DER STÄDTEBAU
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einen Kostenauf
wand von 80000
bis 100000 Mk.
erfordert, wenn
der Siedelungs
charakter einiger
maßen zum Aus
druck kommen
sollte. Der Ge
danke, eine auf
dauernden Be
stand berechnete
Kleinhaussiede-
lung durch eine
besondere Gesell
schaft neben dem
Ausstellungs
gelände zu er
richten, lag also
nahe, und fand in
einer am 8. De
zember 1910 ge
gründeten Orts
gruppe Leipzig
der Deutschen
Gartenstadtgesell
schaft wärmste
Unterstützung und
eifrige Förderer.
Die Verbindung
mit der Ausstel
lung kann mit
einer Schnellbahn,
die gleichzeitig
selbst ein be
deutender Aus
stellungsgegen
stand wäre, her
gestellt werden.
Der 27. Juni
1911 führte die
Ausstellungs
leitung, Vertreter der Ortsgruppe und weitere Freunde der
Sache zu einer Aussprache zusammen, bei der Verfasser den
in Plänen niedergelegten Gedanken einer Gartenvorstadt
gründung erläutern konnte und Zustimmung zu der An
schauung fand, daß es heute nicht mehr so sehr darauf an
komme nachzuweisen, schöne, praktische und behagliche
Einfamilienhäuser bauen zu können, als vielmehr darauf,
daß es praktisch möglich sei, innerhalb einer Großstadt eine
gartenstädtische Siedelung auf wirtschaftlicher Grundlage
durchzuführen.
Da war es denn ein glücklicher Umstand, daß ganz in
der Nähe des dem Völkerschlachtdenkmal vorgelagerten
Ausstellungsgeländes Land vorhanden war, das, seit dem
16. Jahrhundert — früher gehörte es dem Thomaskloster —
im Besitz der Stadt, bis heute unberührt von der städtischen
Bebauung Ackerland geblieben ist. Gerade an jener Stelle
schiebt sich ein breiter Keil jungfräulichen Landes bis an
den Bayrischen Bahnhof in die Stadt hinein.
Es war weiter ein glückliches Zusammentreffen, daß
mit der Wahl des Geländes — westlich vom Südfriedhofe
auf Connewitzer
Flur — zugleich
ein bedeutender
ästhetischer
Vorteil für das
Stadtbild erreicht
werden kann. Die
Gartenvorstadt
wird an dieser
Stelle den Anfang
der baulichen
Einkreisung
des Völker-
schlachtde nk-
males bedeuten.
Sie wird also
durch die be
scheidene Höhen
entwicklung ihrer
Bauweise und
durch den ein
heitlichen der
Lage angepaßten
Baucharakter
noch zu einer
Steigerung der
Wirkung dieses
Werkes beitragen,
das von der sonst
üblichenV orstadt-
bebauung wahr
scheinlich stark
beeinträchtigt
werden würde.
Der benach
barte uralte Ma
rienbrunnen im
Parke vor dem
Völkerschlacht
denkmal, dessen
Wasser nach der
Sage Tausende
von Leprakranken geheilt haben soll, hat der geplanten Siede
lung den Namen Leipzig-Marienbrunn gegeben. Möge
der Name der heilkräftigen Quelle ein gutes Symbol sein.
Am 3. November 1911 wurde in den Räumen der Bau
ausstellung die „Gartenvorstadt Leipzig-Marienbrunn,
G. m. b. H.“ mit 205 000 Mk. Stammvermögen gegründet. Der
Gesellschaftsvertrag ist auf den von der deutschen Garten
stadtgesellschaft vertretenen Grundsätzen aufgebaut. Der
4°/o übersteigende Gewinn ist für gemeinnützige Anlagen
innerhalb des Unternehmens und für Rücklagen zu verwenden.
Am 8. Dezember 1911 wurde die sorgfältig bearbeitete
Eingabe um Überlassung des gewählten Geländes von etwa
8 '/ 2 ha an der Meusdorfer Straße dem Rate der Stadt Leipzig
überreicht. Die bisherigen Verhandlungen lassen einen
günstigen Verlauf erwarten. Die Überlassung des östlichen
Geländeteiles von etwa 32000 qm für Ausstellungszwecke
(Gasthaus, Luftbad mit Ruhehallen usw.) ist vom Rat und
den Stadtverordneten bereits genehmigt. Dieses Gelände
soll nach Ablauf der Ausstellung in die Gartenvorstadt mit
aufgenommen werden.
Abb. 3. Übersichtsplan des die Gartenstadt enthaltende Geländes.