würde. Die Breite des Baublocks
würde gerade ausreichen; das Magazingebäude könnte an
der Nordseite der Jägerstraße in Verbindung mit dem jetzigen
Kulissenhause errichtet werden. Es würden 12 Privatgrund
stücke erworben und das Grundstück der jetzigen Seehand
lung dazu genommen werden müssen. Für den Verkehr
wäre diese Lage sehr günstig, da ein Untergrundbahnhof
unmittelbar in der Nähe ist, Straßenbahnlinien in der
Französischen und Charlottenstraße außer den bestehenden
noch geschaffen werden können. Es könnte hier ein fein
fühlig gegen das Schinkelsche Schauspielhaus abgestimmter
Bau mit den Kirchen zusammen ein Stadtbild von ganz
hervorragender und eigenartiger Schönheit ergeben. Mit
dem Magazingebäude könnte das Opernhaus durch eine
Brücke verbunden werden, ähnlich, wie es die Gebäude an
der Französischen Straße sind, die die Deutsche Bank hat
herstellen lassen.
4. Für das Stadtbild am günstigsten würde das neue
Königliche Opernhaus am Schloßplatz stehen. Gleichzeitig
würde durch eine Errichtung an dieser Stelle die Um
gebung des Schlosses verschönnert; empfindliche städtebau
liche Mängel, die wir jetzt beklagen, würden beseitigt, und
sowohl der Schloßplatz als auch die Schloßfreiheit würden
erst ihre würdige Vollendung erfahren. Man müßte zu
diesem Zwecke der ganze von der Straße An der Schleuse,
der Kirchstraße und Neumannsgasse, der Breiten Straße und
dem Schloßplatz eingeschlossene Stadtteil für den Opern
hausbau verwenden. Es müßten dazu allerdings eine An
zahl wertvoller Grundstücke, darunter auch die der Vos-
sischen Zeitung erworbenen und mehrere gute Gebäude
abgerissen werden. Der Mühlengraben würde zugewölbt
und überbaut und somit eine häßliche und ungesunde Anlage
verschwinden. Die Brüderstraße müßte von der Spree
straße bis zum Schloßplatz eingezogen werden. Das kann
unbedenklich geschehen, da sie keine wichtige Verkehrs
straße ist.
Dafür hat man aber auch reichliche Ausnutzungs
möglichkeit für alle Räume des Opernhauses. Die höfi
schen Repräsentationsräume könnten einen Flügelanbau
bilden und, mit dem Schloß durch einen unterirdischen
Gang verbunden, zu einer Erweiterung des Schlosses
werden. Die Hauptfront des Opernhauses mit dem Haupt
eingang würde, in der Achse der Schloßfreiheit liegen, so
daß sie von der Schloßbrücke her trefflich zur Geltung
kommt und die Baugruppe Schloß, Kaiser-Wilhelm-Denkmal
und Oper, von hier aus gesehen, ein Stadtbild von unver
gleichlicher Schönheit ergibt. Das Denkmal, über dessen
unrichtige Situierung soviel geklagt ist, würde dadurch
die fehlenden Beziehungen zu seiner Umgebung gewinnen.
Von dem Spreearm an der Schleuse könnte das Gebäude
weit genug entfernt bleiben, um hier noch eine geräumige
F^atzanlage zu schaffen, die der Abwicklung des Wagen
verkehrs ausreichenden Raum bietet. An der Ecke der
Spreestraße und der Straße An der Schleuse würde das
Magazingebäude Platz finden. Kurz, diese Stelle ist für
das Opernhaus so geeignet wie keine andere; das Ge
bäude würde hier, wie nirgends sonst, zur Verschönerung
der Stadt, und zwar eines ihrer hervorragenden Punkte bei
tragen. Von wo man auch kommen mag, von der Fran
zösischen Straße, von der Schloßbrücke oder von der König
straße her, von allen Seiten würde das Opernhaus in einem
Rahmen anderer Monumentalbauten trefflich zur Geltung
kommen. Daß es für den Verkehr hier ganz ausgezeichnet
liegen würde, bedarf keiner Erörterung; hervorgehoben sei
aber noch, wie außerordentlich bequem die Nähe des